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Magazin für Theologie und Ästhetik


Bildtheorien in Geschichte und Gegenwart

Klaus Sachs-Hombach

1. Einleitung

Seit einiger Zeit rückt die Bild-Forschung in den Blickpunkt des öffentlichen wie des wissenschaftlichen Interesses. So wurde bereits vom "imagic turn" (Fellmann 1991, 26), vom "pictorial turn" (Mitchell 1992, 89) oder vom "iconic turn" (Boehm 1994, 13) gesprochen. Die Anzahl der Publikationen zum Begriff und zur gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Funktion der Bilder ist weiter im Steigen begriffen und auch die Zahl der Tagungen und der Forschungskollegs zu diesem Themenfeld wächst. Nicht zufällig befassen sich viele der aktuellen Medientheorien von Benjamin bis zu Virilio oder Flusser ganz zentral mit der Bildthematik. Als wichtige Komponente innerhalb der sogenannten Neuen Medien ist Bildern damit neben ihrer langen, auf die Höhlenmalereien zurückgehenden Geschichte zugleich eine technologisch geprägte Zukunft zugesprochen worden, sodass sich über die Bilder in den Bereichen Fotographie, Film und Fernsehen seit dem Erzeugenkönnen und Verarbeiten digitaler Bilder die Informatik bzw. die Computervisualistik als eine strategisch wichtige Bilddisziplin etabliert hat.

Bei all dem geht es nicht nur um den Einfluss, den Bilder innerhalb der verschiedenen Gesellschaftsbereiche haben. Darüber, dass Bilder - etwa in politischen Zusammenhängen - wichtige Funktionen zukommen, sind sich die Forscher seit je weitgehend einig gewesen, wenn dieser Sachverhalt auch bei Ikonodulen und bei Ikonoklasten auffällig entgegengesetzte Bewertungen erfährt. Vielmehr geht es ebenfalls um den Einfluss, den die Implikationen und Konsequenzen einer wissenschaftlich fundierten Bildtheorie für unser Selbstverständnis und für unsere elementaren Begriffe, etwa des Wissens oder der menschlichen Praxis, besitzen. Einen solchen grundlegenden Wandel soll zumindest der Ausdruck "Wende" ("turn") - vor allem im "linguistic turn - andeuten. Nach wie vor ist jedoch unklar, in welchem Maße wir überhaupt in der Lage sein werden, die innerhalb der Bildverwendung als wesentlich erachteten Eigenschaften und Funktionen nach wissenschaftlichen Standards zu erfassen, d.h., ob bzw. in welchem Sinn von Wissenschaft es eine (der Sprachwissenschaft vergleichbare) Bildwissenschaft überhaupt geben kann.

Natürlich gibt es Bildwissenschaften, wie die Kunstgeschichte, die sich berechtigterweise allgemeiner Anerkennung erfreuen. Aber kann es auch die Bildwissenschaft geben, die weder nur teilweise mit Bildern noch nur mit Teilbereichen der Bildthematik beschäftigt ist, sondern ganz ausschließlich und erschöpfend in den verschiedenen Bildphänomen ihren Gegenstandsbereich findet? Als Beispiel für eine derartige Wissenschaft ließe sich auf die Kognitionswissenschaft hinweisen. Auch hier mag der wissenschaftliche Status zwar angezweifelt werden, zumindest ist aber ein gemeinsamer Gegenstandsbezug, ein intensiver Austausch zwischen den verschiedenen Teildisziplinen sowie ein allgemeiner Theorierahmen deutlich erkennbar, in dem sich die Bemühungen der einzelnen Disziplinen aufeinander beziehen lassen. Meine Ausführungen sind von der Auffassung geleitet, dass in diesem Sinn auch eine Bildwissenschaft möglich ist, sofern es gelingt, einen gemeinsamen Theorierahmen zu entwickelt, der für die unterschiedlichen Disziplinen ein integratives Forschungsprogramm liefert. Im folgenden soll hierzu der Vorschlag unterbreitet werden, Bilder als wahrnehmungsnahe Zeichen aufzufassen. Um verständlich zu machen, in welcher Weise dieser sehr allgemeine Vorschlag einen allgemeinen Theorierahmen bereitstellt, werde ich in (allerdings stark verkürzter) historisch-systematischer Weise gleichsam eine Karte mit einigen der theoretischen Problembestände des Bildbegriffs skizzieren.

2. Zur Geschichte des Bildbegriffs

Die menschliche Bilderpraxis zählt zu den ältesten Kulturtechniken. In den Bilderhöhlen des Jungpaläolithikums hat sie eindrucksvolle Zeugnisse hinterlassen. Schriftlich überlieferte Überlegungen zum Ursprung und zur Funktion des Bildes finden sich dagegen naturgemäß erst sehr viel später. Innerhalb der Philosophie sind vor allem Platons Ausführungen einflussreich gewesen, in denen das Bild als Abbild interpretiert wird. Im Zusammenhang der Ideenlehre fasst Platon das sinnliche Einzelding als Abbild eines Urbildes oder einer Idee (eidos) und deutet das Verhältnis von Urbild und Abbild als ein Verhältnis der Teilhabe. Diese Konzeption der Urbild-Abbild-Relation ist vermutlich vom Phänomen der natürlichen Bilder (insbesondere der Spiegel- und Schattenbilder) beeinflusst. Von ihrer Beschreibung übernimmt Platon die Verknüpfung einer Verursachungsbeziehung mit einer Ähnlichkeits- bzw. Teilhabebeziehung. Gegenüber den als Abbilder klassifizierten sinnlichen Einzeldingen spricht Platon den Bildern der Malerei (eikon) dann einen noch minderen Status zu. Im Rahmen seiner Kritik der bildenden Künste werden sie zum 'bloßen' Schein. Damit wertet er die bildhafte Darstellung in folgenreicher Weise einerseits gegenüber dem abstrakt-begrifflichen Denken ab, andererseits kritisiert er die Auffassung, dass das Bild eine Sache nicht nur abbildet, sondern verkörpert.

Die Platonische Bildtheorie markiert den Übergang von einer kultisch-magischen zu einer repräsentationalistischen Bildauffassung. Nach der kultisch-magischen Auffassung ist der Bildreferent im Bild zugegen, nach der repräsentationalistischen verweist das Bild auf ihn. Plato verwirft die erste und vertritt die zweite Auffassung, bewertet die Bildverwendung darüber hinaus aber negativ, da die zum Verweis nötigen bildeigenen Merkmale den Bildreferenten nur sehr oberflächlich charakterisieren. Wenn Repräsentation jedoch nicht an der begrifflichen Erkenntnis gemessen wird, lässt sie sich durchaus positiv bewerten, wie etwa die Faszination illusionistischer Repräsentation zeigt, die Plinius in seiner Naturalis Historiae schildert. Bekannt geworden ist die Anekdote vom Wettstreit zwischen den Malern Zeuxis und Parrhasios: Zeuxis hatte so wirklichkeitsecht Trauben gemalt, dass die Vögel nach ihnen pickten; Parrhasios übertraf ihn jedoch, indem er einen Vorhang zeichnete, den Zeuxis aufziehen wollte. So vermochte Zeuxis die Tiere, Parrhasios aber selbst die Menschen mit seiner Malerei zu täuschen (vgl. Plinius 1977, 65). Sicherlich sind diese Anekdoten nicht allzu wörtlich zu nehmen, sie dokumentieren aber, wie sich eine positive Beurteilung der repräsentationalistischen Bildauffassung in der Antike durchsetzt und sich in Form der Mimesislehre, mit dem Ideal der Ähnlichkeit verbunden, der gesamten antiken Kunsttheorie einprägt.

