Religiöse Räume |
Nicht ohne VerletzungenDie Kapelle von Günter Uecker im Deutschen BundestagAndreas Mertin In der Bundesrepublik Deutschland gab es lange Zeit keine Künstlerkapellen und keine herausragenden Räume mit interreligiöser Ausrichtung. Das änderte sich erst, als der Bundestag in das Reichstagsgebäude in Berlin einzog und Günther Uecker gebeten wurde, den Raum künstlerisch zu bearbeiten. Die so neu entstandene Kapelle im Reichstag ist ein wegweisendes Modell einer künstlerischen Bearbeitung eines religiösen Raumes. Auf den Seiten des Bundestages heißt es dazu:
Christina Beinke beschreibt in Blickpunkt Parlament den Raum so:
Insgesamt entsteht so ein stimmiger Raum mit einer ganz besonderen Atmosphäre. Durch die Bestuhlung wird der Gottesdienstcharakter etwas stärker in den Vordergrund gestellt als es notwendig wäre. Der Raum könnte eben auch als durch und durch eigenständiger Raum meditativer, religiöser und ästhetischer Erfahrung zugleich verstanden werden und nicht als religiöser Funktionalraum. Trotzdem oder gerade deshalb ist der Raum nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen. Was für den einen Besucher das besonders Herausragende des Andachtsraumes ist seine grundsätzlich einladende Offenheit -, kann für den anderen Besucher als Verlust an Eindeutigkeit erfahren werden. Konzipiert war der Raum als interreligiös zu nutzender Raum, der jeden zur Meditation und inneren Einkehr willkommen heißt. Jeder soll ihn nutzen und sich dort heimisch fühlen können. Und genau deshalb gab und gibt es auch kein fest installiertes Kruzifix. Ein schlichtes Holzkreuz wird vor christlichen Gottesdiensten aus einer Vitrine geholt und auf den Altarstein gelegt. Ebenso kann eine kleine Orgel, noch aus Bonner Zeiten, hervorgerollt werden. Auf dem Boden markiert aber auch eine Kante die Richtung gen Mekka für die Gebete der Muslime. Für den stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion, Peter Ramsauer (CSU), war das ein derartiges Unding, dasss er in der Bildzeitung öffentlich dagegen protestierte. "Im Parlamentsgebäude eines Landes, das sich der christlich-abendländischen Kultur verpflichtet fühlt, muss das Kreuz einen festen Platz haben", fordert er und vermutete einen Kotau vor der Multi-Kulti-Kultur. Die Konsequenz wäre aber entweder, dass man den religiösen Minderheiten die Zeichensetzung der Mehrheitsreligion aufzwingt oder für jede im Parlament vertretene Religion einen eigenen Andachtsraum schafft und die die Räume gestaltenden Künstler zu religiösen Kunsthandwerkern herabwürdigt. Das wäre nicht gut gewesen. So fordert die von Günther Uecker gestaltete Kapelle im Bundestag die Parlamentarier dazu auf, religiöses Zusammenleben und Feiern exemplarisch und experimentell vorzuleben. |
Artikelnachweis: https://www.theomag.de/54/am253.htm
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