Kirche und Theologie |
Auf Kurs zum Reformationsjubiläum?Notizen zu einem BildungsprojektAndreas Mertin
Diese Worte von Karl Marx aus der Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie, geschrieben um die Jahreswende 1843/44, dokumentieren befreit man sie von ihrem herabsetzenden Sprachduktus die unglaubliche Sprengkraft, die in dem Geschehen liegt, das die Evangelische Kirche in den nächsten Jahren im Rahmen ihrer Lutherdekade zum Reformationsjubiläum feiern will. Die sich durchsetzende Protestantisierung der Welt, die ja weniger durch eine sich ausbreitende Konfession angezeigt wird, als vielmehr durch den Zwang zur Häresie (Peter Berger), der nun jeder Religion eingeimpft wurde, ist sicher noch nicht an ihr Ende gekommen. Die Frage ist, wie viel von seinem revolutionären Impuls insbesondere der deutsche Protestantismus sich noch erhalten hat und auch, wie viel ihm davon eigentlich noch bewusst ist. Schaut man auf den Anteil der Protestanten an der gegenwärtigen Politik, dann könnte man beruhigt sein, denn seit 1990 ist deutlich geworden, wie viel an bewusster politischer und gesellschaftlicher Gestaltungskraft immer noch aus dem deutschen Protestantismus kommen kann. Der jüngst verstorbene Reinhard Höppner war ein Beispiel für diese bewusste Verklammerung von Protestantismus und gesellschaftlichem Engagement, aber auch der gegenwärtige Bundespräsident steht dafür ein. Andererseits hat man nicht das Gefühl, dass das Gesamtensemble jener Individuen, die sich Protestanten nennen, ganz bewusst für diesen Impuls stehen würde. Den eigenen Beruf als Berufung und damit als Gottesdienst zu begreifen, sich selbst als aus der Rechtfertigung lebend zu erkennen, überhaupt zu wissen, warum und inwiefern man evangelisch ist, gehört immer weniger zur Lebenswirklichkeit des evangelischen Christen von heute. Man könnte das damit zu erklären versuchen, dass das Evangelisch-Sein so selbstverständlich geworden ist, dass es gar nicht mehr auf die Ebene des Bewusst-Seins gelangt. Dafür spricht, dass auch aus der Evangelischen Kirche Ausgetretene sich weiter als evangelisch bezeichnen. Auf der anderen Seite muss man natürlich fragen, wie viel Wissen nicht doch zum Evangelisch-Sein gehört. Um dieses Wissen von den Hintergründen, den Motiven und den Wirkungen der Reformation zu kultivieren gibt es nun den Kurs-Reader von In fünf Kurseinheiten geht es darum, ein Elementarwissen rund um die Reformation zu vermitteln. Adressat des Kurses sind evangelische Gemeindeglieder, das Material kann aber auch als Input für den Religionsunterricht verwendet werden. 1In der ersten Kurseinheit geht es um die Reformationszeit als Umbruchzeit, also darum, den Kontext der Reformation zu verstehen. Wie sieht Europa in dieser Zeit aus, welche Hoffnungen und Ängste treiben die Menschen um, was sind ihre religiösen Grundüberzeugungen und wer sind die wichtigen oder auch beispielhaften Handlungsfiguren der Reformationszeit? Dazu gibt es einen „Lehrplan“, Materialien und Lehrimpulse. Es ist klar, dass hier immer nur exemplarisch gearbeitet werden kann. Manches erscheint mir dabei zeitlich etwas knapp angesetzt, etwa wenn 10 Unterrichtsmaterialien von den Teilnehmern in 25 Minuten betrachtet und zum Teil gelesen werden sollen. Das kann nur zu oberflächlichen Urteilen führen. Meines Erachtens wäre es sinnvoller, nur zwei oder drei Materialelemente herauszugreifen und diese dann intensiver zu erkunden. Beim zur Veranschaulichung eingesetzten Baseler Totentanz ist der beschreibende Text (S. 23) weitgehend mit dem entsprechenden Artikel der Wikipedia deckungsgleich, es fehlt allerdings der Hinweis darauf, dass das abgedruckt Bild eben nicht der Basler Totentanz selbst ist (der zerstört ist), sondern (nur) eine zusammenfassende Aquarellkopie vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Verstehe ich den wiedergegebenen