Der Platonische Bildbegriff beeinflusst über die im Neuplatonismus durchgeführte Identifikation von Urbild und Göttlichem die gesamte mittelalterliche Bildtheorie (vgl. Belting 1990). Insbesondere die christliche Auffassung von der Gottesebenbildlichkeit des Menschen ist eine maßgeblich von Augustinus vorgenommene Verschmelzung biblischer und antiker Gedanken, der zufolge nur noch der Mensch als ein Abbild Gottes zu betrachten sei (vgl. Bauch 1994, 290 ff.). Die beiden Momente der Ursprungs- und der Ähnlichkeitsbeziehung, die er hierzu als wesentlich hervorhebt, weisen den Logos als die spezifisch menschliche Eigenschaft aus, die zugleich als Schöpfung und als Nachahmung des Göttlichen zu gelten habe. Diese Bestimmung des Bildbegriffs, die ebenfalls der Bildtheorie von Thomas von Aquin als Vorlage diente (vgl. Pöltner 1991, 178 ff.) wurde zwar auch zur Charakterisierung des Erkenntnisprozesses herangezogen (und ist in dieser Funktion oft mit einer mentalistischen Bedeutungstheorie verbunden); primär ging es den mittelalterlichen Philosophen aber um eine metaphysisch-ontologische Bildtheorie, nach der jedes Schöpfungsverhältnis als Repräsentations- und als Teilhabeverhältnis zu verstehen ist. So konnte der Sohn als vollkommenes Bild des Vaters betrachtet werden und das Seiende insgesamt als Spur Gottes. An den artifiziellen Bildern (seien es Kultbilder oder Kunstwerke) wurde dagegen zunehmend ausschließlich ihr Verweisungs- und Zeichencharakter hervorgehoben.

Eine solche Säkularisierung des Bildbegriffs lässt sich auch als Folge der verschiedenen Bilderstreite und Bilderstürme verstehen, die eine konstante Begleiterscheinung der Bildreflexion waren. Im bekannt gewordenen byzantinischen Bilderstreit (730-841) schrieben die Ikonoklasten den Ikonodulen die Überzeugung zu, dass in den Christus-Bildern und den Heiligen-Bildern, in den Ikonen also, Christus bzw. die Heiligen selbst anwesend seien. Dies bestritten die Ikonoklasten jedoch mit dem Hinweis auf die Undarstellbarkeit der göttlichen Natur Christi. Sofern dann aber nur die menschliche Natur Christi zur Darstellung komme, zerstöre das Bild unerlaubt die Einheit der Doppelnatur Christi. Unter Karl dem Großen gelangte dieser Bilderstreit zu einem vorläufigen Ende: In den Libri Carolini wurde festgelegt, dass die Bilderverehrung zwar zugelassen sei, in religiösen Dingen aber ausschließlich dem biblischen Wort Autorität zukomme. Damit wurde einer religiös-magischen Bildauffassung zumindest in der Westkirche der Boden entzogen. Im Rahmen der repräsentationalistischen Bildauffassung sprach man den Bildern nun einerseits eine didaktische Funktion zu, andererseits wurden sie zunehmend in ihrer ästhetischen Qualität gewürdigt (vgl. Brock 1973). Die Vermutung liegt nahe, dass sich damit Aspekte der magischen Bildauffassung in den Bereich der Kunst verschoben haben, vor allem ihr Anspruch, eine Sache nicht nur abzubilden, sondern zu verkörpern.

Die Rede von Bildmagie ist allerdings immer mit einigen Fragezeichen zu versehen und könnte sich durchaus als ethnologischer Mythos erweisen. Denn was soll es eigentlich heißen, dass ein Bild das Abgebildete verkörpert? Gewiss nicht, dass beide ununterscheidbar sind. Auch im Rahmen der theologischen Verteidigung der Ikonen, etwa durch Johannes Damaskenos, wird neben der Ähnlichkeit immer auch die Verschiedenheit hervorgehoben. Unter dem Titel "Bildmagie" scheint daher eher metaphorisch auf eine besondere Kraft verwiesen zu werden, die dem Bild etwa durch kultische Praktiken oder auch durch Segnung verliehen wird. In diesem Fall bleibt das verkörperte Element dem Bild aber äußerlich, es kommt dem Bild nicht als Bild zu, sondern dient ihm nur zufälligerweise als Träger. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Herrscherbildnissen. Um zu erklären, wieso ihre Missachtung zeitweise als Missachtung des Herrschers galt, genügt der Hinweis auf entsprechende Regeln der Bildverwendung. Dass das Bild den Herrscher verkörpere, ist dann nur eine verkürzte Aussage dafür, dass das Verhalten dem Bild gegenüber als symbolischer Ausdruck der Einstellung zum Bildreferenten gewertet (und entsprechend geahndet) wird. Etwas anders verhält es sich, wenn etwa der offenbarende Charakter von Ikonen auf besondere Farb- und Formeigenschaften des Bildes zurückgeführt wird. Dieser Fall steht aber durchaus im Einklang mit der repräsentationalistischen Bildauffassung, nur dass hier die Möglichkeiten der Repräsentation viel positiver gesehen werden, was vermutlich wiederum auf einer sehr positiven Einschätzung der sinnlichen Erkenntnisfähigkeiten beruht.

In der neuzeitlichen Philosophie erhält der Bildbegriff vor allem in seiner bewusstseins- und erkenntnistheoretischen Umformung zur Bezeichnung von Vorstellungen und Wahrnehmungen eine zentrale Funktion. Diese Umformung des metaphysischen Bildbegriffs basiert auf der Annahme, dass die geistigen Prozesse adäquat als Verarbeitung bestimmter Repräsentationen, nämlich eben der Kopien oder Abbilder der ursprünglichen Sinnesdaten, beschrieben werden können. Die Urbild-Abbild-Relation auf die Subjekt-Objekt-Relation übertragend, kann das mentale Bild dann entweder mehr im realistischen Sinn als Abbild der Wirklichkeit oder mehr im idealistischen Sinn als Konstrukt einer spontanen Tätigkeit des Geistes aufgefasst werden. In beiden Fällen handelt es sich um eine Übertragung des repräsentationalistischen Bildbegriffs auf den Anwendungsbereich des Psychischen, bei dem die definierenden Bestimmungen des Bildbegriffs, vor allem Ähnlichkeit und Verursachung, erhalten bleiben.

