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Magazin für Theologie und Ästhetik


"The medium is the message"?

Zum medialen Wandel der Predigt im Internet

Sabine Bobert-Stützel

Seit 1995 engagieren sich die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland im Netz. Inzwischen findet sich hier allerlei, was homiletische Achtung verdient und, als erste Zwischenbilanz, homiletische TheoretikerInnen zur Reflexion herausfordern sollte. Unter den diverse Bibelausgaben ist das Projekt der Gutenbergbibel hervorzuheben.(1) Serviceleistungen für Pfarrerinnen und Pfarrer reichen von Meditationen des aktuellen Predigttextes bis zur aktuellen Sonntagspredigt, und längst archivieren pools Predigten, die per Datenbank abfragbar sind.(2)  Als Missionsbasis im Netz dient insbesondere die Christliche Internet-Agentur (CINA): Das Magazin "Jesus-online" will "Menschen im Internet abholen für Jesus Christus!"(3) Auch Anbieter aus den Reihen der evangelischen Kirche, bis hinauf zur EKD, suchen inzwischen den geistlichen Kontakt zum 'unbekannten Surfer': über Andachten, online-Bibelkreise, Platz für Gebetsanliegen, Chats zu religiösen Themen, und Gottesdienste in vielerlei Gestalt: Einladungen in RL-Gottesdienste, dokumentierte Gottesdienste, Gottesdienste zum online-Mitfeiern. Ferner gibt es die nichtkirchlichen Kasualienfeiern, wobei insbesondere die Firma 'Pietät' den Acker bearbeitet, der sich aber im deutschsprachigen Raum als recht steinig erweist.(4)

Haben wir ein neues liturgisches und Verkündigungsmedium vor uns? Internet-Pioniere aus den Reihen der evangelischen Kirche prophezeien bereits den Untergang der Ortsgemeinde und den Aufgang der Cyberchurch. "Es scheint sogar der Tag nicht mehr fern, an dem Menschen bevorzugt einer virtuellen Kirche angehören und nicht mehr unmittelbar am Leben einer Ortsgemeinde teilnehmen möchten."(5)

I. Problemanzeigen

Ob man ihn ignoriert oder nicht - es bahnt sich ein medialer Epochenwandel in unserer Kultur an, der auch am christlichen Kulturerbe nicht vorübergeht. Wenn die Theologie diesem nicht vordenkt, sollte sie den Praxisprojekten jedenfalls nachdenklich folgen. Ich möchte mich im folgenden nur auf den homiletischen Bereich konzentrieren. Es wäre ebenso lohnenswert die ekklesiologischen Konsequenzen eigens zu bedenken, aber auch epistemologische Rückwirkungen auf die Theologie selbst. Wird mit dem neuen Medium der theologische Diskurs durch "ein unwiderruflich technologisches, semiotisches und sozioorganisatorisches Dispositiv" ersetzt?

Neben Aufsatzbänden, die eher Praxisprojekte auf verschiedenen kirchlichen Handlungsfeldern vorstellen(6), drängen besonders Jörg Herrmann, Andreas Mertin und Reinhold Esterbauer auf ein theologisches Verständnis des Mediums Internet als Gesamtmedium. Mit 'Gesamtmedium' meine ich, dass sie nicht näher differenzieren zwischen einzelnen Kulturform der Cyberkultur. Sondern sie fragen nach religiösen Projektionen, die das Medium als solches auf sich zu ziehen scheint, bzw. nach dessen Transzendenzfähigkeit.

So unternimmt Herrmann erste Schritte in Richtung auf eine "religionshermeneutisch orientierte Charakterisierung des Mediums".(7) Er verweist auf das Internet als religiöses Konkurrenz-Medium, das religiöse Phantasien, Apokalypsen und Utopien auf sich zieht, und das religiöse Erlebnisformen ermöglicht. Hierzu zählt er religiöse Qualitäten von Cyberspace-Erfahrungen hinsichtlich von Raum, Zeit, Identität, durch Interaktivität und durch Hypertextualität. Herrmann fordert, das "unauflösliche Ineinander von Technologie und Ideologie" theologisch zu reflektieren.(8)

Unter welchen Umständen das Internet als die "technische Form Gottes"(9) oder als "Travestie von Transzendenz"(10) erscheinen muss, bleibt m.E. von einer differenzierter arbeitenden qualitativen Sozialforschung durch TheologInnen zu prüfen. Natürlich handelt es sich um spektakulär klingende Thesen, aber in ihrer Universalisierung bleiben sie genauso zutreffende wie unzutreffende Aussagen über 'das Große Ganze' der Cyberkultur. - Nach dem einleitenden Panoramablick möchte ich meine Problembeschreibung an drei homiletisch-liturgischen Netzprojekten der evangelischen Kirche konkretisieren.

1. Wie speicherbar sind Gottesdienste? Und wie 'live' ist eine Übertragung über Internet? "Online bei der Elisabethgemeinde Marburg", Hessen.(11)

Die Seiten der evangelischen Elisabethgemeinde aus Marburg entsprechen formal vielen Standards, die man im Netz beachten sollte, die aber nicht alle Ortsgemeinden erreichen: Die Seiten sind aktuell gepflegt, werden professionell von einem Webmaster neben dem Gemeindepfarrer (B. Dietrich) betreut, haben einen Sponsor gefunden. Sie arbeiten multimedial (kurze Texte, Bilder, optional auch mit Sound und Video), mit Links, (ggf. umstrittenen) Frames, z.T. auch JavaScript und Pearl. Sie bieten viel Raum zur Partizipation (Umfrage, Gäste-Pinnwand, Spiele, Predigtforum etc.). Für eine Kirchgemeinde sind sie - z.B. im Vergleich zum digitalisierten Gemeindebrief aus der Adventszeit(12) - sehr sinnlich und kompetent gestaltet.

Homiletiker und Liturgikerinnen, die hier vorbeisurfen, finden unter der Rubrik "Spiritualität" vier hochinteressante Bereiche: eine "Gebetskapelle", die Möglichkeit der "Meditation", eine "Gebetswerkstatt" und einen "Mystik Raum". "Sie suchen einen Ort der Zuflucht im Cyberspace? Wollen dem bunten Treiben für kurze Zeit entfliehen? Dann sind Sie hier richtig!" Mit einem Klick auf "Gebetskapelle" öffnen sich zwei Fensterstreifen übereinander. Oben erscheint das Bild eines Altars, flankiert von zwei Kerzen. Im Streifen unten lädt ein offenes Gebetbuch zur Auswahl oder zum eigenen Eintrag ein. "In der Gebetskapelle können Sie am Altar eine Kerze anzünden und sich mit einem ausgewählten oder eigenen Gebet direkt an Gott wenden, oder ein Anliegen nennen, das von der Elisabethgemeinde bei einem Gottesdienst im Gemeindegebet aufgenommen werden soll." Wer will, kann sich (im Midiformat) noch Besinnungsmusik anstellen. "Zum Löschen der Kerzen nach dem Gebet drücken Sie den Link Gebetskapelle."

Persönliche Gebetseinträge sind überwiegend in kirchlich-traditioneller Sprache formuliert. Es finden sich aber auch einige eigenständige Formulierungen:

"Was mach ich bloß? Antworte bitte! XYZ" "Lieber Gott, ich finde unfair, dass ich keine Punkte für mein schönes Singen gekriegt habe. Obi" "Lieber Gott, lass doch dieses komische Online-Spiel mal richtig funktionieren. z.z." "Pass auf das Kind auf! Hörst Du? N.N."

