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Magazin für Theologie und Ästhetik


Im Labyrinth XXII

Erscheinungen im Cyberspace

Karin Wendt

www.imagesmag.net

"Die Information ist, wie die Demokratie, nicht etwas, das uns zusteht, aber noch aussteht, sondern eine gängige Praktik, kein Traum, sondern eine gängige Leidenschaft. Es ist eine Sache, denen böse zu sein, deren Metier es ist, schlechte Informationsarbeit zu leisten, eine andere, zu begreifen, dass dies auch von uns abhängt. Wenn das Visuelle uns darin hindert, etwas zu sehen (weil es dem Decodieren, dem Entziffern, kurz: dem Lesen den Vorzug gibt), so fordert uns das Bild heraus, es mit einem anderen, mit dem anderen zu montieren. Denn das Bild hat, wie die Demokratie, etwas 'Spiel', etwas Unvollendetes, Angerissenes, offen Klaffendes".[1]

Diese Unterscheidung zwischen dem Visuellen und dem Bild, mit der die Kuratoren der documenta X den Zusammenhang von Bildern und Demokratie erläuterten, findet einen medialen Reflex auf den Webseiten von Imagemag, "a site for responding to the world of images". Zur Frage, ob Bilder öffentliche Räume besetzen und so Information eher verhindern oder verschleiern, oder aber selbst Informationen eigener Art darstellen, will das französische Netzmagazin ein Diskussionsboard anbieten. Es gibt drei Ebenen:

Magazine

Hier finden sich Bildanalysen aus den Bereichen Kinofilm, Kunst, Musikvideo, Fotografie, Fernsehen, Werbung, Internet u.a. Die Bilder werden jeweils sachhaltig beschrieben [quoi?] und in vielfältige Zusammenhänge gestellt [avant?]. Dem anschließenden Deutungsvorschlag der Autoren [nos yeux] kann der User seine eigene Interpretation [vos yeux] hinzufügen, von denen jedoch nicht alle im Netz publiziert werden.

Learning Zone

Dieser Bereich bietet den Gang durch ein virtuelles Museum an, ein interaktives Modul zur Erschließung eines Gemäldes von Nicolas Poussin sowie eine besonders aufwändig konzipierte Subsite zum Studium von Filmanalysen, dort aktuell die Arbeit "Wend Kuuni" des afrikanischen Filmemachers Gaston Kaboré [www.imagesmag.net/DECFILM]. Hinter dem Link "La carte postale mystère" verbirgt sich ein interaktives Rätsel. Schulklassen weltweit sind aufgefordert, eine Ansichtkarte ins Netz stellen, wer das Rätsel der Darstellung löst, kann das nächste Bild in Umlauf bringen. Der Lernbereich ist jedoch ausschließlich in französischer Sprache.

Références

Im Servicebereich werden thematisch verwandte Publikationen, Websites sowie Ausstellungen und Veranstaltungen vorgestellt. Imagesmag ist eine pädagogisch und ästhetisch anspruchsvolle Seite, die ein intensives Studium und die aktive Teilnahme sicher lohnt.

www.dam.org

Wer sich über den Stand der Kunst im Zeitalter ihrer Computerisierung informieren will, kann dies auf den Seiten des Digital Art Museum tun. "[DAM] is intended for the enjoyment of all visitors, curators and collectors, scholars of art, and for an emerging generation of digital artists wishing to understand a 50-year heritage of innovation and experimentation."

Eine Timeline zeichnet die Entwicklung der Computerkunst anhand der wichtigsten Stationen nach. Die Pionierphase seit 1956 mit Vorläuferarbeiten wie "Oscillons" von Ben Lapovky, der ersten Computerkunst von Jasia Reichard sowie der zukunftsweisenden Ausstellung "Experimentale Ästhetik" im Museum für Angewandte Kunst 1956 in Wien. Ab 1986 spricht man vom Beginn der "paintbox era", in der Software verfügbar wurde und nun auch Künstler, die nicht selbst programmierten, mit vorgefundenen Paint-Programmen und Scannern zu arbeiten begannen. Daran schloss sich die "Multimedia Ära" (seit 1996), die mit einer wachsenden Anzahl von interaktiven Technologien und der Entwicklung des Internet den Anwendungs- und Reflexionsradius des "Genres" Computerkunst bis heute beständig erweitert. Der derzeitige Schwerpunkt der Seiten des Museums für Digitale Kunst liegt jedoch im Bereich der Aufarbeitung und Archivierung der frühen Jahre. Unterstützt wurde die Recherche durch das Arts and Humanities Research Board (AHRB) in Großbritannien.

Neben einer umfangreichen Künstlerliste mit aussagekräftigen Bildern und Erläuterungen sowie einer historischen Einordnung findet man Essays, Artikel und Interviews zum Thema, u.a. aus dem renommierten Leonardo Journal. Von DAM gelangt man zu Online-Galerien, Webseiten für Digitale Kunst sowie zahlreichen Künstlernetzwerken weltweit. Nicht zuletzt für eine Unterscheidung zwischen Beispielen einer Computerkunst und einer lediglich computergestützten Kunst ist das Digital Art Museum eine wichtige Quelle und bietet hervorragende Orientierung.

Anmerkungen
  1. J.-F. Chevrier/C. David, Die Aktualität des Bildes, zwischen den Schönen Künsten und den Medien, in : documentadocuments, Ostfildern-Ruit 1996, S. 52

© Karin Wendt 2004
Magazin für Theologie und Ästhetik 32/2004
https://www.theomag.de/32/kw38.htm