Wie liest man eine Kathedrale?

Notizen zum Zeitgeist

Andreas Mertin

2019 – TripAdvisor I

Nicht erst seit den Abendstunden des 15. Aprils 2019 wird kontrovers über den „Mythos Notre-Dame de Paris“ diskutiert. Welches Bild haben wir von dieser Kirche, was sehen, was lesen wir in ihr? Als Menschen des 21. Jahrhunderts stolpern wir nicht einfach durch irgendeine Stadt namens Paris und stoßen plötzlich auf eine Kirche, die uns irgendwie interessant vorkommt und deren Bau- und Kulturgeschichte wir dann nachgehen. Vielmehr sind wir aus einer Vielzahl von Gründen gezielt nach „Paris“ gefahren, haben uns überlegt, was wir „unbedingt“ sehen müssen und haben dabei auf eine Menge von „Lektürevorschlägen“ zurückgegriffen.

Die populärste und schnellste Lek­türe­form einer Stadt ist heutzutage die anhand von TripAdvisor. Wo immer man hin will, irgendjemand, vermutlich aber Zigtausende waren schon da und haben auf TripAdvisor ihr Urteil abgegeben und so das zu Sehende vorsortiert. Die Urteile sind freilich nicht unbeeinflusst von den Lektüren vorheriger Jahrhunderte, das macht die TripAdvisor-Notiz am Anfang deutlich, nach der man sich anhand der Kathedrale gut in den Disney-Film hineinversetzen könne. Oder diese:

Zugleich sind die Urteile ungeheuer subjektiv, zufällig, darin aber scheinbar authentisch. Jemand kann von der Kathedrale noch so beeindruckt sein, wenn ihm auf dem Vorplatz eine Diebesbande die Brieftasche klaut, wird Notre-Dame de Paris in der Bewertung abgestraft. Geschieht ihr Recht, war sie doch schon immer ein Anziehungspunkt für Lumpengesindel – wie wir seit Victor Hugo wissen. Sachkenntnis braucht man freilich nicht, um ein Urteil abzugeben, es reicht das Gefühl, das Geschmacksurteil, die Empfindung:

Das zeigt schön, wie unberechenbar unser Gefühl ist. Das umbaute Raumvolumen des Kölner Doms ist viermal größer als das von Notre Dame de Paris, das der Kathedrale von Amiens doppelt so groß. Darüber hinaus sollte man die Fenster (wenn man nicht die Rosetten meint) mit Saint Chapelle vergleichen, bevor man ein Urteil abgibt. Aber TripAdvisor achtet das subjektive Geschmacksurteil – es ist so gesehen die dunkle Seite der Schwarmintelligenz (wenn Wikipedia die helle Seite ist).[1] Aber auch die Schwarmintelligenz ist nach fast 190 Jahren immer noch elementar von Victor Hugo und seinem Kathedralen-Roman beeinflusst – vielleicht aber auch eher von seinen Verwertern a la Walt Disney.


1831 – Victor Hugo

Noch im Erscheinungsjahr 1831 nennt Goethe Victor Hugos Roman „Notre-Dame de Paris“ das „abscheulichste Buch, das je geschrieben worden“ sei, genauer:

Wir sprachen über Victor Hugo. „Er ist ein schönes Talent,“ sagte Goethe, „aber ganz in der unselig-romantischen Richtung seiner Zeit befangen, wodurch er denn neben dem Schönen auch das Allerunerträglichste und Häßlichste darzustellen verführt wird. Ich habe in diesen Tagen seine ‚Notre-Dame de Paris‘ gelesen und nicht geringe Geduld gebraucht, um die Qualen auszustehen, die diese Lektüre mir gemacht hat. Es ist das abscheulichste Buch, das je geschrieben worden! Auch wird man für die Folterqualen, die man auszustehen hat, nicht einmal durch die Freude entschädigt, die man etwa an der dargestellten Wahrheit menschlicher Natur und menschlicher Charaktere empfinden könnte. Sein Buch ist im Gegenteil ohne alle Natur und ohne alle Wahrheit! Seine vorgeführten sogenannten handelnden Personen sind keine Menschen mit lebendigem Fleisch und Blut, sondern elende hölzerne Puppen, mit denen er umspringt, wie er Belieben hat, und die er allerlei Verzerrungen und Fratzen machen läßt, so wie er es für seine beabsichtigten Effekte eben braucht. Was ist das aber für eine Zeit, die ein solches Buch nicht allein möglich macht und hervorruft, sondern es sogar ganz erträglich und ergötzlich findet!“

Ein hartes Urteil, das wohl selbst mehr dem Affekt als einer vorbehaltslosen Lektüre entsprungen sein dürfte (aber es wird heute immer noch als Werbemittel genutzt). Wirkungsgeschichtlich dürfte aber kein anderes Werk so sehr die Aufmerksamkeit auf die Kathedrale von Paris und ihre Gestalt gelenkt haben wie dieses. Selbst in den weit entfernten Verzerrungen bzw. Verdichtungen der Disney-Verfilmungen und dem sich daran anschließenden Musical klingt Victor Hugo noch durch. Auch Goethe musste schließlich gegenüber Victor Hugo einräumen:

»es liegt ein gründliches Studium alter Zeiten, vergangener Zustände, merkwürdiger Verwicklungen und unglaublicher Wirklichkeiten zum Grunde, so daß man ein solches Werk weder leer, noch schlecht nennen darf«

Ob wirklich Victor Hugo für das neu erweckte Interesse der Pariser und der Franzosen an ihrer Kathedrale verantwortlich ist oder ob er nicht selbst schon Ausdruck eines neuen Interesses an historischen Bauten und Dokumenten ist, bleibt in der Forschung umstritten. Der Theologe Walter Hollenweger hat darauf verwiesen, dass Räume immer nur mit Mythen bzw. die Phantasie anregenden Erzählungen funktionieren können, was die Rolle von Victor Hugo eher hervohebt:

„Es gibt beobachtbare Tatsachen, die uns zeigen, dass eine Kirche ohne Mythos, ein Glaube ohne Mythos von der Mehrheit der Christen (inklusive der Pfarrer), ganz zu schweigen von den Nichtchristen, nicht verstanden werden kann. Das ist deshalb so, weil Kommunikation von Informationen ohne Mythenrahmen sich in allen Bereichen menschlichen Wissens als undurchführbar erwiesen hat.“[2]


1841 – August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

Notre Dame
Die Bühne ward zum Schaugerüste              Soll das uns diese Welt verschönen?
Des Lasters und der Häßlichkeit,                  Erhöhn des Daseyns kurze Lust?
Ein Tummelplatz gemeiner Lüste,                Und mit dem Leben uns versöhnen?
Ein Spittel voller Qual und Leid.                   Und Frieden bringen unsrer Brust?

