BALTIC [www.balticmill.com]
Nach den intensiven Diskussionen um das Museum der Gegenwart Ende der 90er Jahre gibt es nun erste Realisierungen, an denen sich viele Entwürfe, die noch in der Planungsphase stecken, werden messen lassen müssen. BALTIC ist ein neues Haus, das sieben Etagen der zeitgenössischen Kunst und dem zeitgenössischen Umgang mit ihr widmet. Es sind die Räume eines ehemaligen Warenhauses der 50er Jahre (part of the former Baltic Flour Mills) am Südufer des Tyne-River, in Gateshead in England.
Die Präsentation im Internet ist ästhetisch brilliant, die Flash-Programmierung ist jedoch missverständlich, wobei man alternativ auf eine HTML-Version zugreifen kann. Die Doppelcodierung eines solchen Hauses zwischen Darstellung nach außen und Elaboration im Innern spiegeln sehr schön die Menüleiste und die modulare Gebäudegrafik:
BEGIN / Introducing -
EXPLORE / floor by floor -
VIEW / arts programme -
LIVE / Events -
VISIT / Information -
PARTICIPATE / Projects -
REMEMBER / Archiv -
CONSUME / eat.drink shop -
READ / publications -
SUPPORT / sponsorship -
LINKS.
Man ahnt, wie viel Reflexion und Vorarbeit hinter der Struktur eines solchen Hauses steckt, wenn man sich die hauseigene Publikationsreihe anschaut: B:READ-01-06 dokumentiert Seminare, die im Vorfeld abgehalten wurden. Besonders interessant dürfte "Curating New Media" sein, in dem die Schwierigkeit der Kuratierung von neuen Medien, speziell von Netzkunst, diskutiert wird. BALTIC wird keine feste Sammlung aufbauen und den ganzen Raum für Experimentelles und frei arbeitende Kuratoren nutzen. Fest im Haus installiert ist ein Kino, eine Bibliothek, ein Medienstudio und eine eigene Druckerei. BALTIC ist als ein Traum-Haus für Kuratoren von Kuratoren erdacht. Es gibt aber auch Gastateliers für Künstler, so dass sich das in der Zukunft sicher ein wenig relativieren wird. Neben nationalen und internationalen Meetings verspricht BALTIC ein intensives didaktisches Angebot.
Auf der Suche nach dem perfekt geformten Gegenstand kann man im Design Museum in London landen, das auf seinen Seiten ein Digital Design Museum integriert hat. Hier findet man wunderschöne Arbeiten von internationalen Star-Designern für das Internet. Monatlich lädt das Museum Kenner der Szene ein, nach herausragenden Arbeiten zu suchen.
Im Juli/August hat die New Yorkerin Alice Twelmlow online-Design aus dem Netz gefischt und kommentiert. Sie stellt uns "Shine" vor, eine Arbeit für die Electroclash Band Fischerspooner, die zeigt, welche fantastischen Blüten interaktives Design zu treiben vermag. Außerdem wird "Flrt" verlinkt, eine ironische Service-Seite von der Firma FLAT, die sich der Topics aus Werbung und Kampagnen bedient. Anschauen sollte man sich hier die Anzeige "What is Design Good for Anyway?"
Unbedingt lesenswert ist auch die Rubrik "Designers in Conversation". Der Blick eines Designers heiligt die Dinge: In einem Interview stellt Jasper Morrison seine Arbeit "A World Without Words" vor. Die Fotosammlung umfasst Ikonen des modernen Designs wie den Sessel von Charles Eames und 'ephemere' Ikonen wie eine italienische Zuckerpackung: "An extraordinary mix of the iconic and the everyday. A World Without Word offers a compelling insight into one of the most fertile minds in contemporary design." Auf die Frage, nach welchen Kriterien er die 160 Bilder gesammelt habe, antwortet Morrison: "That's a tricky question, in a way they can't be explained, because they are purely visual and will either be understood by the viewer or not. I'm not sure explaining them would be any use. Let's say that they meant something to me, either poignant or amusing or erotic."
© Karin Wendt 2002
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Magazin für Theologie und Ästhetik 19/2002 https://www.theomag.de/19/kw15.htm
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