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Magazin für Theologie und Ästhetik


Die Playmobibel

Die Sintflutgeschichte nach P, J und PL (Playmobil)

Daniel Schüttlöffel

Verkaufsschlager "Arche Noah"

Im Jahr 2003 lancierte Playmobil die Spielpackung "Arche Noah": Ein Schiff mit Tierpaaren, zwei menschlichen Figuren, Utensilien zur Fütterung und Pflege der Tiere und ein sechssprachiges illustriertes Beiheft mit der Sintflutgeschichte.

Die "Arche Noah" erwies sich als überaus erfolgreiches Produkt: Sowohl im Erscheinungsjahr als auch 2004 verkaufte sich die Playmobil-Arche im sechsstelligen Bereich. Lieferengpässe waren und sind an der Tagesordnung - nicht nur in der Weihnachtszeit.

Der Verkaufserfolg geht einher mit Auszeichnungen wie "spiel gut" (2003) und dem "Goldenen Schaukelpferd" (2004).{1}

Wie der Erfolg begründet werden kann

Erstens ist Playmobil von jeher ein erfolgreiches System-Spielzeug gewesen, bei dem "eins zum anderen passt". Auch die Arche fügt sich nahtlos in das System ein: Die Tiere sind die gleichen, die es in Bauernhof- und Zoopackungen gibt, Noah und seine Frau könnten mit anderen Kopfbedeckungen als Indianer oder Rennfahrer durchgehen. Die Arche selbst verfügt über zahlreiche "Anklickpunkte", an denen die Hände der Figuren oder Utensilien wie Laternen oder Besen befestigt werden können. Nicht zuletzt ist sie wie alle Playmobil-Schiffe badewannentauglich und kann (welch Anachronismus ;-) mit dem elektrischen Antriebsmodul nachgerüstet werden.

Zweitens enthält die Spielpackung zahlreiche Tierfiguren - was Kinder sehr attraktiv finden: Die Studie "Erlebniswelten von Kindern" des Instituts für Jugendforschung ging 2002 gemeinsam mit Roland-Berger-Marketresearch der Frage nach, was Kinder im Alter von 6-12 Jahren "ganz spannend" finden.{2} Dabei stehen "Haustiere" und "Wilde Tiere" ganz oben auf der Beliebtheitsskala: 79% der Mädchen begeistern sich für "Haustiere" (Platz 1 in der Rangliste der spannendsten Themen). Bei den Jungen führen die "Dinosaurier" (70%), "Haustiere" finden immerhin noch 50% "ganz spannend". "Safari/Wilde Tiere" sind mit 56 bzw. 59% bei Mädchen und Jungen gleichermaßen beliebt. In der Altersgruppe der 9-10jährigen belegen die Themen "Haustiere" und "Wilde Tiere" bei Jungen und Mädchen beide Toppositionen.

Drittens wird der Packung die Sintfluterzählung zu Grunde gelegt. Diese spricht als religiöse Geschichte im Speziellen eher in der christlichen Tradition verwurzelte Menschen an - darunter sicher viele Großeltern, die zwar weniger zu den Spielenden aber umso mehr zu den Kaufenden zählen. Als Bestandteil des Bildungs- und Kulturguts im Allgemeinen erzeugt sie aber vermutlich auch bei Nicht-Christen einen Wiedererkennungseffekt, der sich positiv auf das Kaufverhalten auswirkt.

Fragestellung

Gerade weil Playmobil nicht die Absicht hat, sich an der religiösen Erziehung von Kindern zu beteiligen, erscheint es mir spannend, die Playmobil-Arche hinsichtlich ihres potenziellen impliziten Beitrags zur religiösen Entwicklung des Kindes zu untersuchen. Auf der Basis der Ergebnisse eines synoptischen Vergleichs{3} der Playmobil-Spielelemente und des Beiheftes (Text und Illustrationen) mit dem Bibeltext (rev. Lutherübersetzung von 1984, aufgegliedert nach P und J) sollen im Folgenden potenzielle Einflüsse der Playmobil-Arche auf die kindliche Wahrnehmung der Sintflutgeschichte sowie auf die Entwicklung von Gottesvorstellungen beschrieben werden.

Der Fokus der Sintflutgeschichte in der Bibel ...

Die biblische Fluterzählung will von ihrem Ende her im Kontext der Schöpfung gelesen werden: Im Anfang schuf Gott die Welt, und er schuf sie so, dass sie sehr gut war.

Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe: Es war sehr gut. (Gen 1,31)

Eines der Geschöpfe, der Mensch, aber befreite sich - selbstverschuldet - aus der "fürsorglichen Bevormundung des Schöpfers in eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung".{4} In der Folge war sein Leben ambivalent: Auf der einen Seite war der Mensch "Gott gleich", befähigt zu schöpferischer und gestalterischer Tätigkeit, auf der anderen Seite konnte der selbstständige Mensch in seinem Leben und Handeln scheitern.

Die Bibel beschreibt das Scheitern des Menschen: War Kains Brudermord noch die Einzeltat eines Individuums, wendet sich bald der Großteil der Menschheit in seinem Handeln ganz dem "Schlechten", dem Lebensfeindlichen zu - und stellt so den Sinn der Erschaffung des Lebens in Frage (ebd., 440).