Halten wir fest: Es begegnet also eindeutig eine Symbolik aus dem traditionellen gottesdienstlichen Leben. Die Chance zu eigenen Einträgen wurde bislang überwiegend von kirchlich sozialisierten Menschen wahrgenommen. Hervorzuheben ist, dass der Pfarrer auf eine Verbindung zwischen Real Life (RL) und dem Virtual Life (VL) wert legt.

Was bietet die "Meditation"? "Unter Meditation können Sie einen Meditativen Gottesdienst 'mitfeiern', wie ihn die Gemeinde (etwa alle 4 Wochen) um 18 Uhr in der Elisabethkirche (ge)feiert (hat)." "Nach Auswahl eines Meditationsgottesdienstes erscheint oben der Hochaltar und unten das Gesangsblatt, ein 'meditatives Bild' oder der Lesungs- bzw. Gebetstext."

Drei Gottesdienste stehen zur Auswahl. Bei technischen Voraussetzungen können Audio- und Videoaufzeichnungen zusätzlich genutzt werden. Rund 100 BesucherInnen haben im Verlauf eines Jahres laut Counter zumindest hineingeschaut.(13)

Zusammenfassend: Mit Ausnahme des Mystik-Raumes handelt es sich bei der liturgisch-homiletischen Netzpräsenz der Elisabethkirche weitgehend um eine Simulation des bisher bekannten gottesdienstlichen Lebens. Beim Meditationsgottesdienst handelt es sich um eine gespeicherte Variante eines zuvor in RL gefeierten Gottesdienstes. Mithilfe medialer Tricks - wie z.B. dem 'Kerzenanzünden' - wird eine möglichst große Annäherung an gottesdienstliche Vollzüge in RL angestrebt.

2.) Was bringt ein Bibelkreis online? Und wie funktioniert er? Zu Gast im online-Bibelkreis der Bayerischen ev. Landeskirche.

Seit über vier Jahren arbeitet bereits der online-Bibelkreis der Bayerischen Landeskirche im Netz.(14) Entstanden ist er im September 1996 aus der email-Arbeit von Bayerns erster online-Pfarrerin Melanie Graffam-Minkus. Sie wollte die Bibel als Gesprächsgrundlage einführen in die zahlreichen Mails zu Glaubensfragen, theologischen Fragen und Sorgen. Die Menschen sollten wie in einem Bibelkreis aufeinander verweisen werden. Der online-Bibelkreis arbeitet nach dem Prinzip der geschlossenen Mailingliste. D.h. nur per email eingeschriebene Personen können teilnehmen. Es handelt sich um eine moderierte Liste. Die Moderation besteht aus der Vorgabe eines Bibeltextes, eines aktuellen Themas und einiger Impulsfragen, ferner z.B. im Drängen auf Einhalten der Netiquette.

Im Unterschied zur Zusammensetzung herkömmlicher Bibelkreise nehmen überwiegend Männer im Alter von 22-45 Jahren aus technischen Berufen teil. Sie nutzen hierfür berufliche online-Verbindungen. Die meisten der etwa 50 TeilnehmerInnen stammen aus dem deutschen Sprachraum und haben eine kirchliche Sozialisation hinter sich. Die Existenz einer online-Pfarrerin und auch dieses Kreises war eine Medienattraktion. Wer sich einschreibt und im Kreis mitleben will, wird aber auch einiger Probleme ansichtig. Die neugierig gewordenen Nichtkirchlichen, die hereinschauen, wirken als gewaltiges Störpotential und provozieren fundamentalistische Reaktionen. Immer wieder scheinen sie die Grundlagen des Kreises demontieren zu wollen: nämlich den Stellenwert der Bibel und den Glauben an die Erkennbarkeit Gottes in einer 'Offenbarung'. Ewig und ewig diskutieren sie Prolegomena, so dass der Kreis kaum zur Aufnahme seiner Arbeit gelangt. Weitere Probleme ergeben sich aus der spezifischen Gruppendynamik von online-Gruppen(15) und aus der Pluralität konkurrierender Netzangebote. Maßregelt die Moderatorin ein Mitglied, so wird auf die Freiheit unmoderierter Gruppen im Netz verwiesen, wo religiöse Fragen 'viel freier' diskutiert werden könnten.

3.) Welchen medialen und homiletischen Gesetzen unterliegen Web-Andachten? Die Gemeinschaftsproduktion "webAndacht.de".

Zu Ostern 2000 ging das Gemeinschaftsprojekt "webAndacht.de" online. Träger sind die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau, die Arbeitsstelle Internet im Gemeinschaftswerk Evangelischer Publizistik, die EKD mit ihrer Internetarbeitsstelle, die Deutsche Bibelgesellschaft sowie viele Ehrenamtliche. Als wichtige Vorläufer brachten besonders die Evangelische Kirche im Rheinland (Projekt "Webandachten") und die hessen-nassauische Kirche (Projekt "Gewebe") ihre Erfahrungen mit ein.(16) Alle zwei Wochen finden UserInnen hier eine neue Andacht, im Advent täglich.

Als formal-homiletische Standards (die weiterentwickelt werden) haben sich aus Workshops folgende Regeln ergeben: nicht zuviel Text, eine möglichst interaktive Gestaltung (d.h. hier: durch Ein- und Ausblenden von Grafiken, Gifs, Töne im Hintergrund, Aktionen), die Offenheit alternativer Wege durch die Andachten, die Möglichkeit einer Sequenz von HTML-Seiten, das Bildschirmformat für eine jeweilige Seite.(17)

Homiletisch interessant sind besonders das Andachtsarchiv (der EKiR) und Reaktionen im Gästebuch. Die Startandacht zu Ostern 2000 besteht aus sechs plakatartig gestalteten HTML-Seiten. Interaktivität liegt in der Möglichkeit, sich aktiv vorwärts oder rückwärts durch die Seiten zu blättern. Dies erledigt aber auch ein automatischer Pageturner für einen. Links erscheint immer ein Bild (ein Gänseblümchen, ein Ei, eine Schabe, eine Pfütze etc.). Rechts blendet das Programm einen Textvers ein, der eindeutig anhand des jeweiligen Exempels die Perfektion des Schöpfers lobt.(18)

Auf der Suche nach einem interaktiveren Beispiel, jenseits linear vorbeileitender Klicks, stieß ich im Archiv der EKiR auf die Andacht "Elefant". Hier wird, in etwas schütterer Grafik (aber mit Frames), die alte Geschichte vom Elefanten und den Weisen präsentiert, die nach blindem Abtasten sagen sollen, wie ein Elefant aussieht. Besucher der Seite können zu Weisen werden, indem sie auf einer Pinnwand den Satz "Für mich ist Gott wie..." vervollständigen. Eingetragen haben sich überwiegend kirchlich sozialisierte Weise - jedenfalls lassen Sprachgestus und traditionell wiedergegebene Inhalte darauf schließen. Es gibt aber auch vom Mainstream abweichende Einträge: von Andy "ein Fragezeichen", "Die Guten" sehen Gott als "Valieis, das ich liebe",(19) für Norbert Klett ist Gott "ein Elefant >nie ganz zu begreifen". Noch stärker aus der Reihe fallen die Einträge von p reuter "ich !" und carsten meyer: "ein pennerj k". Der fand auch die Andacht zu Big Brother, lt. Gästebuch "total scheiße, die Seite".

Zusammenfassend: Der gemeindlich sozialisierte Betrachter mag sich heimelig fühlen wie vor einem technisch aufgepeppten Schaukasten der Ortsgemeinde. Das Netz bietet sogar noch schönere Schaukästen: Man kann sie jetzt in einer Reihe ablaufen. Jedoch entstehen wie im online-Bibelkreis Schwierigkeiten in der Kontaktaufnahme mit Menschen anderer Sprach- und Denkwelten: Menschen mit unfrommerer Sprache kommentieren die Andachten wesentlich öfter als "schade" und "scheiße" - wenngleich sie das Innovationsbemühen öfter loben. - Woran scheitert der Kontakt? Und wie sollte er fortgeführt werden?

