Paradigmen theologischen Denkens


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Paradigmen theologischen Denkens

Auf der Suche nach einem für mich heute tragfähigen und sagfähigen Glauben. Teil III

Stefan Schütze

4. Versuch einer weiteren Zusammenschau: Gott als „Horizont“ des menschlichen Denkens

Der Gedanke des „Horizontes“ für die Beschreibung des Göttlichen hat m.E. ein vielfach erhellendes und zusammenführendes Potential, von dem aus eine abschließende Zusammenschau aller in meinen „Paradigmen“-Artikeln verarbeiteten religiösen Denkvorschläge erfolgen kann, und das die Eigenart einer „anatheistischen“ religiösen Denkbewegung, wie ich sie in diesem dritten Teil meiner „Paradigmen theologischen Denkens“ skizziert habe, besonders gut veranschaulichen kann:

Wenn der Wanderer unterwegs ist, geht er immer auf den Horizont seiner Welt zu, ohne ihn jemals zu erreichen. Der Horizont ist ein Bild, das Taylors scheinbar paradoxen Formulierungen von einem Infiniten, das „approaches by withdrawing“[1] bzw. „is approaching without ever arriving“[2] verständlich machen kann. Je näher der Horizont uns kommt, sich „offenbart“, erschließt, desto mehr entzieht er sich auch wieder, bleibt „forever elusive“ (Taylor[3]), niemals kategorial fassbar (Hick[4]). Gott als den Horizont aller Wirklichkeitserfahrung zu denken, als Symbol dieses immer als „mystery“ (Kaufman[5]) aufscheinenden, aber niemals Präsenz werdenden (Derrida[6]) Horizontes zu rekonstruieren, entspräche dem, was McFague eine „backside theology“[7] nennt, oder u.a. Amos N. Wilder und John Caputo als „Theopoetik“ entworfen haben[8].

Der regulative Gedanke Gottes ist im Rahmen eines solchen „poetischen“ theologischen Denkens wie die andernen beiden kant’schen regulativen Grundideen von Freiheit und Unsterblichkeit „a limiting idea, a forever receding (and approaching) horizon which appears to surround us but which we never can reach“[9], eben der „ultimate point of reference“ unserer Wirklichkeitsorientierung, der nach Kaufman für das menschliche Leben eine zugleich fundamental relativierende und humanisierende Bedeutung hat. Er drückt sich theologisch aus in einer apophatischen Theopoetik des Unsagbaren, das nur als „Riss“ an den Grenzen des Sagbaren ahnbar wird (Derrida), einer tastende Theologie, die in der metaphorischen Schwebe des „ist / ist nicht“ (McFague mit Bezug auf Ricoeur[10]) bleibt, die das Unsagbare nicht sagt, aber mit der (Un-)Möglichkeit seines Sagens spielt, und so „that which is unrepresentable“ indirekt anvisiert „through linguistic twistings and turnings that can never be straightened out“ (Taylor[11]).

Ein solches „poetisches“ Verstehen Gottes als zugleich transzendenten und immanenten „Horizonts“ des Wirklichen hebt die postmoderne Relativierung aller (vermeintlichen) Fundationen nicht auf, nach der es eben „keine Tatsachen, nur Interpretationen“ (Nietzsche) gibt. Aber es sieht in den „Rissen“ dieses undurchbrechbaren Spiels der Interpretationen doch ein „Anderes der Sprache“ aufscheinen, als die „Visionen des Kommenden – Zeichen als flüchtige Winke“[12], die zwar nicht die „starke Kraft“ einer Präsenz haben, aber doch die „schwache Kraft“ eines Ereignisses, das „stirs restlessly, endlessly, like an invitation or a call, an invocation (‚come’) or provocation, a solicitation or a promise, a praise or a benediction“[13].

Diese Einsicht ermöglicht auch ein neues Verständnis der biblischen und anderer großer Welt und Leben religiös deutender Texte im Rahmen der Entwicklung der menschlichen Kultur. Wenn, wie Gerd Theißen es formuliert hat, „(d)ie Evolutionstheorie als die letzte ‚große Erzählung‘“ der Postmoderne betrachtet werden kann[14], dann kann die Einzeichnung biblischer und anderer wegweisender Texte in den Rahmen dieser heutigen kosmologischen Grunderzählung ihnen eine neue Bedeutung als „Entscheidungspunkte“ innerhalb der kulturellen Evolution der Menschheit geben, „durch die die Entwicklung irreversibel in eine bestimmte Richtung geht“, gewissermaßen als kulturelle Emergenzen, durch die die menschliche Kultur einen Anpassungssprung hin auf die „Grundbedingungen der Wirklichkeit“[15] macht.

Wichtig ist es, für eine solche evolutionäre Einordnung biblischer Texte den „große(n) Unterschied“ zwischen den früheren „großen Metaerzählungen“ („[d]ie Heilsgeshichte der Bibel, der Fortschrittsglaube der Aufklärung, die Selbstentfaltung des Geistes im Idealismus oder der Weg zur klassenlosen Gesellschaft im Marxismus“) und der Evolutionstheorie zu betonen. Die Evolutionstheorie als neue „große Erzählung“[16] beinhaltet keine übergreifende Sinngebung der Geschichte, keine vorgegebene teleologische Grundausrichtung, wie die alten „großen Erzählungen“ das taten. Die Evolutionstheorie „kann nur erzählen, was faktisch geschehen ist, sagt nichts über das Ziel dieser Entwicklung. Im Gegenteil: sie erklärt den Schein einer Teleologie durch das Zusammenspiel von Mutation und Selektion … und entzaubert so die Welt.“[17]

„Sinn und Wert“ der Geschichte gehen aus der neuen „großen Erzählung“ der Evolutionstheorie also gerade nicht mehr hervor. Sie lässt hier „eine Leerstelle. Es gibt in dieser Welt keinen vorgegebenen Sinn.“ Die großen religiösen Traditionen der Menschheit können nun, so Theißen, als Möglichkeiten gedeutet werden, diese „Leerstelle des Sinnes neu“ zu füllen[18]: ihre Einsichten sind „Mutationen“ in der kulturellen Evolution der Menschheit, die einen „Anpassungssprung“ der menschlichen Kultur an die in ihnen geahnte letzte Tiefe der Wirklichkeit markieren.