Da sah Gott auf die Erde, und siehe: Sie war verderbt. Denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden. (Gen 6,12)

Gott aber gibt seine Schöpfung nicht auf. Er beschließt - gnädig - einen Neuanfang, und "ersieht" Noah als "Gerechten" (ebd, 440, Zeile 24), der zusammen mit seiner Familie zum Ausgangspunkt dafür werden soll. Im Unterschied zur ursprünglichen Schöpfung aber wird Noah von Anfang an autonom sein. Für das Leben nach der Flut wird die beschriebene Ambivalenz im Leben konstitutiv sein, inklusive der ihr eigenen positiven und negativen Widerfahrnisse, Gedanken und Handlungen. - Man könnte sagen, Gott findet sich mit dieser grundsätzlich zu erwartenden Ausgangslage ab, wenn er mit Noah den Bund (berith) aufrichtet, der besagt, dass Gott nie wieder das Leben auf der Erde grundlegend ausrotten will:

Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. (Gen 8,21b-22)

Als Bundes(erinnerungs-)zeichen, dass auch für alle zukünftigen Generationen sichtbar sein soll, legt Gott seinen "Kriegsbogen" ab und stellt ihn als Regenbogen in den Himmel.

Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich geschlossen habe zwischen mir und euch und allem lebendigen Getier bei euch auf ewig: Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde. (Gen 9,12f)

Die Flut selbst erscheint in diesem größeren Zusammenhang als notwendiges, fast schon nebensächliches Übel, um den "Neuanfang unter anderen Bedingungen" einleiten zu können. Entsprechend beschränkt sich der biblische Text bei ihrer Beschreibung auf die für die Pointe wichtigen Aussagen:

1. Das Wasser überspülte alles, selbst die höchsten Berge.
2. Die Arche aber fuhr auf den Wassern.
3. "Alles, was Odem des Lebens hatte auf dem Trockenen, das starb." (Gen 7,22)
4. "Allein Noah blieb übrig und was mit ihm in der Arche war." (Gen 7,23b)

... und bei Playmobil

Playmobil kündigt in seiner Version der Sintfluterzählung ein großes Abenteuer an [2]{5}, dessen Helden Noah und seine Familie sind. Diese zeichnen sich durch ihren liebevollen Umgang mit ihren Mitgeschöpfen - Menschen und Tieren - aus und werden deshalb zu Auserwählten [6], die von der bei Gott beschlossenen Bestrafung6 der ansonsten boshaften Menschheit [3] durch eine "riesige Flut" [5] vorab in Kenntnis gesetzt werden. Sie bekommen von Gott den Auftrag, ein großes Rettungsboot, eine "Arche" zu konstruieren, in der außer ihnen je ein Paar von allen Tierarten Platz findet [7, 8].

Auf diese Einführung in die Erzählung und ihre Protagonisten folgen neun Szenen, die jeweils auf einer Doppelseite dargestellt werden und den Handlungsverlauf gliedern: [11f] Noah baut die Arche, unbeirrt vom Spott der bösen Menschen.

[13] Die Vorräte werden verladen.
[14f] Die Tiere, Noah und seine Familie gehen an Bord.
[19] Die Flut steigt, die Arche schwimmt. (Spielort: Badewanne, Sandkiste)
[21] Täglich werden die Tiere gefüttert.
[26f] Als die Arche aufsetzt, verlassen alle Tiere ihre Käfige und laufen aufgeregt hin und her.
[29] Tauben werden ausgesandt und kehren zurück.
[33] Alle verlassen die Arche.
[34] Ein fröhliches Fest wird gefeiert.

Dramaturgisch haben alle Szenen einen narrativen, das Geschehen betonenden und die Handlung vorantreibenden Charakter, der Kinder zum Mit- oder Nachspielen einlädt. Diese Einladung wird durch je eine Illustration verstärkt, die Anregungen zum konkreten Aufbau der Szene gibt.

Inhaltlich liegt ein Schwerpunkt auf Noah und seiner Familie, die arbeiten und durchhalten [11f, 13], organisieren und Verantwortung für ihre Mitgeschöpfe übernehmen [13, 14f, 21], Aufgaben delegieren [29] - und ihre Freude über die Rettung in einem ausgelassenen Fest zum Ausdruck bringen [34].

Einen zweiten Schwerpunkt bilden die Tiere, die während des Verladens der Vorräte immer zutraulicher werden und sich allmählich der Arche nähern [13], diese schließlich als Rettungsboot annehmen [14], sich im Sturm aneinander kuscheln [21], nach dem Aufsetzen neugierig sind [27], Hauptakteure bei der Erkundung des Wasserstandes sind [29], die Arche verlassen [33] und zusammen mit Noah ihre Rettung feiern.

Die beiden Schwerpunkte verbinden sich von Anfang an zu einem gemeinsamen Thema: dem liebevollen Miteinander innerhalb der Schöpfung. Zu dieser Verbindung tragen auch die Illustrationen und die Auswahl der Spielelemente bei: So zeigt ausnahmslos jedes Bild sowohl Noah und seine Frau als auch einige Tiere, und von den 54 Spielelementen sind allein 29 Tiere, 12 Vorräte und Vorratsbehälter und schließlich 2 (fütternde und pflegende) Menschen.