Problemstellungen in den drei Beispielen praktizierter Netz-Homiletik ergeben sich auf mindestens drei Ebenen:

1) Ekklesiologisch: Die Angebote verdoppeln mit Hilfe der Simulationsmöglichkeiten des Netzes traditionelle Gemeindeangebote - vom Gottesdienst über den Bibelkreis bis hin zum erbaulich gestalteten Schaukasten, nur dass diese jetzt ins Netz verlagert wurden. Damit erreichen sie weiterhin kirchlich Engagierte und sprechen auch mitunter kirchlich Distanzierte an, die in diesen Formen Vertrautes wiederentdecken und sich auf die gängigen Codes einlassen können. Kommunikationsschwierigkeiten und Störungen entstehen mit kirchlich entfernteren Zielgruppen - die aber den Großteil der Netzsurfer ausmachen. Für sie bleiben die Angebote, Denkanstöße und Antworten eher unverständlich bis nichtssagend. Die Zielgruppe sind aber, laut kommentierenden Texten der Veranstalter, diese Surfer. An diesem Maßstab gemessen, versagen diese 'kerngemeindlich' konzipierten Formen.

2) Homiletisch: Das homiletisch und liturgisch Gewohnte wird formal und inhaltlich weitgehend unverwandelt ins Netz gestellt. Dabei herrscht, wie gegenüber den gemeindlich Engagierten, weitgehend die Erwartung einer Hermeneutik der Zustimmung.(20) Niemand wird mit Vieldeutigkeit allzu lange alleine gelassen.

3) Medientheoretisch: Besonders beim online-Gottesdienst der Marburger Elisabethkirche werden die Schwächen des WWW offenkundig. Der gespeicherte Gottesdienst wirkt steril - erst recht, wenn man ihn vom Büroschreibtisch aus abruft wie derzeit noch die meisten UserInnen. Bei der Andacht ersetzen die virtuellen Kerzen nicht annähernd flackernde Altarkerzen, im MIDI-Sound hallt nichts nach. Solcher Gottesdienst treibt bestenfalls in die RL-Kirche (spätestens wenn technische Probleme mit dem Laden der Videofiles hinzukommen). Its not the real thing. - Gegenüber dem alten Schaukasten wirkt der online-Schaukasten der Webandachten schon flotter. Aber wer stur bleibt, könnte meinen: Das kann man notfalls auch per Poster, Flipchart oder Pinnwand in einer Citykirche machen, und ein Bildband wirkt vielleicht doch sinnlicher. - Und beim Bibelkreis kommen noch medienspezifische Probleme aus dem Umgang mit online-Gruppen hinzu.

Nach diesen vertieften Problemanzeigen erweisen sich zwei Schritte als unumgänglich: eine Reflexion auf das genutzte Medium (Teil II) und eine durch das neue Medium herausgeforderte homiletische Reflexion (Teil III).

II. Medientheoretische Reflexion: Das Internet als Symbol postmoderner Lebenskultur
1. "The medium"

Inwieweit gilt für eine Internet-Homiletik das Statement des kanadischen Kommunikationstheoretikers Marshal McLuhan: "The medium is the message"? Als McLuhan dies in den 60er Jahren formulierte, gab es noch kein Internet. Ihm ging es globaler um die kulturellen Auswirkungen des Leitmediums "Elektrizität", konkreter auch um das damals noch neue Medium Fernsehen. Medientheoretiker sind sich jedoch weitgehend einig darin, dass das Internet McLuhans Grundannahmen am klarsten verdeutlicht.

McLuhan geht es um die persönlichen und sozialen Auswirkungen von Medien, die aus ihrem Gebrauch folgen. "Denn die 'Botschaft' jedes Mediums oder jeder Technik ist die Veränderung des Maßstabs, Tempos oder Schemas, die es der Situation der Menschen bringt."(21) Inwieweit ist in bezug auf das Internet die These von einem technologischen Determinismus angebracht? Wieweit bestimmen Medien unser Weltbild und unsere Beziehungsformen? Nach Auffassung des derzeit populären Medienökologen Neil Postman sind die Gebrauchsweisen von Medien weitgehend durch deren technologische Struktur vorbestimmt. Seiner Meinung nach enthält das Medium selbst einen ideologischen bias.(22) Er führt folgende Gründe dafür auf:

  • Aufgrund der symbolischen Formen, in denen Information codiert wird, haben verschiedene Medien unterschiedliche intellektuelle und emotionale Auswirkungen ("bias").
  • Aufgrund der Zugänglichkeit und Geschwindigkeit der Information, haben verschiedene Medien unterschiedliche politische Auswirkungen.
  • Aufgrund ihrer physischen Form wirken unterschiedliche Medien unterschiedlich auf die Sinne.
  • Aufgrund der Bedingungen, unter denen wir sie gebrauchen, haben unterschiedliche Medien unterschiedliche soziale Wirkungen.
  • Aufgrund der technischen und ökonomischen Strukturen haben unterschiedliche Medien unterschiedliche inhaltliche Wirkungen.(23)

Meines Erachtens greift jedoch ein rein technologisch verstandener Determinismus in der Diskussion um Auswirkungen von Medien zu kurz. Selbst Postman nennt den Faktor des sozialen Kontextes. Die kulturellen Faktoren sind m.E. in der Diskussion über Medien-'Determinismus' höher anzusetzen als die technikimmanenten. Medien sind ihrer Entstehung nach soziale Manifestationen, kulturelle Ausdrucksformen. "... technology is not neutral in the sense that it is not asocial. ... 'It is itself a social product that has arisen as a result of political and ideological processes and institutions...'" Das Medium verkörpert bereits ein soziales Geflecht und Weltbilder, die schon vor seiner Entstehung da waren.(24) Auch die Gebrauchsweisen sind nicht nur technisch vorgeformt, sondern kulturell beeinflusst. In verschiedenen Gebrauchsformen des gleichen Mediums reflektieren sich durchaus divergente kulturelle und persönliche Ideologien. - Von diesem Ansatz her gesehen, greifen theologische Debatten um mediale Auswirkungen des 'Internet an und für sich' zu kurz. Das Internet in seinen divergenten Gestalten von Cyberkultur ist umfassender im Rahmen einer theologischen Kulturhermeneutik zu erforschen. - Eine Internet-Homiletik muss in bezug auf den determinierenden Charakter des Mediums also mindestens drei Faktoren einbeziehen:

  • soziale Konventionen im Gebrauch des Mediums (das Telefon z.B. wurde anfänglich zu Opernübertragungen und für hierarchische Anweisungen genutzt),
  • persönliche Haltungen gegenüber einem Medium,
  • die technische Eignung eines Mediums.
2. "The message"

Medientheoretisch (und auch homiletisch, vgl. Teil III) ist es wichtig, "messages" im Internet nicht mehr im Sinne der Transportmetaphorik zu verstehen. Der Kommunikationswissenschaftler Daniel Chandler hat, insbesondere mit Bezug auf James Carey, herausgearbeitet, dass 'communication' im 19. Jahrhundert wesentlich als postalischer Transport verstanden wurde: Briefe, Pakete, Waren, auch Menschen mussten von einem Ort zum anderen 'communicated' werden. Man war davon überzeugt, dass man mit dem transportierten Material (Brief, Zeitung, Buch) zugleich die Bedeutungen mitbeförderte. Die Erfindung und der Einsatz von drahtlosen Telegrafen (1897) beendeten die scheinbar physische Einheit zwischen Bedeutungsträger und Bedeutung, doch die Metapher ist bis zur Gegenwart zum Verständnis menschlicher Kommunikation populär geblieben.