In diesem Zusammenhang greift Theißen Ulrich Luzs „beeindruckende(s) Plädoyer für ‚kleine Meta-Erzählungen‘ nach dem Ende der großen Erzählungen“ auf und ordnet sie in seine evolutionäre Sicht der menschlichen Religionsgeschichte ein: „Die Evolution sagt uns nicht, welche Rolle wir in ihr spielen sollen – außer der, dass sie uns mit der Fähigkeit geschaffen hat, nach dieser Rolle zu suchen. Sie enthält einen Hohlraum, den wir selbst füllen müssen. Wir füllen sie mit ‚kleinen Meta-Erzählungen‘ aus, die sich selbst relativieren.“ Diese „kleinen Meta-Erzählungen“ haben nicht den Anspruch, das Ganze jetzt schon überschauen und zuverlässig deuten zu können, wie ihn die alten „großen Meta-Erzählungen“ hatten. Aber sie sind doch vielleicht tastende „Prolepsen“ der Zukunft und wichtige adaptive „Durchbrüche“ in der kulturellen Evolution der Menschheit. „Was sich nämlich in ihr als adaptiv herausgestellt hat, ist ein Netzwerk von vielen Axiomen und Grundmotiven, die in kleinen Geschichten konkretisiert werden … Für den antiselektiven Imperativ reichen Erzählungen wie die vom Überleben der Sintflut, von der Fürbitte Abrahams für Sodom, vom Verzeihen Josephs, vom Exodus der vom Kindermord bedrohten Israeliten – bis hin zur Geschichte vom barmherzigen Samariter. Wir brauchen diese kleinen Geschichten, denn die ‚großen Erzählungen‘ drohen immer wieder, intolerant zu werden.“[19]

Die biblischen Geschichten als „kleine Meta-Erzählungen“, befreit von sie umgebenden Totalitäts- und Absolutheitsansprüchen, sind darum, wie Peter Hodgson es formuliert hat, die wichtigsten „Ressourcen“[20] auch postmoderner konstruktiver Theologie. Sie erzählen von „Gott“ als dem Geheimnis und dem Horizont der Wirklichkeit, dem sich Menschen anzupassen und anzunähern versuchen, ohne ihn damit kognitiv fassen und sich aneignen zu können. Nur wenn sie in dieser Weise „kleine Erzählungen“ bleiben, wahren sie den „forever elusive“[21] Charakter dieses Horizontes und entgehen der Gefahr der Intoleranz und der Ausgrenzung, den die „großen Erzählungen“ hatten und haben. „Gott“ ist in diesen Geschichten Symbol und poetische Metapher für ein letztes Geheimnis der Wirklichkeit, dem man sich wie einem Horizont immer nur annähern kann (in der gleichen Bewegung, in der er sich selbst „annähert“), ohne ihn wie eine feste Grenze jemals zu erreichen.

Auch hier gilt die antiidolatrische Grundausrichtung, die biblisches Denken von seinem Grund her auszeichnet. Wenn man den „Horizont“ durch Absolutismus und Intoleranz doch wieder in eine bloße „Grenze“ verwandelt, etwa in eine große Mauer am Ende des Blickfelds, die man tatsächlich erreichen kann, hat man „Gott“ zu einem „Götzen“ gemacht. Die Wirklichkeit ist niemals fixiert, sondern immer offen, lebendig, beweglich, und so auch das Leben in ihr und seine Deutung. „Die Landschaft ändert sich mit jedem Schritt“ (Attila Bencsik), und mit ihr der Horizont, der ihre nicht begrenzende Grenze ist.

Wird aber der Horizont konzeptionell zu einer Mauer verfestigt, sind die vermeintliche „Sicherheit“ und „Geborgenheit“, die man mit solcher fundationalistischer Reduktion des Lebendigen (sei es in ihrer „offenbarungspositivistischen“, sei es in ihrer „fundamentalistischen“ Variante) sucht, - wieder im Bild gesprochen - erkauft durch die Verwandlung der Lebenslandschaft in eine Gefängniszelle – vielleicht eine große und luxoriöse Gefängniszelle, aber dennoch eine durch Mauern abgeschlossene Zelle, nicht eine durch Horizonte geöffnete Landschaft. Intelektuelle und religiöse „Einmauerung“ ist die Folge der Verkehrung „Gottes“ zu einem begreifbaren und dogmatisch fixierbaren „Götzen“. Assertorische und konfessorische „Offenbarungs“-Sprache, die sich nicht selbst dekonstruiert und darum nicht metaphorisch-poetisch (und so - den traditionellen Theismus überschreitend eben nicht mehr „buchstäblich“ theistisch sondern den Buchstaben überschreitend [2 Kor 3, 6] - „ana-theistisch“) ist, ist die Sprache eines solchen Götzendienstes.