Dass Playmobil vor allem den liebevollen Umgang der Menschen mit den Tieren im Auge hat, kann einer Presseerklärung entnommen werden: "Ein harmonisches Miteinander sowie verantwortungsbewusstes Handeln gegenüber Tier und Umwelt können von Kindern im Spiel mit der PLAYMOBIL-Arche Noah trainiert und erlernt werden." (Playmobil-Pressestelle, Juni 2003)

Das "harmonische Miteinander" besteht aber auch zwischen den Tierarten: Gezeigt und beschrieben wird, wie die Tiere sich "geduldig anstellen" und "sich ihren Platz auf der Arche suchen" [14], wie sie sich aneinander kuscheln [21] und letztlich gemeinsam ein Fest feiern. - Die Arche als idyllisches Tierparadies.

Das eher naturbetonte Thema "Harmonie innerhalb der Schöpfung" wird gleichermaßen ergänzt und kontrastiert durch den an der Arche angebrachten Verladekran: Mit seiner Hilfe schaffen Noah und seine Frau die reichhaltigen Vorräte an Bord [11], gleichzeitig hält mit dem Kran ein funktional-technisches Moment Einzug in die ansonsten naturbetonte Idylle. Dass dieses Moment Playmobil wichtig ist, wird deutlich, wenn man weiß, dass der Kran nicht aus dem vorhandenen Sortiment des Systems übernommen werden konnte und daher eine Neukonstruktion speziell für die Arche ist. Er wird außerdem im TV-Werbespot und auf den Detailabbildungen der Verkaufspackung hervorgehoben. M.E. erhöht sich der Spielwert der Arche Noah durch den Verladekran enorm, zumal er gut an die Tierthematik angebunden wird. Zugleich werden möglicherweise die Kinder angesprochen, die nicht zu denen gehören, die Tiere "ganz spannend" finden.

Der Bibel sind die Beziehung zwischen Gott und seiner Schöpfung wichtig, außerdem Begründung und Folge der Flut und das Konzept für den Neuanfang. Eine narrative Ausgestaltung der Flutgeschichte erfolgt vor allem im letzten Teil (Aussendung der Taube).

"... für Noah und seine Familie gibt es noch keine Ruhe. Sie brauchen viele Vorräte. Mit dem Ladekran hieven sie die schweren Kisten und Körbe an Bord. [...] Sorgfältig wird alles im Laderaum verstaut." (S. 11)

Obgleich die biblische Vorlage durch die beschriebene inhaltliche Schwerpunktsetzung insbesondere des Beiheftes eine Verzerrung erfährt, ist in vielen Details der Spielelemente eine starke Nähe zur biblischen Vorlage zu erkennen:

So sind nicht nur Tauben sondern auch der in Gen 8,7 genannte Rabe, den Noah vor der ersten Taube zur Erkundung ausschickt, Bestandteil der Packung. Und sowohl Tauben als auch Raben gibt es als sitzende und fliegende Tiere. Ein Ölzweig (Gen 8,11) liegt ebenfalls bei - aber nur Noah und seine Frau können diesen in die Hand nehmen, eine Ansteckmöglichkeit an den Schnabel der Taube fehlt.

An der Arche selbst finden sich die meisten der in der Bibel genannte Merkmale (Gen 6,14-16). Wenngleich die Proportionen nicht stimmen (300 Ellen lang, 50 Ellen breit, 30 Ellen hoch - quasi ein Lastkahn oder ein flaches Containerschiff), so ist die Playmobil-Arche doch als Holzschiff gestaltet, verfügt über drei Stockwerke, die (z.T.) mit Kammern ausgestattet sind. Die Tür ist tatsächlich in der Mitte einer Längsseite, und auch das Fenster ist vorhanden, das Noah öffnet, um die Vögel auszusenden (Gen 8,6).

Was an Spielelementen fehlt, wird auch im Beiheft nicht erwähnt und kann verschmerzt oder (in sehr auf den Wortlaut des biblischen Textes bedachten Haushalten) anderweitig beschafft werden:

Noahs drei Söhne Sem, Ham und Jafet (Gen 6,10) und ihre Frauen finden sich wahrscheinlich schnell im bereits vorhanden Spielzeuginventar, ebenso einige böse Menschen.

Als Opferaltar (Gen 8,20) kann ein Bauklotz oder (noch näher am Bibeltext) ein kleiner Feldstein aufgestellt werden. - Wobei sich die Frage stellt, ab welchem Alter man Kinder mit der Praxis des alttestamentlichen Brandopfers vertraut machen möchte. Die beiliegende Feuerstelle kann m.E. nicht mit dem Opfer nach der Rettung in Verbindung gebracht werden - dann hätte Playmobil der Packung auch opferfähige Tiere in der Größenordnung "sieben Paar" (Gen 7,2) beilegen müssen ;-).

Der Regenbogen würde als riesiges Hartplastikgebilde die Packung nur unnötig verteuern - eine nette Dreingabe wären (bei gleichzeitiger Betonung im Beiheft) hingegen sechs Chiffontücher in den Regenbogenfarben oder eine Ausmalvorlage mit farbigen Stiften, die auch über die Arche hinaus Spielspaß böten.

Welches Gottesbild Playmobil transportiert

Wenn wir nach dem Einfluss der Playmobil-Arche auf die religiöse Entwicklung des Kindes fragen, so muss die kindliche "Beziehung zu einem Letztgültigen (Gott) als qualitatives Hauptmerkmal religiösen Bewusstseins"{7} in den Blick genommen werden.

