Lehren aus der documenta fifteen
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Statistisches AddendumDocumenta_rische ZahlenspielereienAndreas Mertin Die folgenden Zahlen ergeben sich im Wesentlichen aus den Angaben des documenta-Archivs. Manche Werte sind auch aufgrund fehlender Angaben interpoliert. Besucher:innenInsgesamt liegt der Schnitt aller documenta-Ausstellungen bei 511.664 Besucher:innen. Zum ersten Mal in der Geschichte der documenta-Ausstellungen seit 1955 gelang es der documenta fifteen nicht, die Zahl der Besucherinnen und Besucher zu steigern (wobei auch schon die documenta 14 in Kassel selbst hinter der Marge der vorherigen documenta zurückblieb und nur dank Athen exorbitant zulegte). Die Leitung der documenta führte dies vor allem auf die Pandemie und die dadurch ausgelösten Ängste zurück. Das ist denkbar, auf der anderen Seite bot gerade das 9-Euro-Ticket während der Zeit der documenta einem breiten Publikum gute Gelegenheit kostengünstig nach Kassel zu kommen. Einen wesentlichen Schub hat das aber wohl nicht gebracht. Noch sind die Zahlen der zeitgleichen Biennale in Venedig nicht bekannt, aber es könnte sein, dass erstmalig die Biennale die documenta in der Publikumsresonanz überflügelt. 2019 erreichte die Biennale 620.000 Besucher:innen. Etat der documentaDie erste documenta kam mit einem bescheidenen Etat von knapp 400.000 DM, umgerechnet etwa 194.000 Euro aus. Der größte Sprung war der zwischen der documenta 13 und der documenta 14: der Etat verdoppelte sich beinahe. In Wirklichkeit mussten die Gesellschafter zwei Mal Geld nachschießen: einmal während der Ausstellung und einmal nachher, um das Defizit auszugleichen. Die Kostenexplosion lag daran, dass die documenta sowohl in Kassel als auch in Athen stattfand und in Athen kein Eintritt erhoben wurde. Kosten je Besucher:inDie Kosten je Besucher:in sind daraus leicht zu errechnen. Sie liegen bei der letzten documenta fifteen bei knapp 57 Euro. Davon werden 58%, also 33 Euro von der öffentlichen Hand getragen. Den Rest tragen Sponsoren und Besucher:innen. Im Vergleich zu anderen Kulturveranstaltungen wie etwa Opern (etwa 200 Euro Zuschuss pro Besucher:in) ist der öffentliche Aufwand insgesamt also extrem gering. Entwicklung der EintrittspreiseWenn etwas Kontinuität hat, dann die Steigerung der Eintrittspreise auf der documenta. Zugrunde gelegt ist der Eintrittspreis für eine erwachsene Person an einem Besuchstag. Auf der ersten documenta zahlte man sagenhafte 0,75 Euro, im Durchschnitt aller bisherigen Ausstellungen musste man 10 Euro bezahlen, aktuell lag der Preis fast schon beim achtunddreißigfachen des Ausgangspreises, nämlich bei 27 Euro. Zeit pro Kunstwerk in SekundenEine der interessantesten Größen bei jeder großen Kunstausstellung ist die Zeit, die man für das einzelne Kunstwerk hat, wenn man denn alle Kunstwerke sehen möchte und 12 Stunden Zeit für die Ausstellung übrighat. Bei der documenta entspräche das in etwa einem zweitägigen Besuch. Und hier ist die Variation breit. Es gab Ausstellungen, bei denen man nur 24 Sekunden pro Objekt hatte, es gab Ausstellungen, bei denen man mehr als 1½ Minuten hatte. Für die documenta fifteen lässt sich diese Angabe noch nicht machen, weil die Leitung die Zahl der insgesamt ausgestellten Objekte nicht veröffentlicht hat. Zahl der Künstler:innenDie auffälligste Abweichung von der Statistik der bisherigen documenta-Ausstellungen bildet die Zahl der beteiligten Künstlerinnen und Künstler. Da die documenta fifteen vor allem Kollektive eingeladen hatte, die wieder Kollektive und Einzelkünstler:innen einluden, kam man auf eine Gesamtzahl von angeblich 1500 Künstler:innen. Bis dahin war die Höchstzahl 353 bei der documenta 3. Prozentsatz an Künstlerinnen auf der jeweiligen documentaDas dunkelste Kapitel der gesamten documenta-Geschichte ist der prozentuale Anteil an Künstlerinnen unter den beteiligten Künstler:innen. Erst die documenta 6 unter der Leitung von Manfred Schneckenburger kam 1976 auf einen Frauenanteil von etwas mehr als 25%. Und erst unter Catherine David auf der documenta 12 wurde 1997 eine halbwegs akzeptable Quote von 41% erreicht. Danach nahm der Prozentsatz wieder ab. Der durchschnittliche Wert lag bei erbärmlichen 17%. |
Artikelnachweis: https://www.theomag.de/139/am769.htm |