Mumien, Zombies und Wiedergänger im Musikvideo

Vorstellungen ausgewählter Videoclips XLVIII

Andreas Mertin

Die Phantastik ist im Genre des Musikvideoclips sehr gut vertreten, wie Nicole Westreicher in ihrer Dissertation gezeigt hat [Westreicher, Nicole (2015): Das Phantastische im Musikvideo. Dissertation 2014. Wien / Münster: LIT (Fantastikforschung, Band/Volume 4)]. Im Folgenden möchte ich an einige Videos erinnern, die im Kontext des Heftthemas interessant sein könnten.

1983 – Michael Jackson - Thriller

Der Klassiker schlechthin im kollektiven Gedächtnis der Musikvideo-Enthusiasten ist natürlich beim Thema Mumien, Zombies und Wiedergänger Michael Jacksons 1983 veröffentlichter Clip Thriller zum gleichnamigen Musikstück. Der Einfachheit halber gebe ich die Handlung nach der Wikipedia wieder:

Michael sieht sich mit seiner Freundin einen Horrorfilm im Kino an, in dem sich der Hauptdarsteller (ebenfalls gespielt von Michael Jackson) nachts im dunklen Wald in einen Werwolf verwandelt und ein junges Mädchen verfolgt. Seine Freundin fürchtet sich zu sehr und verlässt das Kino. Michael folgt ihr nach ein paar Sekunden und versucht, sie zu beruhigen. Auf dem Heimweg vom Kino beginnt Michael zu tanzen und singt sein Lied Thriller. Sie gehen über den Friedhof, wo Tote zum Leben erwachen. Die Offstimme von Vincent Price ist jetzt zu hören. Danach verwandelt sich Michael ebenfalls in einen Zombie und schließt sich den anderen an, die das Mädchen umzingeln. Diese flüchtet in ein leerstehendes Haus in der Nähe, und als die Zombies ihr folgen und in das Haus eindringen, fängt sie an zu schreien. Dann erwacht sie wie aus einem Albtraum auf der Couch in der Wohnung von Michael, der sich in normalen Zustand lächelnd über sie beugt und sie beruhigt. Er möchte sie nach Hause bringen, und während die beiden zur Tür gehen, dreht sich Michael am Ende noch einmal zur Kamera um, sein Gesicht wird wieder teuflisch, und das schauderhafte Lachen ertönt, welches am Ende des Liedes zu hören ist.

Der Clip ist zunächst einmal eine Hommage an das Genre der Horror-Filme, sicher auch den jugendlichen Vorlieben des Sängers geschuldet. Er ist in vielfacher Hinsicht lesbar, filmgeschichtlich, psychoanalytisch, aber auch religiös (Michael Jackson sah sich als Zeuge Jehovas genötigt, im Vorspann des Clips zu versichern, dass er keinesfalls an das Okkulte glaube). Wie schnell die Wahrnehmung eines solchen Clips sich wandeln kann, zeigt sich daran, dass er 1983 erst nach 22 Uhr (!) ausgestrahlt werden durfte. Kaum zu glauben. Da ist man heute ganz anderes gewöhnt.

1985 - Otto Waalkes – Schwarzbraun ist die Haselnuss

Zur Wirkungsgeschichte dieses Musikvideos gehören einige weitere Clips. Explizit zum Heftthema Mumien, Zombies und Wiedergänger passend ist natürlich Otto Waalkes „Schwarz­braun ist die Haselnuss“ aus „Otto – Der Film“ (1985), quasi eine direkte Reaktion auf den Clip. Dort erklärt Otto seiner Freundin analog zum Vorbild von Thriller, dass er anders ist als andere Menschen, um dann als Wiedergänger / Zombie von Heino aus dem Grab zu krabbeln. Das hat etwas.