Die realistische Auffassung, die den mentalen Bildern gleicherweise eine kognitiv-psychologische und eine erkenntnistheoretisch-philosophische Fundamentalfunktion zuweist, erlebt ihren Höhepunkt im englischen Empirismus. Die mentalen Bilder gelten hier nicht nur als die elementaren Einheiten der kognitiven Prozesse; als 'abstrakte' Kopien der konkreten Sinneseindrücke, welche die Funktion mentaler Muster innehatten, übernehmen sie zugleich die Aufgaben von Begriffen und damit von Bezugspunkten zur Rechtfertigung der Erkenntnisansprüche. Während realistische Philosophien den Abbildcharakter betonen, heben idealistische Philosophien den Erscheinungscharakter hervor. Bei Kant erhält hierzu - besonders im Schematismus-Kapitel - die produktive Einbildungskraft eine zentrale Stellung. Das Schema liefert die Regel, nach der die Einbildungskraft die Begriffe durch die bildhafte Vorstellung anschaulich werden lässt. Bei Fichte avanciert der Bildbegriff dann sogar zum Zentralbegriff der Philosophie (vgl. Janke 1993).

Im Zuge der sprachanalytischen Wendung der Philosophie durch Wittgenstein kommt es zu einer grundsätzlichen Neueinschätzung des Bildbegriffs. Einerseits wird der Bildcharakter der Sprache betont, gegenüber traditionellen Metapherntheorien ist dieser aber als abstrakte Abbildung im Sinne einer Isomorphiebeziehung gefasst: Die Elemente eines Satzes, der im Tractatus als logisches Bild der Tatsachen gilt, und die Elemente des bezeichneten Sachverhaltes müssen einander entsprechende Relationen aufweisen. Andererseits unternimmt der späte Wittgenstein eine grundsätzliche Kritik der Theorie mentaler Bilder, die sich gegen die Annahme wendet, dass ein entsprechendes Bild die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks bestimmt.

Die Diskussion um die mentalen Bilder ist in der Kognitionswissenschaft wieder aufgenommen worden. Im Vordergrund stehen nun aber nicht mehr die erkenntnistheoretischen Probleme, sondern die Fragen, wie der Begriff des mentalen Bildes überhaupt zu fassen ist und welche Funktionen den mentalen Bildern innerhalb des kognitiven Systems im einzelnen zukommen. In dieser Debatte stehen sich Deskriptionalisten und Piktorialisten gegenüber (vgl. Sachs-Hombach 1995). Während die Deskriptionalisten die Ansicht vertreten, dass unser kognitives System Information nur im propositionalen Zustand verarbeitet und mentale Bilder (da sie bei Bedarf aus Beschreibungen erzeugt werden) nur einen epiphänomenalen Status besitzen, behaupten die Piktorialisten, dass es mindestens zwei Repräsentationsformate gibt, ein propositionales und ein piktoriales, und dass letzterem eine mitunter entscheidende Funktion bei bestimmten Problemlösungen zukommt. Ein umfassendes, experimentell gestütztes Modell, das propositionale zugunsten piktorialer Repräsentationen zurückstellt, hatte erstmals Kosslyn vorgestellt (vgl. Kosslyn 1980). Mentalen Bilder werden hier wichtige Eigenschaften materieller Bilder zugesprochen, als funktionale Bilder aufgefasst aber durchaus von materiellen Bildern unterschieden. Zur Verarbeitung der mentalen Bilder ist ein sogenannter visueller Arbeitsspeicher nötig, dessen Inhalte als physische Realisierungen sowohl der anschaulichen Vorstellungen als auch der visuellen Wahrnehmungen gelten.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich in der Philosophie verstärkt Ansätze durchgesetzt, nach denen das menschliche Weltverhältnis notwendig ein durch Zeichen vermitteltes Verhältnis ist. Die These, dass der Mensch ganz wesentlich ein animal symbolicum (Cassirer 1944, 26) ist, wurde hierbei nicht nur im anthropologischen Sinn verstanden und ausgearbeitet, sondern ebenfalls in erkenntnistheoretischer und metaphysischer Hinsicht verfolgt. Danach müssen wir, um Erkenntnisse (und Erfahrungen ganz allgemein) nicht nur zu bewahren, sondern überhaupt gewinnen zu können, bereits Zeichensysteme entwickelt haben. Dementsprechend sind unsere Beschreibungen und Erklärungen der Phänomene immer relativ zu den verwendeten Zeichensystemen zu bewerten. Dies ist gewissermaßen eine zeichentheoretische Lesart der Kantischen Auffassung, dass unsere Anschauungen ohne Begriffe blind sind.

Die sprachanalytische Wende innerhalb der Philosophie ist der radikalisierte Ausdruck dieses veränderten Selbstverständnisses, das sich zunächst innerhalb der wissenschaftstheoretischen Bemühungen des Wiener Kreises zeigte und sich vor allem auf eine Klärung bzw. Neuschöpfung der Wissenschaftssprache richtete. Bei diesen Überlegungen standen natürlich die sprachlichen und logischen Zeichen im Vordergrund, deren Normierung einen gesicherteren Erkenntnisfortschritt ermöglichen sollte. Die bildhaften Zeichen, die sich von ihrer medialen Grundlage nicht ablösen lassen, wurden dagegen aus dem wissenschaftstheoretischen Bereich ausgeschlossen. Über Frege hin zu Wittgenstein hat sich die Hoffnung auf eine Begriffssprache, die alle mit der Sprache verbundenen Ungenauigkeiten und Vieldeutigkeiten abgelegt hat, allerdings zunehmend zerschlagen, so dass mit der pragmatischen Wende des späten Wittgenstein die These von der Unhintergehbarkeit der Sprache schließlich um die These von ihrer unaufhebbaren kontextuellen Abhängigkeit ergänzt wurde.

Parallel zu diesen Bemühungen (und maßgeblich inspiriert durch die Arbeiten von Peirce und Morris) nahmen im 20. Jahrhundert die Versuche zu, Zeichentheorien in systematischer Weise auszuarbeiten, um eine vollständigere Erfassung und Beschreibung der unterschiedlichen Zeichentypen zu erreichen (vgl. Gerhardus 1996). Für diese Versuche hat sich der Name "Semiotik" durchgesetzt. Nach der wirkungsgeschichtlich bedeutsamen Unterscheidung (die Peirce vorgeschlagen hatte und die sich der Sache nach, wenn auch mit teilweise stark variierenden Ausdrücken, etabliert hat) lassen sich hier drei übergeordnete Zeichenklassen anführen: Ikon, Index und Symbol. Diese werden durch ihre jeweilige Objektrelation unterschieden. Nach Peirce klassifizieren wir ein Zeichen als Ikon oder als bildhaftes Zeichen, wenn wir auf das bezeichnete Objekt anhand von Eigenschaften des Zeichens bzw. des Zeichenträgers schließen. Ein Zeichen gilt dagegen als Index oder Anzeichen, wenn die Relation auf das Objekt als kausale Relation interpretiert wird. Bei Symbolen verdankt sich diese Relation schließlich einer Gesetzmäßigkeit oder einer Gewohnheit, wie sie bei Konventionen oder aber bei sozialen Gebräuchen vorliegen (vgl. insgesamt Nöth 2000, 59 ff. und 178 ff.).

