Wer Stichwörter wie "Kirche", "Kirchen", "Kirchpädagogik", "Kirchenraum", "Kirchbau" oder "Kirchenbau" in eine der großen Suchmaschinen eingibt, kann sich von der Fülle der angezeigten Rechercheergebnisse überraschen lassen. In den letzten beiden Jahren ist - nachdem sich die Kirchen in Deutschland lange Zeit relativ asketisch gegenüber dem Internet gezeigt haben - viel geschehen und es lohnt sich, auch unter dem Aspekt des Kirchenraums und seiner Nutzung im World Wide Web zu surfen. Hier kann manches Kleinod insbesondere in der Selbstdarstellung einiger Kirchengemeinden zusammengetragen werden. Was definitiv noch fehlt, ist eine einfache, übersichtliche und vor allem schnelle Datenbank, die durch simple Eingabe von Orten, PLZ, Kirchennamen, Architektennamen oder auch Künstlernamen zum gesuchten Gebäude bzw. zur gewünschten Information führt. Datenbanken dieser Art, die ja die bereits vorhandenen Ressourcen nutzen könnten, sind gerade die Stärke des Internets. Es wäre ein lohnenswertes Gemeinschaftsprojekt von katholischer und evangelischer Kirche eine Datenbank zu erstellen, die Informationen zu allen Kirchengebäuden Deutschlands (und damit auch zu einem herausragenden kulturellen Erbe) enthielte. Einige Adressen im Netz haben sich dieser Aufgabe lobenswerterweise aber bereits in Ansätzen genähert. Sie ermöglichen für unterschiedliche (kulturhistorische, kirchenpädagogische, architektonische, touristische) Interessen den Zugriff auf Material zum Kirchenraum und nicht zuletzt auch zur kulturellen Nutzung von Kirchenräumen. Kirchenbau Eine interessante und ausbaufähige Adresse zum Thema ist www.kirchbau.de. Sie bietet eine Fülle von Links, Hinweisen und Grundlagen für die Beschäftigung mit Kirchen und Kirchenräumen. kirchbau.de, so schreiben die Betreiber "soll nicht auf einen bestimmten Ausschnitt von Kirchengebäuden beschränkt sein. Allerdings kann die Site vorerst ihren Ursprung in Württemberg nicht verleugnen. Die Herkunft aus der evangelischen Landeskirche in Württemberg sorgt dafür, dass dort noch ein Schwerpunkt liegt. Das kann sich gerne ändern. Vorerst werden die dokumentierten Kirchengebäude sinnvoll über die drei Kreise WÜRTTEMBERG, DEUTSCHLAND und WELTWEIT erschlossen. In WÜRTTEMBERG wird Vollständigkeit angestrebt. Die Zahl dokumentierter Kirchen in DEUTSCHLAND wird mehr zufällig wachsen. Der Bereich WELTWEIT soll nach systematischen Kriterien ausgebaut und eine Art Kirchenbaugeschichte werden." Noch ist die Seite etwas zu heterogen (vor allem was die diversen Schriftgrößen und die zu bunt geratene Farbgestaltung betrifft) und vieles ist erst in der Planung, aber das steht einer Nutzung natürlich nicht im Wege. Der Schwerpunkt liegt, wie gesagt, zur Zeit auf Württemberg. Geplant ist dabei eine möglichst vollständige Liste württembergischer evangelischer Kirchbauten mit folgenden Angaben: Ort und Kirchengemeinde, Ursprungsjahr des heutigen Gebäudes, Kurzbeschreibung, Abriss der Baugeschichte, Kontaktadresse, Link, Bildern sowie einem Bewertungssystem für den Besuch. Unter Kirchbau Deutschland findet man eine Liste der bisher erfassten Kirchen. Kirchbau weltweit enthält bisher nur die geplante Systematik. Der Abschnitt Theologie enthält nur einen interessanten Aufsatz von Gunther Seibold aus dem Jahr 1996, hier hat das Netz inzwischen aber quantitativ mehr zu bieten. Auch eine Liste der zum Thema erschienen Literatur wäre an dieser Stelle wünschenswert. Unter dem Punkt Gottesdienst / Liturgie sind zur Zeit nur Planungen zu finden. Unter dem etwas irreführenden Punkt Kirchendidaktik (besser wäre sicher Kirchenpädagogik) findet sich der Hinweis auf den Bundesverband Kirchenpädagogik (s.u.), aber noch kein weiterführendes kirchenpädagogisches Material. Ganz pragmatisch geht es unter dem Punkt Ideen/Hinweise zu. Hier werden zu diversen Stichworten (von Altartisch bis Werbeflächen) Informationen zusammengetragen. Links schließlich enthält Verweise zu den Themen: Kirchenbau allgemein, Kirchenbaugeschichte, Kirchenbauten im Web, Linklisten zu Kirchenbau, Sakralbau u.ä., Links zu Kirchenbaudidaktik / Kirchenbaupädagogik, Kirchenkunst und anderes Verwandtes. Es wäre sinnvoll, wenn sich andere mit dem Kirchenbau beschäftigte Institutionen mit dieser Adresse zusammen tun würden, um ein umfassendes Angebot zum Themen Kirchbau und Kirchenraum zusammenzustellen. Aber zumindest ist ein erster Schritt in die richtige Richtung getan. Kirchenpädagogik Eher als Institutionenrepräsentanz denn als Einführung in die Kirchenpädagogik geben sich leider die Webseiten des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e.V. Der Bundesverband koordiniert die entsprechenden kirchenpädagogischen Aktivitäten in Deutschland. Im Internet erhält man jedoch nur wenige Infos zum Verband selbst und zu verschiedenen regionalen Ansprechpartner und Organisationen. Ansonsten wird man auf die abonnierbare Offline-Verbandszeitschrift verwiesen. Konkrete Bild- oder Text-Materialien, ausgeführte Beispiele und weiterführende Hinweise finden sich nicht, obwohl sich doch das Internet als genuin multimediales Medium gerade für die professionelle Kirchenpädagogik anbieten würde. Vielleicht gibt es aber auch einen impliziten Widerstreit einer auf Erleben und Authentizität verpflichteten Kirchenpädagogik und den virtuellen (=künstlichen) Welten des Internet. In der vborliegenden Form aber ist das bisherige Angebot eine vertane Chance. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Es muss allerdings einschränkend hinzugefügt werden, dass das, was unter den einschlägigen analogen Adressen wie zum Beispiel www.kirchenpaedagogik.de oder www.kirchenfuehrung.de angeboten wird, mindestens ebenso dürftig ist. Die erste Adresse ist eine bloße Seminarankündigung ohne weitere Füllung und letztere ist ein Ausbildungsangebot des Erzbistums Köln ohne größeres Materialangebot. In beiden Fällen kann man nur konstatieren, dass jeweils eine wertvolle - weil gut zu merkende - Internetadresse leichtfertig verschenkt worden ist. Das ist der Nachteil des Internets, dass mit einer interessanten Adresse nicht notwendig auch ein gutes Angebot verknüpft ist. Es wäre aber schon sinnvoll, wenn unter einer entsprechenden Internetadresse ein komplett multimedial ausgestatteter Kirchenpädagogikkurs online angeboten würde. Das würde nicht nur an Kirchenpädagogik Interessierte neugierig machen, sondern sicher manche Kirchengemeinde zur Nachahmung anregen. Kirchenraum virtuell erschließen Die Marburger Elisabethkirche ist schon seit längerem mit einem höchst interessanten und sehr breit ausgebauten Angebot im Internet. Im Vergleich zu anderen Netzauftritten, die unter dem Stichwort "Virtuelle Kirche" laufen und doch nur ein paar Bilder rund um die Kirche ins Netz gestellt haben, ist das Marburger Angebot wirklich herausragend. Es teilt sich in zwei Bereiche, einen religiösen und einen kunsthistorischen Teil. Im religiös-spirituellen Teil