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Magazin für Theologie und Ästhetik


Neue - alte Lebensräume

Zur kulturellen Nutzungserweiterung von Kirchengebäuden[1]

Matthias Ludwig

Rückläufige Finanzmittel halten Evangelische wie Katholische Kirche in Deutschland seit Beginn der neunziger Jahre in Atem: Reformen der Einkommensteuer, hohe Arbeitslosigkeit sowie abnehmende Mitgliederzahlen - hervorgerufen durch Austritte, vielschichtige Strukturwandlungsphänomene und demographische Entwicklungen - lassen immer weniger Spielraum, Angebote und Einrichtungen im bestehenden Maß aufrecht zu erhalten. Als besonders drückend erweisen sich die Personalkosten, die sich kurzfristig jedoch nur schwer eindämmen lassen. Dementsprechend geraten andere Haushaltstitel in den Blick, um schnellstmöglich zu einschneidenden Mitteleinsparungen zu kommen.[2]

Zunehmend müssen sich denn auch Kirchengemeinden wie übergemeindliche Arbeitsbereiche von altbewährten, liebgewonnenen Einrichtungen und Angeboten verabschieden oder zumindest ihre Leistungen erheblich einschränken. Die Möglichkeiten zur Entwicklung gesellschaftsoffener, zukunftsbezogener Handlungs- und Wirkungsfelder werden dabei immer geringer. Stattdessen heißt es, sich auf die eigenen Ressourcen zu besinnen und die Arbeit im ganzen auf schlankere Strukturen zu konzentrieren. Besonders im Blick stehen hierbei auch die kirchlichen Bauten und Liegenschaften.

Schließlich verfügen katholische Diözesen wie evangelische Landeskirchen in den alten Bundesländern über ein stattliches Gebäudevolumen, überkommen aus Zeiten, da sie ganz auf Wachstum eingestellt waren. Dies aber ist längst vorbei - und gerade die vom Mitgliederschwund am stärksten gebeutelten Gemeinden innerhalb sowie am Rande der Stadtzentren verfügen heute über den vergleichsweise größten Baubestand: Während Geschäfte, Gaststätten und Verwaltungsstellen auf die Übersiedlung vieler Bewohner ins stadtnahe Umland und damit einhergehenden, teils drastischen Bevölkerungsrückgang mit Schließung reagierten, hielten die Kirchen jedoch an ihren in den fünfziger, sechziger und frühen siebziger Jahren noch enorm erweiterten Kapazitäten fest.[3]

Zu Zeiten voller Kassen machte sich dies kaum negativ bemerkbar. Vielmehr nutzten die Gemeinden das Platzangebot zur immer weiteren Ausdifferenzierung ihrer Aktivitäten oder überließen freiwerdende Räumlichkeiten - oft kostenfrei - Gruppen aus dem gemeindlichen Umfeld. Einzig die meist kaum flexibel nutzbaren Kirchengebäude zeigten immer größere Leere: So standen in Großkirchen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts sowie Nachkriegs-Neubauten teils vierstelligen Sitzplatz-Kapazitäten bald nur noch 30-50 sonntägliche Gottesdienstbesucher gegenüber.

Nicht wenige Gemeinden überlegten denn auch schon in der Vergangenheit, überdimensionierte Kirchengebäude baulich zu verändern oder gar aufzugeben und sich in kleinere Einheiten zurückzuziehen. Kirchliche Finanzverhältnisse und -systeme ließen indes das Festhalten an Gebäudeüberhang zu, so dass allfällige Entscheidungen zugunsten nachhaltiger Anpassung an die Verhältnisse immer wieder hinausgeschoben wurden. Manch heftige Auseinandersetzung wurde so vermieden, zugleich aber die Gelegenheit, Rücklagen zukunftsweisend einzusetzen, versäumt.[4]

Denn jetzt, da die Finanzmittel zunehmend knapper werden, lassen sich tiefgreifende Einschnitte nicht mehr umgehen. Zumal wenn 40, 50 Jahre nach Wiederauf- oder Neubau größere Sanierungsmaßnahmen anstehen, wird immer öfter über Abgabe oder gar Abriss nachgedacht:[5] Sieht sich - beispielsweise - die Evangelische Kirche von Hessen und Nassau doch gezwungen, ihren gesamten Baubestand mit knapp 4500 Gebäuden, darunter ca. 1400 Kirchen, auf zureichende Rentabilität zu prüfen. Ziel ist es, die Aufwendungen für den Bauunterhalt auf die Hälfte zu reduzieren, um so die kirchlichen Haushalte zu entlasten. In Frankfurt am Main, wo dieser Schnitt bereits 1998 erfolgte, ringen seither zahlreiche Gemeinden um den Erhalt ihrer Gebäude - Kirchen wie Gemeindezentren oder Gemeindehäuser: Der - zumindest teilweise - Abriss dreier Kirchen scheint mittlerweile beschlossene Sache.[6]

Ähnlich die Situation in zahlreichen, vor allem städtischen Regionen der anderen westlichen Landeskirchen,[7] aber auch auf katholischer Seite: So ist es in und um Köln in den letzten Jahren bereits zu mehreren Abgaben von Kirchen an andere Konfessionen, aber auch an Private gekommen.[8] Ebenso steht im Ruhrgebiet die Zukunft zahlreicher Kirchen auf dem Prüfstand.[9] Und selbst im traditionell kirchenfreundlichen Süden zeigt sich der Schwund, sank der katholische Kirchenbesuch in München mit 4 - 6 % auf geradezu protestantisches Niveau ab.[10]

Längst auf dem Land angekommen ist diese Problematik in den neuen Bundesländern, wo sich die Situation insgesamt noch weit dramatischer darstellt: Aufgrund der nach wie vor schwierigen Gesamtwirtschaftslage, der daraus resultierenden, anhaltend hohen Bevölkerungsabwanderung in den Westen sowie der über die letzten Jahrzehnte stark geschrumpften Mitgliederzahlen[11] beklagen die dortigen evangelischen Landeskirchen eine latent akute Finanzschwäche. Kaum kann der Personalbedarf zureichend finanziert werden. Für die dringliche Sanierung der über DDR-Zeiten weithin in Verfall geratenen Kirchengebäude bleibt demgemäss kaum etwas übrig.[12]

Kommt bei einem auf derzeit rund 9 Mrd. DM geschätzten Sanierungsbedarf für die evangelischen Kirchengebäude in Ostdeutschland keine weitere Hilfe vom Staat und aus der Öffentlichkeit, ist in den kommenden Jahren mit enormen substantiellen Verlusten zu rechnen:[13] Die Evangelische Kirche von Berlin-Brandenburg geht davon aus, künftig erhebliche Teile ihres Baubestandes nicht mehr halten zu können.[14] In der Kirchenprovinz Sachsen kann die in den letzten 50 Jahren auf rund ein Sechstel zusammengeschrumpfte Schar der Kirchenmitglieder für ihre Kirchengebäude, deren Anzahl im gleichen Zeitraum etwa konstant blieb, längst nicht mehr zureichend aufkommen.[15]