Von den wissenschaftskritischen Bemühungen des Wiener Kreises waren die ikonischen Zeichen weitgehend ausgeschlossenen. Zwar bemühten sich ihre Vertreter teilweise, vor allem Otto Neurath, sehr intensiv um eine internationale Bildsprache (vgl. Neurath 1991), auch hier standen aber die Aspekte einer intersubjektiven und vor allem interkulturellen Normierung der bildhaften Zeichen im Vordergrund. Dagegen hatten die ikonischen Zeichen innerhalb der Lebensphilosophie, etwa bei Ludwig Klages (vgl. Klages 1929), eine enorme Aufwertung erfahren; diese Aufwertung bezog sich jedoch weitgehend auf die internen, also die mentalen Bilder. Eine umfassende Bestandsaufnahme der unterschiedlichen Formen der Verwendung externer Zeichen von der Magie bis hin zur Wissenschaft, die auch bildhafte Zeichen in kultur- und erkenntnistheoretische Überlegungen einband, unternahm Cassirer in seiner Philosophie der symbolischen Formen, mit der er dem Neukantianismus neue Impulse gegeben hat. Hier liegt der Fokus (anders als im Wiener Kreis) nicht auf dem Aufbau einer Einheitswissenschaft, sondern auf einem eher anthropologisch orientierten Verständnis der vielfältigen symbolischen Bezüge, die das menschliche Handeln unabdingbar bestimmen. Einem solchen Ansatz, der in der Tradition der cognitio sensitiva von Alexander G. Baumgarten steht, geht es nicht unerheblich auch um die besonderen Weisen der "sensuellen Erschließung der Welt" (Gerhardus 1999). Es verbindet sich mit den symboltheoretischen Überlegungen von Cassirer also eine verstärkte Reflexion auf die sogenannten unteren Erkenntniskräfte, vor allem auf die visuelle Wahrnehmung, und auf die ihr zugeordneten bildhaften Darstellungsformen (vgl. auch Langer 1941).

3. Ein enger Bildbegriff als Ausgangspunkt

Von den vielfältigen sachlichen Schwierigkeiten, das Phänomen der Bilder zu einem wissenschaftlich anerkannten Gegenstand zu erheben und entsprechend zu reflektieren, fällt zunächst die Heterogenität des Gegenstandsbereiches auf, die Zweifel aufkommen lässt, ob er überhaupt unter einen gemeinsamen Begriff zu bringen sein wird. Es ist die Rede von Sprachbildern, mentalen Bildern, natürlichen Bildern, Menschenbildern, Urbildern, Weltbildern, Vorbildern oder Idealbildern. Relativ zu den Disziplinen ließe sich ganz grob zwischen speziellen metaphysischen, linguistischen, ethischen, kognitionswissenschaftlichen, informationstechnischen und ästhetischen Bildbegriffen unterscheiden (vgl. Mitchell 1986a, 19 ff. oder Steinbrenner & Winko 1997a, 18 ff.). Die entsprechenden Phänomene, auf die sich diese Begriffe beziehen, könnten als ontische, sprachliche, ethisch-normative, mentale, informatische und materielle Bilder bezeichnet werden. Der metaphysische Bildbegriff (bzw. der Begriff des ontischen Bildes) ist etwa in der platonischen Ideenlehre als spezielle Teilhabebeziehung entwickelt worden. Für sprachliche Bilder gilt das Phänomen der Metapher als paradigmatisch. Der Begriff mentaler Bilder meint im wesentlichen anschauliche Vorstellungen und spielt eine zentrale Rolle in kognitionswissenschaftlichen Repräsentationstheorien. Bei ethisch-normativen Bildern ist vor allem an Aspekte gedacht, wie sie in der Rede vom Menschenbild oder vom Vorbild bzw. Leitbild, aber auch im Begriff der Bildung zum Ausdruck kommen. Als informatische Bilder werden Datenstrukturen mit entsprechender Pixelmatrix angesprochen. Materielle oder, wie sie im folgenden genannt werden, externe Bilder lassen sich schließlich als Bilder im engeren Sinne bezeichnen und nach Bildtypen in darstellende Bilder - etwa illusionistische Bilder, Illustrationen oder Liniengrafiken -, logische Bilder bzw. Strukturbilder - etwa Diagramme oder Graphen - und reflexive Bilder - vor allem ungegenständliche (etwa monochrome) Bilder oder Bilder der Konkreten Kunst - differenzieren.

Für alle diese Fälle, die sich sicherlich noch ergänzen ließen, verwenden wir zumindest alltagssprachlich den Ausdruck "Bild". Obschon es erstrebenswert sein mag, einen allgemeinen Bildbegriff zu entwickeln, der in den genannten Teilbereichen gleichermaßen verwendbar ist und damit hilft, den Zusammenhang zwischen diesen Bereichen besser zu verstehen, ist es doch pragmatisch aussichtsreicher, von einem der Bereiche auszugehen und zunächst einen speziellen Bildbegriff zu entwickeln. Es liegt nahe, auf den Bereich der externen Bilder zurückzugreifen, da ihre Existenz zum einen unproblematisch ist und wir zum anderen auf eine bereits umfangreiche Beschäftigung mit diesen Bildern (etwa innerhalb der Kunstgeschichte) zurückgreifen können. Neben den künstlerischen Bildern sollten zu dieser Klasse bildhafter Darstellungen aber vor allem auch alle Arten von Gebrauchsbildern gezählt werden. Bilder in diesem Sinn lassen sich in erster Annäherung als flächige und zumeist klar begrenzte physische Objekte charakterisieren, die in der Regel innerhalb eines kommunikativen Aktes zur anschaulichen Darstellung realer, fiktiver oder abstrakter Gegenstände bzw. Sachverhalte dienen.

Ein solcher Bildbegriff ist nur insofern ein spezieller Bildbegriff, als er relativ zu einem bestimmten Gegenstandsbereich entwickelt wird. Über seinen Inhalt und seine Anwendbarkeit ist damit noch gar nicht entschieden. Dem speziellen ontologischen Bildbegriff etwa, wie ihn Platon mit seiner Ideenlehre als Urbild-Abbild-Beziehung eingeführt hat, liegt eine Kausaltheorie des Bildes zugrunde, die auch für den Bereich der externen Bilder vorgeschlagen werden kann bzw. vorgeschlagen wurde. Ein in diesem Sinne spezieller Bildbegriff schließt folglich nicht aus, dass er auf andere Bereiche übertragen wird. Die Geschichte der Bildtheorie ist zu großen Teilen eine Geschichte solcher Übertragungen. Es besteht also durchaus die Möglichkeit, dass eine Explikation des Begriffs der externen Bilder zu einem hinreichend allgemeinen Bildbegriff führen wird, der geeignet ist, auch die übrigen Bildbegriffe verständlich zu machen.

Der Vielfalt von umgangssprachlichen sowie wissenschaftlichen Verwendungen des Ausdrucks "Bild" hat am ehesten noch die Philosophie Rechnung getragen. Daher besitzt der Bildbegriff in der philosophischen Tradition Bedeutung im Zusammenhang sowohl mit metaphysischen und ästhetischen als auch mit erkenntnis- wie bewusstseinstheoretischen Überlegungen (vgl. auch die verschiedenen Wörterbuchartikel, vor allem Scholz 2000). Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die gegenwärtig viel diskutierte zeichentheoretische Fassung des Bildbegriffs, die innerhalb der Philosophie gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine explizite Ausformung erfuhr. Nach dieser mit Peirce und Morris, also mit dem Entstehen der Semiotik aufgekommenen Auffassung bezeichnet der Ausdruck "Bild" Gegenstände, die als spezielle Zeichen innerhalb einer Mitteilungs- oder Ausdruckshandlung (im Unterschied zur sprachlichen Darstellung) nicht zur Beschreibung, sondern zur visuellen Veranschaulichung bzw. Klassifikation eines (fiktiven oder realen) Sachverhalts verwendet werden. Nach diesem Bildbegriff werden Gegenstände nicht durch intrinsische Eigenschaften zu Bildern, sondern indem sie relativ zu bestimmten Zeichensystemen hinsichtlich der in diesen Zeichensystemen relevanten Merkmale rezipiert werden. Gegenwärtig erfährt ein solcher Bildbegriff besonders innerhalb der Ästhetik Beachtung. Als einflussreich haben sich hier die Arbeiten von Nelson Goodman erwiesen, die eine Neubestimmung der Bildtheorie im Rahmen einer allgemeinen Symboltheorie unternehmen, dabei aber die traditionellen Versuche, den Bildbegriff über den Ähnlichkeitsbegriff zu erläutern, heftig kritisieren.