Eine „anatheistische“ Theologie als Versuch einer Gottesrede und Religion „after idolatry“ (Mark Johnston) überschreitet jede solche Reifizierung, Objektivierung oder Verendlichung des Göttlichen; diese Überschreitung geschieht im Blick auf „Visionen des Kommenden“[22], das doch immer das „Andere“ jeder erfahrbaren Welt bleibt, ein „event“, ein „call without causality“ (Caputo[23]), auf den wir immer zugehen, der sich uns immer annähert, und den wir doch niemals erreichen, so wie die regulativen Leitbegriffe der „Gerechtigkeit“ oder der „Demokratie“ jedes positive Recht und jede tatsächliche Staatsform immer überschreiten (Derrida[24]). Alles, was (an Gerechtigkeit oder Liebe) geschichtlich realisiert werden kann, muss doch immer wieder defiguriert, refiguriert, dekonstruiert und rekonstruiert werden, in Annäherung an jenen „Horizont“, jenes „Andere“ der Wirklichkeit, das zwar niemals präsent werden kann, aber als die „weak force of a call“ doch im Nennen des Namens Gottes ahnbar wird - als jener letzte Horizont der Wirklichkeit „that exposes being to its own beyond, that releases the event that stirs within being and passes beyond being.“ (Caputo[25])

Religion kann dabei, wie Gerd Theißen gezeigt hat, in evolutionärer Perspektive verstanden werden als aus den Strukturen der Wirklichkeit selbst stammende „transzendentale Aktivität“ von Menschen, die uns „Räume“ erschließt, „die unser Alltagsbewusstsein überschreiten“[26], uns „über das wissenschaftlich Zugängliche hinaus eine tiefere Dimension ahnen“ lässt, und so „der Welt eine Transparenz für Transzendenz“ verleiht[27]. Anders ausgedrückt: „Religion ist ein … ‚Eros zum Sein‘, in der uns etwas über die Tiefe der Wirklichkeit aufgeht, was wir sonst nicht wahrnehmen.“[28] In der Religion beginnt der Mensch einen letzten Zusammenhang der Wirklichkeit im Geheimnis der Liebe zu ahnen, und aus dieser Ahnung ergibt sich ein „antiselektiver Indikativ“[29], der einen „antiselektiven Imperativ“[30] als Motor der kulturellen Evolution der Menschheit begründet. „Durch die Religion … nehmen wir Kontakt mit der Wirklichkeit als ganzer auf. In der Religion definieren wir unsere Lebenswelt als ein offenes System, das in Austausch mit dem steht, was gegenüber unserer begrenzten Lebenswelt und allen möglichen Lebenswelten transzendent ist und diese Lebenswelten geschaffen hat.“[31]

Die Erfahrung, dass die Wirklichkeit „tolerant“ ist für das Leben, das menschliche Grundgefühl, von der Wirklichkeit in ihrer Tiefe „getragen“ und „geschaffen“ zu sein, wird in der Religion in „bildliche(r) Redeweise“ zum Ausdruck gebracht im „Glaube(n) an Gott als Schöpfer"[32]. „Schöpfung“ und „Schöpfer“ sind dann keine wörtlich im Sinne der Behauptung einer agentialen Ursache der Welt und des Menschen zu verstehenden Begriffe, sondern geben metaphorisch bzw. poetisch jenem unmittelbaren kreatürlichen Grundgefühl Ausdruck, das Schleiermacher das „Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit“ genannt hat.

„Gott“ ist also nicht „Verursacher“ der Welt, sondern ihr Geheimnis – das „Geheimnis hinter den Resonanzerfahrungen“[33] mit der uns umgebenden Wirklichkeit, der Name unseres Staunens darüber, dass überhaupt etwas ist und nicht nichts, des Geschenks einer Gegenwart, die immer schon vergangen ist, wenn wir sie erfassen können, aber in der jeden Augenblick das „Sein“ aus dem „Nichtsein“ hervorgeht, unseres „Geborgenheitsgefühl(s)“, ein kleiner Teil einer unendlich großen Wirklichkeit zu sein, in der wir mit allem Seienden verbunden sind: „Wir sind vereint mit allen Kreaturen, partizipieren an demselben Sein wie jedes Elementarteilchen, jede Mikrobe, jede Galaxie und das ganze Universum.“[34]

Daraus ergibt sich für Theißen eine fundamentale Möglichkeit der (wie ich meine ebenfalls) „anatheistischen“ Rede von „Gott“: „Wenn sich alle Dinge von den chemischen Substanzen bis zu unserem Großhirn an die Grundbedingungen unserer Realität anpassen müssen, dann ist Gott die letzte Wirklichkeit, an die sich alles anpassen muss. Er ist das ‚Umgreifende‘ hinter allem, das alles umgreift (K. Jaspers).“ [35] Dabei hat die biblische Religion diese kreatürliche Gottesintuition von vornherein auch kritisch akzentuiert, indem sie neben positive (assertorische) Gottesaussagen immer auch negative (bestreitende) gestellt hat. Mit dem „Ersten Gebot“ und dem „Bilderverbot“ ist dem biblischen Monotheismus ein konstitutiv antiidolatrisches Moment immanent – „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ muss bei einem konsequenten Monotheismus nicht mehr henotheistisch als „eifersüchtiger“ Vormachtsanspruch eines Gottes gegen andere interpretiert werden, sondern als Warnung, den viel-einen (Keller) Gott nicht in einen Götzen zu verkehren, nichts Bedingtes zum Unbedingten, nichts Vorletztes zum Letzen, nichts nur Partielles zum alles „Umgreifenden“ zu machen.