Auch im katholischen Bereich sieht die Lage nicht günstig aus. Zwar befindet man sich hier seit der Reformation - mit Ausnahme etwa des Eichsfeldes - in einer Minderheitensituation[16] und verfügt demgemäss über weit weniger Gebäude als die Evangelischen. Doch auch die Zahl der Katholiken hat sich im Gebiet der ehemaligen DDR in den letzten Jahrzehnten einschneidend verringert, so dass Diözesen wie Gemeinden bei Erhalt und Unterhalt ihrer Baulichkeiten zunehmend an finanzielle Grenzen stoßen.[17]

Fügt man diese Bilder zusammen, scheint auf protestantischer Seite, wo allein demographische Entwicklungen weiteren immensen Mitgliederschwund erwarten lassen,[18] mindestens in einigen Ballungsgebieten aber auch auf katholischer Seite ein Ausverkauf der Kirchen bevorzustehen.[19] Indes stellt sich die Frage, ob sich Kirchen und Gemeinden durch ein solches "Gesundschrumpfen" nicht ihrer eigenen Möglichkeiten berauben: Ragen die Kirchengebäude mit ihren Türmen doch geradezu zeichenhaft in die Welt, in die Gesellschaft hinein - und bieten damit herausragende, in ihren Chancen und Potentialen allerdings meist kaum zureichend genutzte Orte aktiver Lebens- und Glaubenskommunikation.[20]

Ein Blick auf Großbritannien und die Niederlande mag dies geradezu plastisch verdeutlichen: Die dort seit Jahrzehnten anhaltende Säkularisierung hat Kirchenleitungen und Gemeinden veranlasst, zahlreiche Kirchengebäude aus Rentabilitätsgründen aufzugeben. Verfügte beispielsweise die Katholische Kirche in Amsterdam 1970 noch über 44 Kirchengebäude, sind es heute kaum mehr 20. Ebenso haben die Niederländischen Reformierten in den letzten Jahren bis zu 40 % ihrer Kirchengebäude abgestoßen.[21] Damit einher ging jedoch ein enormer Traditionsabbruch und Identitätsverlust, der sich auf das kirchliche Image vielerorts negativ auswirkt: Die Kirchen ziehen sich zurück - und marginalisieren sich dabei selbst. Der einmal eingeschlagene Rückzug wird zum unaufhaltsamen Niedergang, geradezu zum Teufelskreis.[22]

Das zeigen auch Erfahrungen aus der ehemaligen DDR: Zahlreiche Gemeinden mussten dort ihre Kirchen aufgeben, weil sie deren Erhalt unter den mannigfachen Bedrängnissen religionsfeindlicher Staatspolitik nicht leisten konnten. Stattdessen zogen sie sich zurück ins Gemeinde- oder gar Pfarrhaus - und verschwanden damit nach und nach aus dem Blickfeld der Gesellschaft. Staatlicherseits war das gerade recht, aus kirchlicher Sicht indes fatal: Verlangt das Evangelium doch nicht nach Abgeschiedenheit, sondern nach Gehör und Öffentlichkeit.[23]

Daraus wird deutlich: Eine Kirchengemeinde, die sich von ihrem Kirchengebäude verabschiedet, gibt ihre Präsenz und damit auch ihre Relevanz in der Öffentlichkeit preis. Der Rückzug in den Hinterhof vermittelt Abschottung und Abgrenzung nach außen - und innen - und entfaltet mit der Zeit eine geradezu tödliche Wechselwirkung in der Beziehung zwischen Kirche und Gesellschaft. Kirchengemeinden wie kirchliche Institutionen in den alten Bundesländern sind denn auch nur davor zu warnen, sich durch Abgabe von Kirchen und Rückzug in kleinere Einheiten von ihrer ständigen, zeichenhaften Präsenz zu verabschieden. In einer immer stärker von Symbolen geprägten Welt wäre dies ein geradezu leichtfertiger Verzicht auf den besten kirchlichen "Werbeträger"![24]

Immerhin haben sich in den letzten Jahren einige Gemeinden mit ihren Landeskirchen bzw. Diözesen auf den Weg begeben, ein demgegenüber alternatives Nutzungs- und Finanzierungskonzept für ihr Kirchengebäude zu entwickeln. Wesentliches Ziel war und ist es dabei, die Kosten für Gebäudeerhalt und -unterhalt nachhaltig zu senken. Gesucht wurde denn auch nach Möglichkeiten, Kirchen über den exklusiv gottesdienstlichen Gebrauch hinaus erweiterten Nutzungen zu öffnen.

In etlichen Fällen konnte dadurch die Gemeindearbeit in die Kirche verlegt und das Gemeindehaus kostenreduzierend aufgegeben werden. Zugleich wurden aber auch neue Veranstaltungsarten - insbesondere im Bereich der Kultur- und Gemeinwesenarbeit - gewonnen, die heute helfen, zusätzliche Einnahmen für den laufenden Unterhalt des Kirchengebäudes zu erwirtschaften. Indes gilt es, hier keineswegs allein das Thema Kosten zu betrachten: Vielmehr gelingt es Kirche an solchen Orten zunehmend, alte, brachgefallene Räume neu zu beleben und dabei im gesamten gesellschaftlichen Umfeld enorm an Relevanz zu gewinnen.[25]

St. Petri in Lübeck

Eines der interessantesten hierunter zu nennenden Beispiele stellt St. Petri in Lübeck dar:[26] 1220-1530 als zweite Pfarrkirche der Stadt errichtet, wurde sie im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört. Hernach blieb sie lange als Ruine liegen: Im Zuge veränderter Stadtplanung beim Wiederaufbau hatte St. Petri ihre Funktion als Gemeindekirche verloren und war damit überflüssig geworden. Allein ihr 108m hoch aufragender Westturm wurde - der Stadtsilhouette wegen - wiederhergestellt, das Kirchenschiff blieb - in den sechziger und siebziger Jahren immerhin mit neuem Dach und Fenstern versehen - ungenutzt.

Endlich führten die Vorbereitungen zum in Lübeck stattfindenden Evangelischen Kirchbautag 1979 zur Auslobung eines Ideenwettbewerbes für St. Petri. Keine der eingereichten, vielfältige Nutzungsmöglichkeiten aufzeigenden Arbeiten konnte die verantwortlichen Gremien allerdings vollends überzeugen. Das erkennbar gewordene, enorme Interesse der Lübecker Bevölkerung an einer Wiederbelebung der fünfschiffigen Backstein-Hallenkirche führte aber dennoch zu dem Beschluss, St. Petri für eine breit angelegte kirchlich-öffentliche Nutzung wiederherzustellen.

Bedingung des zuständigen Kirchenkreises war jedoch der geringste Einsatz eigener finanzieller Mittel. Es gelang aber, Bund, Land und Landeskirche sowie - über einen eigens hierfür gegründeten Bauverein - Stifter und Sponsoren zu mobilisieren. Damit konnte der Kirchraum von St. Petri zwischen 1982 und 1987 restauriert werden. Das Ergebnis ist ein weitestgehend unverbautes Raumgefüge, dessen neue Inneneinrichtung zudem vollständig flexibel gehalten wurde.

