April 2013

Liebe Leserinnen und Leser,

das Thema „Religion und Politik“ stand schon seit Längeren auf der Agenda der Redaktion. Ursprünglich sollte es einmal eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen „kreuz.net“ sein, aber seit Dezember 2012 hat sich dieses Problem erledigt, die Website wurde von ihren anonymen pseudo-katholischen Betreibern aus dem braunen Spektrum stillgelegt. Diejenigen, die sich dort mit Diskussionsbeiträgen gemeldet hatten, haben sich aber nicht zurückgezogen, sondern diskutieren nun erkennbar auf zahlreichen anderen Plattformen im Internet weiter, man muss nur mal in die Diskussionsbeiträge auf gloria.tv oder katholisch.info blicken. Dieselben Protagonisten mit denselben Pseudonymen und denselben Parolen. Wichtig erscheint dabei, dass nun deutlich wird, dass die zentralen Topoi gesellschaftlicher Kommunikation keineswegs befriedet sind, sondern dass unter der Oberfläche zivilisierter Kommunikation sich eine Befindlichkeit artikuliert, die fundamentalistisch, homophob, antisemitisch und islamophob ist. Kurzgefasst: auf diesen Plattformen artikulieren sich die Feinde der offenen Gesellschaft und sich bemühen sich, das unter dem Etikett „christlich“ und zurzeit vor allem „katholisch“ zu machen.

Themenwechsel. Auf der Seite des Perlentauchers wurde eine Debatte zu Thema „Monotheismus und Gewalt“ initiiert. Wenn man von den letztjährigen ja doch eher traurigen feuilletonistischen Debatten über Beschneidung und über Blasphemie absieht, ist das eine erfreuliche Entwicklung, die an die Diskurskultur vom Beginn des 20. Jahrhunderts anknüpfen könnte. Allerdings sind die bisherigen Diskussionsbeiträge ziemlich akademisch geraten, so dass der zu wünschende Effekt einer breiten Debatte eben nicht eingetreten ist. Die Reihe wird fortgesetzt. Hier die bisherigen Beiträge als PDF-Dateien:

Weiterarbeit: Erinnert sei noch einmal an die Themenstellungen der weiteren Ausgaben dieses Jahres. Im Juni geht es um das ästhetische Ideal des reformierten Kirchenbaus: den White Cube. Während in der Kunstwelt der White Cube seit fast einem Jahrhundert ganz selbstverständlich ist, hat man in der religiösen Welt immer noch das Gefühl, man müsse sich für den White Cube entschuldigen. Wir würden in dieser Sache gerne weiter kommen. Während es im August wieder den CONTAINER ohne eine besondere Themenbindung gibt, soll es im Oktober um die Biennale-Kunst in Venedig und ihre sinnlich-reflexiven Erkenntnisse gehen. Für das Heft im Dezember haben wir uns eine besondere Fragestellung ausgesucht: Wozu geht der Theologe ins Kino? Über den theologischen Erkenntniswert der Kultur. Seit der Dialektischen Theologie gibt es eine Kontroverse darüber, welche Bedeutung die Kultur für die Theologie hat. Waren früher die Fronten noch übersichtlich, so herrscht heute eher eine Neue Unübersichtlichkeit. Barthianer betreiben inzwischen Kulturprojekte und setzen sich für das Kino ein, während der präzise theologische Gewinn immer noch umstritten ist. Wir fragen also alle an der Diskussion Beteiligten und Interessierten: Warum machen wir das – uns mit dem Kino, der Literatur, der Bildenden Kunst, der Musik auseinanderzusetzen? Weil wir uns für Kultur interessieren – oder weil es einen theologischen Mehrwert gibt? Es lohnt sich also, zu den Themen des Magazins in diesem Jahr Stellung zu beziehen.

Das aktuelle Heft ist wieder einmal sehr umfangreich geraten. Würde man alle Texte ausdrucken, käme man auf mehr als 120 DIN A 4 Seiten. Wir begrüßen zugleich drei neue Autoren im Kreis der Beiträger: Wolfgang Vögele, Armin Münch und Eckhart Marggraf.

Das Thema der aktuellen Ausgabe ist nun wie bereits erwähnt „Religion und Politik“.

Unter VIEW finden Sie grundsätzliche Reflexionen von Jörg Herrmann kirchlichen Arbeit im urbanen Gemeinwesen. Andreas Mertin sondiert – ausgehend von Jürgen Habermas‘ Paulskirchenrede – das Thema „Religion in post-säkularer Gesellschaft?“ Stefan Schütze hat uns das Kapitel über Dorothee Sölles „Politische Nachtgebete“ aus seinem jüngst erschienenen Buch „Gefeiertes Geheimnis“ zur Verfügung gestellt. Andreas Mertin unternimmt eine rekonstruierende Re-Lektüre von Stefan Andres Erzählung „El Greco malt den Großinquisitor“.

Die RE-VIEWs gibt es eine Anknüpfung an das Thema des letzten Heftes durch Armin Münch. Wolfgang Vögele unternimmt einen Spaziergang über die ART Karlsruhe und Barbara Wucherer-Staar stellt zwei Ausstellungen vor. Hans-Jürgen Benedict setzt sich zum einen mit Ang Lees 3D-Film Schiffbruch mit Tiger auseinander, zum anderen mit der Kirchen- und Religionskritik bei Gustave Flaubert. Den im letzteren Text vorkommenden Papagei nimmt Andreas Mertin zum Anlass, sich mit der christlichen Ikonographie dieses Tieres zu beschäftigen. Rezensionen gibt es von Eckhart Marggraf, Harald Schroeter-Wittke und Andreas Mertin.

Unter POST gibt es neben der vertrauten Videoclip-Kolumne auch noch zwei Polemiken von Andreas Mertin.

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In der kommenden Ausgabe 83 geht es um den White Cube in religiöser und ästhetischer Perspektive mit besonderem Blick auf den reformierten Kirchenbau. Leserinnen und Leser, die Beiträge zum Heft 83 einreichen wollen, werden gebeten, diese bis zum 15. Mai 2013 bei der Redaktion abzugeben. Die Abgabetermine für die folgenden Hefte liegen jeweils spätestens 2 Wochen vor dem jeweiligen Erscheinungstermin.

Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!


Andreas Mertin, Jörg Herrmann und Horst Schwebel