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Magazin für Theologie und Ästhetik


Hal Hartleys Book Of Life

Ein Ort praktischer Urteilssuche?

Dominik Bertrand-Pfaff

Verfügen Filme über das Vermögen, ein praktisches Urteil im Hinblick auf gesellschaftliche Probleme zu suchen? Dieser Frage möchten wir hier anhand eines Filmes von Hal Hartley nachgehen. Das Charakteristikum des Films, das in der Bildfolge liegt, kann sogar auch nahe legen, dass in der Narration des Filmes die Spuren der Suche nach diesem Urteil nachvollziehbar werden. Dass eine Struktur theologischer Urteilssuche nicht nur in moderner oder zeitgenössischer Malerei enthalten sein kann (z.B. Brancusi, Pollock, Newman)[1], ist im Bereich der Bilder mittlerweile ein Gemeinplatz und lässt uns dieselbe Frage auch im Hinblick auf Bildfolgen und hier im Hinblick auf den Film von Hal Hartley stellen. Dazu soll zunächst Hal Hartley und sein Film "Book of Life", dann das theoretische Vorverständnis und schließlich dessen Durchführung am Film vorgestellt werden. Am Ende wird auf diesem Hintergrund noch die Frage nach ästhetischer Erfahrung und praktischer Urteilssuche gestellt.

Hal Hartleys "Book of Life"[2]

Wer ist und was beschäftigt Hal Hartley? Der 1959 geborene Regisseur gehört seit seinem Debüterfolg "Verdacht auf Liebe" (1989) zum international anerkannten Repräsentanten der amerikanischen Independent-Regisseure. Bereits in diesem Film bemühte er die Thematik der Endzeit, um in der amerikanischen Öffentlichkeit eine kritische Haltung gegenüber einer fundamentalistisch angehauchten Indienstnahme apokalyptischer Schriften einzunehmen. Angesichts des Millenniums stieß 'arte’ die Idee kleinerer Filmproduktionen um das Thema "2000 vu par..." an und beauftragte Hartley mit einer einstündigen Filmerzählung, die er an der Johannesapokalypse orientierte.[3]

"Das Buch des Lebens" von Hal Hartley spielt im New York am Ende des Jahres 1999 und trägt sich zunächst in die Alltagsnormalität dieser Stadt ein. Die Protagonisten haben säkularen Charakter; von irgendwelchen überirdischen Manifestationen wird, außer dem Auftritt eines Blutzeugen im Zwischenzustand, der der Wiederkunft Christi harrt, abgesehen. Jesus ist auf die Erde zurückgekommen, um die letzten drei Siegel der Apokalypse (das Buches des Lebens; im Film ein Notebook) zu öffnen. Der Film zeigt auf ästhetisch eindrucksvolle Weise die Differenzerfahrung, die durch diesen Auftrag seitens Jesus entsteht und die in eine individuelle Lektüre der Apokalypse durch den Regisseur einmündet. Die Zweifel Jesu am Plan seines Vaters durchziehen auch formal den gesamten Film: soll er durch die Öffnung der Siegel die Menschen richten und die erlösen, die für ihn mit ihrem Tod gezeugt haben oder soll er den Lauf der Welt ohne Gericht weitergehen lassen? Diese unerwartete Entwicklung trifft auf das ureigenste Interesse Satans, der dem Ende der Zeit eh nichts abgewinnen konnte, da er dadurch seiner Existenzgrundlage entzogen worden wäre. Satan hat zuvor die Seele der Barkeeperin Edie gewonnen, indem er die Spielsucht desjenigen, der sie liebt, ausnützt. Der Spieler hat um die Seele Edies gewettet, weil er nicht von der Existenz der Seele überzeugt ist. Edie tippt richtig, wird Millionärin und öffnet eine Suppenküche. Ihre Seele jedoch fällt als Einsatz des Spielers Satan anheim. Später wird, auf das Bitten Maria Magdalenas hin, Jesus im Gegenzug die Seele Edies retten, die in der Bar des Hotels arbeitet, in dem Jesus und Maria Magdalena abgestiegen sind. Klare moralische Gegenüberstellungen von gut und böse versucht Hartley auch damit zu unterbinden, indem es zu dieser Zusammenarbeit Jesu mit dem Satan kommt, die einer Kooperation ähnelt.

