documenta 14 |
01. August 2017 Liebe Leserinnen und Leser, am Anfang dieses Editorials steht eine Einladung zur Mitarbeit. Nun lädt die Redaktion für jedes Heft zur Mitarbeit ein, auch für die kommenden Hefte zum Abendmahl (Oktober) und zum Rückblick auf das Reformationsjubiläum (Dezember). Aber eine besondere Einladung geht dieses Mal an alle Leserinnen und Leser für das Heft 111 im Februar 2018. Das Thema dieses Heftes wird lauten: Mein Museum (sbesuch). Jeder hat sicher besondere Erfahrungen mit bestimmten Museen, Kunstwerken in Museen und Begegnungen mit Menschen in Museen. Es geht nicht um die Frage, welches Museum ist mein Lieblingsmuseum. Sondern darum, welche besondere Erfahrung habe ich in und mit einem Museum gemacht. Aus diesen subjektiven Erfahrungen möchten wir ein Heft gestalten. Es soll ein Kaleidoskop von Museumsbegegnungen sein. Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dazu Texte einsenden würden! Zur anregenden Lektüre empfehlen wir einen Blick in das wunderbare Buch von Walter Grasskamp: Sonderbare Museumsbesuche. Von Goethe bis Gernhardt. München 2006. Im Zentrum des aktuellen Heftes des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik stehen aber die Kunstereignisse des "Superkunstjahres" 2017. Der Kunstfreund sehnt sich immer nach diesen besonderen Jahren, die nicht nur eine documenta, sondern auch eine Biennale und die Skulptur Münster beinhalten. Dieses Jahr freilich hat uns die Kunstkritik wenig Hoffnungen gemacht, auf allzu viel Positives zu stoßen. Wäre man ein mitfühlender Chronist des Kunstereignisses Documenta, müsste man schier entsetzt sein über die fundamentale Kritik, die über die Leitung der aktuellen documenta 14 hereingebrochen ist. Vergeichsweise harmlos kritisierte Roland Schöny gleich zu Beginn im artmagazine die documenta als Stückwerk ohne Linien: zu wenig durchgearbeitet, zu bruchstückhaft und zu fragmentarisch sei sie. Im Vorfeld hatte Yanis Varoufakis sie als Gimmick charakterisiert: "It’s like rich Americans taking a tour in a poor African country, doing a safari, going on a humanitarian tourism crusade." Richtig los ging es dann mit dem Veriss durch Hanno Rauterberg in der ZEIT: "Diese Haltung, die Documenta als Ort der Ersatzhandlungen zu begreifen, durchzieht weite Teile der Ausstellung ... Sie ist erstens maßlos im Anspruch, zweitens wahllos im Auftritt und dabei drittens auf politisierende Weise apolitisch ... Es ist eine Ausstellung voller Dokumente und Reliquien, die meist ein wenig knittrig ausschauen und deren Patina bestens zur Retroseligkeit der Gegenwart passt." Koljja Reichert konstatierte in der FAZ ein tiefsitzendes Unbehagen an der Kunst - bei den Ausstellern, nicht den Besuchern! "Man kann sich des Eindrucks schwer erwehren, dass ein überbesetztes Kuratorenteam zweitklassige Werke aus möglichst weiter Entfernung benutzt, um ihr Desinteresse am Status quo der Kunst zu demonstrieren." Die WELT schrieb "Wenn Ihre Sommerplanung noch nicht abgeschlossen ist, und Sie sich fragen, wie Sie sich am effizientesten in eine tiefe Depression stürzen können, machen Sie es wie ich. Fahren Sie nach Kassel." Die vernichtendste Kritik aber kam von Karlheinz Schmid in der Kunstzeitung: "Das Schlimmste, was man einem Kurator nachsagen kann, ist das Urteil, dass er die Kunst nicht liebt. Im speziellen Fall, der 2017 in Athen und nun auch ... in Kassel stattfindenden documenta 14, muss man, leider, einen Schritt weitergehen. Adam Szymczyk ... versteht sie nicht, die Kunst der Gegenwart." Was aber verstörte die Kunstkritiker so an dieser documenta? War es nur der pompöse Überbau, der Erguß an Floskeln und Polit-Phrasen, der über die Kunst ausgebreitet wurde? Der Hauptteil VIEW des aktuellen Heftes geht dieser Frage nach. Andreas Mertin hat sich mit einigen Orten und vielen Kunstwerken der Documenta 14 beschäftigt, ist den Urteilen der Kritiker nachgegangen und hat sich sein Urteil gebildet. Michael Waltemathe ist mit seiner Schwarz-Weiß-Kamera über die documenta gezogen und hat sich fotografische Notizen gemacht. Aber es gibt nicht nur die Documenta. Daher war Karin Wendt auf der Skulptur Münster 2017 unterwegs und berichtet uns von ihren Beobachtungen unbd Erkenntnissen. Neben den großen Kunstereignissen gibt es aber noch kleinere, nicht weniger wichtige: Barbara Wucherer-Staar berichtet von einer Ausstellung in Trier, Andreas Mertin von einer in Hamburg. Und neben der Kunst gibt es auch noch die Städte und die Regionen: Norbert Weber berichtet vom neuerlichen Ausbruch der Schweizer Krankheit in Königsberg/Kaliningrad. Unter RE-VIEW finden Sie den Hinweis auf zwei Neuerscheinungen von Autoren des Magazins zur freundlichen Beachtung. Und unter POST finden Sie wie gewohnt die Notizen von Andreas Mertin zu Themen der letzten zwei Monate und Vorstellungen von zwei aktuellen Videoclips. Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre! Andreas Mertin, Jörg Herrmann, Horst Schwebel und Wolfgang Vögele
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