Editorial |
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"Das katoptrische Universum ist eine Realität,
die den Eindruck der Virtualität wecken kann" Umberto Eco Liebe Leserinnen und Leser, das katoptrische Magazin für Theologie und Ästhetik widmet sich diesmal dem Thema "Virtuelle Religion. Theologie ohne Netz und Boden". "Virtuelle Religion? Ist das nicht ein Pleonasmus?" fragte jemand, als ich ihm von der Thematik des anstehenden Heftes berichtete. Von daher müßte der Titel des vorliegenden Heftes vermutlich präziser "Religion in der virtuellen Welt" lauten.
Und doch konzentriert sich das vorliegende Heft zunächst und vor allem auf das Thema Religion / Theologie / Kirche in der virtuellen Welt. Allgemein ist in den letzten Jahren ein deutlicher Aufbruch der Theologie und der Kirche ins Netz festzustellen. An vielen Stellen wird eifrig an neuen Auftritten bis hin zu religiösen / kirchlichen Portalen gebastelt. Die Zahl der theologischen Online-Magazine steigt. Entsprechend der allgemeinen kommerziell-professionellen Entwicklung des Netzes scheint auch im kirchlichen Bereich demonstrative Professionalisierung angesagt. Aber es ist auch Skepsis angebracht, denn hier reproduziert sich die Ambivalenz, die auch die Situation der Kirche in der Gegenwart charakterisiert: ein Changieren zwischen Marketing und Open Sources. Der Beitrag von Jörg Herrmann und Andreas Mertin, im Kontext einer kulturtheologischen Debatte über Religion in der Alltagskultur entstanden, skizziert - jenseits der praktisch-theologischen Handlungsfelder - die Herausforderung, die das Internet für Theologie und Kirche insgesamt bedeuten könnte. Die Autoren plädieren dafür, dass die Kirche das Netz weniger als Ort der Mission und Beeinflussung, als vielmehr als Ort der Wahrnehmung religiöser Selbstartikulation und Pluriformität versteht. Markus Eisele und Mika Herold stellen in ihren Überlegungen zur relationalen Ontologie des Internets und seiner Bedeutung für die Kirche die These auf, dass die "Online-Kommunikation nach einer Zeit der Gewöhnung zwangsläufig zu einer Re-Intensivierung personaler Beziehungen zwischen Menschen (führt). Auf diese Veränderung müssen Kirchen und Christen adäquat reagieren." Das Internet wird so zu einem "wichtigen Handlungsfeld der Kirche" Sabine Bobert-Stützel wendet sich mit zwei Aufsätzen konkret zwei pastoraltheologischen Handlungsfeldern zu: der Seelsorge und der Predigt im Internet. Wie kann Seelsorge im Internet funktionieren und wie funktioniert sie dort schon? Welche "Reflexionsaufgaben für eine Seelsorge-Theologie des Internet" stehen noch an? Und wie könnte eine "Homiletik der Simulationskultur" jenseits der Reproduktion des Bestehenden aussehen? Anna Teicherts Beitrag ist einerseits ein Nachtrag zur Thematik des letzten Heftes "Populäre Kultur und Religion" und paßt doch sehr gut in dieses Heft, behandelt sie doch die neuen Götter der Telekommunikation in ihrer alltagskulturellen Erscheinungsform: dem Handy. Die Ethik der Kommunikation ist zur Zeit, wie auch andere Äußerungen zeigen, außer Kontrolle geraten. Rezensionen und Recherchen zur Thematik des Heftes finden sich zudem in den Spalten Reviews und Marginalien. Die Spotlights stellen wie gewohnt aktuelle Kinofilme (Karsten Visarius) und Videoclips (Andreas Mertin) vor.
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