Die Liebe zu den Menschen, die für Hartley eher Vergebung als Gericht bedeutet, wird zum handlungsleitenden Prinzip Jesu, auch wenn er damit den Plan seines Vaters auf den Kopf stellt. Schließlich weigert sich Jesus, den Auftrag aufgrund seiner Liebe zu allen Menschen, in der ein Letztes Gericht keinen Platz hat, auszuführen und lässt das Leben mit all seinen mannigfaltigen Möglichkeiten wie bisher weitergehen. Die Opposition von zornigem Vater und vergebendem Sohn endet für Hartley in der Revolte des Letzteren gegen den Selbstlauf eines Allmachtbeweises in Form der Apokalypse. Diese Compassion Jesu impliziert zugleich eine profitkritische Nuance: diverse Geschäfte einer Firma des Namens Armageddon, die über apokalyptisches Material mit menschlicher Angst betrieben werden können, werden durchkreuzt: der gut geplante und gut geölte Verlauf der Endzeit kommt zum Stillstand. Der sozialkritische Hintergrund Hartleys scheint hier auf. Jesus feiert schließlich mit allen Protagonisten des Filmes, einschließlich Satans, das Neue Jahr 2000.[4] In der Schlussszene wirft Jesus das 'Notebook des Lebens’ in die Bucht vor Manhattan.

Hartleys Lektüre des NT verwirft jegliche autoritäre Lesart apokalyptischer Schriften, die letztlich in eine exklusivistische Vereinnahmung einmündet, und bevorzugt stattdessen eine inklusivistische Exegese des Textes. Jesu Option einer fundamentalen Vergebung aller Menschen stellt für Hartley die zentrale Botschaft des Textes dar und würde seine filmische Interpretation stützen. Letztere ist sie nicht nur in der Schwerpunktsetzung der Erzählung, sondern gleichfalls in der Art der filmischen Darstellungsweise. Diese lässt sich in ihrer Form einer "Ästhetik der Dekonturierung"[5] als Sozialkritik verstehen: eine Kameraführung, die verschwimmende Konturen produziert, soll die Absage an klare gesellschaftlich transportierte und theologisch begründete Kontrastierungen und Dualismen, auch der des Guten und des Bösen, mit der die apokalyptischen Bilder operieren, unterstreichen. Worin könnte hierbei der theologische Mehrwert liegen?

Eine theologische Interpretation

Hartley kann sich als ein Zeitgenosse verstehen lassen, der in die politisch-theologische Debatte seines zeitlichen Umfeldes mit einem Beitrag eingreift, der sich kritisch mit den theologischen Vorstellungen, die im politischen Diskurs mitschwingen, auseinandersetzt – in Form seines Filmes. Es scheint ebenso legitim zu sein, seine Reflexion als einen theologischen Zugang zu der eschatologischen Situation des Christentums zu verstehen. Theologische Reflexion verlangt nach einer Urteilsform, die in unterschiedlichen Formen der Vermittlung zu finden ist – Vermittlungen, die das Heilswirken der theologischen Botschaft betreffen. Dazu soll zunächst auf eine Art der theologischen Urteilsfindung und dann auf die Verortung derselben Bezug genommen werden. Die Eingangsthese sei hier, dass besonders die entdualisierende Reflexion praktische Relevanz gerade in ihrer dogmatischen Unsicherheitszone (durch eine 'Ästhetik der Dekonturierung’ unterstützt) beinhaltet.[6]