Ihr wißt uns weiter nichts zu geben              Gott gab die Kunst dem Menschenleben,
Als Mord und Todschlag, Lug und Trug;         Gott sei auch durch die Kunst geehrt;
Ihr macht noch schrecklicher das Leben,      Ihr aber habt, was Gott gegeben,
Und schrecklich ist es doch genug.              In schnöden Teufelsspuk verkehrt.
[3]

Das dichtet August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1841 in seinen unpolitischen Liedern. Unverkennbar ist dies eine Reaktion auf den Roman „Notre Dame“ von Victor Hugo, der in Deutschland unter dem Titel „Der Glöckner von Notre Dame“ verbreitet wird. Vielleicht ist es aber auch nur eine Reaktion auf eine Theateraufführung des Romans, der Hoffmann von Fallersleben beigewohnt hatte.[4] 1839 besucht Hoffmann von Fallersleben Paris, ist aber doch enttäuscht:

In Paris (9. Juli) suchte ich zunächst einen Haupteindruck zu gewinnen: ich ging zu den bedeutendsten öffentlichen Gebäuden, Plätzen, Straßen, Brücken, ich sah Louvre, Palais royal, Tuileries, Quai Voltaire, Pont neuf, Place Vendôme, rue Vivienne, de Rivoli etc. Ich war wenig befriedigt, mir war als ob ich Alles das schon großartiger und schöner gesehen hätte.[5]


1867 – Mark Twain

 „Wir gingen, um die Notre-Dame-Kirche zu sehen. Wir hatten schon früher von ihr gehört. Es überrascht mich bisweilen, wenn ich daran denke, wie viel wir doch wissen, und wie gescheidt wir sind. Wir erkannten den alten braunen gothischen Bau augenblicklich, er war ganz wie auf den Bildern. Wir traten etwas zurück und wechselten mit den Standpunkten dann und wann und blickten lange auf seine hochragenden viereckigen Thürme und seine reichverzierte Vorderseite, die dicht mit verstümmelten steinernen Heiligen bedeckt ist, welche schon seit Jahrhunderten ruhig von ihren Sitzen herniedergeschaut hatten.

Der Patriarch von Jerusalem stand unter ihnen in den alten Tagen der Ritterzeit und Romantik und predigte den dritten Kreuzzug vor mehr als sechshundert Jahren, und seit dieser Zeit haben sie dort oben gestanden und gelassen auf die aufregendsten Schauspiele, die großartigsten Aufzüge, die außerordentlichsten Auftritte herniedergeblickt, die Paris betrübten oder entzückten. Diese zerbröckelten alten Burschen mit ihren zerbrochenen Nasen sahen manche Kavalcade gepanzerter Ritter aus dem heiligen Lande heimziehen, sie hörten die Glocken über sich das Signal zur Bartholomäusnacht und ihrem Massenmord geben, später sahen sie die Schreckensherrschaft, das Blutbad der Revolution, den Sturz des Königs, die Krönung zweier Napoleon, die Taufe des jungen Prinzen, der jetzt in den Tuilerien über ein Regiment von Bedienten gebietet – und vielleicht werden sie dort stehen bleiben, bis sie sehen, wie die napoleonische Dynastie hinweggeschwemmt wird und das Banner einer großen Republik über ihren Trümmern weht. Ich wollte diese alten Herren könnten sprechen. Sie könnten eine Geschichte erzählen, die des Anhörens werth wäre.

Man sagt, wo Notre Dame heute steht, habe vor achtzehn oder zwanzig Jahrhunderten in den alten Römerzeiten ein heidnischer Tempel gestanden – Reste davon werden noch jetzt in Paris ausbewahrt – und daß um das Jahr 300 n. Chr. eine christliche Kirche seine Stelle eingenommen habe. Deren Platz habe um 500 n. Chr. eine andere Kirche eingenommen, und um 1100 n. Chr. sei der Grundstein zu der jetzigen Kathedrale gelegt worden. Der Grund und Boden sollte, wie ich meine, ziemlich heilig geworden sein durch so lange Zeit.

Ein Theil dieses edlen alten Gebäudes gemahnt an die wunderlichen Sitten der mittelalterlichen Welt. Er wurde von Jean Sans Peur, einem Herzog von Burgund, zur Beruhigung seines Gewissens erbaut, nachdem er den Herzog von Orleans ermordet hatte. Ach! Daß diese guten alten Zeiten dahin sind, wo ein Mörder den Blutfleck von seinem Namen wegwischen und seine Seelenangst in Schlaf lullen konnte, indem er einfach Ziegel und Mörtel hernahm und ein Anhängsel an eine Kirche baute.

Die Portale der großen Westfront sind durch vierkantige Pfeiler in zwei Theile geschieden. Man nahm 1852 bei Gelegenheit des Dankfestes für die Wiedereinführung der Präsidentenmacht den mittelsten hinweg, aber bald hatte man Ursache, diese Entfernung sich nochmals zu überlegen und ihn wieder hinzustellen.

Wir wandelten eine Stunde lang durch die großartigen Säulengänge, blickten hinauf nach den reichen Glasmalereien der Fenster, die mit blauen, gelben und rothen Heiligen und Märtyrern verziert waren, und versuchten die zahllosen großen Gemälde in den Kapellen zu bewundern. Dann führte man uns in die Sakristei und zeigte uns die Prachtgewänder, welche der Papst getragen, als er den ersten Napoleon gekrönt hatte, eine Wagenladung von massivem Gold- und Silbergeräth, welches bei den großen öffentlichen Prozessionen und Ceremonien der Kirche gebraucht wurde, und ein Paar Nägel vom echten Kreuze Christi, ein Stück vom Kreuze selbst und einen Theil der Dornenkrone. Wir hatten schon auf den Azoren ein großes Stück vom Kreuze gesehen, aber keine Nägel.

Sie zeigten uns gleichermaßen die blutige Soutane, welcher jener Erzbischof von Paris getragen, als er 1848 seine geheiligte Person aussetzte und der Wuth der Insurgenten Trotz bot, indem er die Barrikaden bestieg und in der Hoffnung, dem Gemetzel Einhalt thun zu können, den Oelzweig des Friedens emporhielt. Sein edler Versuch kostete ihm sein Leben. Er wurde niedergeschossen. Man zeigte uns seine Todtenmaske, die Bleikugel, die ihn tödtete, und die beiden Rückgratwirbel, in denen sie festsaß.

Diese Leute haben einen etwas eigenthümlichen Geschmack in Betreff von Reliquien. Ferguson erzählte uns, dass das silberne Kreuz, welches der gute Erzbischof an seinem Gürtel getragen hatte, ergriffen und in die Seine geworfen wurde, wo es fünfzehn Jahre im Schlamme eingebettet lag, worauf ein Enge einem Priester erschien und ihm sagte, wo er nach ihm tauchen sollte. Er tauchte wirklich darnach und fand es, und jetzt wird es in der Notre Dame Kirche ausgestellt, um von jedermann besichtigt zu werden, der Interesse für unbeseelte Gegenstände wunderbaren Dazwischentretens des Himmels fühlt.[6]


Das ist die Lesart, die uns der Schriftsteller Mark Twain von der Kathedrale Notre Dame de Paris liefert. 1867 unternimmt er eine mehrmonatige Schiffsreise nach Europa und in den Nahen Osten, die er in „The Innocents Abroad“ (1869; dt. „Die Arglosen im Ausland“, 1875) zusammenfasst. Neben den Einblicken in die zeitgenössische Wahrnehmung des Paris der 60er-Jahre des 19. Jahrhunderts, ist es vor allem der touristische Blick, dem er folgt. „Wir erkannten den alten braunen gothischen Bau augenblicklich, er war ganz wie auf den Bildern“ schreibt Twain einleitend. „Ganz wie auf den Bildern“ – das ist der Satz, der von da – wir sind nun im Zeitalter der Fotografie - an die Wahrnehmung der Welt charakterisieren soll.

