à la modeFundstückeAndreas Mertin |
Wer das Stichwort à la mode im Brockhaus nachschlägt, erhält folgende knappe Auskunft: à la mode: [- ', französisch], nach der neuesten Mode, modisch; im Dreißigjährigen Krieg die übertriebene Nachahmung französischer Kleidungsart und Lebensweise. Alamodeliteratur, die von französischer und italienischer Sprache und Dichtung beeinflusste deutsche Literatur des 17.Jahrhunderts. Offenkundig ist à la mode mehr, als nur, nach der Mode zu gehen. Vielmehr ist es - wie ja viele Bezeichnungen aus der Kulturgeschichte - zunächst und vor allem eine Kampf- und Absetzungsbegriff, geprägt von jenen, die sich nicht vorwerfen lassen wollen, nach der Mode zu gehen. Etwas näher kommt man dem Phänomen, wenn man im Deutschen Wörterbuch der Gebrüder Grimm (nein, nicht unter alamodisch - dort erfährt man nur: franz. à la mode, auch allmodisch oder blosz modisch, modern, etwa von 1600 bis 1720 gangbares wort, sondern) unter Mode nachschlägt. Dort erfährt man, [Mode] erscheint vor den zwanziger jahren des 17. jahrh. in deutscher sprache nicht: zu dieser zeit eifern flugblätter mit abbildungen gegen stutzerhafte auswüchse der kleidung bei soldatischen abenteurern, welche die zu dieser zeit tonangebende französische tracht in deutschen landen pflegen, und dieselbe und ihren wandel mit der französischen phrase à la mode bezeichnen; unter dieser formel, die auch als à la modo verderbt erscheint, wird das unwesen zuerst gekennzeichnet und verspottet. Dementsprechen heißt es bei Johann Michael Moscheroch in der Zeitsatire 'Wunderl. und Wahrhafftige Gesichte Philanders von Sittewald': a la mode macht mir bang, Ganz plastisch eröffnet Johann (Hans) Jakob Christoffel von Grimmelshausen seinen Roman "Der abenteuerliche Simplicissimus" mit folgender Beschreibung des Phänomens: Es eröffnet sich zu dieser unserer Zeit (von welcher man glaubt, daß es die letzte sei) unter geringen Leuten eine Sucht, in der die Patienten, wenn sie daran krank liegen, und soviel zusammen geraspelt und erschachert haben, daß sie neben ein paar Hellern im Beutel ein närrisches Kleid auf die neue Mode mit tausenderlei seidenen Bändern antragen können, oder sonst etwa durch Glücksfall mannhaft und bekannt worden, gleich rittermäßige Herren und adelige Personen von uraltem Geschlecht sein wollen ... Und dann im 19. Kapitel: Ich wußte nicht, ob er sie oder er wäre, denn er trug Haar und Bart auf französisch, zu beiden Seiten hatte er lange Zöpf herunterhangen wie Pferds-Schwänz, und sein Bart war so elend zugerichtet, und verstümpelt, daß zwischen Maul und Nasen nur noch etlich wenig Haar so kurz davonkommen, daß man sie kaum sehen konnte: Nicht weniger setzten mich seine weiten Hosen seines Geschlechts halber in nicht geringen Zweifel, als welche mir vielmehr einen Weiber-Rock, als ein Paar Manns-Hosen vorstelleten. Ich gedachte bei mir selbst, ist dies ein Mann? so sollte er auch einen rechtschaffenen Bart haben, weil der Geck nicht mehr so jung ist, wie er sich stellet: Ists aber ein Weib, warum hat die alte Hur dann so viel Stupfeln ums Maul? Gewißlich ists ein Weib, gedacht ich, denn ein ehrlicher Mann wird seinen Bart wohl nimmermehr so jämmerlich verketzern lassen; maßen die Böcke aus großer Schamhaftigkeit keinen Tritt unter fremde Herden gehen, wenn man ihnen die Bärt stutzet. Und demnach ich also im Zweifel stand, und nicht wußte, was die jetzige Mode war, hielt ich ihn endlich für Mann und Weib zugleich. Trotz aller Ironie und Kritik wurde die Mode doch zur Norm und für den zeitgeistbewussten auch zur Pflicht: wer und was nicht nach der mode, der und dieses musz sich schämen schreibt Friedrich von Logau (1605-1655) und fügt in seinem Gedicht Auff die alamodische Morinnam weitaus drastischer und sichtlich genervt hinzu: Nach der mode Reden führen / Schon beinahe analytisch äußert sich Johann Lauremberg (1590-1658): so bald de van adel eine mode hebben upgebracht, so moten de börgerinnen na apen sülke dracht. Tatsächlich wird in der Folge die Orientierung am Kleidungsstil des königlichen Hofs in Frankreich zur Selbstverständlichkeit für den (Bürger), der etwas auf sich hält. Das aber gehört zur normalen Geschichte der Mode und für die gilt, Und so gilt das unnachahmlich mehrdeutige Wort von Immanuel Kant (1724-1804): es ist besser ein narr in der mode, als auszer der mode zu sein. Die Rede vom "à la mode" dagegen gehört heutzutage eher in den Bereich des Kulinarischen (Apple-Pie al la mode, Boeuf a la mode) oder des Kunsthandwerklichen, wie eine einfache Recherche im Internet ergibt. Das ZDF jedenfalls bietet für die Ferienküche Frankreich ein Boeuf à la mode mit Kartoffelplätzchen. Auch das ist eine Geschmacksfrage. |