Bilder, wie Bilderfolgen, besetzen material den Ort der Unsicherheitszonen oder des surplus des theologischen Diskurses. Einen Beweis im Bild führen zu wollen, scheitert an dessen Charakterisierung als einer Übersetzung in Unähnlichkeit[7] (aufgrund der dem Film für einen dogmatischen Beweis abgehenden Begrifflichkeit), was der ambivalenten Stellung des Films in der Theologie gerecht wird. Dieser steckt nur einen Wahrscheinlichkeitsbereich ab, in dem der Film gleich der Elektronen des Atoms oszillieren könnte (eher als theologisches Experiment verstanden[8]). Wir wollen also in eine theologische Interpretation einsteigen, die aus dem Film heraus denselben in einem ästhetischen Urteil verstehen will. Dieses sollte von seinem Anspruch her der Eigenart der Kunst am ehesten entsprechen können, weil es sich auf Formen und deren Koordination bezieht: "Es ist die Eigenschaft, eine Form zu haben, die die Dinge zum Gegenstand eines Geschmacksurteils macht."[9] Diese Anschauung nährt sich insbesondere aus Formen, die in sich selbst ein sinnliches Ordnungsschema darstellen und aus deren Koordination sie sich konstituiert. Ein solches Urteil setzt nach Kant ein freies Spiel der Erkenntniskräfte voraus, in dem Sinne als sie den Menschen dazu anhalten, aus einer Vielzahl ihm zur Verfügung stehender, ästhetischer Objekte ein Allgemeines als unhierarchische Suche zu realisieren. Diese Suche kennzeichnet zusätzlich den Anspruch des Kunstwerkes auch über sich hinaus, was Manfred Frank wie folgt formuliert: "Durch seine Unausschöpflichkeit stellt das Werk Fragen an das Leben und an seine Zeit; es stellt sie in Frage; doch nicht nur eben seine Zeit, sondern jede kommende, die sich zur Einlösung seines immer noch unvollendeten Sinnes aufrufen lässt."[10] Die Kunst der Interpretation muss man wohl als das Proprium der theologischen Urteilssuche betrachten, weshalb sich die Theologie als Glaubensinterpretation der hermeneutischen Tradition verpflichtet weiß. Die Elemente zu diesem Urteil können sich in der Struktur theologischer Urteilssuche wiederfinden lassen, die folgende drei Wege durchläuft: via affirmationis, negationis und eminentiae.[11] Deren Relevanz für die Form des gläubigen Lebens kann darin gesehen werden, dass Letztere entweder eine Form der vita contemplativa oder der vita activa vorbereitet, sich darin realisiert oder auf diese abzielt. In bezug auf das Bild können diese auf folgende Strukturelemente bezogen werden: "Erscheinen der Erscheinung in ihrer Überschreitung"[12]. Diese Struktur müsste auch für eine Filminterpretation unter dem Interesse an einer Verbindung von Filmästhetik und praktischer Urteilssuche fruchtbar zu machen sein. In diesem Sinne gründet der interpretative Umgang mit dem Film selbst schon in dessen normativen Anspruch, besitzt deshalb ethische Relevanz, weil die Gabe des Films im Sinne einer Sensibilisierung zur Aufgabe wird, und bemüht sich schließlich um eine praktische Urteilssuche über die Elemente eines Geschmacksurteils.

Durchführung

Dies führt uns zu folgender Interpretation des Films von Hartley: wir hätten hier die via affirmationis in Form des mit richterlicher Vollmacht ausgestatteten Christus, der hier jedoch nicht als Richter, sondern in dessen Durchkreuzung einer via negationis als der Compassive, mit Vollmacht Vergebende auftritt.[13] Dabei wurde deutlich, dass der fundamentalistisch angehauchte Mimetismus um der eschatologischen Erbauung willen unterlaufen wird, indem suggeriert wird, dass der, der über die Vollmacht für das Jüngste Gericht verfügt, Mitgefühl zeigt, eine Haltung, die jedoch auch ihrerseits die Zeit vor dem Gericht konstituieren sollte – in einer die Referenzen umkehrenden Interpretation des Verses: "Was ihr dem geringsten unter meinen Brüdern getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25,40). Die Konsequenzen sind ethisch relevant: die neu entstandene Konstellation führt zur Suggestion einer neuen Praxis, die sich nicht so sehr in der Vorstellung des Richters gründet, sondern in einem Rückschritt eine Praxis des Mitgefühls einfordert.[14] Das ästhetische Modell wäre zu einem praktischen geworden. Die Vitalisierung wäre durch die Früchte der therapeutischen Kraft der visuellen Unsicherheitszonen (Stichwort: Dekonturierung) oder dessen surplus gewonnen.[15]

