01. Dezember 2017

Liebe Leserinnen und Leser,

am Anfang dieses Editorials steht die besondere Einladung an alle Leserinnen und Leser, einen Beitrag zu schreiben für das kommende Heft 111 im Februar 2018. Der Titel dieses Heftes wird lauten:

Mein Museum (sbesuch).

Jeder von uns hat besondere Erfahrungen mit Museen, Kunstwerken in Museen und Begegnungen mit Menschen in Museen. Es geht nicht nur um die Frage, welches Museum das Lieblingsmuseum ist, sondern auch darum, welche besondere Erfahrung wir mit und in einem Museum gemacht haben. Aus diesen subjektiven Erfahrungen möchten wir ein Heft gestalten. Es soll ein Kaleidoskop von Museumsbegegnungen sein.

Wir würden uns freuen, wenn Sie uns dazu Texte einsenden würden!

Zur anregenden Lektüre empfehlen wir einen Blick in das wunderbare Buch von Walter Grasskamp: Sonderbare Museumsbesuche. Von Goethe bis Gernhardt. München 2006. "Grasskamp versammelt in diesem ungewöhnlichen Buch Texte, aus denen sich ein anderes als das gewohnte Museumsbild ergibt. Sie handeln von Magie und Mord, Diebstahl und Konspiration, Rendezvous und Abschied, Enteignung und Enttäuschung, weltlichem Ekel und profaner Erleuchtung - eine unvermutete Nutzungsvielfalt für eine nur scheinbar konventionelle Institution. Es geht in diesem Buch um Museumsbesuche, die nicht normal ausfallen, und um Betrachter, die hier auf andere Gedanken kommen, als sie die lehrreiche Institution nahelegt. Sie hängen ihren erotischen Tagträumen nach, hadern mit dem Schicksal, erinnern sich ihrer Kindheit, nutzen die Gelegenheit zu einem Flirt oder kontrollieren die anderen Besucher. Vom Tod ist die Rede, der dem Museum innewohnt und den es zugleich verharmlost. Selber dem Abschied verpflichtet, bietet das Museum eine ideale Kulisse für andere Abschiede, sei es aus der eigenen Kultur oder einer Liebesbeziehung. Als Treffpunkt für Geheimagenten gerät es ebenso ins Blickfeld wie als Schauplatz für Mord und Diebstahl. Literarische Texte, Essays und Reportagen korrigieren das Bild einer Institution, die längst so konventionell geworden ist, daß man sich nicht mehr über sie wundert. Das kann man hier wieder lernen."


Das Reformationsjubiläum liegt (endlich) hinter uns und es war bemerkenswert zu beobachten, wie die Protagonisten schon vor dem offiziellen Höhepunkt (dem 31. Oktober 2017) ihre Ergebnissicherung vorantrieben. Als hätten sie Angst vor dem Urteil der Geschichte (und der unbeteiligten Zeitgenossen) versuchten sie, sich in ein gutes Licht zu rücken. Es hätte den Mitgliedern der diversen Kommissionen und Institutionen gut angestanden, wenn sie das Urteil der restlichen Welt abgewartet hätten. In der Kunstgeschichte galt lange Zeit, dass man über die Gegenwart keine begründeten Urteile abgeben kann. Das muss man nicht unbedingt so sehen. Aber eine gewisse Schamfrist wäre schon angebracht. Es ist kein Geheimnis, dass manche Zeitschriften vorfabrizierte Texte haben, die im Ereignisfall schnell publiziert werden können. Dass aber Christoph Markschiess bereits Anfang Oktober seine Bilanz "Zur Lage nach dem Reformationsjubiläum" vorlegte (die ja dann Monate vorher geschrieben sein muss), ist überaus peinlich. Man muss nicht gleich von einem vorzeitigen Schreiberguss sprechen, aber es kommt dem nahe. Friederike Erichsen-Wendt hat auf feinschwarz.net wenigstens bis zum 30. Oktober gewartet, bevor sie ihre "Nachbetrachtungen zum Reformationsjahr" publiziert hat. In der interuniversitären Summerschool Media and Religion warten wir bis 2019, bevor wir versuchen, in der Rück-Sicht ein Urteil über die Reformationsjubiläen (in den Medien) abzugeben. Aktuell bleiben nur Formen des Essays und der Notizen, um zu diesem Ereignis Stellung zu nehmen. Alles andere braucht Zeit.

Im Hauptteil VIEW finden Sie daher zunächst einen nachdenklichen Essay von Wolfgang Vögele über sein Jahr mit Martin Luther. Ergänzen fragt Andreas Mertin, ob der Protestantismus nicht eigentlich am Ende ist, weil die wesentlichen Motive seiner Entstehung umgesetzt sind. Und warum meinen manche Kirchen-Prominente dennoch, sich mit der Forderung nach einer Reformation der Reformation in den Vordergrund spielen zu müssen?

Unter RE-VIEW finden Sie eine Rezension von Wolfgang Vögele zum Gottesbuch von Sloterdijk und zwei kirchenpolitische Interventionen von Andreas Mertin.

Und unter POST finden Sie wie gewohnt die Notizen von Andreas Mertin zu Themen der letzten zwei Monate.

Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!

Andreas Mertin, Jörg Herrmann, Horst Schwebel und Wolfgang Vögele

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