Wichtig ist dies Transportmodell nach wie vor für die Ebene rein technischer Übermittlung von Nachrichten. Der Mathematiker Claude Shannon hat1949 dafür folgendes Modell formuliert: eine "message" legt auf ihrem technischen Übermittlungsweg fünf Stationen zurück: "information source" - "transmitter" - "channel" - "receiver" - "destination". Unter Kontrolle gebracht werden musste ein sechstes Element: eine Störquelle ("noise source").(25) Dieses Problem kann sich tatsächlich technisch lösen lassen - solange es um die rein technische Ebene von Nachrichtenübermittlung geht (analog dem Überbringen von Briefen und Paketen).

Bei menschlicher Kommunikation - auch in technischen Medien - wird Bedeutungsgebung jedoch stets mitbestimmt von historischen, institutionellen, politischen, kulturellen Kontexten. Menschliche Kommunikation bedient sich zwar auch 'technischer Transportwege' (z.B. zum Übertragen oder Überliefern von Texten). (Günstigenfalls) werden dabei inhaltlich identische Texte - nicht jedochbedeutungsgleiche Texte übertragen. "... there is no single, fixed meaning in any message."(26) Zeichen und Texte können übertragen werden. Bedeutungen jedoch werden zwischen den Kommunizierenden jeweils neu ausgehandelt und konstruiert.

Eine dem technischen bzw. dem Transport-Paradigma verhaftete Homiletik versteht das Decodieren einer Botschaft als einen spiegelbildlichen Vorgang zur Codierung. Interpretations-Leistungen von Empfängern, die von der gesendeten Bedeutung abweichen, gelten als subjektive Verfälschung.

Der Bruch der technisch-kommunikationswissenschaftlich orientierten Homiletik der 60er Jahre mit der kerygmatischen Tradition erscheint vor diesem Modell als gescheitert. Denn strukturell betrachtet, bleiben beide dem gleichen Grundmodell verhaftet: eine Botschaft soll möglichst unverändert von A nach B transportiert werden. - Eine Internet-Homiletik muss ein neues Verständnis von 'Botschaft', Codieren und Decodieren entwickeln (vgl. Teil III).

3. Message im Medium 'Internet'

Gegenüber theologischen Pauschalurteilen über das Internet und den Cyberspace sollte beachtet werden, dass Cyberkultur vielgestaltig, komplex und in ständiger Veränderung begriffen ist - Merkmale, die im Prinzip von jeder Kultur gelten. Sie sollten den Cyberkulturforscherinnen und -forschern eine ähnliche Sorgfaltspflicht auferlegen, wie sie auch sonst z.B. in der qualitativen Sozialforschung gelten. Als Arbeitsdefinition zu Cyberkultur schlage ich vor, Cyberkultur zu verstehen als ein Zusammenspiel von Kulturen(!) und kulturellen Produkten, die im Internet existieren oder durch das Internet ermöglicht werden. Ferner zählen dazu die Geschichten, die mit diesen Kulturen und kulturellen Produkten verbunden werden.

Das Internet wird derzeit wesentlich für fünf unterschiedliche Gebrauchsweisen (mit unterschiedlichen Ausdrucksformen von Cyberkultur) genutzt:

  1. als Informationsmedium (Abrufen von Wissen),
  2. als Kommunikationsmedium (bi- und multidirektionaler Austausch),
  3. als Kooperationsmedium (kooperative Herstellung von vernetztem Wissen),
  4. als Präsentationsmedium (Bereitstellung von Wissen und Selbstdarstellung), sowie
  5. als Simulationsmedium.

Die größte Herausforderung für die Theologie und speziell auch die Homiletik sehe ich im Charakter des Internets als Simulationsmedium. Gerade als Simulationsmedium wird das Internet zu einer Ausdrucksform postmoderner Philosophie und Ästhetik. So konstatiert Sherry Turkle, Professorin für Wissenschaftssoziologie am Massachusetts Institute of Technology: "Computer verkörpern die Theorie der Postmoderne und holen sie auf den Boden der Wirklichkeit".(27) Sie verweist auf den Umbruch zwischen moderner und postmoderner Ästhetik, wie er sich bereits mit der Simulationsästhetik des Macintosh-Computers 1984 (in dessen symbolischer Benutzeroberfläche wie z.B. dem "Papierkorb") andeutete und nun im Internet stärker durchzusetzen beginnt.(28) Leitende Adjektive moderner Wissens-Ästhetik sind an mechanischen Prozessen orientiert: linear, logisch, hierarchisch. Hinter einer Oberfläche wird eine Tiefe gesucht, die es zu ergründen gilt (Tiefen-Epistemologie).

Der Hypertext im Internet verdeutliche Derridas These einer gemeinsamen Sinnkonstruktion zwischen Autor und Leser: Verknüpfungen in einem Hypertext sind willkürlich, Bedeutungen ergeben sich aus den wechselseitigen Beziehungen zwischen Verknüpfungen, Bedeutungen bleiben instabil.(29) Leitende Adjektive postmoderner Simulationsästhetik seien: Komplexität, Opazität, Dezentrierung. In der Ästhetik der Simulation werden Eigenschaften der Postmoderne umgesetzt, wie sie Fredric Jameson benannte: (1) der Vorrang der Oberfläche vor der Tiefe, (2) der Simulation vor dem Realen, (3) des Spiels vor dem Ernst.(30)

In epistemologischer Hinsicht ermöglicht die Simulationskultur, dass komplexe Probleme nicht mehr durch Grundprinzipien erschlossen werden müssen, sondern durch simulatorische, spielerische Aneignung.

Auch 'Simulation' muss näher differenziert werden. Für eine homiletisch-liturgische 'Indienstnahme' des Internet - besonders in seiner Eigenschaft als Simulationsmedium - sind vor allem drei verschiedene Formen von Virtualisierung zu bedenken: (1) Virtualität als Substitut für etwas (in der Vergangenheit) abhanden Gekommenes oder (gegenwärtig) Fehlendes, (2) Virtualität als Verdoppelung von etwas gegenwärtig bereits Existentem, (3) Virtualität als Kreation von etwas Neuem.(31)

Die Stärke der Simulationskultur im Netz liegt in der Möglichkeit, Fehlendes und Neues zu simulieren (Science-Fiction-Welten alternative Kulturformen, Traumwelten, sinnliche Präsentation religiöser Vorstellungen). In der Möglichkeit, Neues zu simulieren erweist das Netz seine - theologisch noch genauer zu erforschende - Transzendenzfähigkeit.

Die in Teil I erörterten Beispiele simulieren vor allem in Ortsgemeinden bereits vorhandene Angebote. Vor allem bei der Simulation der Liturgie wird die sinnliche Schwäche des Mediums deutlich. Für die körperlich-sinnlichen Erfahrungen in einer lokalen Gemeinde und deren soziale Vermittlungsformen von Transzendenz bietet das Netz nur einen schlechten Ersatz. Solche Netzangebote funktionieren wohl am ehesten dann, wenn sie wiederum mit dem RL vernetzt werden (z.B. in den 'Cyberspace' verlagerte Gebete von einer lokalen Gemeinde in deren RL-Liturgie integriert werden).(32) Dieser Topos bedarf jedoch noch einer gründlichen qualitativen Sozialforschung.

Ich frage nach der homiletisch-liturgischen Nutzbarkeit der Stärken des Mediums Internet. Daher geht es mir vorrangig um die Frage, inwiefern das Simulationsmedium Internet homiletisch und liturgisch Neues simulieren kann.