Marco d’Eramo, in dessen Buch „Die Welt im Selfie. Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters“ ich den Verweis auf die gerade zitierte Passage von Mark Twain gefunden habe, betitelt das entsprechende Kapitel seines Buches so: „TripAdvisor, gez. Mark Twain“. Und er schreibt:

Aus ‚Innocents Abroad‘ erfahren wir nicht nur etwas über die Vergangenheit, sondern auch über unsere Gegenwart. Auf den Seiten des Buches wird tatsächlich andeutungsweise eine Antwort auf die Frage gegeben: Was genau treibt den Touristen an? Was bringt ihn dazu, fürs Reisen keine Kosten und Mühen zu scheuen? Sich in der einzigen kurzen Erholungszeit, die ihm vergönnt ist, zu verausgaben? Was hat er davon?[7]

Marco d’Eramo meint, das Motiv unserer unermüdlichen Reisen rund um den Globus liege nun darin, die uns bereits vorliegenden Bilder in den Medien mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. „Der Paristourist Twain sucht eine Bestätigung dessen, was er gelesen hat, eine Gegenprobe zu den Bildern, die er in den Zeitungen gesehen hat, von Abbildungen kennt.“[8]

Eine Lektüre von Notre Dame de Paris heißt also eine Re-Lektüre vorzunehmen, nicht etwas als herausragend zu entdecken, sondern als bereits Bestätigtes wiederzuerkennen. So ähnlich schreibt auch Theodor W. Adorno in den ‚Minima moralia‘ (übrigens ohne jeden Anflug von elitärem Denken, den d’Eramo ihm sofort unterstellt):

In der Tradition stehen hieß: das Kunstwerk als ein bestätigtes, geltendes erfahren; in ihm teilhaben an den Reaktionen all derer, die zuvor es sahen. Fällt das einmal fort, so liegt das Werk in seiner Blöße und Fehlbarkeit zutage. Die Handlung wird aus einem Ritual zur Idiotie, die Musik aus einem Kanon sinnvoller Wendungen schal und abgestanden. Es ist wirklich nicht mehr so schön. Daraus zieht die Massenkultur ihr Recht zur Adaptation.[9]  

Der Schriftsteller Mark Twain jedenfalls folgt vorgängigen, ihm bereits aus Amerika bekannten Bildern. Das wird bestätigt durch ein weiteres Zitat aus seiner Schilderung, das von seiner ersten (Kutsch-) Fahrt vom Bahnhof de Lyon zum Grand-Hotel Louvre handelt:

Nach einer kleinen Weile jagten wir durch die Straßen von Paris, wo wir mit Entzücken gewisse Namen und Plätze erkannten, mit denen Bücher uns längst schon vertraut gemacht hatten. Es war, als ob wir einer alten Freundin begegneten, als wir „Rue de Rivoli“ an einer Straßenecke lasen. Wir erkannten den echten Platz des Louvre, wie wir sein Bild kannten; als wir an der Julisäule vorüberfuhren, brauchte uns niemand zu sagen, was es war …[10]

Der Vergleichspunkt bzw. der angelegte Maßstab wird von Twain sofort benannt: Die Wiedererkennbarkeit. „Wir erkannten den echten (genuine) Platz des Louvre, wie wir sein Bild kannten“. Daraus kann man entnehmen, dass er auch die Kathedrale Notre Dame de Paris als Bestätigung vorausgehender Bilder liest. Aber Twains Beschreibung ist natürlich umfassender als eine solche, die sich ‚nur‘ auf Bilder stützt.

Twain nennt einen geschäftstüchtigen und redseligen französischen Reiseführer (den er einfach ‚Ferguson‘ nennt), den er mit seinen Mitreisenden gebucht hatte, und der ihn jeweils mit Erläuterungen und natürlich auch mit kurzweiligen Anekdoten versah.

Dem englischsprachigen Baedeker, der 1867 bereits in der 2. Auflage erschienen war,[11] scheint Mark Twain jedenfalls nicht gefolgt zu sein. Er ist „old school“ und verlässt sich mehr auf die Einflüsterungen und Erzählungen seines ortsansässigen Guides.


1867 – Karl Baedeker

Bevor ich zur Lektüre der Kathedrale Notre Dame de Paris durch den frühen Baedeker komme, noch ein paar Notizen zur „Funktion“ und zur Bedeutung des seit 1832 erscheinenden Baedekers für die Erfahrung und Erschließung der Welt für ein breites Publikum:

„Baedeker revolutionierte die Reiseliteratur, um die Benutzer unabhängig von Fremdenführern zu machen. Seine handlichen, in charakteristischem roten Einband gebundenen Führer zu Zielen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und anderen europäischen Ländern festigten den Ruf der Baedeker-Reiseführer als faktenreiche und niveauvolle Reisebegleiter. Baedeker legte besonderen Wert auf Übersichtlichkeit, Genauigkeit und Aktualität. Alle Reisebeschreibungen wurden mehrfach überarbeitet. Der Name Baedeker wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum zum Synonym für Reiseführer. Karl Baedeker gilt heute als einer der Wegbereiter des Massentourismus, da die Baedeker-Reiseführer (nach dem Vorbild des Engländers John Murray) das Reisen als Vergnügungsform institutionalisierten sowie einen zum Teil bis heute gültigen Kanon an Reiserouten und Sehenswürdigkeiten vorgaben.“[12]

1855 erscheint der erste deutschsprachige Baedeker über „Paris und seine Umgebung - nebst Rouven, Havre, Dieppe, Boulogne und den Eisenbahn-Strassen vom Rhein bis Paris“. Diese Tradition, nicht nur den Ort selbst, sondern auch die interessanten Orte bei der Eisenbahnanreise vorzustellen, verbindet den Baedeker mit anderen Publikationen dieser Zeit.

In rascher Folge werden bis 1867 sechs Auflagen des Buches erscheinen, die Ausgabe von 1867 trägt dann den Titel „Paris und Nord-Frankreich nebst den Eisenbahn-Routen vom Rhein und der Schweiz nach Paris.“ Das ist auch die Ausgabe, die ins Englische übersetzt wurde. Derartige englischsprachige Ausgaben erschienen zwischen 1865 und 1937.

Der Baedeker über Paris steht auf dem englischsprachigen Markt in Konkurrenz zu John Murray’s „Handbook for Visitors to Paris“ aus dem Jahr 1866. Dort wird im Vorwort kritisch anmerkt, bisher sei kein korrekter Reiseführer, sei es in Englisch oder Französisch über Paris erschienen.[13]

John Murray hatte die Idee zu Handbook for Visitors, die der Verlag seines Vaters nach 1836 publizierte. Der Aufbau ist etwas anders als der Baedeker, da Murray die vorgestellte Objekte in seinem Buch alphabetisch organisiert.

