Die Hölle aneignen

Eine religionspädagogische Anregung

Andreas Mertin

Auf der Suche nach annehmbaren Graphic Novels zu Dantes Göttlicher Komödie stieß ich auf ein amerikanisches Buch, das erst gar nicht den Versuch machte, eigene Bilder für die Illustration des Werkes zu schaffen, sondern den einfachsten Weg ging, und auf eine der berühmtesten graphischen Vorlagen zur Göttlichen Komödie zurückgriff, nämlich auf die Illustrationen von Gustav Dorè.

  • Lanzara, Joseph; Dante Alighieri; Doré, Gustave (2012): Dante's inferno. The graphic novel. Belleville, NJ: New Arts Library.

Unter Verwendung dieser Vorlage wurde schlichtweg in jedes Bild ein beschreibender Kommentar eingefügt und das Ganze noch neu zusammengefügt, die Bildergrößen nach dem jeweiligen Erfordernissen angepasst und manchmal das Bild auch beschnitten. Fertig. So kann man ohne großen Aufwand eine Graphic Novel herstellen. Ich denke, dass das eine ganz reizvolle Idee für den Religionsunterricht (oder den Literaturunterricht) ist, ein an sich komplexes Werk sich spielerisch so anzueignen, dass man dennoch das ganze Werk lesen muss, um ein ansprechendes Ergebnis zu bekommen.

Textverarbeitung

Alles, was man braucht, wären in diesem Fall der Text der Göttlichen Komödie (wie er vielfältig im Internet recherchierbar ist), die Bilder der Illustration von Gustave Doré (auch die sind im Internet ganz gut zu finden) und dann ein Programm, mit dem man Text und Bilder miteinander verbindet. Das kann zum einen das ganz normale Textverarbeitungsprogramm sein, bei dem man ein Textfeld über das Bild von Doré legt. Dann könnte man einfach alle Bilder von Dore in die Textverarbeitung einfügen und die Texte darüber legen.

Präsentationsprogramm

Es ginge aber auch mit wesentlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler mit Präsentationsprogrammen wie Powerpoint oder dem kostenfrei erhältlichen Impress, das zu Libre- bzw. Openoffice gehört. Hier kann man mehrere Bilder auf einer Folie anordnen, den einzelnen Bilder zudem Effekte zuordnen und schließlich animiert zur nächsten Seite blättern. Das kann man zeitlich steuern oder dem jeweiligen Betrachter zur Selbststeuerung überlassen. Und man kann es natürlich auch mit Ton und Klan unterlegen oder selbst kommentieren, indem man den Text der Göttlichen Komödie dazu spricht.

Animation

Bei derartigen Präsentationsprogrammen kann man sogar mit etwas Photoshop-Kenntnissen animierte Bildfolgen erstellen, bei denen etwa die Tiere in der Eingangsszene durch das Bild schleichen oder auch hinterrücks erscheinen. Hier hängt alles wirklich nur von der Phantasie und dem Gestaltungswillen der Schülerinnen und Schüler ab. In diesem Falle müsste zum Beispiel der Panter der Eingangssequenz nur als neue Ebene aus dem Ursprungsbild ausgeschnitten werden und der entstehende Freiraum (Bildhintergrund) mit dem Kopierstempel übermalt werden. Die Ebene des Panters ließe sich dann frei auf dem Bild verschieben, sie ließe sich drehen und strecken, wie es der Handlungsablauf erfordert.

Man muss ja nicht alle 136 Platten von Doré verwenden, um die Geschichte zu erzählen, aber wenn man einen Comic bzw. eine Graphic Novell erstellen will, ist man dankbar, wenn man so viele vorgezeichnete Bilder hat.

Um eine derartige Graphic Novell zu erstellen, und das ist der Sinn der ganzen Aktion, muss man sich natürlich mit der Handlung und dem Text vertraut machen.

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/95/am508.htm
© Andreas Mertin, 2015