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Nachdenken Meditation - WiderstandLektürenChristoph Fleischer Im Nachdenken mal in die Tiefe gehenJürgen Moltmann, „Sein Name ist Gerechtigkeit“, Neue Beiträge zur christlichen Gotteslehre, Gütersloher Verlagshaus 2008 Ehrlich gesagt, Jemandem, der schon einige Bücher von Jürgen Moltmann gelesen hat, kommt an den im Buch aufgeführten Gedanken Einiges bekannt vor. Wer allerdings zu dieser Gruppe nicht gehört, dem wird hier an ausgewählten Beispielen vorgeführt, was evangelisch theologische Redlichkeit verbindet mit ökumenischer Offenheit, politischer und historischer Betroffenheit und sprachlich-rhetorischer Gewandtheit. Jürgen Moltmann ist inzwischen zu einem theologischen Denkmal geworden, was die Liste der 207 Dissertationen in Englisch, Niederländisch, Finnisch, Italienisch, Deutsch und mehr Sprachen zeigt. Einige Bibliographien, Festschriften, Monografien und Berichte über die Theologie Jürgen Moltmanns werden in der Anlage ebenfalls aufgeführt, so dass sich jede und jeder von hier aus auf den Weg machen kann, diesen evangelisch theologischen Ansatz zu studieren, der als Vertreter der „politischen Theologie“ mit dem Stichwort „Theologie der Hoffnung“ die Theologengeneration des Aufbruchs geprägt hat. Dass der Zukunftsbezug bis ins Alter sein leitendes theologisches Paradigma geblieben ist, zeigen die dokumentierten Aufsätze. Dass, wer aufbrechen will, an das richtige Gepäck denken sollte, machen seine theologischen Meditationen und Formulierungen deutlich. Ausgehend von der Quelle der theologischen Argumentation findet Moltmann immer wieder zur heutigen Sprache zurück und zeigt beispielhaft, dass theologische Existenz auch darin besteht, aus eigener Einsicht und Verantwortung zu neuen Formulierungen zu kommen. So wird die Auferstehung der Toten zur „Auferstehung des Lebens“. Jürgen Moltmann erinnert zu recht daran, dass die trinitarische Rede von Gott nicht aufgegeben werden darf. Wenn diese heute Schwierigkeiten bereitet, ist dies eine theologische Herausforderung, immer wieder neu sprachliche Umsetzungen theologischer Einsichten zu finden. Alter Bekenntnisinhalt füllt sich mit neuem Leben und gibt dem Denken von Gott von Neuem eine religiöse Sprache, die die aktuellen Herausforderungen in das Denken einbezieht und daher die Hörer immer wieder bei ihren existentiellen Fragen abholt. Moltmanns Theologie wirkt immer ein wenig wie eine Auswahl und dies wird gerade vor dem Zwang zur Aktualisierung deutlich. Die Tagesordnung der Welt bestimmt die Themenwahl, die biblischen Quellen und deren Auslegungsgeschichte dann aber die Inhalte. Zukunft, Auferstehung, Gerechtigkeit, Gott und Natur sind die in diesem Band ausgearbeiteten Grundbegriffe, die es immer wieder neu zu erklären gilt, um das zu tun, wozu Jürgen Moltmann sich beispielhaft vorzeigen lässt, nämlich evangelisch Theologie zu betreiben. „Im Kloster lebt man intensiver“Abt Benedikt Maria Lindemann OSB, Freiheit, die ich meine, Einsichten eines Mönchs aus Jerusalem, Mit einem Vorwort von Notker Wolf, In Zusammenarbeit mit Georg Schwikart, Gütersloher Verlagshaus 2009. Fünf aufgezeichnete Gespräche und zahlreiche Kurzpredigten lassen plausibel erscheinen, wie aus dem Sauerländer Gerhard Lindemann, Zivi in einem evangelischen Krankenhaus in Paderborn, der Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem geworden ist. Die Fragen von Georg Schwikart lassen Abt Benedikt einfach offen und ehrlich zu Wort kommen. Dadurch wird wenigstens ein Stück weit deutlich, wie ein normaler Mensch des 21. Jahrhundert im Kloster leben und darin auch noch ein wenig Erfüllung sehen kann. Dahingestellt, ob das Klosterleben nicht doch ein wenig weltfremd, oder einfach gesagt, besonders ist, die Predigten aus der Dormitio Abtei sind es jedenfalls nicht. Es kommt darauf an, den Menschen in ihrer jeweiligen Lebensbezogenheit die Zuwendung und die Gegenwart Gottes so zu erklären und zu vermitteln, dass sie ein wenig herausgerissen sind aus ihrer Gleichgültigkeit, beginnen über ihr Leben nachzudenken und dies dennoch nicht als Druck oder Zwang erfahren. Abt Benedikt ist seiner westfälischen Heimat, in der die freundliche Koexistenz der