Dagegen findet man beim Baedeker nahe beieinander liegende Objekte bzw. ähnliche Objekte auch zusammen dargestellt. Das Buch teilt sich in die rechte und die linke Seite der Seine. Die Kirchen werden (vor den Friedhöfen) als vorletzte Rubrik abgehandelt. Der Baedeker selbst ‚liest‘ die Kirchen in Paris und insbesondere die Kathedrale sehr kritisch, geradezu burschikos (und lässt dabei manche historisch interessante und relevante Kirche weg):

With a few exceptions the ecclesiastical buildings of Paris are by no means worthy of the metropolis of a great kingdom, over which a long succession of "most Christian" monarchs have reigned. They are far inferior to the churches in many other French and Belgian cities.[14]

Auch das ist eine interessante Anmerkung, weil es ein „Bild des Mittelalters“ der Erfahrung vor Ort vor ortet. „Repräsentativ“ müssen die Gebäude sein, damit sie auf das Interesse des Baedekers stoßen, es geht weniger um historische Bedeutsamkeit. Zehn katholische Kirchen auf der rechten Seine-Seite erwähnt der Baedeker, davon bekommen sechs ein Sternchen, keines zwei (Notre Dame, St. Eustache, Madeleine, Notre Dame de Lorette, St. Vincent de Paul, St. Jean Baptiste). Auf der linken Seine-Seite erwähnt der Baedeker vier Kirchen, von denen eine ein Sternchen und eine zwei Sterne bekommt (St. Sulpice, St. Etienne du Mont).[15] Als wichtigste der zu besuchenden Kirchen von Paris betrachtet der Baedeker also nicht Notre Dame, sondern St. Etienne du Mont. Eine romanische Kirche wie St-Julien-le-Pauvre, immerhin einmal Grablege der Merowinger, kommt – vielleicht wegen ihres damaligen Zustandes – gar nicht in seinen Blick. Dafür aber natürlich Notre Dame, die aber nicht auf Wohlgefallen stößt:

The exterior as well as interior of this celebrated cathedral of the archbishops are somewhat disappointing. The situation is unfavourable, and the sacred edifice itself has been sadly marred at different periods by "embellishments".[16]

Durch Verschönerungen traurig beschädigt – eine interessante Formulierung angesichts der kürzlichen Renovierung der Kathedrale durch Viollet le Duc. Der Baedeker vertritt hier eine konkurrierende denkmalpflegerische Tradition, die sich mit dem Namen John Ruskin verbindet. Ruskin wollte alles so lassen, wie es ist und den Verfall höchstens aufhalten, während Le Duc Dinge (wieder)herstellt, die es so gar nicht gegeben hat.


Intermezzo

Ich mache nun einen Sprung von über hundert Jahren, aus der Mitte des 19. ins späte 20. Jahrhundert. Die Generation meiner Eltern war noch sehr vorsichtig was Reisen und den Tourismus angeht – aus ganz unterschiedlichen Gründen, ökonomischen und politischen. Aber dieses Phänomen ist nicht nur für Deutschland zu beobachten, es gilt weltweit:

„Belief sich die Zahl der weltweit einreisenden Touristen im Jahr 1950 auf lediglich 25,3 Millionen, waren es 1970 bereits 165,8 Millionen und 1990 435 Millionen. Nach vorläufigen Angaben wurde im Jahr 2015 mit 1,18 Milliarden sogenannten Personen-Ankünften ein neuer Rekord erreicht.“

Und Frankreich ist der Touristen liebstes Ziel.

„Im Jahr 2014 entfielen – nach vorläufigen Angaben – 43,4 Prozent der weltweiten Personen-Ankünfte auf nur zehn Staaten (insgesamt 492 Mio. von 1,13 Mrd.). Allein der Anteil der Top 5 – Frankreich (83,7 Mio.), USA (74,8 Mio.), Spanien (65,0 Mio.), China (55,6 Mio.) und Italien (48,6 Mio.) – lag bei 28,9 Prozent der weltweiten Personen-Ankünfte. Deutschland belegte mit 33,0 Millionen Personen-Ankünften den siebten Rang.“[17]

Und was meinen die Paris-Besucher, was man auf jeden Fall besuchen müsse? Darüber gibt der jährliche Report des Comité régional de tourisme Auskunft.[18] Hier unterscheiden sich allerdings die absoluten Besucherzahlen (rechts) von den Angaben zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten.

Danach ist die Kathedrale Notre Dame die zweitwichtigste Sehenswürdigkeit in Paris, deutlich nach dem Eiffelturm, in etwa auf gleicher Höhe wie der Arc de Triomphe, dem Louvre und Sacre Coeur. Tatsächlich aber ist Notre Dame die am meisten besuchte Sehenswürdigkeit. Die Differenz ergibt sich daraus, dass der Eiffelturm ja besucht werden kann ohne bestiegen zu werden. Nur Letzteres wird statistisch erfasst.

Mit 12 Millionen Besuchern fasziniert Notre Dame also die Besucher am stärksten. Die statistischen Zahlen geben aber noch keine Auskunft darüber, was die Besucher eigentlich an diesem Ort fasziniert: die Kulisse des Glöckners von Notre Dame, das Zentrum (Nullpunkt) des Zentrums (Paris) von Frankreich, das kirchen- bzw. kulturgeschichtliche Symbol, oder was sonst?

Natürlich geben die heutigen Reiseführer durch das weit verbreitete Sternchen-System eine gewisse Hierarchisierung vor. Das erklärt aber die Auszeichnung von Notre Dame noch nicht wirklich. Es kann nicht das historische Interesse sein, dann müssten viel mehr Menschen Saint Denis besuchen. Es muss eine Mischung aus allem sein.


1980 – ADAC-Reiseführer

Nach dem Abitur wollte ich mit einem Freund Europa erkunden, zunächst ging es darum, ein Jahr mit dem VW-Bus durch Europa zu fahren. Einen guten Teil dieser Reise haben wir auch in unterschiedlichen Etappen geschafft (bis der VW-Bus irgendwann verreckte). Im Zuge dessen schaffte ich mir ein Buch an, das für mich – so stellt es sich im Nachhinein dar – eine Art Minimalkonsens des zu Besuchenden formulierte. Es war der im Verlag Das Beste erschienene ADAC-Reiseführer Schatzkammer Europa. Nun kann man heute lächeln über das Bildungsgut-Denken, das hinter so einem Buch steckt, aber für mich wurde es seit damals eine Art Abhak-Liste für die Kultur-Aneignung. Wann immer ich in den letzten knapp 40 Jahren eine Stadt besucht habe, mache ich einen Punkt in diesem Buch. Seinen Anspruch erklärte es im Vorwort wie folgt:

Selbst wer sich von seinen Ferien zunächst nicht mehr erhofft als Sonne und Wasser, als Ruhe und Erholung, wird doch immer wieder auf Dinge stoßen, die sein Interesse und seine Neugier wecken: berühmte Baudenkmäler, historische Stätten, Kunstschätze in Kirchen und Schlössern, in Museen und Sammlungen. Gut, wenn er dann ein Buch zur Hand hat wie dieses, das ihn in Wort und Bild zwar knapp, doch anschaulich darüber informiert. Im Hauptteil, über 500 Seiten lang, werden die kunstgeschichtlichen Kostbarkeiten der beliebtesten Reiseländer Europas vor einem ausgebreitet … Die Auswahl der weit über 5000 Kulturdenkmäler fiel nicht immer leicht — wie sollte sie auch bei einem derartigen Reichtum an Schönem und Sehenswertem in Europa! Trotzdem wird man finden, was wichtig ist und darüber hinaus noch manches verborgene Kleinod, dessen Entdeckung sich lohnt.[19]

Das Blickfeld war natürlich ziemlich eingeschränkt, viele Länder Osteuropas kamen schlicht nicht vor. Europa – das war West-, Nord, Südeuropa plus DDR und Jugoslawien. Länder wie Polen, Ungarn, die Tschechoslowakei waren nicht verzeichnet, geschweige denn Rumänien oder Bulgarien. Der Teil über Frankreich umfasste 57 Seiten, 10% davon befasst sich mit Paris. Mit welchen Worten unterbreitet nun dieses Buch seinen Lektürevorschlag für Notre Dame?