Wikipedia-Artikel richtig, dann müsste man die Aquarellkopie eigentlich auseinanderschneiden und nebeneinander zu einer Art Fresko zusammensetzen, das historisch einmal eine 60 Meter lange und 2 Meter hohe Mauer gefüllt hat. Wenn man das weiß und sich vor Augen führt, dann könnte man auch sinnvolle Erfahrungen mit dem Bild machen. So aber betrachtet man es wie ein Gemälde. Die andere Frage ist, was der Basler Totentanz im Blick auf das Thema „Zeit der Reformation“ aussagen soll. Denn er war ja so allgemein, dass er in späteren Jahrhunderten konfessionsübergreifend (selbst von Reformierten) eingesetzt werden konnte. An ihm entzündet sich somit keine konfessionelle Differenz. Ein Bild wie Dürers „Christus in der Kelter“ würde die Differenz zum später eingesetzten Bild aus der Weimarer Stadtkirche viel deutlicher aufscheinen lassen. Auch Michael Ostendorfers seinerzeit unter Künstlern und Reformatoren viel diskutiertes Bild von der Wallfahrt zur Schönen Madonna von Regensburg wäre mentalitätsgeschichtlich sinnvoller gewesen. 2In der zweiten Kurseinheit geht es um die Theologie der Reformation, also vor allem um die Rechtfertigungslehre und die vier Exklusivpartikel. Das ist ebenso Basis reformatorischer Lehre wie es auch schwer zu vermitteln ist. Die ständige Wiederholung der vier Exklusivpartikel (wie sie gerade auch im EKD-Papier Rechtfertigung und Freiheit zu lesen ist) macht diese ja nicht einsichtiger, denn wie man in der ersten Kurseinheit gelernt hat, sind die Zeitumstände heute ganz andere als damals. Die Menschen fühlen sich nicht mehr rechtfertigungsbedürftig (sind dementsprechend auch nicht mehr froh, wenn der Rechtfertigungsdruck von ihnen genommen wird) und dank der Durchsetzung der historisch-kritischen Erforschung der Bibel werden sie auch ein anderes Verhältnis zur Heiligen Schrift haben. Didaktisch habe ich allerdings große Bedenken beim eingangs eingesetzten Videoclip zu Martin Luther. Das wäre so ein Beispiel, bei dem ich persönlich einen Kurs sofort verlassen würde. Er ist nicht nur videoästhetisch vollständig inadäquat (insofern entspricht er den Videoclips der Reihe e-wie-evangelisch), sondern offenbart auch viel davon, welches Zielgruppenbild die Produzenten haben. Dieses Konzept a la „Reformation für Dummys“ sollte man sich schenken, es nimmt die religiösen Subjekte nachreformatorischer Zeiten nicht ernst. Nicht einmal im Vorschul- oder Grundschulbereich sind diese Teletubbies für religiös Unsozialisierte sinnvoll. Da war jede Folge der Satiresendung Popetown aufklärerischer. Daran ändert auch nichts, dass der Clip einen kirchlichen Medienpreis bekommen hat. Denn das zeigt nur, wie niedrig das videoästhetische Niveau der Evangelischen Kirche ist. Es gibt Indikatoren für videoästhetische Qualität. So kann man schauen, wie die Videoavantgardisten auf der Plattform Vimeo auf einen solchen Spot reagieren. In diesem Falle: überhaupt nicht. Der Clip wurde vor zwei Jahren hochgeladen und bis heute nicht kommentiert, geschweige denn zu den Staffpicks (also den ausgezeichneten Clips) gewählt. Ist aber Martin Luther, der die Welt revolutioniert hat, nicht auch ein Maßstab für die Kommunikation über ihn? Wir halten Martin Luther für ein die Neuzeit und die Moderne mit begründendes Ereignis, kommunizieren darüber aber auf dem Niveau der Twittergeneration: die Kernanliegen der Reformation in zwei Minuten oder 140 Zeichen auf den Punkt gebracht? Das hat nichts mehr mit der Kultur- und Bildungsreligion des Protestantismus zu tun, nichts mit der Sprachgewalt Luthers, nichts mit der Freiheit eines Christenmenschen. Es ist simple Anpassung an den Markt. Ich weiß offen gestanden auch keine Ideallösung zur Vermittlung der zentralen protestantischen Lehren außerhalb der Wiederholung der klassischen Lehrsätze, aber überlegt werden müsste, warum es so schwer fällt, sie zeitadäquat angemessen zu kommunizieren. Vielleicht wäre Arbeit an einem konkreten biblischen Text zur Veranschaulichung sinnvoll gewesen. 