III. Theologische Reflexion: Homiletik der Simulationskultur

Eine Homiletik des Internet muss endgültig Abschied nehmen von kerygmatischen und kommunikationstechnischen Modellen, die sinngebende Prozesse wie einen Warentransport kontrollieren wollen. Als Exponent dieser kerygmatischen Position erscheint z.B. I. U. Dalferth. Er lehnt aufgrund des absehbaren Scheiterns der Transport-Homiletik jegliches Engagement der Kirche in Radio und Fernsehen als "verheerenden Irrweg" ab. Homiletisch-apokalyptisches Schlagwort ist das Schreckgespenst der "Beliebigkeit unterschiedlicher Rezeptionsweisen" - also die 'Störungen' gemeindlich vorausgesetzter Codes.(33) Wie lassen sich Menschen im Netz ansprechen, die institutionelle Deutungsvorgaben ihrer Religiosität ablehnen, die sich selbst als Subjekte von Theologie verstehen - und dennoch Interesse an religiösen Angeboten im Netz zeigen - sogar an christlicher Religiosität?

Historischer Exkurs: Die Anfänge der Rundfunkhomiletik

Es ist ratsam, sich an Analogien zur kirchlichen 'Indienstnahme' des Radios in Deutschland erinnern zu lassen. Rolf Schieder hat herausgearbeitet, dass sich die Rundfunkhomiletik lange Zeit dadurch selbst lähmte, die Stärken des neuen Mediums zu nutzen, weil sie dem öffentlichen Gottesdienstmodell verpflichtet blieb. Daher beschränkte man sich weitgehend auf gestutzte Gottesdienstformen. Zudem gab es auch Verbote zu Gottesdienst-Übertragungen - um den Gottesdiensten vor Ort keine Konkurrenz zu machen. Imitationsversuche im Radio führten soweit, z.B. per Radio eine Anleitung zu einer häuslichen Morgenfeiersitte zu geben. Diese sollte einen minimalen liturgischen Kontext bilden für die folgende religiöse Ansprache.

Schieder sieht einen Neuansatz erst durch J. Kleppers Frage nach einer dem Funk eigenen Ästhetik Anfang der 30er Jahre entstehen. "Welche Kunstform erzwingt" das Radio? Klepper erschienen z.B. Opernübertragungen als undurchführbar: die Oper wird auf das Hörbare reduziert und somit nur ein Aspekt von ihr übertragen. Die dem Funk entsprechende Kunstform musste erst erfunden werden: das Hörspiel. Dieses könne - gerade durch die Sinnesreduktion auf Stimme und Tönen - eine wesentlich höhere Intensität und Intimität erreichen als eine face-to-face-Kommunikation. Klepper: "Der Ton, der vom Menschen losgelöst ist, hat ein wunderbar eigenes Leben. Er dringt gleichsam tiefer in unser Wesen ein."(34)

Schieder lehnt das Modell einer 'Kirche im Rundfunk' ab. Wohl aber eigne sich das Medi Medium zur privaten Frömmigkeitspflege (aufgrund der privaten Rezeptionssituation) und zur Individualisierung von Religion.

1. Homiletische Grundlagen

Eine Internet-Homiletik, die die Stärken des Simulationsmediums nutzen will, kann das von Gerhard Marcel Martin (1984) formulierte Konzept einer Predigt als "offenes Kunstwerk" aufnehmen.(35) Bereits Martin forderte in bezug auf die gottesdienstliche Predigt einen Paradigmenwechsel in der Homiletik - fort von einer Orientierung am Modell der Kommunikationswissenschaft, hin zu einem Dialog mit moderner (Rezeptions-)Ästhetik. Er wollte damit zugleich Polarisierungen zwischen damals leitenden Gottesdienstverständnissen (kerygmatisch, kultisch, politisch, kreativ) überwinden helfen.

Schon Martin kritisierte in der damaligen Homiletik die unrealisierbaren Postulate eines Kommunikationsmodells, bei dem "die empfangene Nachricht beim Rezipienten genau derjenigen entsprechen" müsste, "die der Kommunikator konzipiert und ausgesendet hat" (Zitat Ernst Lange).(36) Statt eines - aussichtslosen - weiteren Drängens auf eindeutigere Kommunikation solle die Homiletik das Paradigma der Ästhetik übernehmen.

Martins Modell des Predigtprozesses aus der Perspektive eines offenen Kunstwerkes bewertet die 'Störungen' im Transportmodell als Freiheiten menschlicher Kommunikation. Das rezeptionsästhetische Modell entspricht "dem faktischen Aufnahmeprozess von Predigt mehr", weil es "für freie Reaktionen einen offenen Raum vorsieht" und "zu Assoziationen und zur emotionalen Rezeption einlädt".(37)
Die Predigt wird davon entbunden, das Wort für alle zu sagen und zu konkretisieren. Die Predigt soll nun das Wort einbringen und im Predigtprozess oder im liturgischen Kontext Spielräume zur Aneignung schaffen. Damit entfallen lebensferne oder Klischeehafte Konkretionen. Umso stärker wird die Lebens- und Deutungskompetenz (Übertragungskompetenz) der Hörerinnen und Hörer angesprochen. "Predigt als offenes Kunstwerk räumte den Hörern selbst die Gelegenheit ein, ihre Situation in das Predigtgeschehen einzubringen. Es wäre dann nicht mehr primär die Aufgabe des Predigers, die Situation anderer für andere zu klären."(38)

Die Erschließung eines biblischen Textes in seiner inhaltlichen und formalen Individualität bleibt bei diesem Predigtmodell vorausgesetzt. Ein 'sperriges' Gegenüber konstituiert gerade Spielräume mit. Erst dadurch entstehen kreative Spannungen. Doch ebenso müssen die einbezogenen Userinnen und User genügend Raum erhalten, um eigene Codes aus ihrer Lebenswelt einbringen zu können. Dadurch kann die Rezeption reicher werden als die Vorlage.(39) Einer solchen Homiletik geht es weniger um 'Entscheidung' für oder gegen bestimmte Lesarten, sondern vorrangig um Transformationsmöglichkeiten des Textes in neue Lesarten durch die 'Lesenden'. Gegenüber dem Gespenst der "Beliebigkeit" wies schon Martin auf die Sozialität menschlicher Existenz hin: Wir sind auch in unseren persönlichsten Verständnisvarianten (Codes) schon immer durch biographische, soziale Kontexte mitbestimmt. Die Auswahl der Codes wird sich also in Grenzen halten.(40) Insofern spricht Martin, auch aus seiner Erfahrung der Bibliodramaarbeit, von einer 'präzisen Offenheit' die in Aneignungsspielräumen entsteht.(41) Die Grenzen der Existenz bedingen auch immer Grenzen in der Verständlichkeit und Erfahrbarkeit von Transzendenz bzw. Gottes.