Die Kathedrale Notre Dame ist ohne Zweifel das vollständigste Bauwerk, das die gotische Kunst in Frankreich geschaffen hat. Mit ihr ist die Entwicklung des frühgotischen Stils abgeschlossen. Sie entstand in den Jahren 1163—1330, wurde aber im 17. Jh. schwer beschädigt (vor allem der Lettner und das Chorgestühl), und auch in der Französischen Revolution wurde manches zerstört, u. a. die Statuen der Königsgalerie und die Skulpturen der Portale der Hauptfassade. Die großen Restaurierungsarbeiten des 19. Jh. wurden hauptsächlich unter der Leitung von Eugene-Emmanuel Viollet-le-Duc ausgeführt.

Die berühmte Fassade beeindruckt durch die Klarheit und Ausgewogenheit ihrer Proportionen. Die drei Portale (Marienportal, Gerichtsportal und Annenportal) sind mit herrlichen Skulpturen reich geschmückt. Darüber erstreckt sich die Königsgalerie über die Fassade. Vor der großen Rose mit ihren vollkommenen Proportionen sieht man eine Figurengruppe (die Hl. Jungfrau zwischen zwei Engeln), darüber noch eine durchbrochene Galerie mit zierlichen gotischen Arkaden. Das Ganze wird von den Türmen gekrönt, die nie vollendet wurden. Vom Nordturm, den man besteigen darf, gibt es eine herrliche Aussicht. An der Nordseite befindet sich die Porte du Cloitre, deren Mittelpfeiler eine herrliche Marienstatue aus dem 13. Jh. trägt. Die Porte Rouge ist von besonders zarten Skulpturen geschmückt. Der Chor, von außen gesehen, ist mit den schmalen Strebebogen von vollkommener Leichtigkeit und Eleganz. Im fünfschiffigen, regelmäßig aufgebauten Inneren gehen die doppelten Seitenschiffe in einen doppelten Chorumgang über. Die Kirche beherbergt zahlreiche Kunstwerke, u. a. in der Vierung Statuen des hl. Denis und der Notre-Dame de Paris (14. Jh.) sowie die Basreliefs der Chorschranken (ebenfalls 14. Jh.). Beachtenswert sind die Glasfenster, besonders die Rosen (13. Jh.).

Erkennbar arbeitet der ADAC-Reiseführer, der sich ja an die wachsende Gruppe der Auto-Touristen[20] wendet, mit motivierenden, verstärkenden Worten: vollkommen, herrlich, berühmt, ohne Zweifel. Jeder Satz betont: das ist ein Kulturschatz, den man sich anschauen sollte, er ist herrlich, vollkommen usw. Die Sätze sind thetisch: „Die Kathedrale Notre Dame ist ohne Zweifel das vollständigste Bauwerk, das die gotische Kunst in Frankreich geschaffen hat.“ Eine Begründung dafür fehlt. Der Besucher soll eben nicht nur den Eiffelturm, der in einer beiläufigen Bemerkung am Ende des Textes erwähnt wird, nicht nur das Viertel Montmartre mit Sacre Coeur, sondern auch „richtige“ Kunst besuchen. Eine Art volkspädagogisches Empfehlungsprogramm für eine mobil werdende Gesellschaft.


2011 – Jean Claude Gautrand

Ich springe zeitlich noch einmal dreißig Jahre. Zuvor aber noch eine kleine Information:

Als Daguerreotypie wird ein Fotografie-Verfahren des 19. Jahrhunderts bezeichnet ... Es ist nach dem französischen Maler Louis Jacques Mandé Daguerre benannt, der es zwischen 1835 und 1839 entwickelt hat. Die Daguerreotypie war schon bei ihrer Veröffentlichung ein voll praxistaugliches System. Die Rechte an dem Verfahren wurden auf Initiative des Physikers François Arago von der französischen Regierung erworben. Sie zahlte dafür eine lebenslange Rente an Daguerre und an Isidore Niepce, den Sohn seines ehemaligen Partners Nicéphore Niepce. Arago präsentierte das Verfahren am 19. August 1839 in einer gemeinsamen Sitzung der Pariser Akademien der Wissenschaften und der schönen Künste der Öffentlichkeit. Danach stand es als das erste praktikable Fotografieverfahren jedermann zur freien und unentgeltlichen Nutzung zur Verfügung.

Das heißt, dass der Zeit, die ich hier beobachte, also die Zeit nach 1830 (nach Victor Hugo), auch die Fotografie als Form einer dokumentierenden Lesart zur Verfügung stand. Es sind gerade die Ikonen dieser Form der Aneignung der Welt, die für breite Massen Mythen erzählen, ja begründen konnten. Viel von dem, was Paris als Mythos ausmacht, ist auch der Fotografie zu verdanken. Die Bilder, von denen Mark Twain spricht, sind ja vor allem auch die Fotos des aufkommenden Medienzeitalters, die Fotos der großen Fotografen.

Die beste Möglichkeit, sich Paris über die Geschichte der Fotografie zu nähern, bietet meines Erachtens Jean-Claude Gautrands Buch „Paris. Porträt einer Stadt“.[21] Es „liest“ die neuere Geschichte von Paris, die städtischen Veränderungen konsequent mit Hilfe der Fotos der bedeutenden Fotografen der jeweiligen Zeit. Das ist überaus spannend und man sich ja vorab durchaus fragen, ob Notre Dame darin überhaupt vorkommt und falls ja, ob sich das Vorkommen durch die Zeitschichten nach 1830 gleichmäßig verteilt. Um die Frage zu beantworten: ja, Notre Dame kommt immer wieder vor, am Anfang und auch später, nur in den wilden Zwanzigern fokussiert sich der fotografische Blick eher auf Montmartre. Das erste große Bild ist eine Aufnahme vom Dach von Notre Dame Richtung Osten, gefolgt von einer Fotografie mit einem Blick auf das unrestaurierte Notre Dame selbst, eine Perspektive, die zuvor auch schon Corot als Gemälde erfasst hatte:

Es folgen Aufnahmen vom Turm der Kirche mit den ‚Monstern‘ und mehrere Fotos der Kirche selbst. In dieser Zeit, es ist das Kapitel des Buches das zwischen 1830 und 1871 angesetzt ist, steht Notre Dame für die Fotografen durchaus im Blick.

Es folgt die Zeit zwischen 1871 und 1914. Hier tritt natürlich vor allem der Eiffelturm und die Weltausstellung in den Fokus, aber die Fotografen dokumentieren auch die schonungslose Neuorganisation von Paris und dabei eben auch der Île de la Cité durch Hausmann rund um die Kathedrale. Das ist deshalb interessant, weil man die Umgebung der Kathedrale immer als gegeben hin- bzw. annimmt, was sie natürlich nicht ist.

Es folgen die wilden Pariser Jahre, mit dem Leben der Boheme, aber auch mit viel Stahl, jedoch wenigen Blicken auf die Kathedrale. Das nächste Bild zeigt den Eingang der Kathedrale, wie er im 2. Weltkrieg von Sandsäcken vor Bombenschäden geschützt wurde. Dann aber kommt wieder lange Zeit nichts, bis schließlich in der Gegenwart eine kunstvolle Fotografie von Wolfgang Tilmanns das Farbenspiel über Gemälden im Innern von Notre Dame zeigt.

Wenn man sich die Fotografien im Überblick anschaut, dann dominieren zunächst die Frontalansichten der Kathedrale, dann folgen die Seiten- bzw. Rückansichten.