3Die dritte Kurseinheit wendet sich dem evangelischen Gottesdienst zu, sozusagen ein Heimspiel der innerprotestantischen Kommunikation. Hier wird im Rahmen des Abends ein Kirchenraum gezeigt, es werden Gottesdienstelemente benannt und zentrale Gemeindelieder vorgestellt. Den schematisierten Kirchenraum (S. 89) habe ich schlicht nicht verstanden. Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil er einen durch einen späteren Einbau / Umbau verzerrten Kirchenraum zeigt. Die Logik einer klassischen Wegekirche wird dabei unterlaufen, das architektonische Konzept eines auf den Altar hin orientierten Gottesdienstes verunklart. Würde man stattdessen das Bild des evangelischen Kirchenraums aus dem aktuellen Duden-Bildwörterbuch verwenden, würde das Intendierte wesentlich anschaulicher werden. Der vorgestellte „Wittenberger Reformationsaltar“ (S. 95) ist vermutlich in protestantischen Darstellungen der Reformation unvermeidlich. Aber es ist seien wir doch ehrlich kein besonders gutes Kunstwerk (ohne jetzt allzu sehr in einen Vergleich mit Jan van Eyck oder Rogier van der Weyden einzusteigen). Er mag kirchengeschichtlich bedeutsam sein (und mit der Predella auch theologisch außerordentlich aussagekräftig), aber er ist und bleibt doch eine bloße Illustration eines theologisch Vorgängigen und zeigt damit die typische Schwäche vieler evangelischer Bilder aus der Reformationszeit. Mein Problem damit ist, dass so den Kursteilnehmen von vorneherein ein Verständnis von Bildern beigebracht wird, das sich im Illustrativen erschöpft. Der Altar ist, so viel ist wahr, ein Schlüsselbild. Man kann darauf Reformatoren identifizieren und Taufe, Abendmahl, Beichte sowie Predigt benennen und in ihrer protestantischen Lesart vorstellen. Aber es ist sicher kein Meilenstein der Renaissancekunst. Die Tatsache, dass gerade durch die Reformation diese Art von Bildern an ihr Ende gekommen ist (da hilft auch der gesamte Barock nicht), hätte deutlicher herausgestellt werden müssen. 4Die vierte Kurseinheit „Reformation und Kultur“ macht das noch einmal besonders deutlich. Sie steigt ein mit der Predella des gerade vorgestellten Wittenberger Altars (S. 113), nimmt diese aber nicht als Kunst wahr, sondern als kulturellen Ausdruck von Theologie. Weniges charakterisiert die Schwäche des Protestantismus in der Bilderfrage so sehr wie die Fragen, die zur Predella formuliert werden: Was ist dargestellt? Wer ist abgebildet? Welche theologischen Anliegen sind erkennbar? Zu mehr bringt es der Protestantismus nicht nicht einmal, wenn die Überschrift „Reformation und Kultur“ lautet. Die Frage: Wie hat der Künstler gearbeitet?, die diesen (als künstlerisches wie als religiöses Subjekt) Ernst nehmen würde, entfällt. Dabei ist der Raum im Hintergrund des Kunstwerks selbst etwas absolut Einzigartiges, denn er scheint durch die Art der künstlerischen Darstellung das Leiden des Gekreuzigten in sich aufgenommen zu haben. Es ist, als ob es der Raum der Geißelung Christi wäre. Entfernt man Kreuz und Korpus Christi, bleibt dementsprechend der dichte Eindruck des Leidens erhalten das wird besonders deutlich, wenn man sich die Wandgestaltung direkt links neben Luther anschaut, die von Blutstriemen nur so übersät scheint. So wäre gerade an der Bildkonstruktion der Predella zu zeigen, wie bedeutsam ein künstlerisches Schaffen sein kann, das sich nicht in der Illustration erschöpft (Vgl. Verf. Zur aktuellen Ikonographie des Religiösen. Eine Bildexegese). Die vergleichende Betrachtung zum Kirchenraum zwischen der Lateranbasilika und einem reformierten Kirchenraum aus Soest (S. 126) ist einfach nur: lächerlich. Das kann und darf man so nicht gegenüberstellen. Nicht nur, weil dieser reformierte Raum eine