kann der Besucher unter anderem eine Gebetskapelle aufsuchen, im Meditationsbereich an verschiedenen Gottesdiensten teilnehmen, in der Gebetswerkstatt Gebete formulieren oder sich im Mystikraum zum Beispiel über Hildegard von Bingen informieren. Der kunsthistorische Teil ermöglicht eine Erschließung der Kirche in Gestalt eines virtuellen Rundgangs, anhand dessen sich der Besucher den Exponaten und Objekten des Kirchenraums nähern kann. [Einige Objekte wünschte man sich dabei noch in einer großformatigen Darstellung, um dem Gezeigten noch besser nachgehen zu können.] Schritt für Schritt wird einem so die Konstruktion und Ausstattung des Raumes transparent. Was definitiv noch fehlt, ist ein kirchenpädagogischer Teil, der beides miteinander verknüpft: den religiös-spirituellen und den kunsthistorischen Teil. Er müsste die religiös-funktionale Konstruktion des Raumes in Verknüpfung mit den ausgestellten (Kunst-) Objekten dem Besucher erschließen und zugleich etwas von der religiösen Atmosphäre des Raumes spüren lassen. Da der bisherige Auftritt der Elisabethkirche alle Voraussetzungen für ein gutes virtuelles Kirchenpädagogik-Angebot besitzt, sollte die sich hier bietende Chance genutzt werden - vielleicht in Verbindung mit entsprechenden kunsthistorischen und theologischen Seminaren der Marburger Universität. Kirchen(t)raum - Bibliotheks(t)raum Unter der Adresse http://www.paulinerkirche-goettingen.de wird die nun schon über 250 Jahre andauernde kulturelle Nutzung eines Kirchengebäudes vorgestellt. Zur Geschichte der Göttinger Paulinerkirche erfährt man dort: "Die Paulinerkirche ist als Teil des Historischen Gebäudes der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek ein Baudenkmal von hohem Rang. Als erste gotische Kirche Göttingens gehörte sie einst zu einem Dominikanerkloster, das im Jahr 1294 in Göttingen gegründet wurde. Sie entspricht der architektonischen Tradition der Bettelorden. Der Einzug der Reformation in Göttingen im Jahr 1529 bedeutete für die Bettelmönche den Anfang ihres Kampfes um ein Überleben ihrer Klöster in der Stadt. Da der Rat über die Pfarrkirchen keine Verfügungsgewalt hatte, denn diese unterstanden dem herzöglichen Patronat, beschloss man, für die erste Zeit die lutherischen Gottesdienste in den Bettelordenskirchen abzuhalten ... So war es auch die Paulinerkirche, in der damals die ersten Kinder in Göttingen protestantisch getauft wurden ... Mit der Universitätsgründung 1737 wurde die Paulinerkirche schließlich samt den anderen Klosteranbauten erstes Gebäude derselben. Zunächst wurde sie noch für Universitätsgottesdienste genutzt, die aber bald nach außen verlagert wurden. Denn der Platz reichte für die schnell anwachsende Bibliothek nicht mehr aus: sie übernahm alle Gebäudeteile, so auch die Paulinerkirche. Namhafte Personen wie Goethe, Heinrich Heine und die Gebrüder Grimm sind hier aus- und eingegangen: Johann Wolfgang von Goethe war einer ihrer größten Bewunderer und fleißiger Nutzer der Bestände ... Heinrich Heine schließlich, machte diesen Saal zum Höhepunkt seines Bibliothekstraums in der 'Harzreise' ... [Seit] 1992 wird der Saal als Ausstellungsraum genutzt." Vielleicht sollte man viel öfter Kirchen mit Bibliotheken kombinieren. Der Besucher der Website kann mittels eines Quicktime-Films einen 360° Einblick in den Kirchenraum nehmen, sich über das Programm und laufende Ausstellungen informieren. |
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