Das gilt sowohl theologisch wie ethisch: „Gott“ steht für eine elementare Befreiungserfahrung, die Israel narrativ in den Exoduserzählungen und die Kirche narrativ in den Jesusgeschichten und Ostererlegenden entfaltet. Beim „Ersten Gebot“ kommt es von daher auf den Vor-Satz an: „Ich bin JHWH, dein Gott, der dich aus der ägyptischen Sklaverei befreit hat“, und darum sollst du nichts an die Stelle Gottes setzen, das hinter diesem unbedingten Befreiungsmotiv zurückbleibt, das Menschen nicht frei, sondern unfrei macht, das „Gott“ auf menschlich fassbare Bilder des Vorletzten festlegt („reifiziert“), statt auch theologisch die Freiheit zu wagen, von „Gott“ als einem „letzten Horizont“, einem „unaussprechlichen Geheimnis“ zu denken, das auch jedes unserer Bilder von ihm unendlich transzendiert, jeden unserer „vorletzten“ Sicherungsversuche sprengt, und uns so (gerade indem indem es uns „at home in uncertainty“[36] macht) wahrhaftige Freiheit schenkt.

Aus diesem Verständnis von Religion als Unterscheidung von „Gottesdienst“ und „Götzendienst“ (idolatry) ergibt sich auch eine wichtige Näherqualifikation des „pragmatischen“ Kriteriums (Kaufman[37], Hick[38], Erdmann[39]), mit dem kritische theologische Reflexion zwischen „besser(en), wahrer(en), gerechter(en)“[40] Formen religiöser Wirklichkeitsorientierung und eher gefährlichen, engen, gewaltsamen unterscheiden und damit dem „equiprimordial potential for both love and hate inherent in each religion“[41] durch eine selbstkritische „Unterscheidung der Geister“ (1 Joh 4,1) Rechnung tragen kann. Das „pragmatische Wahrheitskriterium“, das v.a. in der pluralistischen Religionstheologie als Instrument zur kritischen Unterscheidung unterschiedlicher religiöser Überzeugungen und Wirklichkeitsorientierungen entwickelt wurde, besagt nach Gordon Kaufman, dass religiöse Überzeugungen „are continually tested pragmatically – that is, by what they enable us to do, how they enable life to go forward” [42].

Ein solches „pragmatisches“ Verständnis religiöser Wahrheit baut auf der Unterscheidung von „faith“ (als Ausdruck der Aktivierung eines konstitutiven Transzendenzhorizontes in der conditio humana, der sichtbar wird in Bewegungen der „Selbsttranszendenz“ [Joas] und des Ergriffenseins von einem „ultimate concern“) und „believes“ (als kontingente, historische, zeitgebundene menschliche Formulierungen) auf (Tillich, Cantwell-Smith). Es ermöglicht nicht nur die Anerkennung der „Gültigkeit“ unterschiedlicher religiöser Weltorientierungen, obwohl sie in ihren propositionalen Formulierungen von Glaubensaussagen teilweise widersprüchlich und unvereinbar sind. Es eröffnet zugleich die Möglichkeit eines „dritten Weges“ jenseits der bipolaren (post-)modernen kategorischen Bestreitungen und kategorischen Verteidigungen religiöser Wahrheitsansprüche – dem „tertium datur“, das nach Kearney den „anatheistischen“ Zugang zur menschlichen Religiosität ausmacht.

So formuliert etwa Gavin Flood die „importance of religion“ in einer funktional-pragmatischen Persektive folgendermaßen: „(B)oth critique and apologetic (of religion) have fundamentally misunderstood the nature and importance of religion in people’s lives. … Religions cannot be reduced to a series of claims about the nature of the world, because they fulfill a much deeper, existential function that drives human beings not only to answer or come to terms with the great disruptive events of life such as birth and particularly death, but also compels us to go beyond ourselves and transcend our limitations. … Religions are not scientific propositions, but encounters with mystery and expressions of human needs that form ways of life, ways of acting, ways of responding to the strange world in which we find ourselves.“[43]

Religionen haben die Funktion, „(to) adress(es) issues of fundamental human concern about being born, living, and dying“, sind Ausdruck unseres „human encounter with the depth of the universe“, und haben ihre „Wahrheit“ darin, dass sie diese Funktion erfüllen[44] und eine „orientation within subjectivity towards a power beyond us“ bewirken, „that marks a limit to our apprehension: mystery, the invisible, the transcendent, the sublime, the unnamable or even the impossicle“.[45] Die Frage nach ihrer „Wahrheit“ muss darum „pragmatisch“ die Frage sein, ob und wie weit sie diese Funktion erfüllen: „the importance of religion is existential; religions provide significant meaning to life and guide people in their choices and practices“; sie sind „ways of living and dying, ways of choosing a good life and guiding judgements about moral choice.“[46]

Ein solches funktional-pragmatisches (auf ihre „Viabilität“ bezogenes) „Wahrheitskriterium“ religiöser Aussagen ist für die Möglichkeit der Formulierung eines „für mich heute trag- und sagfähigen“ anatheistischen Glaubens von konstitutiver Bedeutung[47], ist aber dabei wiederum kritisch abzugrenzen gegen ein „verzwecktes“ Religionsverständnis, das sich für religiöse Aussagen lediglich im Maß ihrer „Funktionalität“, „Nützlichkeit“ oder gar systemstabilisierenden ökonomischen „Verwertbarkeit“ interessiert. Pragmatische Überprüfung theologischer Aussagen meint nicht die Reduktion ihres theologischen Gehaltes auf einfache „Brauchbarkeit“ oder mögliche „Nutzanwendung“. Gegen eine solche Ökonomisierung des Religiösen ist kritisch festzuhalten, dass echte Religion nicht in erster Linie den Sinn hat, „to minimize disorientation“, sondern „represents that which challenges our orientations, and calls them into question in an unsettling way“[48].

