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Magazin für Theologie und Ästhetik



Luis Camnitzer, Kulturbahnhof - Documenta11

Rätselhaft, formal anspruchsvoll und engagiert zugleich ist Luis Camnitzers Arbeit im Kulturbahnhof, so dass man sich fast fragt, wie sie denn gerade auf der documenta11 Platz finden konnte. (Natürlich deshalb, weil es sich ausweislich des Kurzführers um Konzeptkunst handelt.)

Zunächst stößt der Besucher auf eine Gruppe von 35 Fotogravuren aus den Jahren 1983/84, die mit handschriftlichen Kommentartiteln versehen sind. Jede einzelne setzt sich im Kopf des Betrachters zu einer eigenständigen schrecklichen Erzählung oder Handlung zusammen.

Den Bildern gegenüber befindet sich eine unscheinbare Tür, durch die man in ein Kabinett des Schreckens tritt. Dabei ist der Schrecken nicht sensualistischer Art, also mit groben Mitteln gezeichnet, vielmehr ist er geradezu subtil und sparsam angedeutet.

In einem dunklen Raum befindet sich ein Bettgestell über einem schwarzen Grund, zwei Lampen, zwei mit Büchern vermauerte Fenster, eine weitere verschlossene Tür und ein Raumdurchgang. Dieser führt in einen hell erleuchteten weiteren Raum, in dem ein altertümlicher Ventilator geräuschvoll bläst, ein olivgrünes Handtuch über der Leine hängt (und eigentümlicherweise vom Gebläse nicht bewegt wird) und eine angedeutete Tür eine himmlische Wolkenperspektive bietet. So wie es Bilder gibt, deren Idylle einen wahren Horror erzeugen, gibt es Schrecken, der nahezu idyllisch anmutet. In dieser Ambiguität ereignet sich die Installation von Luis Camnitzer. [AM]