Eine wichtige Weiterführung von Martins Ansatz sehe ich in Wilfried Engemanns semiotisch orientierter Homiletik und in Hartmut Raguses Reflexionen zu Konstruktionen von Textverständnis.(42) Engemann arbeitet gegen die homiletischen Mythen über die Unerheblichkeit des Predigers, die Unabhängigkeit der Botschaft und die Nichtzuständigkeit der Hörer im Predigtprozess an. Er reflektiert Codierungs- und Decodierungsprozesse auf diesen Bearbeitungsstufen. Er wendet sich, wie Martin, gegen (vor allem kerygmatisch inspirierte) Versuche, semantische Pfade zu verstopfen und den Text theologisch dermaßen abzudichten, damit die Hörer die Predigt alle möglichst einsinnig hören (die "obturierte Predigt"). Er fordert demgegenüber vom Prediger die ästhetische Leistung, den exegetisch facettenreich erarbeiteten Text auch auf der Ebene der Predigt noch offen genug für verschiedene Lesarten (Transformationen) zu präsentieren (erzeugte Ambiguität der Predigt). Insofern lässt sich Engemanns Homiletik als semiotische Präzision von Martins Ansatz verstehen.(43)

2. Ekklesiologische Position

Was für ein Verständnis von Kirche zieht eine Homiletik des offenen Kunstwerkes nach sich? Denn bestimmte Kommunikationsstrukturen setzen bestimmte Sozialstrukturen voraus bzw. erzeugen diese. Eine Homiletik lässt sich nicht jenseits der Ekklesiologie erörtern.
Kirchlichkeit und Religiosität sind voneinander zu unterscheiden, doch als aufeinander bezogen zu verstehen. Eine Internet-Homiletik muss sich von Missionsphantasien verabschieden. "Die Leute, die ohnehin nichts von Kirche und Glauben halten, werden Sie auch per Internet nicht zurückbekommen",(44) davon geht auch Matthias Schnell, der ehemalige Leiter der Arbeitsstelle "Kirche und Internet" aus. Kirchliche Internet-Arbeit setzt für ihre Zielstellung voraus, dass Christlichkeit in unterschiedlichen Sozialgestalten gelebt werden kann, d.h. also auch jenseits kirchlich institutionalisierter Formen.(45) Eine im Internet auch geistlich präsente Kirche nimmt die vom Netz verstärkten Individualisierungsprozesse an, verstärkt und gestaltet sie. Ich halte eine über Glaubensinformation hinausgehende religiöse Präsenz der Kirche im Internet für wichtig, weil auch hier Individuen für ihre Sinnsuche auf religiös erschließbare Repräsentationen der Glaubensüberlieferung angewiesen bleiben. Die Kirche muss dabei die surfenden Zeitgenossen als selbständige Subjekte anerkennen, die ggf. schon ihre eigenen Theologien mitbringen bzw. solche erzeugen wollen. Insofern sind Homogenisierungsversuche in bezug auf mitgebrachte Codes zum Scheitern verurteilt und werden in Störungen und im Abbruch von Kommunikation enden.

Die Kirche kann ihre Religionsfähigkeit im Netz darin erweisen,(46) dass sie Kommunikationsorte für Fragen letztinstanzlicher Bedeutung bereitstellt. Hierfür sollte sie auch biblische Texte und christliche Kulturtraditionen einbringen. Doch der Deutungsraum, die 'Lesbarkeit' von Netzangeboten muss breit genug bleiben, damit die Individuen keine eigenes substituierenden Antworten übernehmen müssen. Auch christlicher Sinn-Code lässt sich nicht überreichen (transportieren) wie ein Schlüssel, sondern er muss im spannungsreichen Geflecht pluraler Deutungssysteme und im Gegenüber zur christlichen Glaubenstradition je neu ausgehandelt werden. Eine so erarbeitete 'Botschaft' wird lebensgeschichtlich umso bedeutsamer, je individueller sich dieser Sinn einspielen lässt.

3. Das offene Kunstwerk "Memopolis" im Netz: Tod und Erinnern

Es gibt bereits zahlreiche Netzprojekte von Medienkünstlern, die den Kriterien des offenen Kunstwerkes entsprechen und die zugleich in religiöse Suchbewegungen hineinnehmen. Mit ihnen sollte sich eine Internethomiletik intensiv auseinandersetzen, um eigene Netz-ästhetische Maßstäbe präziser auszuarbeiten (präziser als diese z.B. im Kriterienkatalog der "webAndachten" vorliegen).(47) Neben Analysen solcher Praxisprojekte müsste die Homiletik auch den kunsttheoretischen Diskurs über Netzästhetik verfolgen.

"Memopolis" - Stadt der Erinnerung - wurde von den beiden Medienkünstlern Peter Nowotny und Raoul Kaufer ("Gesellschaft für Untertagebau") kreiert.(48) Das Projekt ging aus einem Wettbewerb hervor und entstand als Beitrag zum Kongress "Interface 3", der im November 1995 von der Hochschule für Bildende Künste Hamburg zum Thema "Labile Ordnungen" ausgerichtet worden war. Das Medienkunstwerk wird vom Lehrstuhl für Volkskunde der Universität Regensburg begleitet und liegt auf dem Server, dem elektronischem Grundstück, dieser Universität. "Memopolis" stößt auf ein großes Medienecho - u.a. auch in der Zeitschrift des "Verbandes Deutscher Thanatologen".(49) Das große Echo ist ausgerechnet mit der religiösen Thematik verbunden: Memopolis greift das gesellschaftlich tabuisierte Thema Tod auf - vorrangig unter kulturellen Aspekten. Dabei kommen auch christliche Perspektiven ins Spiel.

"Wir wollen mit Memopolis den kulturellen Aspekt des Todes wieder präsenter machen und versuchen, soweit es uns zeitlich und organisatorisch möglich ist, Materialien und Unterlagen zusammenzustellen, die sich im weitesten Sinne mit dem Tod auseinandersetzen."

"Memopolis" wäre als Cyberfriedhof missverstanden, obgleich einige Pressestimmen das Kunstwerk so präsentierten. Der Intention der Künstler nach ist Memopolis eine "Erinnerungsgemeinschaft" - wie schon der Name besagt. Sie betrachten das Internet als digitales "Erinnerungsreservoir, das privaten wie öffentlichen Gedächtniskulturen ein idealerweise materiell unbeschwertes Medium hinterlegt". Memopolis stellt Strukturen und Spielräume bereit, damit sich ein kollektives Gedächtnis entwickelt, eine 'Stadt der Erinnerung'. Insofern verstehen sich die Künstler als Meta-Designer. Sie geben Strukturen vor, die aber interaktiv gefüllt werden müssen und damit ein Eigenleben erhalten. Zwar erscheint auf der Einstiegsseite ein feuerspeiender Totenschädel, ein Todessymbol. Aber zentraler ist die Grafik eines geöffneten Schädels mit einer folkloristisch gekleideten Frau davor: Dieses Tor zur Stadt symbolisiert das kollektive Gedächtnis, das hier vom Speichermedium Internet getragen wird. Das Projekt zielt diesseits des Todes auf die Ermöglichung und Reflexion "computergestützter Verewigung und Erinnerung". Nowotny und Kaufer verweisen selbst auf die religiöse Dimension ihres Kunstwerks und zugleich einen Aspekt des Internet, indem sie ein jüdisches Diktum zitieren: "Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung."(50)

Sie lassen dabei offen, welche Art von Erlösung die Speicherbarkeit von Erinnerungen verheiße: ob "das sich etablierende Geisterreich" die "überirdische Einlösung des Versprechens unsterblicher Seelen beinhaltet"? "Oder ist die unirdische Zombie-Variante der angemessenere Vergleich, jener verfluchten Wesen, die nie ganz tot und nie ganz lebendig sind? Oder ist schließlich gar die unterirdische Variante vom immerwährenden Totenreich der richtige Vergleichsmaßstab?"

Für letzteres verweisen sie auf Vorstellungen der Assyrer-Babylonier vom Totenreich. Jedenfalls vermuten sie, dass wir mit dem Internet zu Zeugen oder auch Beteiligten werden "im mondialen Neuaufdämmern heidnischer Unsterblichkeitsmythen. Diesmal mit unerhört erweiterten Kompetenzen."