Dabei ist hier zu betonen, dass die via eminentiae zunächst nicht auf Schau, sondern auf Praxis bzw. auf die Suche nach einem praktischen Urteil abzielt. Es handelt sich hier um eine Allmacht der Compassio, die sich in der Warteschleife auf die Allmacht der visio beatifica befindet (visio beatifica hier als Schau, die nach der Vergebung ohne Gericht gewährt wird). Die vita activa wird folglich nicht ausgeschlossen, sondern in diese Warteschleife gelegt, in der auch der Grund für einen konstitutiven Beitrag der vita activa zur via eminentiae liegt. Eine mögliche Form der vita contemplativa liegt in der Vorstellung des allmächtigen Richters begründet, in der er als ein solcher präsent ist. Jedoch ist in der Erfahrung der richterlichen Vollmacht des Auferstandenen und Wiederkommenden zugleich die Erfahrung der Übermacht Gottes) zu finden, die die eigene Handlungsmacht relativiert und ihr Praxispotenzial entkräftet. Die Präsenz der Allmacht nimmt ganz die Schau in Anspruch, depotenziert die Antriebskräfte zur Praxis und steht damit im Gegensatz zum Bild des compassiven Christus.

Auf diesem Hintergrund scheint eine praktische Relevanz eines eschatologisch präfigurierten Blickes auf den Film in der Erlösungsbedürftigkeit und Mangelerfahrung begründet zu sein, die sich in diesem Film realisiert hat und sich wiederum auf (auch existentielle) Bedürfnisse bezieht, die befriedigt werden wollen.[16] Damit sich diese Bedürfnisbefriedigung jedoch nicht ins Leere verliert, muss diese zugleich auf eine Vorstellung rückbezogen sein, in dem dieser Mangel geborgen ist: der mit göttlicher Vollmacht ausgestattete Christus, der in seiner Entscheidung zur Compassio und Vergebung seine Allmacht beweist. Insofern spielt die Form als Vorverständnis auch im Zusammenspiel von Durchkreuzung der Form in neuer Form keineswegs eine untergeordnete Rolle. Damit ist auch nicht unbedingt das 'an den Früchten sollst du sie erkennen’ das letzte Kriterium, sondern integrativer Bestandteil der via eminentiae. Aber man kann ebenso festhalten, dass zur Möglichkeit der Fokussierung auf eine vita activa ein Abstand vonnöten ist, um Raum für eine Praxis der Compassio zu gewinnen: erst ein Rückschritt, eine Rücknahme der Präsenz oder Distanzierendes von der Präsenz der Allmacht in der via negationis ermöglicht die Öffnung auf eine praktische Perspektive hin. Dieser vollzieht sich als ein Rückschritt in die Bedürfnisartikulation. Es wird deutlich: dieses Beispiel nährt sich aus dem eschatologischen 'Noch-nicht’, dem zwar eine Zusage vorangeht, in der jedoch der Mangel mitgesetzt ist, der die Bedürfnisartikulation formiert.

Ästhetische Erfahrung und praktische Urteilssuche

Wie kann die Beziehung zwischen ästhetischer Erfahrung und praktischer Urteilssuche auf diesem Hintergrund verstanden werden? In der o.g., mit religiösen Elementen versetzten ästhetischen Erfahrung werden neue Handlungsspielräume eröffnet.[17] Auch von einer gewissen Eigenständigkeit der Bedürfnisartikulation der ästhetischen Erfahrung kann ausgegangen werden: dies ist der Fall in der Verweigerung der moralischen Verbindlichkeit in der ästhetischen Erfahrung, im l’art pour l’art. Künstlerische Praxis entzieht sich hier moralischen Kategorien.[18] Dies führt zu einem Rückzug auf den Binnenraum der Kunst. Dieser Rückzug redet einer ästhetischen Totalisierung das Wort, die jedoch selbst eine besondere Gestalt der ästhetischen Bedürfnisartikulation darstellt.[19] Dabei setzt dieser Rückzug schon selbst eine Erfahrung voraus, die dem unabhängigen Betrachter widerfährt. Die Erfahrung nämlich des moralisch nicht imprägnierten Raums, was jedoch immer schon einen vorgegebenen Begriff des Moralischen voraussetzt, da sonst die Kontrasterfahrung nicht greifen würde. Das die Außenwelt rein ästhetisch der Erfahrung zugänglich machende Bedürfnis stellt immerhin eine Möglichkeit dar, auch wenn dies eine hohe Stufe von Isolation voraussetzt. Ästhetische Erfahrung bietet diesem Bedürfnis eine Projektionsfläche. Allerdings geschieht diese Erfahrung aller Enthaltsamkeit des moralischen Urteils zum Trotz keineswegs wertfrei:

"Jedoch stellt die ästhetische Wertung eine gebrochene Wertung dar, und zwar in der Weise, dass die lebensweltlichen Wertungen nur als Erinnerungsspuren Eingang finden und ihrer Verbindlichkeit beraubt sind. Ohne Wissen darum, dass hier eine lebensweltliche Wertung in ihrer lebenspraktischen Verbindlichkeit außer Kraft gesetzt wird, ist auch die ästhetische Erfahrung kaum nachvollziehbar. In dieser Erfahrungsgestalt ist die ästhetische Bedürfnisartikulation nicht substituierbar. Jedenfalls ist sie gänzlich anderer Qualität als ein Verhalten, das die entsprechende Egozentrik ausleben würde, denn ein solches Verhalten unterläge – zu Recht – einer moralischen Beurteilung."[20]

Dies würde also bedeuten, dass auch bei Negation einer moralischen Perspektive in der ästhetischen Erfahrung letztere zumindest einen Beitrag zu leisten imstande ist zum besseren Verständnis unserer Bedürfnisse. Ohne diese Kenntnis der Bedürfnisse wäre jedoch das moralische Urteil leer.

Schluss

Hartley startet mit seinem Film einen konstruktiven Versuch, Therapie und Kritik dualistischer Ansätze zu verbinden, indem er sich von Strafvorstellungen, die von gewissen gesellschaftlichen Tendenzen transportiert werden und mit denen ein gutes Geschäft zu machen ist, absetzt und den Gläubigen ein attraktiveres, heilendes Bild des compassiven Handelns Jesu, der durchaus mit der göttlichen Vollmacht in seinen Entscheidungen ausgestattet ist, entgegensetzt. Reflexion im Film, mit theologischem Mehrwert ausgestattet, kann durch ihr eigenes Heilspotenzial in einer ästhetischen Vermittlung attraktiv sein und menschliche Bedürfnisse transparent machen. Das Ästhetische spielt hier aufgrund seiner sich in Grenzsituationen bewegenden Artikulierungsmöglichkeit (nochmals das Stichwort: 'Ästhetik der Dekonturierung’ als Sozialkritik) eine unersetzliche Rolle.[21]