4. Unterschiedliche Paradigmen

Die Einschränkung auf Bilder im engeren Sinne legt noch keinen bestimmten Bildbegriff fest. Faktisch konkurrieren selbst in überschaubaren Teilbereichen der Bildthematik sehr unterschiedliche konzeptuelle Vorstellungen. Dies kann als ein weiteres Problem der Grundlegung einer Bildwissenschaft aufgefasst werden (das die Bildwissenschaft allerdings mit vielen anderen Wissenschaften teilt), insofern die bestehenden Paradigmen, die zuweilen irrtümlich mit einzelnen Denktraditionen identifiziert und einander schroff gegenübergestellt werden, eine Klärung des Bildbegriffs erschweren. Das Problem der unterschiedlichen Paradigmen besteht vor allem innerhalb der Philosophie und strahlt von hier auf die einzelnen Disziplinen aus. In der philosophischen Bilddiskussion haben sich insbesondere zwei konkurrierende theoretische Stränge herausgebildet: Neben dem semiotischen Bildbegriff (vgl. etwa Scholz 1991 oder Blanke 1998) hat sich in der Diskussion vor allem ein wahrnehmungstheoretischer Bildbegriff (vgl. Boehm 1994 oder Wiesing 2000) herausgebildet. Während die semiotische Sicht Analogien zwischen bildhaften und sprachlichen Zeichen betont und die Unterschiede vor alles auf syntaktischer Ebene ansiedelt, koppelt die phänomenologische Bildtheorie den Bildstatus an die Bildwahrnehmung und betont anhand entsprechender Bildeffekte insbesondere die semantischen Besonderheiten des Bildhaften (vgl. Gombrich 1960). Zuweilen werden diese beiden Bildbegriffe der analytischen und der phänomenologischen Philosophie zugerechnet, paradigmatisch durch Goodman und Merleau-Ponty vertreten. Dies ist jedoch zumindest sehr irreführend, da sich die beiden philosophischen Richtungen eher in ihrer Methodologie als in den inhaltlichen Bestimmungen des Bildbegriffs voneinander unterscheiden. Zudem bedeutet die Betonung unterschiedlicher Schwerpunkte keineswegs, dass sich beide Bildbegriffe gegenseitig ausschließen. Eine allgemeine Bildtheorie, die beide Aspekte umfasst, liegt bisher allerdings noch nicht vor.

Das Problem unterschiedlicher Paradigmen wird dadurch noch verschärft, dass in einzelnen Disziplinen verschiedene Paradigmen bevorzugt werden und so fälschlicherweise der Eindruck erweckt wird, dass hier ein interdisziplinäres Problem vorliegt. In der Kunstgeschichte dominiert etwa der phänomenologische Ansatz und damit eine kritische Haltung semiotischen Modellen gegenüber. In der kognitiven Psychologie stehen repräsentationalistische Theorien im Vordergrund, die mit bestimmten Grundannahmen der zeichentheoretischen Ansätze im Konflikt stehen. Darüber hinaus werden die einzelnen konzeptuellen Konflikte mit den unterschiedlichen Bildbereichen, also z. B. mit den Problemen der Begriffe des mentalen oder des normativen Bildes, verknüpft. Aus allen Problembereichen lassen sich Beispiele für diese mehr oder (oft) weniger begründeten Verknüpfungen geben. Natürlich ist eine Verbindung der unterschiedlichen Problembereiche unter Umständen sinnvoll oder auch nötig, aber hierzu sollte doch zunächst eine Klärung erfolgt sein, wie und nach welchen Standards dies zu geschehen hat.

Obschon das Problem der unterschiedlichen Paradigmen in allen beteiligten Disziplinen spürbar wird, ist es doch in besonderer Weise ein philosophisches, weil begriffliches Problem. Das heißt nicht, dass es von den fachwissenschaftlichen Problemen ganz unabhängig wäre. Vielmehr geht es um zwei Seiten desselben Problems, nämlich des Problems, wie ein bestimmter Phänomenbereich angemessen zu strukturieren und zu erforschen ist. Hierbei ist insbesondere die Strukturierungsleistung eine wesentlich begriffsreflexive Aufgabe, die eine Abstimmung mit der empirischen Forschung zwar verlangt, aber nicht auf Empirie reduziert werden kann. Die institutionelle Trennung von Philosophie und Fachwissenschaft trägt der besonderen Natur dieser Aufgabe Rechnung, der philosophische und der fachwissenschaftliche Beitrag sind aber systematisch aufeinander bezogen: Auch im Rahmen der fachwissenschaftlichen Forschung ist es geboten, eine begriffliche Klärung der mit dem jeweiligen Paradigma vorgegebenen Grundbegriffe vorzunehmen. Deswegen ist die Philosophie nach meinem Verständnis integraler Bestandteil einer jeden Fachwissenschaft und insofern von ihrem Begriff her interdisziplinär ausgerichtet. Folglich besitzt die Philosophie natürlich auch innerhalb der Fragen zur Ausgestaltung einer allgemeinen Bildwissenschaft eine wichtige orientierende Funktion.

Die beiden genannten Paradigmen, die einerseits den Zeichenaspekt, andererseits den phänomenalen oder Wahrnehmungsaspekt von Bildern betonen, treten faktisch zwar in Konkurrenz zueinander, sie lassen sich aber nach meiner Auffassung vereinbaren. Meine Explikation des Bildbegriffs wird daher um eine übergreifende Theorie bemüht sein, die Aspekte beider Theorietraditionen verbindet. Bilder sind diesem Ansatz gemäß (in vorläufiger Formulierung) Zeichen, die in einem System geordnet und bestimmten kommunikativen Absichten unterstellt sind, deren Verwendung zur Übermittlung einer wie auch immer gearteten Botschaft aber von Wahrnehmungskompetenzen profitiert, die im Kern nicht eigens gelernt zu werden brauchen. Unter der These, dass sich aus dieser Abhängigkeit des Bildverwenders sowohl von Zeichen- als auch von Wahrnehmungskompetenzen die besonderen Stärken und auch Schwächen der Bilder verständlich machen lassen, ergibt sich als Ausgangspunkt und Richtlinie der Forschung, dass Bilder im Rahmen eines zeichentheoretischen Ansatzes, aber in Verbindung insbesondere mit psychologischen und psychologisch relevanten Untersuchungen analysiert werden sollten. Damit ist erneut auf die Notwendigkeit hingewiesen, die unterschiedlichen Bildforschungen im Sinne einer allgemeinen Bildwissenschaft zusammenzuführen.

