Das Kreuz mit CrossbotThomas Breuer |
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Nehmen wir an, Sie sind auf der Suche nach einem Buch über das Kreuz, dem "zentralen Symbol für den christlichen Glauben"1. Und da Sie sich von amazon weder mit "Kreuz und Quer durch Vietnam" noch mit dem "Kreuz des Südens" zufrieden stellen lassen, wenden Sie sich erwartungsvoll an "Crossbook", eine christliche Qualitätsbuchhandlung. Sie werden freundlich begrüßt: "Was darf's denn sein? Ein Buch über die Kreuzkirche in Lingen an der Ems? Oder lieber eines über die Kreuzkirchengemeinde in Düsseldorf? Ach, Sie haben sich etwas anderes vorgestellt? Dann empfehlen wir Ihnen ein informatives Werk über das Blaue Kreuz, eine christliche Suchtkrankenhilfe. Natürlich führen wir auch Bücher über das Weiße Kreuz und das Schwarze Kreuz ..." Bevor es Ihnen langsam zu bunt wird, erkundigen Sie sich mit leicht ironischem Unterton noch nach dem Roten Kreuz und erhalten die bierernste Antwort: "Es tut uns leid, ein solches Buch führen wir nicht, denn das Rote Kreuz ist keine christliche Organisation". Entnervt verlassen Sie den Laden mit dem festen Vorsatz, ihn nie wieder zu betreten. So ähnlich könnte es Ihnen ergehen, wenn sie den Verlockungen der "christlichen Qualitätssuchmaschine" (Eigenwerbung) crossbot folgen. "Uns ist wichtig, dass die Nutzer schnell die besten Treffer auf einen Blick haben - und nicht Tausende von Ergebnissen, die nicht weiterhelfen", so Projektleiter Markus Eisele. Doch das Versprechen läuft viel zu oft ins Leere. Wie mit dem Kreuz (obige Vorschläge präsentierte crossbot tatsächlich als Antwort auf eine entsprechende Suchanfrage) ergeht es dem Sucher auch mit der Auferstehung: zig Auferstehungsgemeinden und eine Seite zur kirchlichen Bestattung. Da drängt sich sogleich die Frage auf, ob man nicht auch diese Suchmaschine beerdigen sollte. Derart düster gestimmt, versuche ich mein Glück mit einer echt katholischen Anfrage: Ich erkundige mich nach dem Fegefeuer. Das angeblich beste Ergebnis geleitet mich zur "Aufschwörung" von Domkapitular Dr. Wolfgang Hacker im Hohen Dom zu Augsburg, der in seiner Antrittspredigt das "Fegefeuer der Eitelkeit" beschwor. Weiter geht's zu den 95 Thesen Martin Luthers, zu den 95 Thesen Martin Luthers, zu den 95 Thesen Martin Luthers ... Ja, richtig: acht von zehn Mal werde ich zum gleichen christlichen Qualitätstext geführt (gibt's denn wirklich nur den einen?), einmal zwischendurch allerdings auch in den umstrittenen Wallfahrtsort Medjugorje fehlgeleitet. [Schaubild] Zuweilen scheint die von der evangelischen Kirche gesponserte Suchmaschine recht selbstverliebt zu sein. Bei der Suche nach Kirche und Nationalsozialismus sind 16 der ersten 20 Ergebnisse EKD-Seiten; zwischendurch darf je zweimal die Evangelische Kirche im Rheinland und der Evangelische Pressedienst ran. Überhaupt scheinen die Betreiber dem Missverständnis aufgesessen zu sein, dass christliche Qualität mit kirchlichem Bezug oder christlicher Organisation gleichzusetzen sei. Für höchste Qualität scheint die EKD zu bürgen, ansonsten ist man nicht wählerisch: Evangelikale Seiten stehen neben katholisch-traditionalistischen - Hauptsache der Verein, der die Website anbietet, hat einen irgendwie christlichen Stallgeruch. So entsteht ein mehr oder weniger zufälliges Sammelsurium "christlicher" Anbieter, das dem Suchenden keineswegs die Ergebnisse mit der höchsten Relevanz präsentiert und darüber hinaus einen Einblick in die Bedeutung christlicher Symbole in unserer postmodernen Lebenswelt verhindert. Statt den Eindruck zu erwecken, google und Co. ersetzen zu können, sollte die EKD besser einen echten redaktionell verantworteten Katalog ins Netz stellen. So aber gilt: Wer von der Frucht dieses Kreuzesbaumes isst, wird kaum reicher an Erkenntnis werden, sondern sich bestenfalls einen christlichen Silberblick einhandeln, den man keineswegs als Zeichen besonderer Erleuchtung missdeuten sollte. Anmerkungen
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https://www.theomag.de/26/tb1.htm |