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Magazin für Theologie und Ästhetik


Im Labyrinth XXXI

Erscheinungen im Cyberspace

Andreas Mertin

Nur eher beiläufig wurde vor 5 Jahren im Heft 11 des Magazins für Theologie und Ästhetik die Datenbank „Webgallery of Art“ vorgestellt. Es ist an der Zeit, nun noch einmal auf diese Quelle im Internet zu verweisen, da sie in Angebot und Qualität etwas Einzigartiges ist. Vor fünf Jahren schrieben wir:Diese Datenbank enthält über 11000 Gemälde, Fresken und Skulpturen aus der Zeit zwischen 1100 und 1800 (mit einem Schwerpunkt im 15. u. 16. Jahrhundert), die man ebenfalls detailliert in einem Image-Viewer studieren kann. Die Website bietet an, das Verzeichnis der Abbildungen als Excel-, DBASE-IV oder als strukturierte Textdatei auf die Festplatte herunterzuladen (Man kann sie dann seinen eigenen Bedürfnissen anpassen). So weiß man immer, ob vom gesuchten Maler eine Abbildung vorhanden ist bzw. ob es Bilder zum gesuchten Thema gibt. Einzige Einschränkung: die Datenbank ist englischsprachig, man muss seine Stichwortabfrage also entsprechend formulieren. Die Web Gallery of Art bietet neben den elementaren Daten zu jedem Werk die Zuordnung zu einer Schule, einen groben Inhaltstyp (religiös, mythologisch, Genre, historisch, Porträt ...) sowie eine Zeitleiste im 50-Jahresraster. Für den Download der Bilder wird die Bildgröße und die Dateigröße und der genaue Ort auf der Website benannt. Für die normale Arbeit mit Werken der Kunstgeschichte dürfte diese Quelle durchaus ausreichen.“

Damit ist aber der Leistungsumfang dessen, was die Webgallery of Art bietet, nicht einmal annähernd beschrieben. Inzwischen umfasst die Datenbank 16.200 Reproduktionen europäischer Kunst im Zeitraum zwischen 1100 und 1850. Für mich ist die Datenbank zu einem nahezu täglich gebrauchten Standardwerkzeug geworden, nicht zuletzt deshalb weil sie so verlässlich ist. Anders als bei anderen Bildsammlungen, bei denen man regelmäßig überprüfen muss, ob die angegebenen Daten auch stimmen bzw. erst gar keine ausreichenden Daten erhält, kann man sich auf das Datenmaterial der Webgallery of Art nahezu blind verlassen. Der Quercheck mit Museums-Bestandskatalogen ergab jedenfalls keine gravierenden Fehler.

Zuverlässigkeit ist das eine Argument für die Webgallery of Art, ihr Service ein anderes. So beinhalten alle angebotenen Bilder einen in die Bilddatei eingefügten Bildkommentar. Das heißt, selbst wenn einem der konkrete Kontext eines Bildes und sein Urheber einmal verloren gegangen sein sollte, genügt der Aufruf des Bildes etwa in dem kleinen Programm Irfanview, um den jpg-Kommentar auszulesen und alle vorhandenen Informationen zum Bild abzugreifen. Das ist wirklich einzigartig und die Webgallery ist für diesen Service wirklich zu loben.

Wer auf der Suche nach Kunstwerken ist, will ja in der Regel ein bestimmtes Werk eines bestimmten Künstlers betrachten oder er will das Material zu einem bestimmten Bildthema sichten. Im ersteren Falle gibt man einfach in der Schnellsuchleiste den Künstlernamen ein und erhält dann das Ergebnis angezeigt. Gebe ich also z.B. „Lippi“ ein, dann zeigt mir die Webgallery zunächst 66 Werke von Filippino Lippi (1457-1504) und dann 71 Werke seines Vaters Filippo Lippi (1406-1469). Die einzelnen Werke sind nicht chronologisch sondern alphabetisch sortiert. Wer ein bestimmtes Werk von Filippo Lippi sucht, muss im Suchfeld Text eine genauere Bestimmung eingeben, also etwa „Spoleto“, wenn er auf der Suche nach den bekannten Fresken in der Kathedrale ist. Dann bekommt er eine Übersicht mit den vorhandenen Abbildungen angezeigt und kann dann durch das Klicken auf die Thumbnails ein separates Fenster aufrufen, in dem das Werk dann detailliert betrachtet werden kann. Der Klick auf das blaue Quadrat bringt knappe nähere Informationen zum Bild. Gleichzeit kann man sich die Biografie des Künstlers anschauen und weitere Werke seines Ouevres betrachten. Bei vielen Künstlern macht die Webgallery auch noch Vorschläge, parallel zur Bildbetrachtung zeitgenössische Musik zu hören. So vermittelt sich ein synästhtisches Erlebnis.

Aber man kann auch nach anderen Kriterien suchen: Wer eine Reise nach Madrid plant, kann entsprechend im Suchfeld „Madrid“ eingeben und bekommt eine Übersicht aller kunstgeschichtlichen Inkunabeln der Stadt. Ist man auf der Suche nach Bildern zu einem bestimmten Thema, gibt man im Textfeld den entsprechenden englischen (!) Begriff ein und kann danach die Suche durch die Zeitlinie oder die Kunstform eingrenzen. Auf diese Art kann man sich auch alle wichtigen Werke eines bestimmten Zeitraums anschauen.

Wer die erweiterte Suche anklickt, kann seine Suche wesentlich präziser eingrenzen. Zum einen bietet ihm ein Aufklappfeld gleich die fertigen Namen der Künstler an (damit es keine Unsicherheiten bezüglich der Namensschreibung gibt). Dann kann man präzise zwischen Titel und Textbeschreibung unterscheiden (was die Treffer besser eingrenzt) und vor allem kann man die Malschule und den Ort besser bestimmen. Wer auf der Suche nach deutscher religiöser Malerei der Zeit zwischen 1451-1500 in der Alten Pinakothek München ist, wird so schnell fündig.

Darüber hinaus bietet die Webgallery of Art auch eine Art museumspädagogischen Service, insofern bestimmte thematische virtuelle Touren anklickbar sind, die dann zum Beispiel die italienische Malerei, europäische Bildhauer oder auch die Fresken der Arenakapelle vorstellen. Man bekommt dann einen zweigeteilten Bildschirm, der auf der linken Seite der Darstellung und Navigation dient und auf der rechten Seite die Beispiele mit Erläuterung zeigt. Das ist ein eigenes Bildungsprogramm und ersetzt manches Buch, weil man hier viel leichter den Querverweisen nachgehen kann.

Was die vor fünf Jahren erwähnte Datenbankdatei betrifft, so gibt es sie immer noch, aber in Zeiten von DSL und Internetflatrates ist sie nicht mehr ganz so wichtig, weil es einfacher ist, gleich online nachzuschlagen. Dennoch: den „Katalog“ gibt es im Excel- und Access-Format und als importierbare txt-Datei. Eine Statistik zeigt einem darüber hinaus, wie die verschiedenen Malschulen über die Jahrhunderte in der Datenbank verteilt sind.

Das Ganze ist ziemlich einzigartig und ich kann jedem nur empfehlen, regelmäßig auf diesen Schatz zuzugreifen.


© Andreas Mertin 2006
Magazin für Theologie und Ästhetik 44/2006
https://www.theomag.de/44/am201.htm