aus dem Katholizismus übernommene Kirche darstellt und keine protestantische Eigenschöpfung ist, sondern auch, weil die Lateranbasilika untypisch für den normalen katholischen Kirchenraum ist. Da hätte man eher einen barocken Bau nehmen können. Entweder man vergleicht tatsächlich Idealtypen, dann hätte der Lateranbasilika etwa Jacques Perrissins Temple de Paradis in Lyon von 1564 gegenübergestellt werden müssen. Oder man vergleicht die Alltagsrealität und die zeigt gerade für das 20. und 21. Jahrhundert, dass nach dem II. Vatikanum die Differenzierung der Raumtypen zugunsten einer fast reformierten Raumlösung aufgehoben wurde ein Vorwurf den katholische Traditionalisten regelmäßig gegenüber ihrer Kirche erheben (die sogenannte Häresie der Formlosigkeit). In der Sache wird in dieser Kurseinheit viel geboten auch weil die Publikation natürlich auf das kommende Lutherjahr „Bibel und Bild“ zielt. Vielleicht hätte man auf der DVD noch die Bilder des Meisters MS bzw. der Cranach-Werkstatt zur Luther-Bibel von 1545 beifügen können, möglichst in der kolorierten Form. Sie gehören neben den Arbeiten von Matthäus Merian von 1630 zu den wirkungsmächtigsten Bildwerken der Reformationszeit. Im Gegensatz zum Wittenberger Reformationsaltar halte ich das vorgestellte Altarbild von Cranach aus der Weimarer Stadtkirche (S. 131) tatsächlich für unverzichtbar. Aber man sollte an ihm auch präzise den Blutstrahl der Gnade und das lutherische Thema „Gesetz und Gnade“ entfalten. Denn es ist natürlich ein für damalige katholische Augen ein ungeheuerliches Werk, spritzt doch der Blutstrahl der Gnade unmittelbar auf das Haupt des Malers Lukas Cranach, der somit keiner Heilsinstitution als Vermittler der Gnade bedarf. Dennoch finde ich, dass insgesamt der Protestantismus in Sachen Kultur unter Wert verkauft wird. Das liegt zum einen daran, dass oft veraltete Literatur verwendet wird. Ist zur Reformation und zur Moderne mit Werner Hofmann das letzte Wort gesprochen? Seine Hamburger Ausstellung „Luther und die Folgen für die Kunst“ ist immerhin über 30 Jahre her. Hat der Protestantismus nicht zwischenzeitlich gezeigt, dass er auf Augenhöhe mit der zeitgenössischen Kunst reden kann? Gilt nicht gerade auch im Bereich des Films der Protestantismus mit den Arnoldshainer Filmgesprächen als bedeutsamer Gesprächspartner? Ist nicht auch kirchenmusikalisch u.a. mit Dieter Schnebel Bedeutsames vorzuweisen? Auch ich kritisiere gerne, dass der Protestantismus in Fragen seiner kulturellen Bedeutsamkeit noch besser aufgestellt sein könnte, aber man muss seine unbestreitbaren Stärken nicht unter den Scheffel stellen. Einige der verwendeten Termini in Sachen Kultur würde ich zudem gerne auf den Prüfstand stellen. Verweltlichung scheint mir zum Beispiel inzwischen ein fast katholischer Begriff geworden zu sein. Unter Umständen ist die hegelsche Idee der Aufhebung des ursprünglich Intendierten gut protestantisch aufzugreifen. Das, was der Protestantismus auch kulturell(!) einmal wollte, die Freisetzung des Individuums von klerikaler Bevormundung, wurde gesamtgesellschaftlich aufgehoben, das heißt wahr gemacht. Vielleicht sollte man es mit einer alten reformierten Formel als „Befreiung der Künste zur Profanität“ (Kurt Marti) bezeichnen. By the way: das nicht nur von Belting zitatweise in diesem Buch verwendete Argument, die Protestanten könnten es besser mit der Musik und die Katholiken eher mit der Bildenden Kunst (S. 156) hat kulturgeschichtlich vermutlich zu keinem Zeitpunkt gestimmt. Diese These entfaltet ihre Stimmigkeit nur, wenn man das katholische Paradigma zugrunde legt, die Haltung einer Religion zur Kultur zeige sich im offiziellen religiösen Kult. Nun lautet die protestantische Gegenthese aber gerade, dass die Haltung einer Religion zur Kultur sich im individuellen Verhältnis des Gläubigen zur Kultur bzw. zur