Schließlich gibt es eine überraschende Zahl von Fotografien auf der Balustrade des Nordturmes mit den berühmten Gargoyles, wie auf dem „Vampir“ benannten Bild von Charles Nègre, die man ohne größere Schwierigkeiten in die Wirkungsgeschichte von Victor Hugos „Glöckner von Notre Dame“ einordnen kann.

Richtig neutral erkundende Lesarten durch die Fotografie gibt es dagegen nur wenige, vielleicht noch am ehesten die stereoskopischen Fotos von Notre Dame.


Exkurs: Notre Dame in der Stereoskopie

Man kann im Rijksstudio des Amsterdamer Rijksmuseums zahlreiche stereoskope Aufnahmen der Pariser Kathedrale finden. Sie datieren weitgehend in die Zeit des späten 19. Jahrhunderts. Ich habe mehr als 30 derartiger 3D-simulierender Aufnahmen gefunden und in einem Studio zusammengestellt. Hier eine nachträglich etwas kontrastreicher gesetzte anonyme Aufnahme aus der Zeit, in der der jetzt verbrannte Dachreiter gerade auf die Kirche gesetzt wurde:


2019 – Der Brand der Kathedrale und seine/ihre (Miss-)Deutungen

Als am Abend des 15. Aprils 2019 die Flammen am Dachstuhlreiter der Notre Dame de Paris züngelten und sich die ersten Agenturmeldungen weltweit verbreiteten, wussten vermutlich nur wenige, wie sie die Kathedrale einordnen sollten. War sie ein bedeutendes Zeugnis der religiösen Geschichte Frankreichs? War sie ein nationales, zentrales, französisches Symbol? War sie ein rechts-nationales Symbol im Sinne des Rechtsradikalen Dominique Venner, der sich vor 6 Jahren vor dem Altar der Kirche erschossen hatte?[22] War sie für die Pariser Bevölkerung ein identitätsstiftendes Element ihrer Stadt? Kamen die Millionen Touristen tatsächlich wegen Notre Dame nach Paris oder doch nicht eher wegen des Eiffelturms? Die überall zu spürende Betroffenheit suchte nach Erklärungen und Deutungen, sie suchte nach Zeichen und Verantwortlichen. Wer es gewohnt war, in bestimmten Schablonen und Verdächtigungen zu denken, brachte diese schnell in Anschlag (wahlweise Muslime, Freimaurer, Laïcité, Gottesstrafe, Menetekel). Alle diese Schablonen sind aber weniger Lesarten, als vielmehr Projektionen. Wenig sprach dafür, es im konkreten Fall in Anschlag zu bringen. Ich gehe im Folgenden kurz auf einige dieser Projektionen ein.

Die Geldzähler

Die Zeitschrift „WELT“ machte in der Wirtschaftsredaktion kurz nach dem Pariser Brand unter der Überschrift „So teuer war der Bauwahn der katholischen Kirche“ darauf aufmerksam, dass der Bau der gotischen Kirchen den Fortschritt behindert und das Mittelalter verlängert habe, weil die Baumaßnahmen ungebührlich hohe Finanzmittel für nicht produktive Bereiche gebunden hätten.[23] Die WELT beruft sich für ihre Lesart auf eine Thesenreihe zu einer Magisterarbeit, die 2011 in Florida erschienen ist.[24] Nun sind Magisterthesen für eine so weitreichende Schlussfolgerung schon eine sehr dürftige wissenschaftliche Quelle – ohne der Autorin zu nahe treten zu wollen. Die Zeit der Kathedralen ist relativ gut erforscht, kulturgeschichtlich, architektonisch, ökonomisch. Man müsste also mehr dazu sagen können, als dass „die“ katholische Kirche ungeheuerlich viel Geld im Bau von Kathedralen gebunden habe. Nun ist die kulturökonomische Lesart, die etwa Robert Ekelung und andere vorgelegt haben,[25] nicht eo ipso falsch, sie ist vielmehr überaus erhellend. Nur dass sie nicht vom „Bauwahn“ sprechen, sondern von einer geradezu modern anmutenden ökonomischen Logik der katholischen Kirche, ihre Weltmachtstellung zu halten und auszubauen. Sie agiere wie ein „Trust“, um ihr Monopol zu sichern.[26] Und da ordnet sich der Kathedralbau ein, der ein neues Paradigma aufbaue, um die Menschen zu faszinieren:

The creation of architecturally bold and awe-inspiring Gothic cathedrals was itself an astonishing example of how the Church was able to refine its product. Poor and uneducated peasants marveled at the glories of heaven suggested by towering vaulted ceilings and beautiful stainedglass windows and trembled at the fearsome threat of hell reflected in the cold stare of decorative stone gargoyles.[27]

Dieser Lesart wird man folgen können, wenn man beachtet, dass die katholische Kirche nicht so monolithisch ist, wie sie im makro-ökonomischen Blick erscheinen mag. In der Binnendifferenzierung der Bistümer herrscht nicht ein einheitlicher Impuls vor, sondern - das lässt sich bis heute beobachten – ein höchst konkurrenter Überbietungsgestus. Das kann man gut bei George Dubys „Die Zeit der Kathedralen. Kunst und Gesellschaft 980-1420“ nachlesen:

Aus diesem Streben nach individuellem Ansehen erklärt sich auch der Wetteifer, der innerhalb von fünfundzwanzig Jahren sämtliche Bischöfe des königlichen Gebiets ergriff, der etwas später den Erzbischof von Reims veranlasste, … die Gestalt der Vorhalle zu verändern, damit sie noch prächtiger wurde als die neu erbaute Vorhalle des Bischofs von Amiens, seines Rivalen. … Und schließlich feiert die neue Kathe­drale den Wohlstand der gesamten städtischen Siedlung ... In der Kathedrale von Chartres wollte jede Innung der Stadt ihr eigenes Fenster haben. Auf diese Weise flossen riesige Kapitalmengen in die Bauwerke. Ohne den städtischen Wohlstand zu erschöpfen, opferten sie ihn Gott, machten seinen sündhaften Charakter wieder gut und verherrlichten ihn.[28]

Daraus ergibt sich, dass die französischen Kathedralen durchaus ostentative Gesten sind, aber nicht im Sinne eines römischen Monopolsystems, sondern eher im Sinne selbstbewusst agierender regionaler Zeichensetzungen, sozusagen symbolischer Kapitalbildungen, die innerhalb des Trusts „katholische Kirche“ eigenständig agieren. Mit anderen Worten: es brannte am 15. April  nicht das oder auch nur ein Symbol der monopolartig aufzufassenden katholischen Kirche (das erklärt auch die verhaltenen Reaktionen aus dem Vatikan), sondern ein spezifisch französisches, ja Pariser Symbol. Nicht das Herz der Christenheit, sondern etwas spezifisch Französisches war getroffen – und andere Völker litten solidarisch mit.

Die Gotteslästerer

Natürlich kann man den symbolischen Charakter auch ins Unendliche ausweiten, dann wird die menschengemachte Kathedrale zum Zeichen Gottes. „Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?“ spricht Salomo (1. Könige 8, 12f.). Das hindert einige nicht daran, den Brand der „Wohnung Gottes“ als ein göttliches Zeichen der gottverlassenen Gesellschaft zu deuten. Zu den heute schon beinahe endemisch auftretenden Gotteslästerern, die im Namen Gottes Gott zum Instrument ihrer Gewaltphantasien machen, habe ich an anderer Stelle in diesem Magazin geschrieben: „Der missbrauchte Gott. Zur poliitischen Bildertheologie der Reaktion“.