Die Entwicklung der Gottesbeziehung (und damit zusammenhängend der Gottesvorstellung) ist ein lebenslang unabgeschlossener Prozess. Er wird u.a. gesteuert durch die Verarbeitung religiös-narrativer Präsentationen (z.B. Texte und Bilder in Kinderbibeln), die beispielsweise beim kindlichen (Rollen)Spiel stattfindet. Konkret: Wenn Kinder im Playmobil-Beiheft lesen und Illustrationen betrachten, und wenn sie mit den Figuren die Sintflutgeschichte nachspielen, entwickeln sie ihre Vorstellung von Gott weiter - oder noch einmal allgemeiner: bringen sie "jenes Regelsystem zur Aktualisierung, das ihr Verhältnis zu einem Letztgültigen ausmacht."{8} Das "Regelsystem" ist nicht als eine Anhäufung von memoriertem Wissen über Gott zu verstehen sondern als latent vorhandenes Muster, das mit konkreten Erfahrungen abgeglichen und - wenn nötig - angepasst wird.

Der Beitrag Playmobils zur Ausdifferenzierung des "Musters der kindlichen Gottesvorstellung" ist ein direkter und indirekter, besteht in Auslassungen{9} und Impulsen, die im Folgenden benannt werden sollen.

1. Auslassungen

Beschrieben wurde im vorangegangenen Abschnitt die Fokusverschiebung weg vom Verhältnis zwischen Gott und seiner Schöpfung hin zum harmonischen Miteinander innerhalb der Schöpfung. Dazu scheint zu passen, dass sich viele Nennungen Gottes in der biblischen Sintflutgeschichte in der Textfassung von Playmobil nicht wiederfinden.

Playmobils Einleitung [2, 3] offenbart im synoptischen Vergleich die latente Grundstimmung des ganzen Textes: So viel Gott wie nötig - aber so wenig Gott wie möglich.

Darstellung des bibl. Textes (P)

Darstellung des Playmobil-Textes

Gen 6,9b: Noah war ein frommer Mann und ohne Tadel zu seinen Zeiten; er wandelte mit Gott.

[2] Noah und seine Familie leben glücklich und friedlich und sind lieb zu Menschen und Tieren.

Die Bibel betont Noahs vertikale Beziehung (die Beziehung zwischen Mensch und Gott, das Leben mit Gott als Gegenüber): Noah wird in der Bibel mit den Stichworten "fromm", "ohne Tadel", "Wandeln mit Gott" beschrieben. Playmobil hingegen denkt von Noahs horizontalen Beziehungen (die Beziehungen des Menschen zu seinen Mitmenschen und Mitgeschöpfen) her und bringt Noahs friedlichen und liebevollen Umgang mit Mensch und Tier mit seinem glücklichen Leben in Einklang.

Im Anschluss an die Charakterisierung Noahs wird Gott von P ein Urteil über die übrige Menschheit{10} in den Mund gelegt, die als verderbt und voller Frevel beschrieben wird:

Darstellung des bibl. Textes (P)

Darstellung des Playmobil-Textes

11 Aber die Erde war verderbt vor Gottes Augen und voller Frevel
12 Da sah Gott auf die Erde, und siehe, sie war verderbt; denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.

[3] Die anderen Menschen tun viel Böses und bringen damit Kummer und Leid auf die Erde.

Freveltaten sind "primär im sozialen Bereich beheimatet"{11}, sind Gewalttaten, die z.B. in Blutvergießen oder Vergewaltigung bestehen. In diesem Kontext liegt die Betonung auf der gewaltsamen "Pervertierung der guten Schöpfung" (ebd., 1059): Was Gott gut angelegt hat, wird vom Menschen verderbt. Verderbt ist auch der Mensch selbst, da er für sein göttlichem Willen zuwiderlaufendes Handeln die volle Verantwortung trägt.{12} Die Anknüpfung an den aus der paradiesischen Behütung entlassenen Menschen (s.o.) spiegelt sich in diesen Worten.

Dem gegenüber fällt der auktoriale Erzähler in der Playmobil-Textfassung das (ähnlich vernichtende) Urteil über die Menschheit selbst. Er verschweigt den göttlichen Bezug, weist aber im Gegenzug auf die Perspektive derer hin, die das Böse ertragen müssen - damit spricht er auch seine kindliche Zielgruppe an, die sich als "Kleine und Schwache" oftmals in der Opferrolle wiederfinden.

Zahlreiche biblische Belege für Noahs vertikale Beziehung werden im Folgenden bei Playmobil ausgeblendet. Darunter sind Handlungen Gottes, die er im Hinblick auf die Menschen vollzieht bzw. die kommunikativen Charakter haben: Gottes genaue Anweisungen zum Bau der Arche (Gen 6,14-16) werden nicht wiedergegeben, auch nicht sein Auftrag, von aller essbaren Speise etwas mitzunehmen (Gen 6,21).{13}

Gottes menschlich anmutende Züge werden ebenfalls verschwiegen: In Gen 6,6 "reute es ihn, dass er die Menschen gemacht hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen". In Gen 8,1 "gedachte Gott an Noah und an alles wilde Getier und an alles Vieh, das mit ihm in der Arche war, und ließ Wind auf Erden kommen und die Wasser fielen."

