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Magazin für Theologie und Ästhetik



Ecke Bonk, Fridericianum - Documenta11

"Deutsches Wörterbuch, Abkürzung DWB, von J. und W.Grimm begonnene Sammlung aller neuhochdeutschen Wörter. Das 16 Bände umfassende Werk, dessen erster Band 1854 erschien (Beginn der Arbeiten war 1838), wurde 1960 mit 32 Bänden abgeschlossen" - so skizziert der Brockhaus, was der Besucher im Fridericianum mit eigenen Augen an drei Wänden studieren kann. Langsam gleiten dort einzelne Stichworte mit ihren schier unendlichen Belegen aus dem Grimmschen Wörterbuch die Wände hinab und erschließen so ein eigenes Universum der Sprache und der Literatur. Ob man nun zufällig zum Stichwort "Ecken" hinzustößt oder zu einem der zahlreichen anderen Worte - das so beschriebene Diskursuniversum bleibt unüberschaubar und ist nur bedingt im Rahmen der 100 Tage Documenta11 zu erschließen.

Ecke Bonk, der sich selbst als "Typosoph" bezeichnet [er ist auf für den documenta11 Schriftzug verantwortlich], macht mit seiner durchaus poetischen Installation - wie schon das Grimmsche Wörterbuch selbst - auf die Konstitution von Sprache, ihrer Interdependenz mit Kultur und Literatur aufmerksam. Aber es fragt sich natürlich, was denn - außer der gelungenen Visualisierung - der künstlerische Beitrag des Werkes ist. Für die Mehrzahl der Betrachter dürfte sich der Erkenntniswert auf die Leistung der Gebrüder Grimm und ihrer akademischen Nachfolger beschränken - Ecke Bonk leistet nicht mehr und nicht weniger als einen nachdrücklichen optischen Fingerzeig. Und ob die "Dominanz des sprachideologisch ausgerichteten Grimmschen Wörterbuchs", von der Hermann Glaser einmal sprach, durch die Inszenierung von Bonk tatsächlich transparent und gebrochen oder nicht vielmehr sogar mythologisch festgeschrieben wird, ist eine offene Frage. [AM]