Die Verschwörungstheoretiker

Es gibt immer wieder Äußerungen zum Geschehen in Paris, bei denen man sich fragt, ob die Betreffenden schlicht verblödet, gestört oder wirklich so bösartig sind, wie sie sich darstellen. Natürlich kann eine Brandstiftung durch Moslems nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Genauso wenig wie eine Brandstiftung durch Homosexuelle wegen der Haltung der katholischen Kirche zur Ehe für Alle. Oder eine Brandstiftung durch die katholische Kirche, um vom Missbrauchsprozess abzulenken. Oder eine Brandstiftung durch Gelbwestler, weil die ja gerade im Krawallmodus sind und zudem unter den Arbeitern auf dem Turm kaum auffallen würden. Es fallen einem so viele potentielle Brandstiftungsverdächtige ein, dass es einen Roman füllen würde. Ich finde ja auch die Außerirdischen gute Kandidaten, wir wissen ja, dass sie gerne Brandstrahlen auf die Erde richten. Der verschwörungstheoretische Gestus, xyz könne aber doch auch nicht ausgeschlossen werden, ist reflexionslos. Der im Leserkommentar zitierte Blog wird der Altright-Bewegung zugerechnet. Das im Artikel zu findende Zitat von Jean Clair lautet in anderen Quellen anders, etwa in der Süddeutschen:

Der Kunsttheoretiker und ehemalige Direktor des Musée Picasso wiederum, Jean Clair, sieht sein Land sogar schon an der Pforte der Hölle stehen, denn dieser Brand, schreibt er, sei nur die spektakuläre Beschleunigung des schon kaum mehr wahrgenommenen kontinuierlichen Niedergangs der Kultur zum banalen Plaisir.[29]

Das mögen die apokalyptischen Visionen eines Kunsthistorikers angesichts der fortdauernden Spaßgesellschaft sein, aber dadurch treffen sie noch nicht zu. Kulturpessimismus ist noch keine Prophetie. Man könnte im Gegenteil den nun erfolgenden Wiederaufbau als Symbol eines geeinten Europas deuten, das wäre genauso (un)plausibel.

Bleibt noch der verschwörungstheoretische Witz mit dem Islam als der größten Religionsgemeinschaft in Frankreich. Zerohedge schreibt:

The results of French secularism are visible. Christianity has been almost completely wiped out from public life. Churches are empty. The number of priests is decreasing and the priests that are active in France are either very old or come from Africa or Latin America. The dominant religion in France is now Islam.

Da 51% der Franzosen der katholischen Kirche angehören, 31% keiner Religion und nur 9% Muslime sind, wird diese Lesart der religiösen Verhältnisse in Frankreich kaum vernünftig genannt werden dürfen.

Die Leichenfledderer

Es gibt auch jene, die von der Kirche Notre Dame leben, die sozusagen ein parasitäres Verhältnis zu ihr haben. Das sind u.a. die Guides, die die Touristen aller Länder in und durch die Kathedrale schleusen und mit Informationen versorgen. Wir hatten ja schon bei Mark Twain erfahren, dass er sich einen solchen Anekdoten erzählenden, von ihm Ferguson genannten Guide zugelegt hatte (in Wirklichkeit hieß er Billfinger, aber das war Twain zu blöd). Heute ist die Kultur der Guides eine ganze Kulturindustrie, die man für nichts und alles buchen kann. Und ähnlich wie bei Mark Twain weiß man nie, wie es um die Kompetenzen dieser Kulturvermittler bestellt ist. Ich greife einmal einen etwas willkürlich heraus, nämlich getyourguide. Dort finde ich Folgendes:

Ja natürlich überlebte die Kathedrale die französische Revolution, die Hugenotten und den 2. Weltkrieg. Und zwar exakt in dieser Reihenfolge. Aber weder die Hugenotten noch der 2. Weltkrieg waren eine Gefährdung für die Kirche. Hätte sein können, war aber nicht. Und im Rahmen der französischen Revolution wurde sie zwar geplündert, aber auch zum Tempel der Vernunft gemacht. Überstanden hat die Kirche vor allem die Nachlässigkeit der Mitmenschen, die sich um ihren Erhalt nicht gekümmert haben. Und das gilt 1830 wie 2019. Die umfangreiche Restauration, wir haben es schon gelesen, wurde von anderen als schreckliche Verschandelung begriffen.

Es geht aber noch lustiger. Ohne Superlative scheint kein Guide auszukommen, immer geht es um die berühmtesten und bedeutendsten Dinge, in diesem Fall um „Relikte“ für „Anhänger der Religion“. Das klingt schon sehr distanziert (und unbedarft: ein ‚Kruzifix‘, an dem Jesus gekreuzigt wurde). Kann man sich als Tourist ja dennoch angucken. Und nun zeigt sich, dass die „Relikte“ sogar noch wundertätig sind, denn es gelang ihnen persönlich, das Feuer zu überleben. Das wird den Feuerwehrkaplan wundern, der sie unter Einsatz seines Lebens gerettet hat. Und „leben“, das ist ihnen sozusagen eingeschrieben, vermögen Reliquien als das nach dem Leben Übrigbleibende gerade nicht.

Jedenfalls würde ich den Erzählungen von Guides, die in so wenigen Zeilen schon so viel Unsinn verbreiten und in ihrer Sprache ein solch distanziertes Verhältnis zum vorzustellenden Gegenstand zum Ausdruck bringen, kaum Glauben oder gar Zeit schenken.


2019 – TripAdvisor II

Mehr als 69.000 Bewertungen mit 44.000 Fotos bietet TripAdvisor dem Interessierten zum Thema Notre Dame de Paris.[30] Neunundsechzigtausend Lesarten mit einem umfassenden Spektrum und natürlich extrem vielen Überschneidungen. 4,5 von fünf möglichen Punkten bekommt das Gebäude und steht damit auf Platz zwei der Pariser Sehenswürdigkeiten, nach dem Musée d’Orsay, noch vor dem Louvre (der freilich mehr, nämlich über 94.000 Bewertungen hat) und dem Eiffelturm (mit 124.000 Bewertungen).

TripAdvisor ist eine Touristikwebsite, die dem Nutzer individuelle Erfahrungsberichte bietet, um den Urlaub zu planen.[31]

Das ist das Mantra der Social-Media-Welt: individueller Erfahrungsaustausch – nicht mehr das Urteil abgehobener Eliten. Was aber ist „individuell“ an diesen Erfahrungsberichten? Subjektive Erfahrungsberichte träfe es besser, den individuell im Sinne von „sich von anderen unterscheiden“ sind die Erfahrungsberichte ganz und gar nicht. Denn niemand, der den 69.001 Kommentar zu Notre-Dame abgibt, kann meinen, er würde zu irgendeinem Erkenntnisgewinn oder zu einer neuen Lesart des Gebäudes beitragen. Das konnte vielleicht noch Mark Twain glauben, wenn er 1867 für die wenigen englischsprachigen Touristen in Paris schrieb (aber eigentlich mehr für jene seiner Landsleute, die niemals nach Paris kommen würden). Als eine Art Reise-Tagebucheintrag wäre die TripAdvisor-Bemerkung auf dem eigenen Blog besser platziert und auch für die eigene Erinnerung hilfreicher. Aber die Menschen drängt es auf den Marktplatz der Geschmacksurteile über Reiseziele. Und diese Geschmacksurteile sind von vielen Faktoren abhängig: vom Wetter, von der Tageszeit, von den anderen Besuchern, von Tauben und Dieben, von der Tageshelligkeit usw. In den seltensten Fällen sind es sachbezogene Urteile über die Sehenswürdigkeit selbst. Alles „verkümmert zur dürftigen Alternative des Für oder Gegen“ (Theodor W. Adorno). Hier reicht es in der Regel nur zu „schön“, „überwältigend“ oder eben „nicht schön“ oder „enttäuschend“:

Und dabei ist die extreme Wiederholungsrate des Immergleichen schon erschreckend. Zu viele Touristen, Warteschlange zu lang, Eintritt kostet nichts, Kirche ist schön, aber dunkel. Punktum. Damit wären 95% der Bewertungen abgehandelt. Bleiben ein paar inhaltliche Wertungen oder Vergleiche.