Der Lektüreteil von Memopolis ermöglicht vielfältige Perspektiven auf das Thema Sterben und Tod und bezieht auch dezidiert christliche Traditionen ein: Man kann sich belesen (und Bilder betrachten) über "Tod und Gesellschaft im Wandel", "Der Zusammenhang von Suizid und Bildungsniveau", "Das Leichenhemd", Nah-Todes-Erfahrungen", "Totentanz und -musik: Literaturliste". Die Lektürerubrik "Sang und Klanglos" verfolgt die "Musikalische Tradition, gesellschaftliche Kontexte und gottesdienstliche Praxis der Gesangskultur bei Sterben und Begräbnis" und präsentiert darin u.a. den "jüngsten Stand der Forschung zu Requiem und evangelischer Funeralkomposition".(51)

Memopolis ermöglicht kontemplative Betrachtung - Künstler und UserInnen haben hierfür reichhaltiges Material hinterlegt. Obwohl die Künstler bestimmte Fragen auf den Konzeptseiten benennen, stellen sie keine zwanghafte Eindeutigkeit her. Für User bleiben dennoch religiöse Konnotationen derart naheliegend, dass sie selbst "Gott" ins Spiel bringen. "Oma ich setze Dir hier im weltweiten Internet ein Denkmal. Vielleicht hat Gott einen Anschluss ans WWW; mich würde es nicht wundern. Schließlich läuft ja einiges über Satelliten", erwägt Edith Sauter aus Hamburg.

Userinnen und User erhalten genug Räume zum Mitgestalten von Memopolis, was über kurze Textinputs hinausgeht. Auch längere Texte und multimediale Beiträge sind gefragt. Sie sind konstitutiv für die Existenz von Memopolis. Im Mitbauen von Memopolis werden die User genötigt, sich in der Beteiligung an Memopolis der Frage zu stellen, wie sie die 'letzten Dinge' im Leben bewältigen wollen. Userbeteiligung ist (neben Durchklicken, Lesen, Betrachten, Hören etc.) zum einen möglich durch Belegen von "usertombs". Grafisch erinnert ihr Design an Gräbertafeln wie z.B. auf italienischen Friedhöfen. Für Nowotny und Kaufer sind die Tombs jedoch keine Grabstätten oder Sarkophage. Sondern es sind virtuelle Erinnerungsgefäße (bereitgestellte Speicherkapazität). Jeder kann sie gratis erwerben, eine Platte mit dem eigenen Namen versehen, und ganz Persönliches der Erinnerungsgemeinschaft anvertrauen. Sie oder er kann das usertomb in öffentlichen und einen passwortgeschützten privaten Bereich einteilen. Es bleibt dabei genügend Spielraum für plurale Verständnisse des Erinnernswerten und der Erinnerungsformen. Jeder kann sein eigenes Memorial einrichten, ohne Bauvorschriften: Erinnerungsstücke hinterlegen in Text, Grafik, Video, Sound. Gegenwärtig speichern hier über 300 Personen ihrer Meinung nach Erinnernswertes: Urlaubsfotos, einen Fortsetzungsroman, eine eingescannte Haarlocke, Raoul Kaufer eine Serie von Computerselbstporträts, eine ewig lange philosophische Abhandlung, Suizidgedanken.

Neben den Usertombs ist die Pinnwand "Tipp-Ex" konstitutiv für Memopolis.(52) "Tipp-Ex" dokumentiert seit Bestehen von Memopolis, wie sich User mit letzten Fragen auseinandersetzen (und ist allein dadurch schon theologisch aufschlussreich). Gefragt sind ihre "Todesängste", "Erfahrungen mit dem Tod", "Nachrufe", "Jenseitsvorstellungen", "Bestattungswünsche", "Persönliche Verewigungsformen", "Anderes Thema". Dadurch bleiben die letzten Fragen multiperspektivisch und spannungsreich präsent.

Bei den "Erfahrungen mit dem Tod" z.B. nennen Surfer Erfahrungen auf der Intensivstation, beim Fernsehen, fehlende Todeserfahrung, Hoffnung auf wenig Suizide zu Weihnachten. "Jenseitsvorstellungen" reichen vom Empfehlen eigener Buchtitel zum Thema über Wiedergeburtswünsche als "die Katze meiner Mutter", Vergleiche mit Pauschalurlaub bis zum populären: Aus. Hin und wieder tauchen auch christliche Vorstellungen auf: der Tod ist nicht das Ende, "pax cristi". Sie werden aber z.T. auch kritisiert. In die "Bestattungswünsche" fließen subkulturelle Formen (Rockerfete, Drogen) und besonders Popmusik-Kultur ein. "Nachrufe" sind z.T. in lustiger Reimform auf die Oma verfasst. Oder im Reim auf einen überfahrenen Frosch. "Todesängste" reichen von 'überhaupt keine' bis zur Herbstdepression, riskanten Überholmanövern, BSE, offline bei T-offline sein.

"Memopolis" ist keine Cyberchurch, und verglichen mit Webandachten und Bibelkreis mangelt es an christlicher Substanz. Ein christliches Internetangebot müsste stärker mit christlichen Traditionsstücken arbeiten. "Memopolis" ist jedoch Vorbild darin, wie mit webästhetischen Maßstäben Religiosität im Internet existentiell ansprechend präsentiert werden kann. Damit setzt es exemplarisch Maßstäbe für webästhetische 'Predigt'formen als offenes Kunstwerk.
 

