Nari Ward, Binding-Brauerei - Documenta11
"Neues Leben in eine von dysfunktionalem Müll überschwemmte Welt zu bringen" sei das schwierige Kunststück, das Nari Ward mit seiner Arbeit auf der documenta11 versuche - behauptet zumindest der Kurzführer. Was der Besucher in der Binding-Brauerei sieht, ist eine Installation, die zunächst einmal - entgegen aller verkündigten Programmatik - ziemlich rätselhaft erscheint. Fundstücke, vor allem Räder in allen nur denkbaren Variationen liegen auf dem Boden verstreut. Das Rad ist eines der zentralen Zeichen der menschlichen Kulturgeschichte: "Vor rund fünftausend Jahren revolutionierte eine Erfindung die Welt, die sich bis heute zwar als erfolgreicher Dauerläufer erwiesen hat, doch zunehmend Probleme bereitet. Aus drei Holzscheiben haben damals Bewohner des alten Mesopotamien das erste Rad zusammengebaut. Seither erleichtert diese rundum gelungene Erfindung den Transport von Gütern und Menschen. Auch an der Wende zum dritten Jahrtausend basiert der moderne Verkehr nach wie vor auf dieser uralten Scheibe, die sich freilich immer schneller dreht. Dies gilt im wahrsten Sinn des Worts: Die Geschwindigkeiten, mit denen sich Menschen und Güter fortbewegen, nehmen kontinuierlich zu. Zugleich wachsen sowohl die zurückgelegten Entfernungen als auch die Zahl der Reisenden und der transportierten Produkte. Dass dabei die Probleme, die der Verkehr bereitet, nicht weniger werden, liegt nahe. Sie in den Griff zu bekommen, ist weltweit eine der zentralen Zukunftsaufgaben." [Brockhaus] Bei Ward steht im Zentrum der Installation, also inmitten der Räder, ein aus organischen Stoffen gebastelter netzartiger "Baum", der sich ab und an aufzurichten sucht und dann wieder einbricht. Die von den Rädern symbolisierte Mobilität ist eine scheinbare, eine begrenzte. Das Faszinierende an der menschlichen Mobilität ist nun, darauf verweist der Brockhaus ebenso, dass sie seit Jahrhunderten gleich geblieben ist, sofern man nicht die Bewegung, sondern die aufgewendete Zeit zugrunde legt: "egal ob man einen Dorfbewohner oder einen Großstadtmenschen betrachtet, ob man sich im 17. Jahrhundert oder am Ende des 20. Jahrhunderts umschaut, ob man den Bauern in Kamerun oder den Börsenmakler in Frankfurt am Main miteinander vergleicht: 20 bis 25 Minuten dauert ein solcher Weg im Durchschnitt. Dies bedeutet: Wir erreichen heute in der gleichen Zeit die gleiche Anzahl von Zielen wie früher. Unsere Mobilität blieb demnach weitgehend konstant." [Brockhaus] Das zeigt sich auf ironische Weise auch an und mit der Installation von Nari Ward. [AM]
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