Schließlich wird bei Playmobil auch weitestgehend auf die Erwähnung Gottes nach der Rettung verzichtet: Gott gibt keine Anweisungen, die Arche zu verlassen, sich auf Erden zu regen, fruchtbar zu sein und sich zu mehren (Gen 8,15-17). Er riecht auch nicht den lieblichen Geruch des (bei Playmobil nicht dargebrachten) Brandopfers (Gen 8,21a) - und beschließt in seinem Herzen auch nicht die Bundeszusage: "Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." (Gen 8,21b- 22)

Auf Gottes Bundeszeichen, den Regenbogen, verzichtet Playmobil dennoch nicht - er wird als dekoratives Element in den Text und die Illustration aufgenommen: "[30] Die Sonne scheint wieder und ein Regenbogen schmückt den Himmel." (Dass die Reihenfolge seiner Farben nicht korrekt ist, ist für ein Heft für die Kinderhand bedauerlich, theologisch aber nicht weiter schlimm.)

Einfluss auf die oben erwähnte Ausdifferenzierung des "Musters der kindlichen Gottesvorstellung" nehmen die belegten Auslassungen erst dadurch, dass sie als Korrektiv zu den potenziell direkt wirksamen Impulsen fehlen, die im Folgenden angeführt werden sollen.

2. Impulse

Zu den Auslassungen gegenüber stehenden Impulsen kann vorausschickend gesagt werden, dass sie ausschließlich dem Text des Beiheftes entstammen; weder liegt der Packung eine Spielfigur "Gott" bei, noch findet man Gott in den Illustrationen des Beiheftes. Auch dem Text können keine Angaben zum "Aussehen Gottes" entnommen werden - wohl aber Hinweise auf Gottes Wesen, insbesondere im Hinblick auf sein Verhältnis zum Menschen.

Die Nennungen Gottes finden sich mit einer Ausnahme{14} am Anfang der Geschichte:

[3] ... die anderen Menschen tun viel Böses und bringen damit Kummer und Leid auf die Erde.
[4] Deshalb beschließt Gott sie zu bestrafen
[5] und eine riesige Flut zu schicken.
[6] Nur Noah und seine Familie will er retten.
[7] "Bau ein großes Schiff, eine Arche mit Platz für dich, deine Familie
[8] und je ein Paar von allen Tieren", sagt Gott zu Noah.
[10] Noah tut, was Gott ihm befohlen hat.

Eine Analyse der verwendeten Verben lässt eine Tendenz der vorherrschenden Gottesvorstellung erkennen: Gott beschließt zu bestrafen und eine Flut zu schicken, er will retten, er spricht zu Noah und befiehlt. Gezeichnet wird das Bild eines dreifach mächtigen Gottes: Er fasst Beschlüsse und erteilt Befehle. Er richtet über die Menschen, bestraft die einen und rettet die anderen. Er gebietet den Wasserfluten.

Gott erscheint durch seine Handlungen als übermenschlicher Herrscher und Richter über die Welt. Seine Kommunikation mit den Menschen ist eine vertikale Einbahnstraße: Seine Befehle werden befolgt und nicht hinterfragt. Seine Strafen werden hingenommen. Und: Gott ist männlich.

a) Diese Darstellung eines autoritären Gottes korrespondiert mit der ersten Stufe der religiösen Entwicklung des Menschen, wie sie Oser/Gmünder annehmen. Danach versteht ein Mensch/Kind auf Stufe 1 seiner religiösen Entwicklung sich und die Welt als von Gott "geleitet, geführt [und] gesteuert"{15}. Gott ist aktiv, der Mensch reaktiv. Wie eine Marionette nimmt der Mensch Gottes Entscheidungen hin und folgt seinen Anweisungen.{16}

Dass dieser Determinismus von Kindern gar nicht einseitig negativ empfunden wird, zeigen die Ergebnisse einer Metastudie Lehmanns zu Gottesvorstellungen von Kindern.{17} Lehmanns Zusammenschau von fünfzehn Untersuchungen aus den Jahren 1990 bis 2000 ergab fünfzehn konkrete Themenbereiche, denen sich Äußerungen von Kindern und Jugendlichen zu Gott zuordnen ließen, darunter den Bereich "Beziehung zwischen Gott und Mensch und Wirken Gottes in der Welt". In den unter dieser Überschrift versammelten vergleichsweise zahlreichen und inhaltlich vielfältigen Vorstellungen{18} tritt Gott u.a. nicht nur als "normative [...] Instanz, die auf menschliche [...] Handlungen wirkt oder auch strafend eingreift, um den Menschen zu zeigen, was sie zu tun und zu lassen haben"{19} zutage, sondern auch als fürsorglicher, Geborgenheit vermittelnder Beschützer.

Diese bei den Gottesvorstellungen der Playmobil-Zielgruppe empirisch festgestellte Heterogenität kommt im Text des Playmobil-Beiheftes darin zum Ausdruck, dass die Autorität Gottes für einige Menschen negative Folgen hat (strafender Gott), für andere aber positive (rettender, bewahrender Gott).

b) Nachdem Gott den Anstoß zum Bau des Rettungsbootes gegeben hat, kommt er in der Geschichte nicht weiter vor. Erst im letzten Satz wird die Klammer geschlossen, findet der rettende Gott noch einmal Erwähnung:

[35] Sie [Noah und seine Familie sowie die Tiere, D.S.] freuen sich wieder auf der Erde leben zu können und sind sehr glücklich, denn sie wissen, dass sie sich immer auf Gott verlassen können.

