Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Magazin für Theologie und Ästhetik

Liebe Leserinnen und Leser,

da ist sie nun, die Plattform 5 der Documenta11, auf die wir so lange neugierig gemacht wurden, und die uns nach all der Theorie und all den unendlichen Diskussionen mit jener Kunst vertraut machen soll, die an der Zeit ist.

Im Medienecho waren und sind die Stimmen so unterschiedlich wie schon lange nicht mehr. Während die einen hocherfreut über den neuerdings wieder erhobenen ernsthaften Ton in der Kunst sind und das Ende der Spaßgesellschaft begrüßen, feiern andere die "Abschlachtung der Autonomie der Kunst", die auf dieser documenta freilich durch die Hintertür um so mehr wieder eingeführt wird. Wiederum andere bemängeln die avantgardistische Nachgängigkeit der Documenta11, die theoretisch nur vorstelle, was doch längst praktisch einzulösen sei. Und schließlich gibt es da den Chor jener, die in der zugespitzt sozialen Ausrichtung der Kunstschau bei Vernachlässigung ganzer Kunstsparten wie Malerei und Installation eine weitere inszenatorische Katastrophe nach der documenta X erblicken.

Als Ausstellung "bilderloser Kunst" hat die Zeitschrift ART die documenta charakterisiert, als "ein ins konzeptuelle Raster der Kuratoren gepresstes Mischwesen aus kritischer Weltbefragung und ästhetischer Inszenierung". Gleichzeitig typisierte die ART das Fridericianum als "Weihetempel der Minimal- und Konzeptkunst" mit Hanne Darboven und On Kawara als ungekrönten Herrschern. Wenn man den Kurzführer zur documenta durchliest, erscheint das Wort "Konzept" jedenfalls als Lieblingswort der Autoren.

Unbestreitbar ist diese Documenta11 eine Belastung für die Sinne, man irrt von Black Box zu Black Box, gewöhnt die müder werdenden Augen an eine weitere Filmvorführung, eine weitere Diashow, einen weiteren Fernsehraum. Nach der ersten Stunde im Fridericianum hat man den aufrichtigen Wunsch, hinter der nächsten Ecke möge nicht schon wieder ein Filmvorführraum lauern - aber Enwezor und seine Co-Kuratoren kennen keine Gnade. Und leider gibt es auch einige Arbeiten, bei denen man sich ernsthaft fragt, was sie auf einer Weltausstellung bildender Kunst zu suchen haben. Auch wenn man die bürgerliche Feier autonomer Kunst nicht zu teilen vermag, ist das ja noch kein Freibrief für Beliebigkeit. Peter Idens Wort von einem Zweitsemester einer Hochschule, das sich hier austobe, trifft auf manche Arbeit zu.

Das alles sagt aber nichts über die allgemeine Qualität der Documenta11 aus. Auch wenn die Kuratoren streckenweise nicht sehr besucherfreundlich agieren, wenn sie grundlegende inszenatorische Fähigkeiten etwa in der Binding-Brauerei vermissen lassen, es gibt unbestreitbar Highlights auf dieser documenta und es gibt eine These, die von ihr vorgetragen wird. Und diese kann kontrovers diskutiert und an ihren ausgestellten Belegen überprüft werden. Das allein lohnt schon den Besuch.

Die aktuelle Ausgabe des Magazins für Theologie und Ästhetik läßt verschiedene Autoren und Autorinnen einzelne der präsentierten Werke der d11 beschreiben, kommentieren und kritisieren. Karin Langsdorf, Vera Leuschner, Barbara Richarz-Riedl, Eveline Valtink, Karin Wendt, Dietmar Adler, Andreas Mertin, Klaus Röhring und Ernst Wittekindt haben sich aus den unterschiedlichen Arbeiten die herausgesucht, die sie am stärksten berührt, herausgefordert oder geärgert haben.

Work in progress: Natürlich sind noch nicht alle Kunstpositionen der d11 beschrieben, so dass Leserinnen und Leser das aktuelle Heft weiter ergänzen können. Schicken Sie dazu Ihren Text, der eine DIN-A-Seite nicht überschreiten sollte, per Email an die Redaktion.

Wir wünschen den Leserinnen und Lesern eine erkenntnisreiche Lektüre dieses Heftes!



In Partnerschaft mit Stöbern Sie nach Büchern, CDs und Videos bei amazon.de Bücher, CDs und Videos per Klick