Dennoch darf man nicht nur die destabilisierende Seite religiöser Weltorientierung betonen. Eine „anatheistische“ religiöse Orientierung wird unsere Orentierungsversuche in dem Maße in Frage stellen, in dem sie keine Dekonstruierung zulassen und idolatrisch sind. Das Ziel solcher „unsettling“ Infragestellung/Destabilisierung menschlicher Weltorientierung ist aber immer eine neue, tiefere Orientierung des Lebens an der als „Urquelle des Kosmos“[49] geahnten Liebe bzw. am religiös als Liebe gedeuteten „way things really are“ (Hefner[50]), und insofern ist das „pragmatische“ Kriterium zur Unterscheidung „guter“ Religion von „schlechter“ aus christlicher Perspektive eben das „Doppelgebot der Liebe“, oder in interreligiöser Perspektive die „Goldene Regel“ (Hick[51]). Nicht, ob Religion „nützlich“ ist, sondern ob sie das Leben heilsam transformierendes, es vertiefendes Potential hat, ist das „pragmatische Wahrheitskriterium“, um das es hier geht.

Gott in diesem Sinne „anatheistisch“ als „Tiefe der Wirklichkeit“ (Tillich), ihren liminalen „Hintergrund“ oder „Horizont“, nicht als Seiendes oder Sein zu verstehen, nimmt auch Feuerbachs religionskritischen Projektionsvorwurf modifiziert auf, ohne ihn einfach zu bestätigen oder zu bestreiten. Natürlich ist die Gottesidee eine menschliche „Projektion“ („human imaginary construction“[52]; „eine geistige Realität, in Gedanken existierend[53]), aber deshalb nicht unbedingt auch eine „delusion“ (Dawkins) oder reine infantile Wunschprojektion (Freud). Die Gotteskonstruktion ist vielmehr eine symbolische Zeichensetzung „an der Grenze“ des Konstruierbaren, an der Grenze, an der die Sprache an ihr „Anderes“ grenzt, ohne dass dieses „Andere“ damit außersprachlich „gegeben“ wäre, ein Versuch, auf das Unsagbare im Sagbaren zu weisen und damit das Unsagbare vielleicht nicht sagbar, aber doch tastbar, ahnbar zu machen.

„’Gott’ ist das Wort unserer Sprache, mit dem wir zur Symbolisierung desjenigen ausgreifen, das uns im Grundverhältnis unseres Lebens auf das Ganze eines tragenden Sinns hin versammelt“[54], ein „Deutewort“[55], mit dem Menschen ihr Leben und die gesamte Wirklichkeit, aus der es hervorgegangen ist, auf einen letzten, unbedingten Gesamthorizont hin interpretieren. Der „Horizont“ des Unendlichen, vor dem jedes Endliche erscheint, kann dabei zugleich auch als so etwas wie die „Projektionsfläche“[56] betrachtet werden, die es in der Wirklichkeit geben muss, um menschliche Projektionen eines Unbedingten überhaupt erst möglich werden zu lassen. Der Glaube an Gott ist so immer zugleich auch der Glaube an eine jede menschliche Sinnsuche tragende und begründende rationale Dimension der Wirklichkeit: „To believe in God is to believe that at the heart of all reality … is Spirit, Consciousness, Value, Reason and Purpose.“[57]

Ein solches Verständnis Gottes als des (letzten) „Horizontes“ / der (letzten) Tiefe der Wirklichkeit überwindet auch die Opposition von Theismus und Atheismus. Weil binäre (dualistische) Oppositionen der Wirklichkeit genauso wenig gerecht werden wie monistische Verschmelzungen (Taylor[58], Keller[59], Dürr[60]), bedeutet das vorgeschlagene a-duale[61] Verständnis Gottes als (letztem) „Horizont“ alles Wirklichen die von Kearney beschriebene „anatheistische“ Bewegung eines (vielleicht mit einer trinitarischen Intuition verbundenen) „tertium datur“, eines Gottesverständnisses, das (weder theistisch noch atheistisch, aber die Stärken beider Weltkonstruktionen integrierend) eine (in der Geschichte immer schon zu findende, im Grunde schon biblische, nicht erst post-moderne) Rückkehr zu Gott „after God“ ist.

Ein solches „anatheistisches“ Gottesverständnis wird „Gott“ zwar nicht mehr antropomorph als „Person“ oder personähnliches „Wesen“ verstehen, aber auch nicht metaphysisch-abstrakt als bloße Energie oder bloßes Prinzip. In dieser Hinsicht grenzt z.B. auch Kaufman sein Verständnis Gottes nicht mehr als actor, sondern als creative activity, von anderen (naturalistischen) nicht-personalistischen Konstruktionen des Gottesgedankens ab: „It is often assumed that creativity is to be thought of as a sort of force at work in the cosmos, bringing the new into being. … This sort of thinking in effect just substitutes the notion of force for God, implying that creativity is simply a kind of im-personal – instead of personal and agential power.“ Gegen eine solche Reifizierung Gottes auch durch einen nicht-personalistischen Gottesgedanken setzt Kaufman erneut seine enge Verbindung von creativity und mystery. „Creativity happens: this is an absolutely amazing mystery – even though we may in certain cases, for example with the evolution of life, be able to specify some of the conditions without which it could not happen.“[62].

Indem es nicht einfach non-personal, sondern „transpersonal“[63] ist, wird ein solches „anatheistisches“ Gottesverständnis bei aller nötigen Revision und Rekonstruktion doch die große Kraft personaler biblischer theologischer Metaphern („Du bist gemeint, und sonst kein anderer") bewahren und neu zur Geltung bringen, etwa auf der Linie von Catherine Kellers Gedanken, dass in der „metaphor of streaming love“ das „infinite, impersonal mystery“ des Göttlichen „gets personal“, wenn wir „find ourselves permeated by love“[64], oder auf der Linie der entsprechenden Einsicht des „religiösen Naturalismus“, die Shailer Mathews so formuliert hat: „While the term God was assumed to imply a personal existence, it was in reality an anthropomorphic conception of those personality-making activities of the universe with which humanity is organically united.[65]

Wenn „Gott“, wie es Tillich formuliert hat, auch der Grund des menschlichen Personseins und -werdens ist, dann muss im „Grund der Wirklichkeit“, auf die das Symbol „Gott“ zielt, etwas auch das Personale Begründendes und Tragendes sein – insofern antwortet „personale“ Rede von Gott wirklich auf eine Grundstruktur der Wirklichkeit, der wir uns als als Personen verdanken und die wir als Personen wie einem „Du“ gegenübertreten können, ohne sie dadurch tatsächlich als „personal“ fixieren zu können.

