Oktober 2014

Liebe Leserinnen und Leser,

Ende dieses Monats, am 31. Oktober 2014, eröffnet die EKD das Themenjahr "Bibel und Bild" der laufenden Lutherdekade. Man kann gespannt sein, ob es der Evangelischen Kirche gelingen wird, aus dem Gefängnis der reinen Textillustration, in das uns Martin Luther mit seinem dann doch eher funktionalen Kunstverständnis geführt hat, auszubrechen. Ob, mit anderen Worten, die Kirche der Ambivalenz und der Ambiguität von Text und Bild Raum gibt. Denn darauf kommt es schließlich an: Nicht Lukas Cranach als kongenialen Illustrator der Theologie Luthers zu begreifen, sondern als humanistischen Künstler der Neuzeit, in dessen Werken sich Reformation ereignet und der sie eben nicht nur darstellt.

Wie komplex und produktiv das Verhältnis von Theologie und Kunst sein kann, zeigt beeindruckend der Hauptaufsatz dieser Ausgabe des Magazins für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik von Jürgen Ebach über den Menschensohn und das gleichnamige Fenster von Sigmar Polke im Zürcher Grossmünster.

Erinnerung knüpft sich an Bilder. Das wird auch deutlich an dem zweiten großen Text dieser Magazinausgabe, an Hans-Jürgen Benedicts Erinnerungen an seinen Vater. Bilder können dabei erinnerte Szenen sein, aber eben auch Fotografien, ja sogar Kunstwerke vergangener Zeiten, an denen sich bestimmte Wahrnehmungen festmachen.

Wie stellt sich eigentlich ein Künstler das Verhältnis von Bild und Bild-Lektüre, von Bild und Wort vor? Es gibt einen Text von Paul Klee, aus dem oft zitiert wird, der aber schwer zugänglich ist und den wir deshalb in diesem Heft noch einmal mit einigen seiner Kunstwerke publizieren. Er trägt den schlichten Titel "Über moderne Kunst" und wurde vor 90 Jahren gehalten, als moderne Kunst noch etwas Unerhörtes war.


Unsere Rubrik RE-VIEW ist mit zahlreichen interessanten Beiträgen gefüllt: Marc Weber stellt umfassend das Buch "Das durchscheinende Bild" von Emmanuel Alloa vor. Andreas Mertin verweist auf das imaginäre Museum des Schriftstellers Dieter Wellershoff. Hans-Jürgen Benedict entschlüsselt ein von Brahms vertontes Volkslied. Wolfgang Vögele fragt nach der theologischen Aktualität zweier klassischer, aber gerade neu erschienener Romane. Harald Schroeter-Wittke stellt eine Streitschrift zur Lage der Ev. Kirche in Deutschland vor.

Unter POST finden Sie die Notizen von Andreas Mertin zu Themen der letzten zwei Monate.


In eigener Sache: Dieses Heft umfasst wieder weit mehr als 100 Seiten Lektüre (falls man sich die Mühe macht und alles ausdruckt). Es würde uns freuen, wenn die Leserinnen und Leser dieses Projekt auch finanziell unterstützen würden. Bisher wurden die technischen Aufwendungen durch die Einnahmen durch den Amazon-Link gedeckt. Das funktioniert seit etwa einem Jahr nicht mehr, weil die problematische Seite von Amazon für viele Leserinnen und Leser in den Vordergrund getreten ist. Wir haben daher nach alternativen Finanzierungsmöglichkeiten gesucht ohne in institutionelle Abhängigkeiten geraten zu müssen. Wir sehen an den Zugriffen, wie stark das Magazin täglich genutzt wird. Der einfachste Weg wäre daher die Förderung durch unsere Leserinnen und Leser. Die Möglichkeit dazu bietet unsere Spendenseite. Es wäre schön, wenn Sie unsd ein Zeichen der Anerkennung geben würden.


Einige Hinweise zu den kommenden Heften:

Heft 92 wird sich unter der Redaktion von Reinhard Kirste mit dem Thema der Globalisierung der Religionen beschäftigen.

Heft 93 beschäftigt sich unter der Redaktion von Andreas Mertin anlässlich des Reformationsthemenjahrs "Bibel und Bild" mit dem Thema "Protestantismus und Kultur".

Heft 94 geht unter der Redaktion von Jörg Herrmann anhand der Überschrift Extra ecclesiam religio non est? der Frage nach dem Wachsen oder Verschwinden von Religion außerhalb der kirchlichen Institutionen nach.

Heft 95 wird sich unter der Redaktion von Wolfgang Vögele mit dem Dichter Dante Alighieri und der Wirkungsgeschichte der Göttlichen Komödie beschäftigen.

Heft 96 greift unter der Redaktion von Andreas Mertin das Thema Architektur und säkulare Spiritualität auf.

Heft 97 wird sich unter der Redaktion von Andreas Mertin anhand des Titels "Closer to van Eyck" der Kunst und der "Theologie" Jan van Eycks zuwenden.

Heft 98 könnte dann ein CONTAINER sein.

Leserinnen und Leser, die Beiträge zu einzelnen Heften einreichen wollen, werden gebeten, sich mit der Redaktion in Verbindung zu setzen.

Wir wünschen eine angenehme und erkenntnisreiche Lektüre!

Andreas Mertin, Jörg Herrmann und Horst Schwebel