Dergestalt öffnet sich St. Petri heute, in kirchlicher Trägerschaft, aus dieser aber nur mit geringen Finanzmitteln ausgestattet, als "Kirche ohne Ortsgemeinde, ohne Schwelle, für die ganze Stadt"[27]. Hierzu wurde ein Nutzungsprogramm entwickelt, das - in Verantwortung eines eigens hierfür berufenen Kuratoriums - seither mit etwa 80 Veranstaltungen pro Jahr aufwartet und sich über insgesamt vier Handlungsfelder erstreckt:

  • St. Petri ist die Kirche der übergemeindlichen Dienste und Werke im Kirchenkreis Lübeck für Gottesdienste, Projektarbeit und Ausstellungen.
  • St. Petri ist der Ort ausdrücklicher Grenzgängereien (auf der Suche nach Nahtstellen) zwischen
    • Religion und zeitgenössischer Musik,
    • Religion und zeitgenössischer Bildender Kunst,
    • Religion und zeitgenössischer Literatur,
    • Religion und Gesellschaft (möglichst oft Kooperation mit einem außerkirchlichen Partner).
  • St. Petri ist der Ort kirchlichen Dienstes an Touristen mit Aussichtsturm, Cafeteria und stillem Raum.
  • St. Petri ist Festraum der ganzen Bürgergemeinde Lübecks."[28]

    Finanziert wird dieses vielgestaltige, von Besucherinnen und Besuchern weit über Lübeck hinaus stark frequentierte Angebot im wesentlichen aus sich selbst: Einnahmen aus Vermietungen des Kirchenraumes, Eintrittsgelder sowie die Unterstützung durch Spender und Sponsoren zählen hierzu ebenso wie die Nutzung des Kirchturms als öffentlicher Aussichtsturm.

    St. Petri zeigt heute in erfrischender Weise, wie eine Kirche im Dialog mit Kunst und Kultur (wieder) zum Lebensraum werden und hierbei zugleich enorme Relevanz im öffentlichen Diskurs gewinnen kann. Neuerliche Umbauten haben die Attraktivität des Gebäudes insbesondere mit Einbau eines Café-Bereiches weiter erhöht. Demgemäss hat dieses Projekt inzwischen etliche Nachahmer gefunden und nimmt in der gesamten, sich in etlichen Städten zunehmend etablierenden "Citykirchen"-Arbeit eine wichtige Vorreiterrolle ein.[29]

    Zum Heiligen Kreuz in Berlin

    Ein gleichsam herausragendes, jedoch gänzlich anders gelagertes Beispiel stellt der umfassende Umbau der Kirche "Zum Heiligen Kreuz" in Berlin-Kreuzberg dar.[30] Diese wurde - nach Plänen des Architekten Johannes Otzen - 1884-88 als gewaltiger neugotischer Kuppelbau errichtet. Nach schwersten Kriegszerstörungen erst Ende der fünfziger Jahre wiederaufgebaut, drohte hier - vor dem Hintergrund einer massiven Abwanderungswelle der Bevölkerung und daraus resultierendem extremem Mitgliederschwund - schon in den siebziger Jahren die Aufgabe. Schließlich fanden die Gottesdienste nur noch im Gemeindehaus statt, das - mit Aufnahme einer weit über konfessionelle Grenzen hinausreichenden Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit - zum neuen Mittelpunkt der Gemeinde avancierte.

    Erst am Beginn der achtziger Jahre trat das Kirchengebäude wieder in das Bewußtsein von Gemeinde - und Öffentlichkeit: In den scharfen Auseinandersetzungen um die Zukunft der Kreuzberger Altbauquartiere entschloss sich die Gemeinde, ihr Kirchengebäude für Versammlungen der widerstreitenden Interessengruppen zu öffnen. Und gerade in der Kirche gelang es, eine Befriedung des Konfliktes zu erreichen. Der Gemeinde selbst wurde dabei der Symbolcharakter des Gebäudes neu bewusst - und so folgten Überlegungen, ob und wie das Bauwerk doch gemeindlich erhalten und genutzt werden könnte.

    Schließlich trat man in Kontakt mit der Kreuzberger Architektengruppe "Wassertorplatz" (Architekten H. Burchard, U. Evers, W. Göschel, H. Rebel und J. von Rosenberg) und begann - zusammen mit Kirchenkreis, Landeskirche, Stadtteilinitiativen und Denkmalpflege - Modelle für eine neue Nutzung des Kirchengebäudes zu entwerfen. Daraus entstand die Lösung, das Gemeindehaus aufzugeben und die Kirche zu einem multifunktional nutzbaren Gemeinde- und Kulturzentrum umzubauen. Schwerwiegende Probleme bereitete allerdings die Finanzierung: Die für den Umbau veranschlagten Kosten überstiegen die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde bei weitem.

    Nach langwierigen Verhandlungen gelang es aber, nicht nur die Landeskirche, sondern auch die Stadt an dem - dem gesamten Stadtteil zugute kommenden - Projekt zu beteiligen. So wurde etwa ein Drittel der Bauleistungen an die von der Gemeinde zusammen mit dem Sanierungsträger "STATTBAU Stadtentwicklungs-GmbH" gegründete "KirchBauhof gGmbH" vergeben, die damit Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für etwa 300 Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger einrichten konnte. Die hierfür notwendigen Finanzmittel stellten der Berliner Senat, das Bezirksamt Kreuzberg und das Landesarbeitsamt bereit.

    Beim ab 1991 erfolgten Umbau der Kirche wurde der bisherige Innenraum in ein vielfältig nutzbares Raumgefüge - mit Einheiten vom multifunktionalen Großraum bis hin zu Gruppen- und Büroräumen verschiedenster Größenordnungen - verwandelt. Der riesige, vordem ungenutzte Dachinnenraum wurde für zuvor im Gemeindehaus untergebrachte Einrichtungen und Dienststellen des Kirchenkreises ausgebaut.

    Die Wiedereinweihung der Kirche im Herbst 1995 - nach gut zwölfjähriger, von der Gemeinde intensiv begleiteter Planungs- und Umbauzeit - war dann der Auftakt zur Neukonsolidierung der vorhandenen, intensiven Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit, die nun in das Kirchengebäude übertragen wurde und dort seither zielstrebig ausgebaut wird. Völlig neu ist hierbei das täglich geöffnete Kirchencafé; und gleiches gilt auch für das mittlerweile breit gefächerte kulturelle Angebot.

    Um letzteres koordinieren zu können, war der Aufbau eines professionell geführten Managements erforderlich: Ab Dezember 1997 wurde hierzu das "Kulturprojekt 'Akanthus'" unter dem Dach der bereits im Bauverfahren bewährten "KirchBauhof gGmbH" installiert. Beauftragt durch die Gemeinde, ist es seither für die Bewirtschaftung der Kirche im Veranstaltungsbereich verantwortlich und hat die Leitung des Kulturbüros, zuständig für Veranstaltungs-, Termin- und Raumplanung sowie Finanzmanagement, übernommen.

    Heute wird Heilig-Kreuz zu gut einem Drittel von der Gemeinde selbst und zu einem weiteren Drittel von Partnern aus der Kreuzberger Stadtteil- und Kulturarbeit sowie aus allgemein kirchlichem Hintergrund genutzt. Die restlichen Kapazitäten werden - zur Deckung der Betriebskosten des umfangreichen Raumprogramms - zunehmend an Fremdveranstalter vermietet. Die Palette reicht dabei von Konzerten, Performances, Ausstellungen und Lesungen über Tagungen und Seminare bis hin zu Betriebsversammlungen, Feiern und Empfängen.

