![]() Resonanzen & Kompetenzen |
1914 die Avantgarden im KampfZur Ausstellung in der Bundeskunsthalle BonnHans-Jürgen Benedict Im Jahr 2014 wird es viele Ausstellungen zum Beginn des 1. Weltkriegs geben. Kluge Ausstellungsmacher haben schon 1913 damit angefangen, um in der Konkurrenz der Aufarbeitungen die Nase ein wenig vorn zu haben. Der große Erfolg von Florian Illies‘ Buch 1913 - der Sommer des Jahrhunderts zeigte, wie das funktionieren kann. Man nehme den Leser mit in die vielfältige Gleichzeitigkeit der künstlerischen Aufbruchsbewegungen dieses Jahres, Strawinskys Sacre du Printemps, Duchamps erstes Readymade, Kirchners Gemälde vom Potsdamer Platz, die alle noch nicht wissen, dass im August 1914 mit dem Kriegsausbruch alle diesen schönen Aufbrüche mit einem Schlag beendet sein werden durch die Verfeindung der europäischen Völker.
Nicht als Bild, aber in einer bewegenden Video-Präsentation ist Beckmanns unvollendetes großes Gemälde Die Auferstehung präsent. Zwar richten sich einige Gestalten in diesem grauenhaften Bild auf, aber insgesamt ist Trost und Auferstehung so fern wie der Mars. (In seiner Trostlosigkeit erinnert es an die Grablegung Jesu Carpaccios in der Berliner Gemäldegalerie.) Eine Bilderwand mit den letzten Fotos der gefallenen Künstler gibt dazu das biographische Pendant. Grausam abgebrochenes Künstler-Leben hat keine andere Dignität als der Tod der Millionen unbekannten Soldaten auf allen Seiten, und berührt doch stärker, weil das unvollendete Werk den Schmerz auf Dauer stellt. Künstler, die in die Schweiz emigrieren konnten, gründen dort 1916 Dada als internationale Protestbewegung. Auch der Surrealismus hat Wurzeln in dem Kriegsgeschehen. So ist wider Willen der Krieg der Vater auch künstlerisch neuer Entwicklungen. Fast erschlagen von den vielen Bildern des Grauens kann man bei einem Spaziergang am Rhein mit Blick auf das Siebengebirge aufatmen. Wie können wir doch froh sein, nach dieser „Urkatastrophe des 20.Jahrhunderts“ und der folgenden noch größeren zu leben! |
Artikelnachweis: https://www.theomag.de/87/hjb25.htm
|