In diesem abschließenden Satz wird doch noch eine wechselseitige Beziehung zwischen den Menschen und Gott eingeführt. Es wird eine Bewertung Gottes aus der Sicht der Geretteten abgegeben: Die Geretteten sind sehr glücklich - aber nicht nur über ihre Rettung, sondern weil sie durch die Rettung in ihrem Wissen bestärkt werden, dass auf Gott unbedingt Verlass ist.

Worauf aber konnten sie sich bisher ("immer") bei Gott verlassen, und worauf wird auch in Zukunft Verlass sein? Der Anfang der Geschichte, in dem Gott polarisierend die Bösen bestraft und untergehen lässt, die Guten (Noah und seine Familie) und die Unschuldigen (die Tiere) aber rettet, legt nahe, dass sich Noah und seine Familie auf das "do-ut-des"{20} -Prinzip verlassen können: Gott vergilt ihnen ihre guten Taten, rechnet ihnen ihre Tierliebe an.

Dieses im Playmobil-Beiheft erkennbare Verhältnis zwischen Gott und Mensch spiegelt den Alltag wider, wie ihn Kinder in Schule und Familie erleben: Wer Böses tut, wird bestraft, wer Gutes tut, wird belohnt. Die Übertragung dieses Prinzips auf die Vorstellung von Gott kennzeichnet die zweite Stufe im Oserschen Modell der religiösen Entwicklung, die meist im Laufe der Grundschulzeit erklommen wird:

Der Marionette "Mensch" wird nun ein gewisser Einfluss auf den Spieler "Gott" zugestanden. Der Mensch kann mit Gott "feilschen, reden, handeln" und tut dies insbesondere, um ihn sanftmütig zu stimmen, eine Wendung der Dinge zum subjektiv Positiven zu erwirken. Tritt die positive Wendung ein, hat der Mensch "genügend geopfert, verzichtet, gebetet" - wenn nicht, so ist dies auf nicht ausreichende Leistungen oder dem göttlichen Willen zuwiderlaufende Aktivitäten des Menschen zurückzuführen.{21}

Die empirischen Befunde belegen die Stufentheorie nur teilweise. Der geäußerten "Annahme, sich die Zuwendung Gottes verdienen zu müssen", der Anfrage, ob man Gott um gute Noten bitten kann und der Vorstellung, dass Gott die Bösen strafe stehen Vorstellungen einer Studie gegenüber, nach denen Gottes Hilfe bedingungslos ist.{22}

Fazit

In der Umsetzung des Themas "Arche Noah" in die gleichnamige Spielpackung wird Playmobils enorme Erfahrung bei der Gestaltung von Spielwelten für Kinder deutlich. Mit Blick auf die Vorlieben der Zielgruppe rückt Playmobil das "Harmonische Miteinander von Mensch und Tier" in den Mittelpunkt der Spielwelt.

Entsprechend enthält die Spielpackung vor allem Tiere, Tierfutter und (fütternde) Menschen. Ergänzt wird dieser eher naturbetonte Schwerpunkt durch die Arche, die über einige inhaltlich gut angebundene, funktional-technische Elemente verfügt, wie z.B. einen Kran zum Verladen des Futters, eine Futterrutsche unter einer verriegelbaren Falltür und eine im Dach der Arche versenkbare Rampe. Diese Spielelemente könnten die Kinder ansprechen, deren Interesse an Tieren nicht so ausgeprägt ist.

Die im Beiheft dargestellte Sintflutgeschichte ist ebenfalls auf das gewählte Thema ausgerichtet: Der Text gestaltet das "harmonische Miteinander" in verschiedenen Erzählszenen aus, die Filzstift-Illustrationen zeigen Noah und seine Frau, die stets von zutraulichen Tieren umgeben sind. Die Funktion des Heftes liegt offensichtlich in der Unterstützung des Spiels: Lebendige, die Handlung betonende Szenen können Ausgangs- oder Zielpunkt für Spielhandlungen werden, Illustrationen können den Aufbau bestimmter Szenarien anregen.

Für Spielhandlungen bieten sich Noah und seine Frau als Identifikationsfiguren an: Sie versorgen und pflegen Tiere (eine Wunschvorstellung vieler Kinder), sie werden vom Beiheft in vielfältigen Handlungen und Haltungen positiv beschrieben und verfügen nicht zuletzt über den Playmobil-typischen, sympathisch lächelnden Gesichtsausdruck.

Der von Playmobil gewählte Schwerpunkt unterscheidet sich ganz offensichtlich vom Fokus der biblischen Sintflutgeschichte, der auf der Beziehung zwischen Mensch und Gott liegt. Wenn ich oben beschreibe, dass dies um der Interessen der Zielgruppe willen so ist, so muss konstatiert werden, dass es "fürs Geschäft" anscheinend nicht förderlich ist, das Religiöse zu betonen. Ja, vielleicht ist mit Blick auf die multireligiöse Gesellschaft in Deutschland und Europa (die Arche wird europaweit verkauft) eine Verbindung zwischen der "Arche Noah" (so der Titel des Beiheftes) und dem Christentum/Judentum sogar geschäftsschädigend. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass Playmobil an keiner Stelle einen Hinweis auf "Gen 6,5-9,17" oder zumindest "die Bibel" als offensichtlich verwendete Vorlage für die "Playmobil-Arche-Noah-Erzählung" gibt. Dadurch wird der kulturübergreifende Charakter der Flutgeschichte betont - der ihr ja bekanntlich eigen ist: Johannsen nennt die beeindruckende Zahl von mindestens 80 außerbiblischen Paralleltexten, die sich zum Vergleich heranziehen lassen - womit die Sintfluterzählung bibelweit an der Spitze liegt.{23}