Kunst zeigt. Man müsste also untersuchen, wie sich Protestanten und Katholiken in dieser Frage unterscheiden. Und hier zeigen die vorliegenden Untersuchungen, dass die Protestanten gerade weil sie einer stark an Bildung orientierten Konfession angehören ein exzellentes und oft mal besseres Verhältnis zur Kultur und auch zur Kunst haben. Nur in religiös-kultischer und leider oft auch in kirchenleitender Perspektive sieht das anders aus. 5Die fünfte Kurseinheit beschäftigt sich dankenswerter Weise mit dem Protestantismus weltweit und damit auch mit dessen Folgewirkungen. Dazu werden zunächst die konfessionellen Filiationen vorgestellt und ihre quantitative Verteilung weltweit. Das finde ich schon deshalb wichtig, weil in Deutschland ja immer das Gefühl vorherrscht. Luthertum und Protestantismus seien identisch. Es folgt dann der Blick über den europäischen Horizont hinaus, nicht zuletzt auf die „Afrikanische Reformation“ und die afrikanische Theologie. Dass nach der vierten Kurseinheit an dieser Stelle keine Artefakte eingesetzt werden (unter der Fragestellung: Wie visualisiert sich afrikanische Reformation und Theologie?) finde ich bedauerlich. Hier scheint zum Beispiel die documenta in Kassel, aber auch die Kunst-Biennalen der Welt wesentlich weiter zu sein, da sie seit vielen Jahren diese Aspekte mit aufgreifen. AnnotationenEs gibt neben den bereits erwähnten Punkten weitere Details, bei denen ich kritische Fragen stellen würde. Grundsätzlich finde ich es beispielsweise problematisch, wenn bei Kunstwerken nicht mehr die Urheber, sondern nur noch die Fotografen oder die Webseiten benannt werden, von denen man die Bilder hat. Dass bei Cranachs Lutherporträt oder bei der Predella des Wittenberger Altars prominent der Fotograf und nicht der Urheber auf dem Bild prangt, ist absurd und auch wie ich finde: unevangelisch. Wir sollten die Schöpfer ehren und nicht deren Kopisten. Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (Walter Benjamin) sollte nicht dazu verführen, nur noch die Sekundärinstanzen zu benennen. Auf die Abbildungen selbst gehören überhaupt keine derartigen Einträge. Dass auf der beigegebenen DVD auf die Kunstwerke von Cranach das Copyright des Fotografen gedruckt wurde, ist skandalös (was aber wahrscheinlich nicht auf den Fotografen zurückgeht). Es beeinträchtigt unmittelbar die Wahrnehmung des Kunstwerks und es zeigt vor allem, dass die Herausgeber von der Sprache der Bilder eben nicht so viel gehalten haben, wie es notwendig - und auch dem Thema angemessen - wäre. Man könnte auch einfach sagen: es ist mangelnder Respekt vor Cranach. Das Blatt zur Gregorianik (S. 24) ist schlichtweg zu unscharf und auch auf der DVD mit einer zu geringen Auflösung abgelegt. Ich weiß, was eine gute Grafikabteilung eines Verlages zu leisten vermag. Hier ist eine unter ihrer Leistungsfähigkeit geblieben. Wenn man schon interessante Motive präsentieren will, dann sollten diese auch so zur Verfügung stehen, dass sie im Detail betrachtet werden können. Medientechnisch bleibt die beigelegte DVD, so sehr sie an sich zu begrüßen ist, hinter heutigen Möglichkeiten zurück. Neben dem Videoclip zu Luther, einigen kurzen Einspielungen, diversen Musikstücken und den Bildern bietet sie nur die PDF-Dateien der Arbeitsblätter. Das ist entschieden zu wenig. Ich verstehe nicht, warum man nicht zum Beispiel mit dem EKD-Institut rpi-virtuell ein sinnvolles Gesamtpaket der pädagogischen Annäherungen an das Thema Reformation zusammengestellt hat. Gewünscht hätte ich mir auf der DVD darüber hinaus vor allem
Trotz aller Kritik: Das Projekt selbst und sein Ansatz sind durchaus gut und sollten nach und nach durch weitere Aspekte der evangelischen Lehre und des evangelischen Lebens erweitert werden. Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. |
Artikelnachweis: https://www.theomag.de/90/am478.htm
|