T O E oder: Der himmlische RaumEine RezensionAndreas Mertin |
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Margaret Wertheim, 1960 in Australien geboren, hat Physik, Mathematik und Informatik studiert und ist Wissenschaftsjournalistin für Zeitschriften, Radio und Fernsehen. Ihr Buch "Die Himmelstür zum Cyberspace. Von Dante zum Internet" geht den kulturgeschichtlichen Voraussetzungen derartiger Verknüpfungen ganz konkret am Beispiel des Raumes nach. Was verbindet mittelalterliche Raumverstellungen mit den heutigen Fantasien der virtual Reality? Was hat Raumschiff Enterprise mit Dantes Hölle zu tun? Wo gibt es Analogien und wo Widersprüche? In acht Kapitel bietet Wertheim eine Zeitreise vom Seelen-Raum über den Physikalischen Raum, den Himmlischen Raum, den Relativistischen Raum, den Hyperspace, den Cyberspace bis zum Cyber-Seelen-Raum und der Cyber-Utopia. Das Spielfeld ihrer Beobachtungen und Beschreibungen ist dabei weit gesteckt: von der Literatur über die Malerei und Philosophie bis zu popkulturellen Phänomenen des Unterhaltungsfernsehens der Gegenwart. Das Buch ist mit zahlreichen Illustrationen versehen, die das Beschriebene noch weiter erläutern. Wertheims Buch ist kein naturwissenschaftliches Buch im engeren Sinne, es ist ein kulturgeschichtliches, ja kulturhermeneutisches Buch mit der Bereitschaft, sich auch auf ungewöhnlich und populärkulturelle Fragestellungen einzulassen. Und es ist ein theo-ästhetisches Buch insofern, als es die religiösen, ästhetischen und nicht zuletzt künstlerischen Fragen des Raumes durchgehend mitreflektiert.
Nicht alles, was Wertheim zusammenträgt, hält kritischer Nachfrage stand. Vieles ist mit Enthusiasmus geschrieben und bedarf der prüfenden Distanz des Lesers. Dennoch wird manch Interessantes, Amüsantes, Gewagtes und Spekulatives auf den 360 Seiten zusammengetragen, es erweist sich selbst als eine "Theory of everything" (T O E). "Der Charme des Buches liegt eher in der akribischen Recherche über die Vorstellungen der Menschen vom Raum als in der bemühten Deutung moderner Informationstechnologie. Margaret Wertheim ist, wie viele US-Sachbuchautoren, unvorstellbar belesen und schafft es, im Vorbeigehen Descartes' dualistische Metaphysik, Einsteins spezielle Relativitätstheorie und den wissenschaftlichen Hintergrund von Kasimir Malewitschs "schwarzem Quadrat" zu erläutern." - schreibt die ZEIT zutreffend in ihrer Kritik.[2] Ich empfehle das Buch für ästhetisch interessierte Internetfans als anregende Wochenendlektüre. Anmerkungen
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