Eine Begründung der These, dass eine solche Zusammenführung über eine Verknüpfung semiotischer und wahrnehmungstheoretischer Modelle gelingt, ist das wesentliche Thema einer philosophischen Grundlegung einer allgemeinen Bildwissenschaft. Sofern dies gelingt (sofern es also sinnvoll ist, Bilder zumindest auch unter ihrem Zeichenaspekt zu betrachten), dann sollte als minimale Vorgabe für die weitere Analyse die in der Semiotik übliche Einteilung in Syntax, Semantik und Pragmatik zur methodischen Strukturierung aufgenommen werden. Damit ist keineswegs schon ein bestimmter Begriff des Bildes präjudiziert. Das semiotische Schema hat lediglich eine klassifikatorische Funktion, mit deren Hilfe sich nicht nur die unterschiedlichen Probleme der Bildwissenschaft, sondern auch die unterschiedlichen Theorien ordnen lassen, die zur Lösung dieser Probleme antreten. Die traditionelle Ähnlichkeitstheorie unternimmt diesem Schema zufolge etwa den Versuch, Bilder primär durch eine besondere semantische Beziehung zu charakterisieren. Hierin gleicht sie der Kausaltheorie, die das Spezifische des Bildes ebenfalls im Rahmen bildsemantischer Überlegungen zu erfassen versucht, aber diese Beziehung über einen anderen Mechanismus verständlich machen will. Im Unterschied dazu verfolgt etwa die Bildtheorie von Goodman das Ziel, Bildhaftigkeit primär über syntaktische Merkmale zu bestimmen. Um zu beurteilen, welche dieser Theorien die angemessenere ist, muss natürlich unabhängig von ihrer Klassifikation eine sorgfältige Überprüfung der einzelnen Argumente erfolgen.

5. Aktuelle Tendenzen in der Bildforschung

Obschon das Bild neben der Sprache als das wichtigste Medium der Darstellung und der Mitteilung gelten kann, hat sich, wie gesagt, im Unterschied zur Sprachwissenschaft bisher keine disziplinenübergreifende, allgemeine Bildwissenschaft herausgebildet. Fragen zur Bildproblematik werden nach wie vor hauptsächlich in den Einzeldisziplinen verhandelt, traditionell besonders in Kunstgeschichte (etwa Gombrich 1984) und Ästhetik (etwa Steinbrenner 1996), Philosophie (etwa Lopes 1996) und Semiotik (etwa Sonesson 1994), in Kognitionswissenschaft (etwa Block 1981), Psychologie (etwa Weidenmann 1994), Medientheorie (etwa Flusser 1985) und Medienpädagogik (etwa Doelker 1997), neuerdings verstärkt auch in der Informatik, etwa im Bereich der KI (Schirra 1994), der Computergraphik (Strothotte & Strothotte 1997) oder der Computervisualistik (vgl. Schirra & Sachs-Hombach 1998), die sich als eigene Subdisziplin herauszubilden beginnt (insgesamt als Überblick vgl. Sachs-Hombach & Rehkämper 1998).

Um überhaupt einen tragfähigen Einstieg in die komplizierte Problemlage zu ermöglichen, so der Vorschlag, sollte ein enger Bildbegriff als Ausgangspunkt genommen werden. Neben den künstlerischen Bildern sollten hierzu auch alle Arten von Gebrauchsbildern zählen. Bilder in diesem engen Sinn lassen sich als in der Regel flächige und klar begrenzte Gegenstände charakterisieren, die innerhalb eines kommunikativen Aktes zur visuellen Veranschaulichung eines Sachverhaltes dienen. Es scheint sinnvoll, aus diesem Phänomenbereich zunächst auch die logischen und die ungegenständlichen Bilder auszuklammern, so dass die Analyse anfänglich genau genommen mit dem Begriff der Abbildung befasst ist. Freilich muss dann sukzessive erläutert werden, wie sich aus dem Abbildungsbegriff ein gehaltvollerer Bildbegriff entwickeln lässt, mit dem auch die Stellung der ausgeblendeten Bereiche erläutert werden kann.

Ausgehend von einem derart bestimmten engen Bildbegriff könnten dann die Begriffe z. B. des mentalen Bildes oder des ontologischen Bildes als modifizierte Anwendungen des engen Bildbegriffs verständlich gemacht werden. Das Merkmal etwa, das uns berechtigt, auch im ontologischen Bildbegriff Thomas von Aquins mehr als nur eine metaphorische Redeweise zu sehen, liegt in der kausal interpretierten Abbildungsrelation. Bei der Beurteilung der einzelnen Bildtheorien sollte deshalb die Frage nach der konkreten Bestimmung des Bildbegriffs unterschieden werden von der Frage nach der Berechtigung, den gewonnenen Bildbegriff in unterschiedlichen Bereichen anzuwenden.

Unter der Annahme, dass es prinzipiell sinnvoll ist, eine allgemeine Bildwissenschaft ins Leben zu rufen bzw. institutionell zu etablieren, ist von philosophischer Seite eine präzise Bestimmung des Bildbegriffs nötig. Hierbei ist unterstellt, dass die Etablierung einer allgemeinen Bildwissenschaft auf jeden Fall die Formulierung eines möglichst allgemeinen Bildbegriffs voraussetzt. In Verbindung mit seinen verschiedenen Implikationen liefert ein solcher Bildbegriff das, was ich als Theorierahmen anspreche. Der Begriff des Bildes als wahrnehmungsnahes Zeichen tritt dem Anspruch nach als ein solcher möglichst allgemeiner Begriff auf. Hierbei dient der Zeichenbegriff zwar als Ausgangpunkt, die Besonderheiten der bildhaften Zeichen werden aber im Rekurs auf den wahrnehmungstheoretischen Ansatz erläutert. Eine Klärung des Bildbegriffs beinhaltet also eine Klärung der Begriffe der Wahrnehmung bzw. Wahrnehmungsnähe und des Zeichens. Es ist zu betonen, dass der Zeichenbegriff hierbei sehr allgemein zu verstehen ist. Ein Gegenstand ist ein Zeichen schon dadurch, dass wir ihm einen Inhalt bzw. eine Bedeutung zuweisen. Ein Klingelzeichen mag etwa bedeuten, dass die Schulstunde zu Ende ist. Keineswegs ist hier impliziert, dass das Zeichen auf einen realen oder auch nur fiktiven Gegenstand verweist. Wenn etwa Sartre von imaginären Häusern spricht, die der Maler schafft, so scheint er mir damit in metaphorischer Rede nichts anders als den Inhalt oder die Bedeutung des Bildes anzugeben.