Übrigens haben die Playmobil-Kreativen bei der Konzeption der Spielpackung bei alledem auch die Zielgruppe der christlich-religiös Interessierten im Auge behalten: Unabhängig voneinander, z.T. sich gegenseitig widersprechend, haben kleine Details der biblischen Überlieferung Eingang in die Auswahl und Gestaltung der Spielelemente sowie in den Text des Beiheftes gefunden: Während nur Noah und seine Frau als Figuren beiliegen, besteht der Text auf dem biblischen "Noah und seine Familie". Der beiliegende fliegende Rabe, den Noah in Gen 8,7 vor den Tauben aussendet, wird hingegen im Text nicht erwähnt.

Nicht in einem Atemzug mit den "Details" zu nennen ist Gott, der (Gott sei Dank!) nicht als Spielfigur mitgegeben wird aber natürlich im Text eine Rolle spielt. Dass diese im Vergleich zur biblischen Überlieferung eher klein ist (vgl. den Abschnitt "Auslassungen"), könnte an den oben genannten Gründen liegen. Gewichtiger erscheint mir die Erklärung, dass es im Beiheft für eine nicht beiliegende Figur keine Aufbauanregungen in den Illustrationen und keine Spielanweisungen im Text geben sollte, die die spielenden Kinder vielleicht in Verlegenheit bringen würden - sie müssten ja in Ermangelung einer Figur mit ihrer Person für Gottes Handlungen gerade stehen oder würden für Gott unangemessene veranschaulichende Spielelemente verwenden.

Zumindest am Anfang der Geschichte ist Gott unbedingt notwendig, um die eigentliche Handlung anzustoßen. Dadurch werden unausweichlich Impulse gegeben, die in Abhängigkeit von der Stärke der Elaboration, die sie im Spiel (oder danach) erfahren, mehr oder weniger starken Einfluss auf die Entwicklung der Gottesvorstellung beim Kind nehmen. Die von Playmobil zu verantwortenden Impulse des Beiheftes transportieren am Anfang der Geschichte das Bild eines autoritär die Welt beherrschenden Gottes, das Ende bestätigt die zu Anfang ebenfalls angedeutete Vorstellung, dass Gott menschliches Verhalten nach dem "Do-ut-des"-Prinzip bestraft und belohnt.

Ein Abgleich mit Osers/Gmünders Theorie der religiösen Entwicklung und Kinderäußerungen aus einer Metastudie Lehmanns über Gottesvorstellungen der Jahre 1990 bis 2000 ergab, dass Playmobil im Hinblick auf seine Zielgruppe anscheinend auch im religiösen Bereich sorgfältig recherchiert hat. Dem ist Respekt zu zollen.

Obwohl Playmobil "alles richtig gemacht hat", ist aus theologischer/religions-pädagogischer Sicht Folgendes kritisch anzumerken:

Da das Playmobil-Beiheft versucht, eine Geschichte mit/von Gott kindgerecht zu erzählen, muss es sich an Maßstäben messen lassen, die an die Darstellung Gottes in Kinderbibeln angelegt werden. Kinderbibeln dürfen nicht bei dem vorläufigen Gottesverständnis stehen bleiben, das Kinder schon haben. Vielmehr muss die Kinderbibel "das Hineinwachsen der Kinder in ein reiferes Verständnis anregen"{24}.

Insbesondere die im Playmobil-Text entstandene Vorstellung des autoritären Gottes sollte nach heutigem Verständnis nicht mehr konservierend bestätigt werden. Sie "[erniedrigt] den Menschen als unmündig [...] und [fixiert] ihn auf die Errettung durch ein höheres Wesen [...]. Damit hält sie ihn fern von der Kraftquelle, als Bild und Partner Gottes an der Vollendung der Schöpfung mitzuwirken."{25} Besonders unglücklich ist, dass sich Playmobils autoritäres Gottesbild leichter mit der Vorstellung des strafenden Gottes [4] als mit der des rettenden Gottes [6] verbindet. So bekommt es einen unnötigen negativen Anstrich, der so gar nicht zum positiven Bild des bei Playmobil - im Sinne Lehmanns - vorbildlich aktiv und verantwortungsbewusst mitdenkend gezeichneten Noah passen will. Auch zum "harmonischen Miteinander" innerhalb der Arche passt eher ein helfender, beschützender, sich zuwendender Gott, der Liebe und Wärme spendet.{26}

Ähnlich das "Do-ut-des"-Prinzip, in dem sich das logisch-kausale, rationale Denken spiegelt, das in der gegenwärtigen Lebenswelt vieler Kinder vorherrschend ist. Wünschenswert wäre auch hier ein Korrektiv, etwa Hinweise auf eine alternative, eher philosophische Betrachtung der Welt, die sich nicht auf Erklärungen beschränkt, sondern Perspektiven für die Zukunft entwickelt (was Noah in seiner Situation durchaus gut anstehen würde).

