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Magazin für Theologie und Ästhetik


Im Labyrinth XXIII

Erscheinungen im Cyberspace

Karin Wendt

Medien Kunst Netz

Mit einer international angelegten Plattform soll das Feld der Medienästhetik erstmals prozessual langfristig erschlossen und einer differenzierten Recherche zur Verfügung gestellt werden. Das ambitionierte Gemeinschaftsprojekt vom Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe und dem Goethe-Institut in Zusammenarbeit mit dem Bildungsportal Sachsen der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig wird mitfinanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und kooperiert mit der Internetplattform netzspannung.org, mit der Hochschule für Bildendende Künste in Dresden, der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich, dem Media Centre d'Art y Disseni in Barcelona sowie dem Institut für Mediengestaltung an der Fachhochschule in Mainz.

Projektiert, so die Herausgeber Rudolf Frieling vom ZKM Karlsruhe und Dieter Daniels von der HGB Leipzig, ist die Aufbereitung und der freie Zugang zu hochqualifiziertem Content, um so das Verständnis für historische und aktuelle Bezüge der künstlerischen Arbeit in und mit den Medien zu fördern. "Durch eine Kombination verschiedener Zugangsformen erhält der interessierte Surfer ein multimedial attraktiv gestaltetes Angebot und der spezifisch Recherchierende eine profundere, umfassend dokumentierte Information zu dem Themenfeld Medien und Kunst. Medien Kunst Netz zielt auf die theoretisch und audiovisuell gleichermaßen schlüssige Herstellung von gattungsübergreifenden Zusammenhängen. Eine konsequente Zweisprachigkeit (deutsch/englisch) trägt der Internationalität Rechnung." Eine Suchmaschine, eine Datenbank, Netzkunstprojekte und wissenschaftliche Texte ermöglichen unterschiedliche Einstiegspunkte in die Thematik. Derzeit wird das Verhältnis von Medien und Kunst, der Bereich Medienkunst sowie der Begriff der Digitalen Ästhetik unter folgenden Schwerpunkten thematisiert: Bild-Ton-Relationen [Dieter Daniels, HGB Leipzig], Cyborg Bodies [Yvonne Volkart, HGKZ Zürich], Generative Tools [Tjark Ihmels, IMG Mainz], Kunst und Kinematografie [Gregor Stemmrich, HfBK Dresden], Mapping und Text [Rudolf Frieling, ZKM Karlsruhe], Public Sphere_s [Steve Dietz, ZKM Karlsruhe]. Die Seiten bieten fraglos reichhaltige Inhalte auf hohem Niveau. Ob sie diese jedoch so vermitteln, dass auch nicht Insider regelmäßig darauf zugreifen werden, wie es das Anliegen ist, erscheint mir fraglich, schon jetzt ist allein die interne Struktur sehr komplex - noch ist Medien Kunst Netz aber ja in Testphase.

Kunststoff

Ihre Aufgabe sehen die Herausgeber der neuen Online-Zeitschrift Kunststoff in der nachhaltigen Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Kunstwissenschaft und Medien-, Literatur-, Musikwissenschaft, Kunstpädagogik sowie anderen Wissensdisziplinen. Das e-zine erscheint vierteljährlich und kann über einen Newsletter kostenlos abonniert werden, ältere Ausgaben werden archiviert. Die Rubrik Texte versammelt Buch- und Ausstellungsrezensionen, Interviews, Berichte und Aufsätze. In Kürze soll zudem ein Wissenschafts- und Forschungspool entstehen. In der Galerie wird pro Ausgabe ein/e Künstler/Künstlerin vorgestellt. Auf Text- und Galeriearchiv kann separat zugegriffen werden.

Die nun vorliegende zweite Ausgabe widmet sich der Medienkunst. Das diesjährige European Media Art Festival wird vorgestellt, die Ausstellung zu Karl dem Großen im Osnabrücker Diözesanmuseum rezensiert und über GoToAndStop, eine Ausstellung von Studenten der Kunst und Medienhochschule Köln berichtet. Neben einer Besprechung von Bill Violas "Five Angels for the Millennium" findet man einen Grundlagentext von Dieter Daniels: "Vom Readymade zum Cyberspace". Das Themenspektrum ist also weit gefächert, Kunststoff daher sicher auch künftig immer eine Lektüre wert.

textlog

Einen hohen Grad an wissenschaftlicher Seriosität verbürgt das Textlog, eine digitale Sammlung historischer Texte und Wörterbücher mit Schwerpunkt Philosophie, Kunst und Ästhetik, die ständig erweitert wird. Hier findet man Marksteine der Philosophie von der Antike bis in die Gegenwart, herausragende Texte der Belletristik sowie wichtige Lexika. So kann man sich je nach Kategorie einen Überblick über den Textkanon eines Jahrhunderts verschaffen oder aber über eine Suchmaschine einzelne Begriffe ansteuern und Textstellen vergleichen. Die in dem Projekt enthaltenen Online-Ausgaben werden laufend neu überarbeitet, aktualisiert und nachfolgend zusätzlich als Printversion ediert. Derzeit stehen über 7000 Seiten zur Lektüre und Recherche zur Verfügung. Das Textlog ist eine exzellent gemachte, frei zugängliche Datenbank, die ohne Anmeldung oder Passwörter auskommt – ein nicht zuletzt für die intertextuelle Arbeit hilfreiches Projekt, das dem Bildungsideal des world wide web erfreulich nahe kommt.


© Karin Wendt 2005
Magazin für Theologie und Ästhetik 33/2005
https://www.theomag.de/33/kw40.htm