Das Eremitani-Museum

Fundstücke

Andreas Mertin

Der Baedecker von 1911, der erstmalig auch das Museo Civico in Padua erwähnt, das damals noch direkt neben der Basilika des Hl. Antonius gelegen war, schreibt zur Gemäldegalerie knapp und bissig: „Unter den Bildern sind nur wenige von Wert“. Das ist nun entschieden falsch geurteilt. Nicht jedes Museum der Welt kann herausragende Meisterwerke zeigen, aber das eine oder andere beachtenswerte Stück findet sich eben doch. Nun weiß man nicht, welche Werke 1911 im Museo Civico zu betrachten waren und welche erst später ihren Platz im heutigen Museum Eremitani gefunden haben. Immerhin die Reste einer Terrakotta-Gruppe einer Beweinung Christi erwähnt der Baedecker. Aber es finden sich eben auch Werke von Giotto, Guariento (aus dem Oratorio di San Michele), Paolo Veronese, Giorgione, Tintoretto und Tiepolo.

Giotto

Giottos Kruzifix jedenfalls, das er für die Scrovegni-Kapelle geschaffen hat, könnte 1911 noch in dieser gehangen haben, und ist vielleicht erst heute im Museum zu betrachten.

Man kann es schwer mit dem Kruzifix in Santa Maria Novella in Florenz vergleichen, zu unterschiedlich sind die Dimensionen der beiden Werke.

Während die Florentiner Arbeit von 1290-1300 immerhin 5,78 Meter hoch ist, beschränkt sich die Arbeit aus Padua aus dem Jahr 1317 auf 2,23 Meter. Neben Christus sehen wir Gottvater, die Jungfrau Maria und Johannes dargestellt, so dass sich noch einmal eine Deesis bildet. Unter dem Kreuz finden wir einen Totenschädel, ebenso Verweis auf Golgatha wie auf die Sünde des ersten Menschen Adam.

Mantegna und die Madonna der Zärtlichkeit

Herausragend finde ich das Bild „Madonna mit Kind“ von Andrea Mantegna, ein Werk, das aus dem Jahr 1491 stammt. Mantegna hat in seinem Leben viele Madonnen-Bilder geschaffen, nicht nur die klassischen repräsentativen, die an Bellini erinnern bzw. in Konkurrenz zu ihm stehen.

Bei Mantegna findet man nicht zuletzt ein besonderes Augenmerk auf die Gefühle der jungen Mutter und ihre intime Beziehung zum Kind. Auch auf dem zwanzig Jahre zuvor entstandenen Madonnenbild, das heute in der Berliner Gemäldegalerie hängt, lässt sich das beobachten.

In Padua freilich ist das noch einmal gesteigert. Vor dem Hintergrund römischer Architekturen und Ruinen in Marmorgestalt platziert Mantegna die beiden wie eine Skulptur. Diesen Stil hatte Mantegna Anfang 1490 zu entwickeln begonnen, weil er auf das rege Interesse des Publikums stieß.

Giotto hatte in dieser Art schon in der Scrovegni-Kapelle die Tugenden und Laster dargestellt. Am Ende des 15. Jahrhunderts waren Grisaille-Arbeiten dann sehr gefragt. Auf einem Blog zur Ausstellung der National Gallery in London mit Mantegnas Grisaille-Arbeiten war zu dieser Arbeit zu lesen:

An even more relevant model might be the ruined classical building in the background of the Madonna della tenerezza. Here, Mantegna has offset one of the most beautiful drawings of a Madonna and Child in the history of art by a painted setting: a small weed-grown courtyard, a distant landscape, and the remains of a Roman temple.

Ja, es ist wirklich eine der schönsten und intimsten Arbeiten über die Madonna und ihre Beziehung zum Christuskind in der Kunstgeschichte.

Auch weitere Arbeiten in der Ausstellung sind erwähnenswert, etwa Paolo Veroneses Martyrium der Hl. Justina aus dem Jahr 1556, ursprünglich in der Basilika der Heiligen zu betrachten, heute im Museum. Dazu schreibt die Webgallery of Art:

Nachdem Justina von Prosdocimo, dem ersten Bischof von Padua, getauft worden war, wurde sie im christlichen Glauben erzogen. Als Kaiser Maximilian 304 nach Padua kam, hörte Justina von seinen Christenverfolgungen und versuchte sofort, den einheimischen Gläubigen Mut zu machen. Sie selbst wurde jedoch eingesperrt, vor den Kaiser gezerrt und angewiesen, dem Kriegsgott Mars zu opfern. Ihre Weigerung kostete sie das Leben.
     Mit seiner Fülle an Figuren ist das Bild ein Meisterwerk der Erzählkunst. Die Handlung beginnt im Hintergrund mit einer von zwei Pferden gezogenen Kutsche, die Justina gerade verlassen hat. Sie kniet auf der Brücke, um zu beten, und wird von einem himmlischen Lichtstrahl erfasst. Der Vordergrund wird mit der Szene des Martyriums eingenommen. Vom Dolch getroffen, ergibt sich die Tochter des Prinzen demütig ihrem Schicksal.

-> Hier geht es weiter zur Eremitani-Kirche.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/133/am735i.htm
© Andreas Mertin, 2021