Etwa der, dass einem die nach 1666 gebaute Kathedrale St. Paul in London besser gefällt als die nach 1163 erbaute Kathedrale Notre Dame in Paris. Das ist die Logik, die Neo-Romanik besser findet als Romanik oder in diesem Fall: Klassizistischen Barock an Stelle von Gotik. Sinnvoll sind solche Vergleiche kaum. Manchmal kommt es noch besser, wenn imaginäre Kathedralen zum Vergleich herangezogen werden. Oder wenn man auf Gebäude wie Westminster Abbey Bezug nimmt, die nur entstanden sind, weil es Notre Dame gab. Die Kritik an den Kerzen als Ausdruck von Disney World kann wohl nur ein amerikanischer Tourist äußern, jedem Katholiken auf dieser Welt wäre der Zusammenhang von Opferkerzen und katholischer Kirche einsichtig. Apropos Disney World: Quasimodo taucht immer wieder in den Kommentaren auf, selten so deutlich wie im nebenstehenden, in dem gefordert wird, Notre Dame doch etwas mehr Disney-Like einzurichten. Man wolle schließlich sehen, wo Quasimodo gelebt habe.


Fazit

Wie wird eine Kathedrale gelesen?

Die vorstehenden Notizen konzentrierten sich auf jenen Zeitabschnitt der jüngeren Geschichte, in dem sich der Tourismus als eminenter Teil der Kulturindustrie entwickelt und schließlich durchsetzt. Die touristischen Aspekte überlagern jeden ursprünglichen Bedeutungsgehalt und reduzieren das Urteil zunehmend auf die Logik der Questionaires in Illustrierten: Gefällt es oder gefällt es nicht.

Oder wie schrieb eine Zeitung: der Trend geht zum Daumen-System.


Anmerkungen

[2]    Hollenweger, Walter J. (1977): Schöpferische Liturgie. In: Rainer Bürgel (Hg.): Umgang mit Raum. Dokumentation über den 16. Evangelischen Kirchbautag Kassel 1976. Gütersloh: Mohn, S. 89–98.

[3]    Hoffmann von Fallersleben, Unpolitische Lieder 2, S. 132.

[4]    Vgl. zur Mühlen, Bernt Ture von (2012): Hoffmann von Fallersleben. Biographie. Wallstein Verlag GmbH: „Mit dem Studienfreund aus alten Tagen, Karl Simrock … machte er sich nach Koblenz auf. Eine Theateraufführung von Victor Hugos ‚Der Glöckner von Notre-Dame‘, bei der es zu heftigen Auseinandersetzungen im Publikum kam, war der dürftige Höhepunkt dieses Besuches.“

[5]    Hoffmann von Fallersleben, Mein Leben, Band 3.

[6]    Twain, Mark (1875): Die Arglosen auf Reisen. Unter Mitarbeit von Moritz Busch. Leipzig: Fritz Wilhelm Grunow (Amerikanische Humoristen, 4). S. 180-183.

[7]    D'Eramo, Marco (2018): Die Welt im Selfie. Eine Besichtigung des touristischen Zeitalters. Unter Mitarbeit von Kempter, Martina (ÜbersetzerIn). Berlin: Suhrkamp. S. 43.

[8]    Ebd.

[9]    Theodor W. Adorno, Minima Moralia, GS 4, S. 255.

[10]   Die Arglosen, a.a.O., S. 161. Wenn ich es recht sehe, zählt Twain hier die Stationen der Fahrt rückwärts auf. Wenn er am Gare de Lyon ausgestiegen ist und im Grand Hotel Louvre wohnte, dann muss er über die Julisäule und den Louvre-Platz zur Rue de Rivoli gefahren sein, nicht umgekehrt. Das Grand Hotel, unmittelbar an der Rue de Rivoli gelegen, war seinerzeit hypermodern (mit Badezimmern und dampfgetriebenen Aufzügen), es wurde vor 1855 auf Anordnung von Baron Haussmann erbaut und diente bis 1887 als Hotel. Nach und nach wurde es in ein Kaufhaus umgewandelt.

[11]   Baedeker, Karl (1867): Paris and northern France. Handbook for travellers. 2. ed., rev. and augm. Coblenz: Baedeker. Der Baedeker sieht eine „Lektürezeit = Besuchszeit“ von 14-16 Tagen für Paris vor. Vgl. S. XXIf.

[12]   Wikipedia, Art. Karl Bedeker, https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Baedeker

[13]   Murray, John (1866): A Handbook for Visitors to Paris. Containing a Description of the most remarkable Objects in Paris. 2. Aufl. London: John Murray.

[14]   Baedeker, Ebd. S. 103.

[15]   Es ist ganz interessant, das mit der aktuellen Ausgabe des Baedeker zu vergleichen.

[16]   Baedeker, S. 103.

[19]   Faber, Gustav (1980): Schatzkammer Europa. Der ADAC-Wegweiser zu den Kostbarkeiten der beliebtesten Reiseländer. Stuttgart: Verl. Das Beste.

[20]   Für ADAC-Mitglieder arbeitete eine spezielle Arbeitsgruppe seinerzeit kostenlos komplette Reiserouten aus. Ich erinnere mich, dass mir der ADAC umfangreiche, per Hand eingezeichnete Routen übersandte, was ich auf meiner Europa-Reise alles besuchen müsse. Tatsächlich erwiesen sich diese Routen – aus einer zeitlichen Distanz von 40 Jahren betrachtet – als außerordentlich gut und kulturell bildend.

[21]   Gautrand, Jean-Claude (Hg.) (2011): Paris. Portrait d'une ville ; portrait of a city ; Porträt einer Stadt. Köln: Taschen.

[24]   Denning, Amy (2012): How Much did the Gothic Churches Cost? An Estimate of Ecclesiastical Building Costs in the Paris Basin between 1100-1250. Magisterthesen. Wilkes Honors of Florida Atlantic University, Jupiter, Florida.

[25]   Ekelund, Robert B.; Hébert, Robert F.; Tollison, Robert d. (2006): The marketplace of Christianity.

[26]   Ekelund, Robert B.; Tollison, Robert d.; Anderson, Gary M.; Hebert, Robert F.; Davidson, Audrey B. (1996): Sacred Trust. The Medieval Church as an Economic Firm. New York: Oxford University Press.

[27]   Ebd. S. 139.

[28]   Duby, Georges (1994): Die Zeit der Kathedralen. Kunst und Gesellschaft 980-1420. 2. Aufl. Frankfurt am Main: Suhrkamp (Suhrkamp-Taschenbuch Wissenschaft, 1011). S. 193f.

[30]   Stand 26.04.2019

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/119/am666.htm
© Andreas Mertin, 2019