Playmobils Fokus, das harmonische Zusammenleben von Mensch und Tier, darf am Ende nicht negativ bewertet werden. Seine von Playmobil selbst formulierte ethische Ausrichtung{27} kann unschwer auch in religiöser Perspektive betrachtet werden. So sieht Johannsen die Arche als Rettungssymbol, in dem sich u.a. die "unauflösbare Gemeinschaft von allem Lebendigen"{28} verdichtet. Im Mikrokosmos Arche realisiert sich vorab Jesajas Vision vom zu erwartenden Friedensreich (Jes 11,6f), in dem die Wölfe bei den Lämmern wohnen, die Panther bei den Böcken lagern und der Säugling am Loch der Otter spielt. (Bezeichnenderweise heißt es im Anschluss in Jes 11,9: "Man wird nirgends Sünde tun noch freveln [...]; denn das Land wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie Wasser das Meer bedeckt.")

Diese Überlegung möchte ich Playmobil positiv anrechnen und behaupten, dass Playmobil mit an einem der großen "Hoffnungsbilder vom gerechten Frieden" der Bibel malt - zumal sich der Eindruck aufdrängt, dass die Illustrationen dieses Bild unterstützen wollen: Selbst im schwersten Sturm und Unwetter trägt der untere Wolkensaum den auf den vorherigen Seiten eingeführten{29} Schimmer des Sonnenlichtes, gleichsam einen Hoffnungsschimmer (S. 22).

-> ANHANG

Anmerkungen
  1. Vergeben von der Zeitschrift "Familie & Co." in der Rubrik "Alles fürs Kinderherz".
  2. Datenbasis: 720 Einzelinterviews. Zusammenfassung unter: http://www.rb-marketresearch.com/de/press/downloads/ io_07_kindertraeume.pdf, 31.12.2004.
  3. Die Synopse findet sich im Anhang.
  4. Blum, Erhard: Artikel "Urgeschichte", in TRE 34, Berlin u.a. 2002, 439.
  5. Zahlen in eckigen Klammern verweisen auf Sinnabschnitte in der Synopse im Anhang.
  6. Playmobil spricht an dieser Stelle lediglich von einer Bestrafung durch eine Flut; und auch dem restlichen Text und den Illustrationen muss man die biblische Vernichtung der übrigen Menschen nicht zwingend entnehmen. Wer die Sintfluterzählung nicht kennt, könnte problemlos von weiteren Überlebenden der Flutkatastrophe ausgehen.
  7. Oser, Fritz / Gmünder, Paul: Der Mensch - Stufen seiner religiösen Entwicklung. Ein strukturgenetischer Ansatz, Gütersloh 41996, 21ff.
  8. Oser, a.a.O., 26.
  9. Im Vergleich zum Bibeltext.
  10. "alles Fleisch" bezieht vermutlich an dieser Stelle die Tiere nicht mit ein.
  11. Haag, H.: Artikel "hamas", in: ThAT II, Stuttgart 1977, 1056.
  12. Conrad, J.: Artikel "sahat", in: ThAT VII, Stuttgart 1993, 1238.
  13. Dennoch entspricht die Gestaltung der Playmobil-Arche in vielen Details der biblischen Vorgabe (s.o.), und das in der Packung enthaltene Futtersortiment ist überaus reichhaltig.
  14. Zur Erwähnung Gottes in [35] s.u.
  15. Oser, a.a.O., 81. 16
  16. Ein Nebengedanke: Das skizzierte Verständnis spiegelt sich im Bild des spielenden Kindes, das Gott gleich über die Playmobilwelt herrscht und die einzelnen Figuren nach seinen Vorstellungen bewegt.
  17. Lehmann, Christine: Heranwachsende fragen neu nach Gott. Anstöße zum Dialog zwischen Religionspädagogik und Feministischer Theologie, Neukirchen-Vluyn (Neukirchener Verlag) 2003.
  18. Berücksichtigt werden im Folgenden nur die Vorstellungen der Kinder von ca. 6-13 Jahren. Eine Auflistung ihrer Äußerungen findet sich bei Lehmann auf S. 132f.
  19. Lehmann, a.a.O., 139f.
  20. "Ich gebe, damit du gibst." - Handeln mit Gott.
  21. Oser, a.a.O., 84.
  22. Alle Befunde: Lehmann, a.a.O., 131f.
  23. Johannsen, Friedrich: Alttestamentliches Arbeitsbuch für Religionspädagogen, Stuttgart 3/2005, 91.
  24. Tschirch, Reinmar: Gott für Kinder. Religiöse Erziehung - Vorschläge und Beispiele, 11., völlig überarb. Auflage, Gütersloh 2000, 66.
  25. Lehmann, a.a.O., 145. 26 Die Attribute entstammen Kinderäußerungen,
  26. vgl. Lehmann, a.a.O., 132f.
  27. Vgl. die Presseerklärung, S. 4
  28. Johannsen, Friedrich: Was der Regenbogen erzählt. Wasser - ein biblisches Symbol. Anregungen und Beispiele für die Grundschule. Gütersloh 1987, 71.
  29. Zuerst S. 10, dann 18-21.

© Daniel Schüttlöffel 2005
Magazin für Theologie und Ästhetik 36/2005
https://www.theomag.de/36/ds1.htm