    Die Betriebskosten können damit inzwischen vollständig erwirtschaftet - und die Gemeinde somit finanziell erheblich entlastet werden. Darüber hinaus hat das Kirchengebäude seit dem Umbau einen enormen Stellenwert im gesamten Berliner Kulturleben erworben, der die statistisch stark geschrumpfte Gemeinde zu einem allseits beachteten Partner im öffentlichen Diskurs hat werden lassen, wirksam bis tief hinein in ihre umfangreiche Sozialarbeit.

    St. Marien in Müncheberg

    Große Bedeutung gewonnen hat schließlich auch das Beispiel der im Sommer 1997 wiedereröffneten Stadtpfarrkirche St. Marien zu Müncheberg/Mark,[31] einer Kleinstadt mit rund 6000 Einwohnern, gelegen etwa 40 km östlich Berlin. Diese, begonnen im 13. Jahrhundert, war kurz vor Kriegsende 1945 bis auf die Außenmauern zerstört worden. Danach gehegte Hoffnungen auf einen baldigen Wiederaufbau mussten zu DDR-Zeiten aus finanziellen wie politischen Gründen Utopie bleiben. Stattdessen drohte das ruinöse Bauwerk nach und nach gänzlich zu zerfallen.

    Dann aber kam die "Wende" - und mit ihr neue Hoffnung auf einen Wiederaufbau: Es entstand eine Bürgerinitiative - und bald daraus ein Förderverein. Und schon im Herbst 1991 konnte mit ersten Arbeiten begonnen werden: Wegen sehr begrenzter Mittel bei Kirche und öffentlicher Hand mussten dabei hohe Anteile durch Spender und Sponsoren, aber auch in Eigenleistung erbracht werden. Damit gelang es jedoch, die Außenmauern des Gesamtgebäudes zu sanieren und dem Kirchenschiff 1993 ein neues Dach aufzusetzen.

    Etwa gleichzeitig wurde ein Ausbau- und Nutzungskonzept für den Innenraum erarbeitet: Da Kirchengemeinde und Landeskirche nur sehr wenig Mittel bereitstellen konnten, musste zur Erlangung der erforderlichen Baufinanzierung, aber auch im Hinblick auf den künftigen Unterhalt nach Partnern gesucht werden. Dies gelang schließlich durch den Einstieg der Stadt Müncheberg und des Fördervereins in das Nutzungskonzept: So beteiligten sich beide nicht nur an den Kosten für den Wiederauf- und Neuausbau der Kirche, sondern beide sind auch mit für deren künftige Nutzung verantwortlich.

    Dementsprechend schloss sich auch eine rein restaurative Wiederherstellung des Innenraumes aus. Stattdessen musste für den Neuausbau eine Lösung gefunden werden, die sich an den Interessen und Ansprüchen der künftigen Nutzer orientierte. Als grundlegende Prämisse wurde hierzu herausgestellt, dass die künftige Raumgestalt einerseits den vom Krieg her überkommenen, ruinösen Bauzustand soweit irgend möglich respektiert und andererseits klar als kirchlicher Raum erkennbar bleibt, dem sich alle weiteren Nutzungen unterordnen.

    Zum Zuge kam letztlich ein Entwurf des Berliner Architekten Klaus Block: Danach wurde ein schmaler viergeschossiger Einbau vor die Nordwand des Langhauses gestellt, der in seinem Aufbau ebenso Haustechnik, Versorgungs- und Sanitäranlagen wie Büro- und Veranstaltungsräume beinhaltet. Ansonsten verblieb der Innenraum weitestgehend in seiner ruinösen Struktur, ergänzt lediglich durch Fußbodenheizung, neuen Fußbodenbelag, Neuverglasung der Fenster sowie eine verbretterte, offene Dachkonstruktion.

    Damit ist das Bauwerk nun für ein weitgespanntes Veranstaltungsprogramm zwischen Kirche, Kultur und Tagungen geeignet. Zugleich wurden das Büro der Kirchengemeinde und die Müncheberger Stadtbibliothek als ständige Nutzer integriert, beide untergebracht innerhalb des viergeschossigen Einbaus. Die Koordination dieser verschiedenartigen Nutzungsanforderungen und -ansprüche wurde in die Hände einer Betreibergesellschaft gelegt, die gemeinsam von Stadt, Kirche (je 40 % Anteil) und Förderverein (20 %) getragen wird.

    Hierbei stellt die Kirchengemeinde der Betreibergesellschaft das Bauwerk zur Verfügung. Diese übernimmt im Gegenzug die gesamten Betriebskosten und den Unterhalt sowie die Betreuung des Gebäudes. Finanziert wird dies wiederum durch Mieteinnahmen - die für Gemeindebüro und Stadtbibliothek benötigten Räume sind von Kirchengemeinde bzw. Stadt fest angemietet -, Einnahmen für Veranstaltungen sowie Einlagen der drei Gesellschafter.

    Seit Sommer 1997 in Betrieb, erfreut sich die wiedererstandene Kirche heute enormer Beliebtheit. Neben Gottesdienst und Gemeindearbeit finden kulturelle Angebote wie Konzerte, Theateraufführungen und Ausstellungen sowie wissenschaftliche Kongresse, Tagungen und Begegnungsveranstaltungen statt.

    Hiervon fühlt sich insbesondere die nicht-kirchliche Bevölkerung aus Stadt und Umgebung angezogen, während seitens der Kirchengemeinde, die ihre Gottesdienste und Veranstaltungen über 50 Jahre in der Abgeschiedenheit des Gemeindesaals beging, noch mancherlei Berührungs- und Akzeptanzprobleme bestehen. Insgesamt gesehen wird die Mischnutzung des Kirchengebäudes aber auch von ihr mehr und mehr als Chance zur eigenen Re-Integration in die Stadtgemeinschaft wahrgenommen. Kirchen-Wiederaufbau wird somit zum Gemeinde-Aufbau, geradezu zum Stadt-Wiederaufbau. Lange Zeit ins Abseits gestellte Gemeindearbeit erfährt neue Impulse, ein brachliegender Stadtmittelpunkt wird geistig, kulturell und architektonisch wiederbelebt.

    Die Aufstellung solcher Beispiele lässt sich ohne weiteres fortführen: Überall, auch an der Kreuzeskirche in Essen - aktuell im Ausbau zu einem "öffentlichen Forum des Dialogs und der Begegnung"[32] -, an der Passionskirche in Berlin-Kreuzberg - unter dem Motto "Passion ist offen" seit Jahren erfolgreiche Konzert- und Kulturkirche[33] - oder am Dom St. Marien in Fürstenwalde/Spree - nach Kriegszerstörung erst 1995 als kirchliches Kultur- und Gemeindezentrum wiedererstanden[34] -, wurden Kirchen mittels - kultureller - Nutzungserweiterung aus einem Schattendasein wieder in den Mittelpunkt gerückt und nachfolgend als Lebensraum neu erobert. Und dabei gewannen nicht nur die Bauten selbst enorm an öffentlicher Wirksamkeit, sondern auch deren - kirchliche - Eigentümer, die darüber jeweils ganz neu Eingang in den gesamtgesellschaftlichen Diskurs fanden.