Im Rahmen eines solchen transpersonalen und transtheistischen, an der Erfahrung von „Alterität“ als eines letzten Horizontes der Wirklichkeit orientierten Gottesverständnisses wird christliche Theologie dabei immer auch in einen umfassenden Dialog mit „everything human“ (Kaufman[66]) eingebettet sein, und gerade im Fremden das „Andere des Anderen“ achten, es als Chance sehen, das eigene bisherige Verständnis zu erweitern und zu vertiefen: „And if one opts to follow the path of hospitality … one must be open to the possibility of discovering in the other faith something that is not – or not yet adequately – discovered in one’s own. … For in thus recognizing the existence of otherness in each other we may mutually attest to a surplus of meaning that exeeds all our different believes. A surplus that is Other than every other.“ (Kearney[67])

Gegen die Forderung Zilleßens[68] wird eine solchermaßen „anatheistische“ Form christlicher Religion in diesen Dialog (oder besser dieses Kolloquium[69]) nicht mit einem vorgegebenen „Wahrheitsanspruch“ hinein gehen, sondern mit der resoluten Bestimmtheit (Keller[70]) einer unendlichen Neugier und Hoffnung[71]. „Denn wir können dann im Wechselspiel miteinander eine Flexibilität bekommen, mit der wir ein viel größeres Wirklichkeitsfeld austasten können, als wenn alle dasselbe denken und machen würden“ (Dürr[72]). Natürlich gibt es nicht den einen Horizont, der für alle Menschen überall immer gleich ist, sondern die Horizonte des Wirklichen sind so vielfältig, wie es unterschiedliche „Wanderer“ gibt, die auf unterschiedlichen Wegen unterschiedliche Schritte gehen. Der Vielfalt der individuellen „Lebenshorizonte“ entspricht die Vielfalt menschlicher „Gottesbilder“ und Wirklichkeitskonstruktionen.

Aber doch scheint in allen Horizonten die liminale Tiefendimension der einen Wirklichkeit unterschiedlich auf. Die Wirklichkeit selbst ist Eine und doch vielgestaltig, aber immer als die Pluralität des Vielen in Beziehung, als eine Art „Gesamtorganismus“, getrennt eher durch „Membranen“, „halbdurchlässige Zellwände“, „welche die beiden Seiten nicht, wie eine Betonmauer, völlig“ trennen, sondern, mehr wie eine Hecke, ein gemeinsames Grundstück“ gliedern. „Die Beziehungen zwischen Teilen eines Ganzen … sind … Ausdruck einer primären Identität von Allem mit Allem. Im quantentheoretisch holistischen Weltbild ist der Kosmos immer das unauftrennbare Ein-Ganze, ein einziger Lichtball von Beziehungsstrukturen“ (Dürr[73]). Eine Behauptung, der Vielfalt menschlicher Gotteskonstruktionen müsse auch die Annahme vieler „Götter“ im Sinne unüberbrückbarer Trennungen in der Struktur des Wirklichen selbst entsprechen, ist nicht nur mit dem Weltbild neuerer Physik unvereinbar. Auch theologisch ist die Annahme solcher exklusivistischen Oppositionen in der Wirklichkeit selbst (und nicht nur in ihren unterschiedlichen Erschließungsgestalten) nur um den Preis eines idolatrischen Verkehrens des (nur im metaphorischen Spiel ahnbaren) Unendlichen in ein (assertorisch zu behauptendes, „handhabbares“) Endliches möglich. Einem „anatheistischen“, poetischen Verständnis religiöser Sprache entspricht Caputos Einsicht: „The idea of one true religion or religious discourse or body of religious narratives makes no more sense than the idea of one true poem or one true language or one true culture.“ [74]

Mit Kaufman ist vielmehr zu sagen, dass "Wahrheit" nie etwas sein kann, was eine einzelne Tradition oder ein einzelner Glaubender schon hat und in dieser Weise den anderen gegenüber einbringen ("bezeugen") kann[75]. "Wahrheit" bleibt, jedenfalls in einer am Bild Gottes als des (letzten) „Horizontes“ des Wirklichen orientierten Theologie, immer eine eschatologische Größe, die sich uns annähert, die aber eben nirgendwo als schon (oder jemals) erreicht und insofern einfach "präsent" gelten kann. Wenn wir glauben, selbst schon (provisorische, immer der Revision bedürftige) Ahnungen von so etwas wie der "Wahrheit" zu haben, dann sollten wir immer voraussetzen, dass es solche "Ahnungen" auch anderswo und in ganz anderer kultureller Ausprägung gibt, und insofern in jedes Gespräch, intra- oder interreligiös immer mit der Perspektive gehen, die Ward einmal so formuliert hat: "We are at best seekers blundering at the edges of infinity."[76]

Am Ende will ich versuchen, diese Einsicht noch einmal mit einem anderen Bild auszudrücken. Wenn die „Wahrheit“ ein großes Puzzle-Bild ist, das sich aus unendlich vielen Bausteinen partieller menschlicher Wahrheitseinsichten zusammensetzt, dann wäre dieses Bild vom „Puzzle“ nach den vorangegangenen Überlegungen in „anatheistischer“ Perspektive folgendermaßen zu präzisieren:

Nicht nur hat keiner für sich allein schon das ganze Bild, sondern nur einzelne Teile dieses Bildes. Auch haben alle dabei sowohl „richtige“ (passende) und „falsche“ (unpassende) Puzzleteile, so dass das Legen des „richtigen“ Bildes immer wieder auch durch viele „falsche“ Puzzleteile gestört wird. Dazu kommt, dass die Puzzleteile selbst auch in den einzelnen Traditionen sich ständig verändern, bei jedem neuen Versuch, ein Gesamtbild aus ihnen zu legen. Weiter kommen im Gespräch und in der Begegnung mit anderen, verstärkt seit der globalen religiösen Situation der „Postmoderne“, immer wieder neue Puzzleteile hinzu, sowohl „richtige“ als auch „falsche“, die sich bei jedem neuen auch gemeinsamen Legeversuch wiederum verändern.

Doch damit nicht genug. Noch weiter erschwert wird das Puzzlen dadurch, dass es das fertige Bild, das aus den Puzzleteilen entstehen soll, noch gar nicht gibt, sondern mit dem Fortschritt des gemeinsamen Legens allenfalls provisorisch ahnbar wird und mit dem weiteren Fortschritt immer wieder neue provisorische Gestalten annimmt. Ob es überhaupt jemals ein stimmiges, abschließendes Gesamtbild geben kann, bleibt äußerst fraglich. Wenn überhaupt, kann das Gesamtbild erst mit dem „Ziel aller Dinge“ (ein Ausdruck, der ebenfalls eher poetisch-metaphorisch als geschichtsteleologisch zu gebrauchen wäre), das heißt eschatologisch Gestalt annehmen (1 Kor 13,12). Dennoch ist es die Überzeugung zumindest der christlichen Weltkonstruktion (auch in ihrer „anatheistischen“ Gestalt), dass in diesem Gesamtbild die Dimensionen von „Glaube, Hoffnung und Liebe“ (1 Kor 13,13) grundlegende Bedeutung haben werden.

Anmerkungen

[1] Taylor , After God, 119 u.ö.

[2] Taylor , Ends, 234

[3] Taylor , Ends, 246

[4] Hick, Interpretation, 236-240 u.ö.

[5] Kaufman, Mystery, 31 u.ö.

[6] Vgl. zur religiösen Bedeutung von Derridas Dekonstruktion metaphysischer „Präsenz“ Taylor, Ends, 240f.

[7] McFague, Intimations, 155, nach Ex 33, 18-23

[8] Vgl. auch Theißens Interpretation der ntl. Christologie als „Liebesdichtung“, Theißen, Plädoyer, 110

[9] Gordon Kaufman, An Essay on Theological Method, 3rd edition 54, zitiert nach Nordgren, God, 186

[10] McFague, Intimations, 155f.; McFague greift hier Riceurs Deutung des Metaphorischen auf.

[11] Taylor, Ends, 245f.

[12] Zilleßen, Gegenreligion, 36 in Bezugnahme auf Derrida; vgl. Wetzel, Derrida, 123f.

[13] Caputo, Weakness, 5

[14] Vgl. Schaller, Evolution des Göttlichen, 104, zur Bedeutung der Evolutionstheorie für eine heutige Weltsicht: „Die Evolutionstheorie ist heute keine Theorie unter anderen. Sie ist empirisch so hieb- und stichfest wie kohärent, dass keine alternative Theorie mit ihr konkurrieren kann. Die Wirkung der Evolutionstheorie auf religiöse Vorstellungen und theologische Interpretationen sind umwerfend.“

[15] Theißen, Zeichenwelt, 77

[16] Sallie McFague spricht hier entsprechend von der neuen „common creation story“ (vgl.z.B. McFague, Embodiment, 147 u.ö.)

[17] Theißen, Zeichenwelt, 77

[18] Theißen, Zeichenwelt, 77

[19] Theißen, Zeichenwelt, 78f.

[20] Vgl. Hodgson, Winds, 19: Der Ausdruck „Ressource“ bezeichnet einen „basically pragmatic, functional approach to the tools of theological reflection“. Die Quellen („sources“) der Theologie als Ressourcen („ressources“) zu verstehen, bedeutet: „The sources are not sacred fonts of truth but ressources“, die innerhalb eines interpretativen Gesamtprozesses funktionieren "rather than standing outside it.“

[21] Taylor, End(s), 246

[22] Nach Derrida; vgl. Zillessen, Gegenreligion, 36

[23] Weakness, 123

[24] Zur Darstellung von Derridas diesbezüglichen Gedanken vgl. Caputo, Weakness, z.B. 140f., 292, und 303f., Anm. 6 und Wetzel, Derrida, 115-124

[25] Weakness, 121

[26] Theißen, Zeichenwelt, 53

[27] Theißen, Zeichenwelt, 213

[28] Theißen, Zeichenwelt, 312

[29] Den „antiselektiven Indikativ“, der in der „religiöse(n) Erfahrung“ begründet ist, formuliert Theißen als die „Erfahrung einer Verbundenheit mit allen Dingen oder … einen ‚Bund‘ mit allem Sein, der uns gewiss macht, dass die Wirklichkeit in ihrer Tiefe und als Ganze das Selektionsprinzip aufhebt, auch wenn wir das nicht sehen, sondern nur darauf vertrauen können.“ (Zeichenwelt, 189)