Anmerkungen
  1. Göttinger Projekt "Gutenberg Digital". Dies ist die erweiterte Fassung eines Probevortrags am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg vom 26. Juni 2000.
  2. Vgl. als Zugang die Serviceseite von "Pfarrer und PC".
  3. http://www.jesus-online.de.
  4. Vgl. die "Hall of Memory" von Jürgen Schmikowski von der Frankfurter PR-Agentur MKS; "Ewiges Leben". - Zur Möglichkeit der online-Trauung vgl. die Liturgie auf http://www.nadtech.com/wedding.html.
  5. Hans Norbert Janowski, Vorwort, in: Wolfgang Nethöfel/Matthias Schnell (Hg.), Cyberchurch? Kirche im Internet, Frankfurt aM 1998, 7f, hier: 8.
  6. Vgl. a.a.O. sowie Andreas Mertin, Internet im Religionsunterricht, Göttingen 2000.
  7. Jörg Herrmann, Erlösung durch Kommunikationstechnologie? , 2000, Ms. S. 1.
  8. Ders., Vom Himmel in den Hypertext, in: Medien praktisch H. 2 (1998), 54-57, hier: 55. Vgl. Andreas Mertin/Jörg Herrmann, Im Wettstreit mit Gott, in: EvKomm H. 8 (1996), 481-484.
  9. Hartmut Böhme, Die technische Form Gottes, in: PrTh 31 (1996), 257-261, hier: 259.
  10. Zitat A. Z. Wellesely in: Reinhold Esterbauer, Gott im Cyberspace?, in: Cyberethik, 1999.
  11. Vgl. zum Folgenden: http://www.elisabethkirche-mr.de
  12. Vgl. Versöhnungsgemeinde Leipzig-Gohlis, Gemeindeblatt Jahreswechsel 1998/99
  13. Die "Gebetswerkstatt" bietet eine "Sammlung von Gebeten" von geübten BeterInnen, auch MystikerInnen. Userinnen und User können auch "eigene Gebetsfundstücke oder eigene Gebete der Sammlung hinzufügen". - Der "Mystik Raum" "bietet Nachdenkliches zum Thema Mystik an": derzeit Bilder, Lese- und Hörtext über die "Visionen Hildegards von Bingen", einen Vortrag zum Thema Mystik im Religionsunterricht sowie und "einen Artikel zu Theresa von Avila".
  14. Wer am Bibelkreis teilnehmen will, kann eine Mail absenden an: bibelkreis@epv.de. - Vgl. Dies., Mischung aus Tradition und Innovation, in: a.a.O. (Anm. 5), 147-150.
  15. Vgl. dazu John Suler, Maximizing the Well-Being in Online Groups, 2000.
  16. Vgl. zum Folgenden die "webAndacht.de" auf dem Server der EKiR.
  17. Vgl. http://www.ekir.de/andacht/exit/mitmachen.html
  18. Die Andacht zu "Big Brother" ist formal ähnlich nach dem Plakatschema aufgebaut. Vgl. hierzu die Einträge im Gästebuch!
  19. Die kommentierten die Big-Brother-Andacht mit "schade".
  20. Vgl. das Ziel im online-Bibelkreis: "Lernen Sie neue Ein- und Ansichten über die Heilige Schrift kennen." Eine analoge Neugier auf Ein- und Ansichten kirchenfremder Bibelleser wird nicht formuliert. Und sie stören faktisch die Kommunikation.
  21. Marshal McLuhan, Die magischen Kanäle. "Understanding Media", Düsseldorf/Wien 1992, 18.
  22. Neil Postman, Technopoly: The Surrender of Culture to Technology, New York1993, 16.
  23. Nach Neil Postman, Teaching as a Conserving Activity, New York 1979, 193.
  24. Daniel Chandler, Technological or Media Determinism, 1995 , S. 4 (Zitat: Brian Street).
  25. Vgl. zum folgenden Daniela Kloock/Angela Spahr (Hg.), Medientheorien, München 1997, 205ff.
  26. D. Chandler, The Transmission Model of Communication, 1994, S. 9.
  27. Vgl. zum Folgenden Sherry Turkle, Leben im Netz, Reinbek 1999, Zitat: 24.
  28. N.B.: Auch die Symbolik von Computern wandelt sich! Noch in den 70er Jahren symbolisierten Computer eine moderne Kultur der Berechnung. Vgl. a.a.O., 68f.
  29. A.a.O., 23f.
  30. Fredrick Jameson, Postmodernism or the Cultural Logic of Late Capitalism, in: New Left Review 146 (July-August 1984), 53-92 (vgl. Turkle, a.a.O., 66).
  31. Es bleibt vorausgesetzt, dass die Simulation von Substitut, Kopie und Neuem auf einem Kontinuum liegen. Auch Traumwelten z.B. arbeiten mit der Übertragung und Rekombination von kulturell vertrautem Material.
  32. Die RL-Priester und ihre gemeindliche Verankerung sind die tragenden Säulen für die offenkundig gut funktionierende Cyberchurch von funcity (http://www.nora.funcity.de/ -> "Kirche" klicken). Wiederholt verweisen sie in ihren Rundbriefen auf die RL-Dimension, auf der das VL-Gemeindeleben aufruht (z.B. auch, dass im VL geäußerte Fürbittwünsche tatsächlich in RL gebetet werden). - Derzeit arbeitet z.B. M. Voigt an einer differenzierten Untersuchung der religiösen Cyberkultur in seinen online-Gottesdiensten im "Netburger".
  33. Zitat: Rolf Schieder, Religiöse Rede im Radio, in: R. Preul/R. Schmidt-Rost (Hg.), Kirche und Medien, Gütersloh 2000, 122-135, hier: 122f. - Ähnlich Günter Thomas, Medien - Ritual - Religion, Frankfurt 1998, 613ff.
  34. Zitat: Schieder, a.a.O., 126.
  35. Vgl. zum Folgenden Gerhard Marcel Martin, Predigt als "offenes Kunstwerk"?, in: EvTh 44 (1984), 46-58; Henning Schröer, Umberto Eco als Predigthelfer?, in: a.a.O., 58-63; Erich Garhammer/Heinz-Günther Schöttler (Hg.), Predigt als offenes Kunstwerk, München 1998.
  36. In: Martin 1984, a.a.O., 48.
  37. Martin 1984, a.a.O., 49.
  38. A.a.O., 49f.
  39. Mit Martin und Kierkegaard formuliert: Martin 1984, a.a.O., 55.
  40. So Martin 1998, a.a.O. (Anm. 35), 57f.
  41. Martin 1998, a.a.O., 58.
  42. Wilfried Engemann, Semiotische Homiletik, Tübingen/Basel 1993. - Näheres zu Raguses und Wolfgang Drechsels sowie zu meinem eigenen Ansatz über biblische Texte als Spielmaterial zwischen Gegebenem und Erfundenem vgl. Sabine Bobert-Stützel, Frömmigkeit und Symbolspiel, Göttingen 2000 (APTh 37), zu Raguse und Drechsel, 340ff.
  43. Zudem bleibt religiöse Tradition gerade im Erschließen durch immer wieder neue Codes lebendig. Der Talmud ist hierfür ein beredtes Zeugnis. So überrascht es nicht, wenn Tim Guay auf Analogien zwischen der Hypertext-Struktur und dem Talmud mit seinen kommentierenden Metastrukturen, Anmerkungen, immanenten Querverweisen und externen Links zu Torah und Tenach verweist (Hypertext Paradigm).
  44. In: Andreas Grote, Deus ex Internet, 1998, S. 8.
  45. Insofern favorisiere ich das Modell der "offenen Volkskirche", wie es in jüngerer Zeit wieder Kristian Fechtner im Anschluß an Ernst Troeltsch formuliert hat. Vgl. Kristian Fechtner, Religiöser Individualismus. Und Kirche. Praktisch-theologische Perspektiven im Anschluß an Ernst Troeltsch, in: Ders./Michael Haspel (Hg.), Religion in der Lebenswelt der Moderne, Stuttgart etc. 1998, 208-226. Ders., Den Zeitgenossen Kirche sein. Plädoyer für eine offene Volkskirche, in: DtPfrBl 5 (1996), 235-238. - Stephan Dann, Virtuelle Gemeinde? verharrt bei seiner Analyse von Cyberchurch bei vier Institutionsformen von Kirche (mit W. Hubers Modell 'öffentlicher Kirche'). Damit verliert er jedoch die individualisierten Formen von Christlichkeit aus den Augen, die dennoch auf Formen von Kirche angewiesen bleiben. - Matthias Voigts ekklesiologische Perspektive ("Bleibt Kirche Kirche im Internet?") ist noch verengter, insofern er strikt die Kirche nach dem Modell der CA im Netz wiederzufinden trachtet.
  46. Vgl. Volker Drehsen, Wie religionsfähig ist die Volkskirche?, Gütersloh 1994.
  47. Vgl. als Einstieg in die Diskussion über Cyberart: Hermann Rotermund, Memopolis. Das Internet als Ort der Kunst, 1996. In die Diskussionen von Künstlern sind spätestens seit Mitte der 80er Jahre Zentralbegriffe aus der technischen Medienwelt eingeflossen: Digitalisieren, Speichern, Löschen, Interaktion und Interface.
  48. Memopolis.  Vgl. auch das dokumentierte Medienecho. - Beispiele für weitere Cyberart-Projekte (ohne solch offenkundigen religiösen Gehalt): Urs Schreiber/Christoph Strembski et al., Das Epos der Maschine. Andre Hornischer, "Die Suche nach dem Tiefseefisch...". Leslie Huppert, Nine Lives of the Cat.
  49. Dokumentiert unter: http://memopolis.uni-regensburg.de/wir/medienecho/vdt.html.
  50. Vgl. zur Konzeption von "Memopolis".
  51. Auszug aus einem Buchtext von Norbert Bolin.
  52. http://memopolis.uni-regensburg.de/lektuere/tippex/index.html.

© Sabine Bobert 2000
Magazin für Theologie und Ästhetik 7/2000
https://www.theomag.de/07/sbs1.htm