    Mit Blick auf die tiefgreifenden Probleme um den künftigen Erhalt und Unterhalt von Kirchengebäuden gilt es denn auch, diese Zusammenhänge deutlicher als bisher in den Blick zu nehmen und die Nutzungserweiterung von Kirchen nicht als Gefährdung oder gar Bedrohung, sondern als Chance zu begreifen: Kirchen sind schließlich weit mehr als kirchgemeindliche Gottesdienststätten. Sie sind Zeichen Jahrhunderte langer Tradition und Identifikation - und erreichen eine hohe, weit über die Institution Kirche hinausragende öffentliche Präsenz und Relevanz.[35]

    Entsprechend groß ist das gesamtgesellschaftliche Interesse an der Erhaltung dieser Bauten - und dies sollte von Kirchenleitungen wie Gemeinden stärker als bisher ernst und auch in Anspruch genommen werden, um so viele Kirchen wie möglich auch weiterhin in kirchlicher Nutzung zu halten. Ohne die Bereitschaft, Kirchengebäude auf eine größere Öffentlichkeit hin zu öffnen, wird es zudem nicht gelingen, außerkirchliche Finanzpartner für kirchliche Sanierungs- und Umbauprojekte zu gewinnen.[36] Dies aber ist unbedingt vonnöten; denn Landeskirchen und Diözesen wie Gemeinden vor Ort sind schon jetzt nicht mehr in der Lage, die Mittel für Restaurierung und Instandhaltung ihrer Baulichkeiten zureichend aufzubringen.[37]

    Katholische Gemeinden haben hierbei auf den ersten Blick die Schwierigkeit, über Räume zu befinden, die ihrem Verständnis wie canonischem Recht nach als "heilig" angesehen werden. Alle Nutzungen, die mit der Heiligkeit des Ortes unvereinbar sind, scheinen demnach ausgeschlossen.[38] Doch auch bei Protestanten gehen die Emotionen im Falle anstehender Veränderungen hoch, wird der Raum allem theologisch anderslautenden Verständnis zum Trotz als ein dem Profanen gegenüber besonderer, gewissermaßen entgrenzter aufgefasst. Frühere Zeiten dachten demgegenüber freier: Mittelalterliche Kathedralen waren zum Beispiel gleichsam Gottesdienstort wie weltlicher Versammlungsraum.[39]

    Letzteres zeigt denn auch Perspektiven im künftigen Umgang mit Kirchenräumen auf. Es befreit allerdings nicht von der Pflicht, bei allen Überlegungen zur Nutzungserweiterung und -veränderung von Kirchen sowohl mit diesen wie den Menschen vor Ort äußerst einfühlsam und sensibel umzugehen: Neue Nutzungs- und Finanzierungskonzepte werden nur dann gelingen, wenn sie die jeweils ortsspezifischen Gegebenheiten schon bei der Planung hinreichend berücksichtigen - und somit auch auf breiter Basis umgesetzt und verantwortet werden können.[40]

    Welche Weite die Nutzung einer Kirche dann gewinnen kann, zeigt St. Maximin in Trier:[41] Säkularisiert unter Napoleon, danach mit Geschosseinbauten zur Kaserne mutiert, später im Chor zur Kirche rückgebaut, kehrte sie schließlich - im Kasernenteil nun als katholische Schule genutzt - in kirchliche Obhut zurück. Als Mitte der siebziger Jahre auch dieser Gebrauch endete, begann die Suche nach einer neuen Nutzung: Einen Bedarf zur kirchgemeindlichen Verwendung des riesigen Kirchenraumes, der im Zuge dringlicher Sanierungsmaßnahmen wieder freigeräumt wurde, gab es in Trier nicht.

    Endlich entstand das Konzept, St. Maximin zur kulturellen Nutzung sowie als Aula und Sporthalle für benachbarte katholische Schulen auszubauen. 1995 eingeweiht, finden darin von Zeit zu Zeit aber auch wieder (Schul-)Gottesdienste statt. Die Chancen, die sich aus diesem Zusammenspiel von Kirche, Kunst[42], Kultur und Sport ergeben, seien nur mit der ständig wiederkehrenden Frage hier turnender Kinder nach ihrer ungewöhnlichen Turnhalle angedeutet.

    So gilt es denn auch, den Druck der Finanzen von kirchlicher Seite nicht als erdrückendes Problem, sondern als Anstoß und Herausforderung zu Öffnung und Veränderung wahr- und ernst zu nehmen: In der Nutzungserweiterung von Kirchen liegen ungeahnte Chancen zur Entwicklung zukunftsoffener Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Kirche und Welt. Kirche, Kunst und Kultur bilden dabei einander gegenseitig befruchtende Brückenschläge zur ganzen Gesellschaft.[43]

    Vor Jahren stand - in Kreide geschrieben - an der Berliner Passionskirche, einem stattlichen Bau der Jahrhundertwende inmitten von Kreuzberg:

    "Es ist so ruhig, der Wind weht fein,
    der Gott muß wohl gestorben sein."
    [44]

    Die Gemeinde ließ sich davon anstacheln, suchte den Dialog mit dem Stadtteil - und öffnete sich und ihre Kirche: Heute ist Passion eine der wohl am stärksten frequentierten Kultur- und Konzertkirchen Deutschlands. Vom einst drohenden Abriss ist längst keine Rede mehr - im Gegenteil: Aus ihrem Umfeld ist Passion - als Gemeinde wie als Kirche - nicht mehr wegzudenken.[45]