unterschiedlichen Konfessionen gepflegt wird, auch insofern verbunden, dass er in ökumenischer Offenheit drei evangelische Theologen als Zeugen des Evangeliums unter die Heiligen rechnet: Gerhard Teerstegen, Paul Gerhardt und Dietrich Bonhoeffer. Ein Leben nach der Regel Benedikts bleibt eine Ausnahmeexistenz. Es ist eine religiöse Form, für andere da zu sein. Diese Lebensform erinnert daran, dass die christliche Lebenspraxis nur aus einem religiösen Selbstverständnis funktioniert, im Kontakt mit ihren Wünschen bleibt, ehrlich mit sich selbst ist und den Menschen aktiv zugetan als „ora et labora“. Dass dazu eine Gemeinschaft nötig ist, zeigt das Klosterleben beispielhaft. Abt Benedikt M. Lindemann lässt in diesem Buch die Erfahrungen der Gemeinschaft des Klosters für Menschen fruchtbar werden, die ihre Lebensentscheidung anders getroffen haben. Die Herausforderungen des Menschseins sind im Kloster nicht ausgeblendet, manchmal werden sie sogar deutlicher. Wichtig ist, dass darüber geredet und geschrieben wird und nichts verheimlicht. So wird auch dieser Erfahrungsaustausch zu einer Bereicherung, denn „im Kloster lebt man intensiver“. Wer mag, kann vor Ort, auf dem Berg Zion (Postanschrift), in die Stille gehen und sich unter die Pilger mischen. Das Buch ist so indirekt auch ein religiöser Reiseführer, der zu einer Reise nach Jerusalem einlädt. Liberaler Christ im WiderstandUwe Gerrens, Rüdiger Schleicher Ein Leben zwischen Staatsdienst und Verschwörung. Gütersloher Verlagshaus 2009 Es wird in der Lebensbeschreibung des staatstreuen Juristen Rüdiger Schleicher durch Uwe Gerrens mal wieder deutlich, dass die Zeit von 1933 bis 1945 zu besonderen Lebensentscheidungen führen musste. In dieser Zeit hatte man sich zu entscheiden und entschied sich, Rüdiger Schleicher für den Verbleib im Luftfahrtministerium, erkauft mit der Mitgliedschaft in der NSDAP und zugleich als Teil der Familie Bonhoeffer für den Widerstand. Das Buch beschreibt den christlichen Laien, der als gebürtiger Schwabe und Protestant ein regelmäßiger Kirchgänger in Dahlem war, der Gemeinde Martin Niemöllers bis zu dessen Verhaftung 1937 und auch danach als Teil der Bekennenden Kirche. Rüdiger Schleicher war ein begeisterter Musiker und ließ später sogar seine Geige in das Gefängnis bringen. Da er durch seine Heirat mit Ursula Bonhoeffer, einer Schwester Dietrich Bonhoeffers, ein Teil der Familie Bonhoeffer geworden war, war er eng mit dem Hause Bonhoeffer verbunden und später auch Teil der dort ausgetauschten Widerstandspläne und Informationen. Er gehörte jedoch nie zur Wehrmacht oder zur Abwehr, weil er im ersten Weltkrieg so schwer verwundet wurde, dass er kriegsuntauglich war. Später heiratete die älteste Tochter Renate Schleicher den Bonhoeffer-Biographen Eberhard Bethge. Daher sind die Beschreibungen der Schleicherschen und Bonhoefferschen Situation vor allem in der Zeit des Weltkrieges eine gute Ergänzung zur Lektüre jeder Bonhoeffer-Biographie, wie hier selbstverständlich auch recht oft aus Bethges Bonhoeffer Biografie zitiert wird. Doch auch das ist interessant, weil sich dann so manche Informationen wieder anders lesen, als im direkten Zusammenhang der Lebensereignisse Dietrich Bonhoeffers. Da Rüdiger Schleicher nicht zum Widerstand der Wehrmacht gehörte, wurde er vom Volksgerichtshof am 2.2.1945 zum Tode verurteilt, einen Tag bevor den Richter Freisler selbst eine tödliche Bombe in Berlin traf. Beschämend ist es zu lesen, wie das Nachkriegsdeutschland mit dem Gedenken der Opfer des Widerstandes umgegangen ist. Todesurteile aus nationalsozialistischer Willkür wurden oft erst nach 10 Jahren oder später aufgehoben, wodurch aber auch die Angehörigen erst so spät ihre Pensionen und Opferentschädigungen erhielten, als ehemalige NS-Richter längst schon wieder im Staatsdienst standen oder gute Pensionen erhielten. Und so ist dieses Buch ein wertvoller Beitrag dazu, die Opfer der NS-Gerichtsbarkeit in Deutschland zu rehabilitieren. Diese Biographie ist packend geschrieben und bietet viele Informationen über die Widerstandsgruppe der Familie Bonhoeffer. |
Artikelnachweis: https://www.theomag.de/59/cf18.htm
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