Der vorgeschlagene Bildbegriff zeichnet sich durch zwei Komponenten aus: Er beinhaltet zum einen ein Verweisungsverhältnis, zum anderen ist dieses Verhältnis durch Wahrnehmungsaspekte charakterisiert. Solche Vorgaben sind begriffliche Vorgaben. Die beiden Komponenten, die im wahrnehmungsbasierten Verweisungsverhältnis zum Ausdruck kommen, sind für sich genommen keineswegs bildspezifische Momente. Sowohl der Zeichenaspekt als auch der Wahrnehmungsaspekt finden sich durchaus in bildunabhängigen Kontexten. Dies macht aber gerade den besonderen Reiz des vorgeschlagenen Bildbegriffs aus; denn da von einer Bildverwendung nur dann die Rede sein soll, wenn beide Komponenten zugleich auftreten, lässt sich das spezifische Leistungsprofil der Bilder, d. h. ihre besonderen Stärken und Schwächen, als Ergebnis einer variierbaren Kombination der beiden Aspekte bzw. Komponenten analysieren. Außerdem kann so die teilweise ungenaue alltagssprachliche Verwendung des Ausdrucks "Bild" mit dem Hinweis verständlich gemacht werden, dass der Wahrnehmungskomponente zuweilen übergeneralisierend Eigenschaften zugeschrieben werden, die sie genau genommen nur in systematischer Verbindung mit der Zeichenkomponente besitzt. Auf Grund von fehlenden Differenzierungen übertragen sich also Aspekte einer für die Bildverwendung spezifischen Wahrnehmungskomponente auf den gesamten Wahrnehmungskomplex.

Hinsichtlich der Zeichenkomponente scheinen mir die Ausführungen von Goodman weitgehend zutreffend und fruchtbar zu sein. Das betrifft insbesondere den Gedanken, dass die Klassifikation eines Gegenstandes als Zeichen auf Grund einer Einordnung in ein entsprechendes Zeichensystem erfolgt. Auch die weiterführenden Charakterisierungen bildhafter Darstellungen anhand der Begriffe der syntaktischen Dichte und relativen Fülle halte ich für sehr hilfreich. Dagegen ist im Unterschied zu Goodman die Auffassung zu betonen, dass Bildphänomene nur angemessen zu erfassen sind, wenn sie zugleich als Wahrnehmungsphänomene verstanden werden.

Hinsichtlich der Wahrnehmungskomponente lässt sich terminologisch gut an Wollheims Theorie des Sehen-in (vgl. Wollheim 1980, 192 ff.). Etwas in etwas sehen zu können wird auch in vielen gegenwärtigen Theorien als für die Bildverwendung wesentlich erachtet (vgl. z. B. Hopkins 1998, 18 ff.). In diesem Zusammenhang sind ebenfalls die Arbeiten von Gombrich wirkungsgeschichtlich sehr bedeutsam gewesen (vgl. Gombrich 1960 und 1982), wobei die zwischen Gombrich und Wollheim geführte Auseinandersetzung um die Ausdrücke "seeing-in" und "seeing-as" von untergeordnetem Interesse ist, da sie primär auf ungeschickten Formulierungen beruht (vgl. Lopes 1996, 43-51).

Da sich das Bildphänomen in meiner Lesart erst aus der Kombination beider Komponenten ergibt, ist es nicht sinnvoll, beispielsweise auch sogenannte Wolkenbilder als Bilder anzusehen. Vielmehr sollte nach dem Gesagten ein Gegenstand erst dann als Bild im engeren Sinn bezeichnet werden, wenn er als Element eines Zeichensystems auftritt. Von einem solchen Gegenstand wird in der Regel zu erwarten sein, dass er flächig (und damit visuell wahrnehmbar), in minimaler Weise artifiziell und relativ dauerhaft ist. Das Kriterium der Flächigkeit schließt Phänomene wie Idealbilder (aber auch mentale Bilder) aus, ebenfalls sogenannte 'Hörbilder', die zwar als wahrnehmungsnahe Zeichen gelten können, durch ihren Bezug zur auditiven Wahrnehmung aber einige Besonderheiten aufweisen, und schließlich auch Skulpturen und Werke der Architektur, die traditionell als Bildwerke bezeichnet wurden. Das Kriterium der Artifizialität, das mit dem Hinzufügen eines Rahmens bereits erfüllt ist, grenzt die sogenannten natürlichen Bilder aus, etwa die Spiegelbilder. Das Kriterium der Persistenz sichert schließlich, dass es sich, im Unterschied zu den sogenannten Wolkenbildern, um einen auch intersubjektiv wiederholt aufweis- und wahrnehmbaren Gegenstand handelt.

Diese vorläufigen Bestimmungen des repräsentationalistischen Bildbegriffs betonen den Darstellungs- bzw. Abbildungscharakter von Bildern im engeren Sinn. Es sollen damit aber abstrakte Darstellungen auf keinen Fall ausgeschlossen werden. Vielmehr ist intendiert, einen theoretischen Rahmen zu schaffen, der es erlaubt, unterschiedliche Bildstrategien verständlich zu machen, die sich aus der jeweiligen Kombination und Gewichtung der beiden Komponenten ergeben. Entsprechend werden in einem späteren Kapitel die in der modernen Kunst zu beobachtenden Grenzfälle des Bildhaften - die als Prüfstein der vorgeschlagenen Theorie gelten können - als Versuche einer systematisch ins Extrem getriebenen Reduktion einer der Komponenten beschrieben.

Mit dem Begriff der Wahrnehmungsnähe soll nicht darauf verwiesen werden, dass Zeichen im Kommunikationsprozess wahrgenommen werden müssen, denn diese Bedingung gilt für den Zeichengebrauch generell. Im Unterschied zu arbiträren Zeichen ist vielmehr entscheidend, dass auch die Interpretation des Zeichens zumindest teilweise auf Wahrnehmungskompetenzen beruht, die keine speziellen Kodierungsregeln voraussetzen. Zumindest einige Aspekte der Bedeutung, die mit wahrnehmungsnahen Zeichen vermittelt werden soll, ergeben sich folglich aus der Struktur der Zeichen selbst - genauer gesagt: der Zeichenträger -, während die Zeichenträger arbiträrer Zeichen in der Regel keinerlei Hinweise auf die entsprechende Bedeutung enthalten. Dies liegt im besonderen Maß bei illusionistischen Bildern vor. Zwar müssen wir auch hier bereits verstanden haben, dass es sich um ein Bild handelt, also eine rudimentäre Zeichenkompetenz besitzen, die vermutlich auch konventionelle Vorgaben enthält; aber um zu bestimmen, was im Bild dargestellt ist, können wir im Wesentlichen auf die Prozesse zurückgreifen, die wir mit der Fähigkeit zur Gegenstandswahrnehmung bereits besitzen.

Das prototypische wahrnehmungsnahe Zeichen ist das an die visuelle (oder auch taktile) Wahrnehmung gebundene figürliche Bild. Für die übrigen Wahrnehmungsmodalitäten gibt es eingeschränkt vergleichbare Darstellungsformen - etwa wahrnehmungsnahe akustische Zeichen. Allerdings sind vor allem die ungegenständlichen Bilder zunächst ausgeklammert. Ihr Verständnis erfordert, genauer zu bestimmen, in welcher Weise und in welchem Maße Wahrnehmungs- und Zeichenaspekt korreliert sind. Eine Abgrenzung von wahrnehmungsnahen und arbiträren Zeichen fällt auf Grund der fließenden Übergänge generell schwer. Zum einen beinhalten die einzelnen Darstellungssysteme in der Regel sowohl wahrnehmungsnahe als auch arbiträre Zeichen, zum anderen gibt es viele Zeichen (z. B. Diagramme), die beide Momente integrieren. Darüber hinaus können Zeichen in alternative Darstellungssysteme überführt werden. Schließlich ist es jederzeit möglich, ein wahrnehmungsnahes Zeichen um arbiträre Aspekte zu ergänzen (z. B. Bildallegorie) oder arbiträre Zeichen in ihrer Wahrnehmungsqualität zu würdigen (z. B. Kalligrafie).