Anmerkungen
  1. nach Reinhard Hoeps, Bild und Ikonoklasmus. Zur theologisch kunsttheoretischen Bedeutung des Bilderverbotes, in: Christoph Dohmen u.a. (Hg.), ... kein Bildnis machen. Kunst und Theologie im Gespräch, Würzburg 1987, S. 195ff.
  2. Zum Folgenden vgl. Reinhold Zwick, Jüngste Tage. Variationen der Apokalypse im Film, in: M. N. Ebertz u.a. (Hg.), Jüngste Tage. Die Gegenwart der Apokalyptik, Freiburg i. Br. u.a. 1999, S. 203ff.
  3. Vgl. Reinhold Zwick, Anm. 2, S. 203.
  4. Vgl. Reinhold Zwick, Anm.2, S. 207.
  5. Vgl. Reinhold Zwick, Anm. 2, S. 209.
  6. Vgl. Georges Didi-Huberman, Art & théologie, in: Dictionnaire de la théologie chrétienne, Paris 1998, 88f.
  7. Vgl. Georges Didi-Huberman, Anm. 6.
  8. Vgl. Alex Stock, Ist die bildende Kunst ein locus theologicus? In: ders. (Hg.), Keine Kunst. Aspekte der Bildtheologie, Paderborn 1996, S. 181. (Dazu der Hinweis: das französische Wort expérience umfasst sowohl Erfahrung als auch Experiment, kann evtl. dem Stockschen Entdeckungszusammenhang entsprechen.)
  9. Reinhard Hoeps, Anm. 1, S. 191.
  10. Manfred Frank, Das Sagbare und das Unsagbare, Frankfurt / Main 1993, S. 210.
  11. Josef Hochstaffl, Art. Negative Theologie, in: LThK3 Bd. 7, Freiburg i. Br. 1998, Sp. 723.
  12. Reinhard Hoeps, Anm. 1, S. 193. So ergibt sich beispielsweise die mystische via eminentiae aus dem Topos, ein Bild mit Bildern auszutreiben (Seuse), wobei die mystische Lebensform hier nicht notwendigerweise in eine vita contemplativa einmünden muss, sondern wie bei Meister Eckhart durch das Wirken des Göttlichen den Menschen selbst als aktives Bild vom Gottesbild verstehen kann, welches seinerseits in der Gottheit gründet, also Mystik auch übersteigen kann. (Vgl. Mauritius Wilde, Das neue Bild vom Gottesbild. Bild und Theologie bei Meister Eckhart, Fribourg i. Ue. 2000.) Vgl. auch Walter Lesch, "Du sollst dir kein Bildnis machen..." Zum Verhältnis von negativer Theologie und theologischer Ethik, in: K. Arntz u.a. (Hg.), Ethik zwischen Anspruch und Zuspruch, Fribourg i. Ue. 1996, S. 13-34.
  13. Vgl. zum Begriff der Compassio: Johann Baptist Metz, Compassion. Zu einem Weltprogramm des Christentums im Zeitalter des Pluralismus der Religionen und Kulturen, in: ders. u.a. (Hg.), Compassion. Weltprogramm des Christentums – Soziale Verantwortung lernen, Freiburg i. Br. u.a. 2000, S. 9-25.
  14. Vgl. zum Begriff des Mitgefühls: Leonardo Boff, Das Prinzip Mitgefühl. Vorwort, in: ders. (Hg.), Prinzip Mitgefühl. Texte für eine bessere Zukunft, Freiburg i. Br. 1999, S. 13-29.
  15. Vgl. Anm. 6. Insofern kann man Merklein zustimmen, wenn er auf dem Hintergrund der Eschatologie des NTs schreibt, dass eschatologischen Bildern eine Handlungsmotivation eignet. (Vgl. Helmut Merklein, Eschatologie im NT, in: Althaus, Apokalyptik und Eschatologie, Freiburg 1987, 35: "Darüber hinaus sollte man nicht unterschätzen, dass gerade Bilder ein enormes Handlungspotential zu motivieren vermögen.").
  16. Das damit nicht die Entgleisungen einer Leidensmystik einhergehen müssen, hat Zwick vor Kurzem angesichts solcher Tendenzen im Film Mel Gibsons gezeigt (Reinhold Zwick, Die bittersten Leiden. Mel Gibsons "Die Passion Christi", in: Herderkorrespondenz 58,4 (2004) 172-177.
  17. Marcus Düwell, Ästhetische Erfahrung und Moral, in: D. Mieth (Hg.), Erzählen und Moral. Narrativität im Spannungsfeld von Ethik und Ästhetik, Tübingen 2000, S. 32. "Die ästhetische Erfahrung eröffnet uns Handlungsspielräume, ermöglicht ein besonderes, von alltäglichen Verbindlichkeiten be-freites Verhältnis zu unseren alltäglichen Weltsichten und Lebensorientierungen. Diese Möglichkeit der ästhetischen Erfahrung folgt nicht aus vereinzelten Momenten des Ästhetischen, sondern aus ihrer internen Struktur."
  18. Marcus Düwell, Anm. 17, S. 27f: "Die Reflexion auf den Handlungsspielraum wird so in ästhetischer Gestalt zu einer Negation des Handelns. Die Wahrnehmung des ästhetisch Genießenden löst den Handlungsspielraum in der Genussperspektive auf und verwandelt ihn zu einem Ort der ästhetischen Wahrnehmung. Da es der Blickwinkel der ästhetischen Erfahrung selbst ist, der die Perspektive verantwortlichen Handelns eliminiert, ereignet sich im Ästhetischen die Reduktion auf ein Subjekt, welches die Wirkungen der Außenwelt beschreibt, diese wahrnimmt und zum Anlass einer spielerischen Beschäftigung macht, aber nicht in der Lage ist, sich zu ihnen anders zu verhalten, als sie spielerisch zu gestalten und zu beschreiben."
  19. Marcus Düwell, Anm. 17, S. 28: "Die Hermetik als künstlerische Möglichkeit ist vielmehr eine besondere Gestalt der ästhetischen Bedürfnisartikulation. Sie ist nur als Möglichkeit kunstästhetischer Erfahrung gegeben. In der radikalen Negation anderer Lebensbezüge wird versucht, eine ästhetische Totalität zu erzeugen."
  20. Marcus Düwell, Anm. 17, S. 29.
  21. Vgl. Marcus Düwell, Anm. 17, S. 30.

© Dominik Bertrand-Pfaff 2006
Magazin für Theologie und Ästhetik 43/2006
https://www.theomag.de/43/dbp1.htm