[30] Zur Deutung der „biblische(n) Religion“ als „Durchbruch des antiselektiven Indikativs und Imperativs“ vgl. insgesamt Theißen, Zeichenwelt, 223ff. Den „antiselektiven Imperativ“, in der Bibel formuliert „als Ruf zur Umkehr … und als Liebesgebot“ (225) sieht Theißen als den wesentlichen Motor, der die ganze kulturelle Evolution des Menschen bestimmt. „Jede Kultur hat die Aufgabe, Selektionsdruck zu vermindern. Jede Kultur will menschliches Leben ermöglichen, wo es unter natürlichen Bedingungen unmöglich wäre: Der Schwache erhält die Chance zum Leben, die er sonst nicht hätte.“ (224) Diese in der religiösen Erfahrung normativ kodierte antiselektive Grundaurichtung der menschlichen Kultur transzendiert zwar die Mechanismen der biologischen Evolution, setzt aber doch Anknüpfungspunkte bereits in der biologischen Evolution voraus, in der es eben nicht nur das „egoistische Gen“, sondern auch das „kooperative Gen“ gibt. „Wir finden in der Natur nicht nur den struggle for life, sondern auch eine Kooperation auf allen Ebenen. … Eine ‚Kooperation‘ von Elementarteilchen ermöglicht die Vielfalt der Elemente und Stoffe. Eine Kooperation von Genen ermöglicht das Leben. Soziale Lebewesen haben erfolgreiche Kooperationsformen ausgebaut. Vor allem die Erforschung des Verhaltens von Primaten hat gezeigt: Es gibt schon im Tierreich soziales Verhalten.“ (194) „Wenn die Stützung des Schwächeren schon bei höheren Tierarten beginnt, so bestätigt das nur: Solch eine Kultur hat Vorläufer. Könnte sie sich nicht auf bio-physische Tendenzen zur Kooperation und Empathie stützen, hätte sie nicht die Macht, sich durchzusetzen.“ (224)

[31] Theißen, Zeichenwelt, 224

[32] Theißen, Zeichenwelt, 196

[33] Theißen, Zeichenwelt, 26

[34] Theißen, Zeichenwelt, 196

[35] Theißen, Zeichenwelt, 215

[36] Keller, Face of the Deep, 194

[37] Kaufman, Diversity, 40f. und Constructivism, 13

[38] Hick, Interpretation, 316ff.

[39] Erdmann, Wahrheit, 87

[40] Zillessen, Gegenreligion, 105

[41] Kearney , Anatheism, 175

[42] Kaufman, Constructivism, 22

[43] Flood, Religion, 1f.

[44] Flood, Religion, 4f.

[45] Flood, Religion, 6

[46] Flood, Religion, VI

[47] Vgl. auch Paul Tillich Formulierung, dass religiöse Wahrheit, auch wenn sie sich auf eine Erfahrung von „Offenbarung“ beruft, „is exposed to the continuous pragmatic test of history“ (Dynamics of Faith, 91)

[48] Crockett, Sublime, 17

[49] Vgl. Dürr/Pannikar, Urquelle

[50] Human Project, 216, 287 u.ö.

[51] Vgl. insgesamt die Kapitel „Soteriology and Ethics“ und „The Ethical criterion“ in Hick, Interpretation, 299-342

[52] Vgl. Kaufman, Creativity, 120 u.ö.

[53] Gräb, Sinn fürs Unendliche, 307

[54] Gräb, Sinn fürs Unendliche, 304f.

[55] Sinnfragen, 35

[56] Den Gedanken, selbst wenn „Gott“ nur eine menschliche Projektion wäre, bräuchte es in der Wirklichkeit doch eine „Projektionsfläche“, auf die Menschen den Gottesgedanken projizieren können, habe ich, meine ich, einmal von Jürgen Moltmann in einer Vorlesung gehört.

[57] Keith Ward, 1982, zitiert nach Geering, Tomorrow’s God, 21

[58] After God, 38, 149f. 297f. u.ö.

[59] Z.B. On the Mystery, 9, 33f.

[60] Dürr, Auch die Wissenschaft, 94

[61] Dürr/Panikkar, Urquelle, 94-97

[62] Kaufman, On thinking of God as Serendipitous Creativity, 421, zitiert nach Nordgren, God,194

[63] Vgl. zum Begriff der „Transpersonalität“ in der Gotteslehre auch Hans Küng, „Gott östlich-westlich verstanden“, in Kuschel, Erkenntnis, 161-168

[64] Keller, On the mystery, 97

[65] Zitiert nach Stone, Religious Naturalism, 128

[66] Mystery, xiii

[67] Anatheism, 175-179

[68] Zilleßen, Gegenreligion, 105, fordert als Grundlage interreligiöser Begegnung für die christliche Position das Risiko der „unmögliche(n) Entscheidung für die Wahrheit … angesichts pluraler Wahrheiten“, aus dem sich für ihn notwendig ein dem Dialog vorausgehender konfessorischer christlicher „Wahrheitsanspruch“ ergibt, in dem Sinne, dass die christliche Position „mit dem Anspruch des Komparativs vertreten werden“ müsse, „sie sei besser, wahrer, gerechter als andere“.

[69] Cantwell-Smith, Reader, 238

[70] Vgl. Keller, On the Mystery, 25

[71] Vgl. auch Theißen, Zeichenwelt, 234: „In einer evolutionären Deutung der Religion kann keine der vielen Religionen Absolutheit für sich beanspruchen und anderen den Zugang zur letzten Wirklichkeit absprechen. Der Anspruch jeder Religion kann nur der sein, eine gültige religiöse Wahrheit, nicht aber eine absolut gültige Wahrheit zu vermitteln, die keine andere Wahrheit zulässt.“

[72] Auch die Wissenschaft, 91

[73] Auch die Wissenschaft, 36

[74] Weakness, 118

[75] Diversity, 213

[76] Vision, 10

Artikelnachweis: https://www.theomag.de/76/sts6b.htm
© Stefan Schütze, 2012