    Anmerkungen
    1. Aktualisierte Fassung eines Vortrags, gehalten am 17. Oktober 2001 im Rahmen des Ökumenischen Seminars "Lebensräume. Kirchen im Spannungsfeld der Stadt", veranstaltet von Frauenkirche und St. Sebald am 16. und 17. Oktober 2001 in Nürnberg.
    2. Zur Finanzentwicklung bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ihren Gliedkirchen - unter besonderer Berücksichtigung der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau - vgl. u. a. Chr. Brause: Die Kirche und ihr Geld. In: D. Burkhardt/H. Knickel/St. Krebs (Hg.): Finanzierungstips für Gemeinden, Nidderau 1997, 12-38. - Aktuell: "Leichtes Minus bis zehn Prozent Verlust. Evangelische Landeskirchen nahmen 2001 weniger Kirchensteuern ein". In: epd-Wochenspiegel 10/2002, 4.
    3. Dabei wurde der Bevölkerungsrückgang in den Cityrandgebieten - anders als in den heute meist stark entvölkerten Stadtkernen - durch Neuzuzug zwar durchaus abgemildert. Doch kamen vorzugsweise ausländische Familien, Studierende und gesellschaftliche Aussteiger nach, die in kirchlichen Mitgliedsstatistiken nur selten auftauchen. - Vgl. hierzu die Abschnitte "Städtebauliches Umfeld und sozialer Kontext" bei H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 2 (s. Anm. 25); insbesondere zu Berlin-Kreuzberg und -Spandau, Nürnberg-Lichtenhof und München-Haidhausen.
    4. Vgl. dazu auch Chr. Brause: Die Kirche und ihr Geld (s. Anm. 2), 18f.
    5. Verwiesen sei hier z. B. auf die Debatten um die Matthäuskirche in Frankfurt am Main - vgl. schon M. Ludwig: Nochmals den Aufbruch wagen! Die Frankfurter Matthäuskirche - ein Symbol der Fünfziger unter massivem Veränderungsdruck. In: KuKi 61 (1998), 240-243 - oder um St. Ulrich in Kempten - vgl. P. Fassl: Kempten: Stellungnahme zum geplanten Abbruch der Kirche St. Ulrich. In: das münster 53 (2000), 181-185.
    6. Vgl. dazu D. Schneberger: Wenn der Reichtum zum Problem wird - Hessen-nassauische Kirche muß Bauunterhaltungskosten um die Hälfte reduzieren. In: epd Hessen-Nassau Nr. 15/13.4.1999, 5f., sowie die Nachricht: "Regionalverband gründet eine Kirchenstiftung". In: Frankfurter Neue Presse vom 27.04.01. - Zur aktuellen Situation vgl. die Beiträge: "Matthäuskirche. Gemeinde votiert gegen den Abriss" sowie J. Echtler/D.Schneberger: Die Frankfurter Matthäuskirche ist kein Einzelfall. Auch in Hamburg und Rheydt stehen Kirchenabrisse an. Beide in: epd-Wochenspiegel 10/2002, Ausgabe Hessen-Nassau/Kurhessen-Waldeck, I/II.
    7. Besonders brisant zeigt sich dabei die Lage in Berlin: Angesichts drastisch zurückgehender Gemeindegliederzahlen wurde im Westteil der Stadt, wo 1961 noch 73% aller Einwohner zur Evangelischen Kirche gehörten, 1995 aber nurmehr 37,5% (Zahlenangaben aus einem Vortrag von Propst Dr. Lütcke anläßlich der 4. Tagung "Netzwerk Kirchen in der City", Berlin 6.-8. Juni 1996), schon in den siebziger Jahren manche Großkirche in Frage gestellt. Seit Mauerfall und Vereinigung hat sich dies noch erheblich verschärft, weist doch der Ostteil Berlins noch weit geringere Mitgliederanteile und zugleich starke Baumängel an vielen Kirchengebäuden auf. Vgl. hierzu auch die Dokumentationsbände "Neue Nutzungen von alten Kirchen" der 1987-94 durchgeführten "Berliner Gespräche", hg.: Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg und Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz, Berlin 1988ff.
    8. Vgl. J. Rüenauver: Bedeutung und Erhaltung sakraler Baudenkmäler aus kirchlicher Sicht. In: Zwischen Gotteshaus und Freizeittempel. Der Sakralbau im Wandel der Zeit. Dokumentation Symposium Neubrandenburg 4. Juni 1998 (750 Jahre Neubrandenburg 1248-1998), 13-19, hier: 18; sowie U. Krings: Die profane Nutzung der ehemaligen Kirche "Hl. Drei Könige" in Köln-Rondorf. In: Nichts für die Ewigkeit? Kirchengebäude zwischen Wertschätzung und Altlast. Dokumentation der Tagung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz vom 5. bis 7. Oktober 2000 in Erfurt, Hg.: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 63), Bonn 2001, 112-117.
    9. Vgl. hierzu exemplarisch die Diskussion um die Bochumer St. Marien-Kirche bei R. Jordan: "...ein Prachtbau in so zierlichen gotischen Formen". Die wechselvolle Geschichte der St. Marien-Kirche in Bochum-Mitte, Bochum 2000.
    10. Vgl. M. Voigt: Als Kirchgänger in der Innenstadt Münchens. In: PTh 84 (1995), 664-668, hier: 664.
    11. Angaben der frühen neunziger Jahre weisen etwa 27 % der ostdeutschen Gesamtbevölkerung als Mitglieder evangelischer Landeskirchen aus - mit deutlichem Gefälle zwischen Land und Stadt, wo die Werte teils unter 10% liegen. Vgl. K.-F. Daiber: Religion unter den Bedingungen der Moderne. Die Situation in der Bundesrepublik Deutschland, Marburg 1995, 116f. und 151.
    12. 1995 wurde die Gefährdung der Bausubstanz kirchlicher Bauten in den neuen Bundesländern staatlicherseits auf 55% beziffert. Vgl. K. Töpfer: Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in den neuen Bundesländern als gesamtstaatlicher Auftrag. In: Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in den neuen Bundesländern. Fachtagung der evangelischen und katholischen Kirche, Dreikönigskirche Dresden, 05. April 1995. Hg. vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Gemeinsame Texte 5), Hannover und Bonn 1995, 12-20, hier: 13. - In Sachsen-Anhalt gilt etwa jede dritte Kirche als baulich akut gefährdet. Vgl. G. Matzig: Kirchen in Not. Über den profanen Umgang mit sakralen Denkmälern (Schriftenreihe des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz 56), Bonn 1997, 19. - Und in Mecklenburg-Vorpommern sind von landesweit 1120 Kirchen und Kapellen 18 akut einsturzgefährdet, für weitere ca. 350 Kirchengebäude besteht dringender Handlungsbedarf. Vgl. G. Kirmis: Die Bedeutung und Erhaltung von sakralen Baudenkmälern aus kirchlicher Sicht unter besonderer Berücksichtigung der Situation in den neuen Bundesländern. In: Zwischen Gotteshaus und Freizeittempel (s. Anm. 8), 7-11, hier: 8.
    13. Experten gingen 1992 von deutschlandweit etwa 17,6 Mrd. DM - davon ca. 13,6 Mrd. DM für die neuen Bundesländer - aus, die zur Bestandssicherung der Kirchengebäude aufgebracht werden müssten. Vgl. dazu das Vorwort von Chr. Weiss in G. Matzig: Kirchen in Not (s. Anm. 12), 4. - Aktuellere Zahlen liegen nicht vor. Überschlägige Schätzungen gehen - unter Berücksichtigung der seitherigen Aufwendungen - jedoch von derzeit rund 9 Mrd. DM aus, die allein zur weiteren Sanierung der Kirchengebäude in den neuen Bundesländern benötigt werden. Zur Problematik diesbezüglicher Berechnungen vgl. aber B. Janowski/Th. Raschke: Die Dorfkirchen nicht aufgeben. Gespräch mit Matthias Hoffmann-Tauschwitz, stellv. Leiter des Kirchlichen Bauamtes. In: Offene Kirchen 2001. Brandenburgische Dorfkirchen laden ein. Hg.: Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V., 2-9, hier: 3f.