2001 – Gorillaz – Clint Eastwood

Ebenfalls eine Hommage an Jacksons Thriller ist der Videoclip zum Stück „Clint Eastwood“ der nur als Zeichentrickgruppe auftretenden Gruppe Gorillaz. Auch hier begnüge ich mit der zusammenfassenden Schilderung der (englischsprachigen) Wikipedia:

The animated music video was directed by Jamie Hewlett and Pete Candeland. It starts with the Gorillaz logo in red against a black screen, and the following quote from the 1978 film Dawn of the Dead: "Every dead body that is not exterminated, gets up and kills. The people it kills, get up and kill" in Japanese then in English. This phrase was deemed offensive in some countries and a censored version was produced that omits this intro. The video and song name is a reference to the famous western starring actor Clint Eastwood, The Good, the Bad and the Ugly. An interpolation of the yell from the film's theme song, in particular that film's protagonist Tuco's leitmotif, can be heard at the beginning of the video, followed by sinister laughter from Murdoc. The notes that the melodica plays are also based on the yell. The band is seen playing their music against a completely white backdrop. 2-D is seen wearing a T-Virus shirt most likely referencing Resident Evil. Russel's cap then begins to mysteriously rise on its own, and the ghost of Del appears to be emerging from under it. He begins to rap, leaving the other band members dumbfounded, and the backdrop slowly develops dark clouds in the sky, and enormous tombstones start to burst out of the ground, and the scene becomes that of a cemetery, as a shower of rain and thunderstorm begins. Shortly afterwards, zombie gorilla hands rise up from the ground. Murdoc is grabbed by the crotch and pulled to the ground, a reference to the Peter Jackson zombie film Braindead. Seconds later, the zombie gorillas themselves rise up. Murdoc immediately flees at the sight of them, with a number of them pursuing him. He then turns and glares at them out of frustration at his inability to escape, and the zombie apes engage in a bizarre dance routine before Murdoc is finally struck by lightning; this dance routine is similar to the choreography of Michael Jackson's music video "Thriller".

1994 – The Cranberries – Zombie

Zombies treten im gleichnamigen Stück der Gruppe “The Cranberries” nicht auf. Gemeint sind mit dem Begriff die Konfliktparteien im Nord-Irland-Konflikt, die religiöse Auseinandersetzungen der beginnenden Neuzeit wiederbeleben und ins 20. Jahrhundert führen. Der Videoclip ist war seinerzeit außerordentlich beeindruckend und eindringlich.

1997 - Daft Punk - Around the World

Der Clip zu „Around the world“ ist ein Klassiker geworden, ebenso wie das Musikstück selbst. Hier sind die auftretenden Figuren Wiedergänger der Musikelemente:

Michel Gondry's music video for the song features five groups of characters on a platform representing a vinyl record: four robots walking around in a circle; four tall athletes (as described by Gondry) wearing tracksuits with small prosthetic heads walking up and down stairs; four women dressed like synchronized swimmers (described by Gondry as "disco girls") moving up and down another set of stairs; four skeletons dancing in the center of the platform; and four mummies dancing in time with the song's drum pattern.

This is meant to be a visual representation of the song; each group of characters represents a different instrument. According to Gondry's notes, the robots represent the singing voice; the physicality and small-minded rapidity of the athletes symbolizes the ascending/descending bass guitar; the femininity of the disco girls represents the high-pitched keyboard; the "itchy" skeletons dance to the guitar line; and the mummies represent the drum machine.

2014 - Mike Candys – Anubis

Der animierte Comicmusikclip zu Anubis des Schweizer House-DJ Mike Candys ist mit viel Ironie und Witz gemacht.

Und er spielt natürlich mit den zahlreichen Kinofilmen, Fernsehsendungen und Zeichentrickserien, die sich in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten dem Thema der wiedererwachenden Mumien in den Museen oder in der Wüste widmeten (Die Mumie - Nachts im Museum – für kleine Kinder: Tutenstein).

Dass er das Ganze mit einem gehörigen Schuss Selbstironie versieht und sich mit dem altägyptischen Totengott verbindet und die Zuhörer als tanzende Mumien zeigt, macht es noch sympathischer.

2015 - League of Legends - The curse of the sad mummy

Kein Musikvideo im eigentlichen Sinne, sondern die illustrierte Musik zu einem Computerspiel ist “The Curse of the sad Mummy” zu “Leage of Legends”. Wir begleiten dabei eine kleine ‚traurige‘ Mumie auf ihrem Weg. Dabei täuscht die romantische Musik über den Gang der Geschichte: die kleine Mumie sucht einen Freund und wechselt angesichts der Erfolglosigkeit seines Begehrens auf die dunkle Seite: The moment when Amumu realized what he had done, / Too late it was, for him, for them, the evil curse had won. / The anger and the anguish overwhelmed his fragile soul, / And caused a wicked tantrum that he never could control.

Und hier noch eine kleine Ergänzungsliste zum Thema Zombies in Musikvideos

 

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/105/am573.htm
© Andreas Mertin, 2017