Hinsichtlich des Zeichenbegriffs gibt es zwar zahlreiche Kontroversen, Einigkeit besteht aber zumindest darin, dass sinnvoll zwischen syntaktischen, semantischen und pragmatischen Aspekten unterschieden werden kann, auch wenn strittig ist, wie das Verhältnis der verschiedenen Ebenen zu denken ist. Für meine Zwecke ist diese Unterscheidung zunächst ausreichend, insofern sie eine Einordnung der unterschiedlichen Bildtheorien erlaubt. Die semiotischen Bildtheorien lassen sich nach dem Grad gliedern, in dem sie sich an der linguistischen Begrifflichkeit orientieren. Eine extreme Variante der semiotischen Bildtheorien wäre dann eine Theorie, die den Bildbegriff einführt, indem sie ihn auf syntaktischer, semantischer wie pragmatischer Ebene mit linguistischen Kategorien bestimmt. Dies ist sicherlich nur sehr begrenzt sinnvoll. In der Regel sprechen semiotische Theorien den Bildern daher zumindest auf syntaktischer Ebene linguistisch nicht beschreibbare Eigenschaften zu. Sie betonen etwa, dass es für Bilder keine Grammatik im sprachwissenschaftlichen Sinn gibt (vgl. zu diesem Problembereich Sachs-Hombach & Rehkämper 1999). Goodmans Bildtheorie, die Bilder explizit mit den Begriffen der syntaktischen Dichte und der relativen Fülle charakterisiert, gehört in diese Klasse. Eine semiotische Theorie könnte darüber hinaus aber auch semantische Besonderheiten für Bilder geltend machen (vgl. Sachs-Hombach & Rehkämper 2000). Die Ähnlichkeitstheorie liefert einen solchen Versuch, nach dem die Bedeutung eines Bildes, anders als bei sprachlichen Zeichen, unter Rückgriff auf bildeigene Merkmale bestimmt wird. Schließlich kann eine semiotische Theorie selbst auf pragmatischer Ebene Besonderheiten der Bilder annehmen, etwa indem sie für Bilder spezielle Verwendungskontexte oder spezielle Kommunikationsakte einräumt (vgl. Sachs-Hombach & Rehkämper 2001).

Dem Gesagten zufolge ist die semiotische Bildtheorie recht flexibel und keineswegs so starr, wie sie mitunter dargestellt und kritisiert wird. Vermutlich unterstellen die Kritiker der semiotischen Bildtheorie einen viel zu engen Zeichenbegriff. Nach den syntaktischen oder semantischen Merkmalen von Bildern zu fragen heißt keineswegs, linguistische Begrifflichkeiten auf Bilder anzuwenden. Darüber hinaus schließt die semiotische Bildtheorie eine Integration mit wahrnehmungstheoretischen Ansätze nicht aus. Auch hier bestehen unterschiedliche Möglichkeiten der Ausführung. Die Integration kann zunächst auf einer oder auf mehreren semiotischen Ebenen erfolgen. Es ist etwa denkbar, dass Wahrnehmungskompetenz innerhalb der Bildwahrnehmung nur für das Erkennen syntaktischer Strukturen wichtig ist. Sie ist aber auch für bestimmte Bildformen in unterschiedlicher Weise denkbar. Bei einem Diagramm mag der Zeichenaspekt stärker ausgeprägt sein, bei einer Fotografie der Wahrnehmungsaspekt.

Die konkrete Beschaffenheit einer Theorie, die Bilder als wahrnehmungsnahe Zeichen versteht, hängt natürlich auch davon ab, wie der Wahrnehmungsaspekt charakterisiert wird. Diese Möglichkeiten können natürlich nicht nach den semiotischen Ebenen gegliedert werden. Die Unterschiede zwischen den konkurrierenden wahrnehmungstheoretischen Ansätzen ergeben sich daraus, wie der für die Bildwahrnehmung konstitutive Wahrnehmungsprozess beschaffen ist. Er kann zum einen mit der Gegenstandswahrnehmung identisch sein, wie illusionistische Bildtheorien postulieren, oder aber eine spezielle Wahrnehmungsform besitzen, wie etwa Wollheim mit seiner Seeing-in-Theorie annimmt (vgl. Wollheim 1982). Sofern das, was diese spezielle Wahrnehmungsform auszeichnet, sehr unterschiedlich gefasst werden kann, lassen sich entsprechend viele wahrnehmungstheoretische Ansätze formulieren. Kombiniert man diese Ansätze mit den theoretischen Möglichkeiten auf der zeichentheoretischen Ebene, ergibt sich eine teilweise verwirrende Fülle, die dem tatsächlichen Theorienbestand recht nahe kommt.

Anhand der genannten Dimensionen ist es nun möglich, traditionelle Theorien in verschiedener Weise zu formulieren. Es ließen sich auch theoretische Möglichkeiten generieren. Z. B. könnte die lange Zeit vertretene Ähnlichkeitstheorie, deren Mängel seit Goodmans umfassender Kritik deutlich geworden sind (vgl. Scholz 1991), erheblich verfeinert werden. Auch im Rahmen der Theorie wahrnehmungsnaher Zeichen reicht das Ähnlichkeitskriterium allein zwar nicht zur Charakterisierung des Bildbegriffs aus, es kann aber durchaus geeignet sein, bildhafte und sprachliche Bezugnahme zu unterscheiden, da der Zeichenbegriff vorausgesetzt ist. Zu präzisieren wäre freilich, was genau unter Ähnlichkeit zu verstehen ist. Hier ist es möglich, eine bestimmte Eigenschaft als relevant für Ähnlichkeit auszuzeichnen, etwa die Verdeckungsgestalt ("occlusion shape", vgl. Hyman 1989), die Isomorphie (Rehkämper 1991, 66 ff.) oder die Umrisslinie ("outline shape", Hopkins 1998). Gleicherweise ist es möglich, den Ähnlichkeitsbegriff mit kognitiv gesteuerte Wahrnehmungsmechanismen zu erläutern, die auf Typikalitätserwägungen basieren (vgl. Sachs-Hombach 2000). In diesem Rahmen wäre es auch möglich (obschon nicht notwendig), den Begriff des mentalen Bildes (etwa innerhalb einer Prototypentheorie) erneut zur Geltung zu bringen.

Die dargestellten theoretischen Dimensionen können innerhalb der Annahme vertreten werden, dass Bilder wahrnehmungsnahe Zeichen sind. Eine solche Annahme ist daher als Theorierahmen gedacht, der es erlauben soll, unterschiedliche theoretische Möglichkeiten in einem einheitlichen Paradigma zu formulieren und damit vergleichbar und idealer Weise auch entscheidbar zu machen. Dies im einzelnen zu leisten, wäre dann, unter anderem, die konkrete Arbeit, die eine Bildwissenschaft zu bewältigen hätte.

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© Klaus Sachs-Hombach 2003
Magazin für Theologie und Ästhetik 25/2003
https://www.theomag.de/25/ksh1.htm