    14. Vgl. hierzu jüngst B. Janowski/Th. Raschke: Die Dorfkirchen nicht aufgeben (s. Anm. 13), 5.
    15. Schließlich sank die Zahl der Gemeindeglieder von 3,9 Mio. 1953 auf heute wenig mehr als 600000. Unterhalten diese ca. 2200 Kirchen, stehen den 2,2 Mio. Kirchenmitgliedern der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau ca. 1400 Kirchengebäude gegenüber. Vgl. "Denkmal Kirche ?" - Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler in den neuen Bundesländern. Analysen - Konzepte - Strategien. Hg. v. F. Schneider zum 22. Evangelischen Kirchbautag in Magdeburg und Zerbst, 19.-22. September 1996, 10 und 17.
    16. Anfang der neunziger Jahre gehörten ca. 5 % der Bevölkerung in der früheren DDR der katholischen Kirche an. Vgl. K.-F. Daiber: Religion unter den Bedingungen der Moderne (s. Anm. 11), 107f.
    17. Belief sich die Zahl der dort lebenden Katholiken bei Kriegsende noch auf ca. 2,8 Mio., liegt diese heute bei rund 900000. Entsprechend gesunken ist die institutionelle Wirtschaftskraft. Vgl. hierzu einen Diskussionsbeitrag von W. Lukassek bei der Fachtagung der evangelischen und katholischen Kirche, Dreikönigskirche Dresden, 05. April 1995, abgedruckt in: Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler (s. Anm. 12), 44.
    18. Vgl. hierzu das schon Mitte der achtziger Jahre veröffentlichte Papier "Strukturbedingungen der Kirche auf längere Sicht", vorgelegt von der Studien- und Planungsgruppe beim Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland; sowie K.-F. Daiber: Religion unter den Bedingungen der Moderne (s. Anm. 11), 29f. und 111; Chr. Brause: Die Kirche und ihr Geld (s. Anm. 2), 14ff.; G. Matzig: Kirchen in Not (s. Anm. 11), 11.
    19. Verwiesen sei hier auch auf die aktuell erschienene Publikation: Kirchen umbauen · neu nutzen · umwidmen. Hg: Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche von Westfalen. Baureferat und Kommission für Kirchbau und Kunst, Bielefeld 2001; sowie die ebenfalls kürzlich herausgegebene Tagungsdokumentation des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz: Nichts für die Ewigkeit? Kirchengebäude zwischen Wertschätzung und Altlast (s. Anm. 8).
    20. Vgl. schon M. Ludwig: Neue Chancen für alte Räume. In: DAS 1997/17, 20f. - Sehr aufschlussreich hierzu H.-G. Soeffner: Kulturrelikt - Reservat - Grenzzeichen. Kirchen in der offenen Gesellschaft. In: R. Volp (Hg.): Denkmal Kirche ? Erbe · Zeichen · Vision. Die öffentliche Verantwortung für ein akut gefährdetes Kulturerbe. Analysen, Modelle und Dokumentationen zur künftigen Nutzung und Finanzierung, Darmstadt 1997, 67-79.
    21. Vgl. u. a. R. Steensma: Blick über die Grenzen - zur Situation von Stadtkirchen in den Niederlanden. In: H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 1 (s. Anm. 25), 135-144.
    22. Dabei finden sich in diesen Ländern allerdings auch ermutigende Beispiele ideenreicher Nutzungserweiterungen, durch die es gelungen ist, Kirchen nachhaltig (wieder) zu beleben und damit in kirchlicher Nutzung zu erhalten. Hinsichtlich der Niederlande vgl. dazu R. Steensma: Kerken, wat doe je ermee, Baarn/Niederlande 1981; sowie R. Steensma: Opdat de ruimten meevieren, Baarn/Niederlande 1982.
    23. Vgl. hierzu beispielsweise den christlichen Missionsbefehl nach Mt 28.18-20. - Entsprechend wichtig wäre es heute für die dortigen Gemeinden, wieder uneingeschränkt über ihr Kirchengebäude verfügen zu können. Doch eben das vereiteln nun mangelnde Finanzen.
    24. Vgl. schon M. Ludwig: Neue Chancen für alte Räume (s. Anm. 18), 20f.
    25. Vgl. hierzu besonders H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 1 - Erfahrungen und Perspektiven - und v. a. Band 2 - Beispiele und Modelle (Schriften des Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Philipps-Universität Marburg/Lahn - A.1 und A.2), Marburg/Lahn 1994 und 1996; sowie auch das Themenheft "Citykirchen" der Zeitschrift "kunst und kirche" = KuKi 55 (1992), 170-217.
    26. Vgl. hierzu v. a. G. Harig: Nach fünf Jahren: Realität und Idee einer Stadtkirche. Ein Bericht über St. Petri zu Lübeck. In: epd-Dokumentation 1/94, 1-48. Nochmals abgedruckt in: City-Kirchen. Bilanz und Perspektiven. Mit Beiträgen von H. Bauer u. a. (Kirche in der Stadt 5), Hamburg 1995, 98-136; F. Zimmermann: St. Petri zu Lübeck. Ein Ort für gesamtstädtische kirchliche und kulturelle Unternehmungen. In: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 48 (1990), 31-37; sowie die Vorstellung dieses Projektes bei H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 2 (s. Anm. 25), 141-155 (mit weiterer Lit.).
    27. F. Zimmermann: St. Petri zu Lübeck (s. Anm. 26), 36.
    28. F. Zimmermann: St. Petri zu Lübeck (s. Anm. 26), 36.
    29. Vgl. dazu auch die Publikation: City-Kirchen. Bilanz und Perspektiven (s. Anm. 26, mit weiterer Lit.).
    30. Vgl. dazu dessen Vorstellung bei H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 2 (s. Anm. 25), 75-92 (mit weiterer Lit.); sowie M. Ludwig: Neues Leben unter der Pickelhaube. Der Umbau der Kirche Zum Heiligen Kreuz in Berlin-Kreuzberg, Architektengruppe Wassertorplatz. In: KuKi 59 (1996), 166-169; J. Quandt: Die Kirche Zum Heiligen Kreuz. In: G. Uehlein (Hg.): Kreuz und Pickelhaube. Großstädtische Gesellschaft und Kirche zwischen 1850 und 1945 am Beispiel der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Berlin (Studien zur Kirchengeschichte in Berlin-Brandenburg 1), Berlin 1995, 344-385.
    31. Vgl. dazu grundlegend: Stadtpfarrkirche St. Marien zu Müncheberg - ihre Geschichte, Gedanken und Ergebnisse zu ihrem Wiederaufbau, hg. vom Förderverein zum Wiederaufbau, zur Nutzung und Pflege der Stadtpfarrkirche zu Müncheberg, o. O., 2. Aufl. o. J.; K. Block: Stadtpfarrkirche Sankt Marien Müncheberg. In: KuKi 59 (1996), 173-175; H. Bork/U. Röper (Hg.): Stadtpfarrkirche Sankt Marien Müncheberg. Geschichte und Wiederaufbau, Müncheberg 1997; P. Rumpf: Es kommt ein Schiff geladen. Die Stadtpfarrkirche Sankt Marien in Müncheberg. In: Bauwelt 88 (1997), 2090-2093.
    32. Vgl. hierzu M. Ludwig: Neue Wege für alte Kirchen - zur Erstellung von Nutzungs- und Finanzierungskonzepten bei der Restaurierung und Umgestaltung von Kirchengebäuden. In: D. Burkhardt/H. Knickel/St. Krebs (Hg.): Finanzierungstips für Gemeinden (s. Anm. 2), 77-94, hier: 88-90 (mit weiterer Lit.).
