01. Juni 2019

Liebe Leserinnen und Leser,
es sind aufregende Zeiten, in denen wir uns befinden, weil deutlich wird, wie sehr sich die Kommunikationsformen zwischen den Generationen in unserer Gesellschaft diversifiziert haben. Es sind ja nicht nur die Volksparteien, die angesichts eines engagierten Youtubers sprachlos geworden sind, auch den etablierten Kirchen fällt wenig mehr ein, als dass sie auf nahezu synthetische Youtube-Kanäle setzen. So funktioniert das aber nicht, wie man am vorletzten Platz einer durch und durch synthetisierten Girlgroup beim ESC sehen konnte. Weder kann die CDU/CSU und die SPD Rezo angemessen antworten, weil jede Antwort sofort als gekünstelt und weit hinter der Zeit hinterherhinkend empfunden würde, noch können die Kirchen nun frisch-frömmelnd-freie Youtuberinnen präsentieren, die von ihrem Glauben schwärmen, weil sie sich damit für immer an die naive Glaubenswelt der Evangelikalen ausliefern würden. In beiden Fällen geht es um Authentizität und Glaubwürdigkeit. Eine Youtuberin, die auftragsgemäß auf ihrem Kanal von ihrem Glauben schwärmt, ist weder authentisch noch glaubwürdig. Ebenso wenig wie parteibestallte Youtuber, die nun das Werk der großen Koalition verteidigen würden. Es funktioniert nicht. Es wird interessant sein zu beobachten, wie sich das weiterentwickelt.

Wer über Lesen schreiben will, muss zugleich vieles über das Schreiben lesen. Etwa, dass wir heute schon so viele Seiten Hochkultur haben, dass es im Rahmen einer menschlichen Biographie schier unmöglich ist, auch nur einen repräsentativen Teil der Weltliteratur zu lesen. Meine DVD mit den Werken der deutschen Literatur von Luther bis Tucholsky umfasst mehr als 600.000 Seiten. Ich müsste also während meiner gesamten lesefähigen Lebenszeit allein aus dem Angebot dieser DVD etwa 30 Seiten pro Tag lesen, um nur die vergangene deutsche Literatur zur Kenntnis zu nehmen. Hinzu käme noch einmal die Weltliteratur - und die Gegenwartsliteratur. Es ist nicht zu schaffen. Lesen heißt also notwendig, eine Auswahl vorzunehmen, sich auf etwas zu konzentrieren. Zunehmend fraglicher wird aber, worauf man sich konzentrieren soll. Nicht zuletzt darum geht es in der aktuellen Ausgabe des Magazins für Theologie und Ästhetik.


In der Rubrik VIEW finden Sie sieben Texte aus der 'Feder' von vier Autoren: Wolfgang Vögele geht der protestantischen Lesekultur in Zeiten der digitalen Revolution nach. Philipp Greifenstein beschäftigt sich mit den Chancen und Risiken des Lesens im Netz. Barbara Wucherer-Staar  geht dem „Bilder lesen“ anhand des Werks von drei Künstlerinnen nach. Und Andreas Mertin plädiert zum einen für eine entwickelte analoge Lesekultur und zum anderen für eine sorgfältige Wahrnehmung der politischen Ikonologie der Reaktion.

In der neuen Rubrik IMPULS stellt Andreas Mertin eine kleine Kunstgeschichte des Motivs vom Hieronymus im Gehäuse vor.

In der Rubrik Re-VIEW finden Sie den Hinweis auf ein neu erschienenes Buch unseres Herausgebers Wolfgang Vögele.

Und unter POST finden Sie wie immer ironische Anmerkungen zum Zeitgeschehen.


Das nächste Heft 120 des Magazins für Theologie und Ästhetik beschäftigt sich mit dem Thema "PARIS". Wem dazu etwas einfällt, den laden wir zur Mitarbeit ein.

Für dieses Heft wünschen wir eine erkenntnisreiche Lektüre!

Andreas Mertin, Jörg Herrmann, Horst Schwebel und Wolfgang Vögele

Für die nächste Zeit sind folgende Themenausgaben geplant:

Heft 121 (Oktober) trägt den Titel "Antiquariat"
Heft 122 (Dezember) wird vermutlich ein CONTAINER.

Leserinnen und Leser, die Beiträge zu einzelnen Heften einreichen wollen, werden gebeten, sich mit der Redaktion in Verbindung zu setzen.

Übersicht aller bisher erschienenen Texte

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