    33. Vgl. dazu u. a. K. Foitzik/E. Goßmann: Gemeinde 2000. Wenn Vielfalt Gestalt gewinnt. Prozesse · Provokationen · Prioritäten (Gemeindepädagogik Arbeitshilfen · Materialien · Studien 9), Gütersloh 1995, 238-246; Chr. Haebringer: "Passion ist offen" - Lebenszeichen am "Markt". In: H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 1 (s. Anm. 25), 97-104; sowie die Projektdarstellung bei H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 2 (s. Anm. 25), 11-26 (mit weiterer Lit.).
    34. Vgl. dazu u. a. M. Ludwig: Rekonstruktion oder Neuausbau? Kirchen im Wiederaufbau: Sacrow. Fürstenwalde und Müncheberg. In: KuKi 60 (1997), 152-157; Chr. Richter: Domkirche St. Marien zu Fürstenwalde (Große Baudenkmäler 486), München/Berlin 1993; sowie die Festschrift zur Wiedereinweihung des St. Marien-Domes zu Fürstenwalde am 31. Oktober 1995, hg. vom Gemeindekirchenrat der St. Marien-Domgemeinde Fürstenwalde/Spree.
    35. Vgl. dazu auch die bereits unter Anm. 19 genannten Texte. - Hier sei außerdem auf die 1997 durchgeführte Umfrage "Was glauben die Deutschen ?" des Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatts hingewiesen. Darin heißt es: "In Ostdeutschland schlägt die Erhaltung der alten Kirchen alle anderen kirchlichen Angebote weit aus dem Feld. 77 Ost- gegenüber 64 von hundert Westdeutschen halten diese Aufgabe für wichtig. Selbst die unter 30jährigen geben zu 60 Prozent dieses Ziel als bedeutend an, aber in besonders hoher Zahl die über 60jährigen, nämlich zu 77 Prozent. Die Kirchen gehören ins Erscheinungsbild der säkularen Gesellschaft, auch nach Meinung derer, die selbst keiner Kirche angehören." Aus: E. Kopp: Geliebte, ältliche Heimat, Teil II. In: DAS 26/1997, 19.
    36. Vgl. schon M. Ludwig: Bereit zur Öffnung? Neue Nutzungs- und Finanzierungskonzepte für Kirchengebäude. In: M. Benn/H. Köhler (Hg.): Raum geben - Chancen für den evangelischen Kirchenraum (Beratungsstelle für Gestaltung von Gottesdiensten und anderen Gemeindeveranstaltungen - Hefte 12), Frankfurt am Main 1999, 130-136, hier 135.
    37. So steigt der Rückstand unerledigter Baupflegemaßnahmen bei den kirchlichen Bauämtern beider Konfessionen von Jahr zu Jahr, sind aus finanziellen Gründen längst nicht einmal mehr die dringendsten Fälle ableistbar. Vgl. hierzu stellvertretend: "Auszug aus der Stellungnahme des Ev.-Luth. Landeskirchenamtes Sachsens zur Anfrage im Sächsischen Landtag, den baulichen Zustand der Sakralbauten im Freistaat Sachsen betreffend (März 1998)". In: Wechselbeziehungen zwischen Nutzung und Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler, hg. vom Baureferat des Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamtes Sachsens, Dresden, Lampertswalde 1999, 64f. - Darin wird der finanzielle Fehlbedarf im Kirchenbau der sächsischen Landeskirche allein für 1998 auf mindestens 63 Mio. DM beziffert - mit stark ansteigender Tendenz für die Zukunft.
    38. Vgl. die entsprechenden Erläuterungen bei J. Rüenauver: Bedeutung und Erhaltung sakraler Baudenkmäler (s. Anm. 8), 13. - Klar gegensätzlich argumentiert allerdings K. Richter: Kirchenräume und Kirchenträume. Die Bedeutung des Kirchenraums für eine lebendige Gemeinde, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 1998, darin v. a. 41ff. - So lassen sich auch auf katholischer Seite weitreichende Ansätze zur Nutzungserweiterung von Kirchen beobachten. Vgl. hierzu v. a. A. Peitz: Blick über die Grenze - Katholische Kirchen in der Stadt. In: H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 1 (s. Anm. 25), 117-134; A. Peitz: Raum geben. Katalog zur Ausstellung anlässlich der Tagung "Zu groß gewordene Kirchen, ihre Chancen und Grenzen, ihre Nutzung und Öffnung", Hg.: Bauabteilung im Bischöflichen Generalvikariat Trier (Werkbericht Nr. 11), Trier 1991; K. Richter: Zeichen der Kontinuität. Liturgie in variabel genutzten Kirchen. In: KuKi 63 (2000), 133-136.
    39. Die auch im Protestantismus weit verbreitete Auffassung, Kirchenräume seien exklusiv dem sonn- und feiertäglichen Gottesdienst vorzubehalten, scheint vielmehr auf Kirchbauprogrammen der beiden letzten Jahrhunderte zu fußen - wie v. a. dem "Eisenacher Regulativ" von 1861 und dem "Rummelsberger Programm" von 1951, beide wiedergegeben bei G. Langmaack: Evangelischer Kirchenbau im 19. und 20. Jahrhundert. Geschichte - Dokumentation - Synopse. Kassel 1971, 272-274 bzw. 286-289. - In ihrer Festlegung auf längsgerichtete Räume mit Bankreihen in Reisebus-Anordnung haben diese wesentlich zur Erstarrung vieler Gottesdiensträume beigetragen. Frühere Zeiten wie das Mittelalter schufen dagegen Kirchenräume, die sich durch Flexibilität und Nutzungsvielfalt auszeichneten. Vgl. dazu H. Brischke: Kirche als Gemeindezentrum - Modell Rod am Berg. In: W. Wucher (Hg.): Alte Kirchen - Räume der Zukunft. Perspektiven des "Brensbach-Modells" (Bild und Raum - Schriftenreihe des EKD-Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Philipps-Universität Marburg, Band 2), Gießen 1984, 69-71. - Zur Entwicklung der Nutzung kirchlicher Räume sehr aufschlussreich R. Steensma: Kerken, wat doe je ermee (s. Anm. 22).
    40. Vgl. hierzu schon M. Ludwig: Rettung von Kirchen durch Mischnutzung ? "Dorfkirchen und Dorfleben im Aufbruch" - Modelle und Beispiele zur Belebung kirchlichen und dörflichen Lebens (Hofgeismarer Vorträge 14), Hofgeismar 1999, 2f.; sowie M. Sußmann: Kirchen als Teil der Kultur in den neuen Bundesländern - am Beispiel der Kirchenprovinz Sachsen. In: R. Volp (Hg.): Denkmal Kirche ? (s. Anm. 20), 33-43; und M. Sußmann: Ohne Vergangenheit keine Zukunft ! Alte Dorfkirchen, auch ein wichtiges Zeichen in die Zukunft... In: KuKi 61 (1998), 14-17.
    41. Vgl. dazu A. Peitz: Blick über die Grenze (s. Anm. 38), 132f.; A. Peitz: Ehemalige Klosterkirche St. Maximin in Trier - Rettung durch Umnutzung. In: Neues Trierisches Jahrbuch 1990, 191-196; A. Peitz: Neue Nutzung für St. Maximin. In: Bauwelt 81 (1990), 503-511; Umnutzung eines Kirchenraumes für sportliche und kulturelle Nutzungen. In: Detail 36 (1996), 353-366.
    42. St. Maximin birgt im Untergeschoss einzigartige frühchristliche Bauanlagen inmitten eines spätantiken Gräberfeldes, die anlässlich des Ausbaus zur Neu-Nutzung der Kirche erschlossen wurden.
    43. Vgl. in diesem Sinne auch M. Ludwig: "Machet die Tore weit..." - Auf der Suche nach einer - verlorenen - Identität. In: H. Schwebel/M. Ludwig (Hg.): Kirchen in der Stadt, Band 1 (s. Anm. 24), 149-156; sowie das 1996 anlässlich des 22. Evangelischen Kirchbautages verabschiedete "Magdeburger Manifest", abgedruckt bei G. Matzig: Kirchen in Not (s. Anm. 12), 98.
    44. Zitiert nach Chr. Haebringer: "Passion ist offen" (s. Anm. 33), 101.
    45. Vgl. hierzu die schon unter Anm. 33 genannten Texte.

    © Matthias Ludwig 2002
    Magazin für Theologie und Ästhetik 15/2002
    https://www.theomag.de/15/malu1.htm