Die Welt(literatur) ist eine flache ScheibeEine EmpfehlungAndreas Mertin |
Rund und flach ist sie und sie enthält (fast) alles, was man für einen ungefähren Überblick über die Weltliteratur braucht. Auf der Basis verschiedener Empfehlungslisten (Hermann Hesses "Eine kleine Bibliothek der Weltliteratur", die ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher bzw. "Die 100 besten Bücher", die vom Osloer Nobelinstitut erarbeitet wurden), präsentiert die CD-ROM "Die Bibliothek der Weltliteratur" (Band 89 der Digitalen Bibliothek) - rund 85.000 Bildschirmseiten von 122 Autoren sowie einigen anonymen Schriften. Zeitlich beginnt es mit den Upanishaden zwischen 1200 und 600 vor Christus ("Damals war nicht das Nichtsein, noch das Sein, Kein Luftraum war, kein Himmel drüber her. - Wer hielt in Hut die Welt, wer schloss sie ein? Wo war der tiefe Abgrund, wo das Meer?") und es endet mit der 1924 entstandenen Erzählung "Josefine, die Sängerin oder Das Volk der Mäuse" von Franz Kafka ("Vielleicht werden wir also gar nicht sehr viel entbehren, Josefine aber, erlöst von der irdischen Plage, die aber ihrer Meinung nach Auserwählten bereitet ist, wird fröhlich sich verlieren in der zahllosen Menge der Helden unseres Volkes, und bald, da wir keine Geschichte treiben, in gesteigerter Erlösung vergessen sein wie alle ihre Brüder.") Dazwischen liegen 3000 Jahre Literatur zum Nachschlagen, Erinnern und Studieren. Und so verzeichnet der Klappentext folgende Autorenaufstellung: "Von 'Ödipus' bis 'Don Quixote', vom 'Dekameron' bis 'Dorian Gray' versammelt die vorliegende Ausgabe Werke von Aischylos, Andersen, Apuleius, Ariosto, Aristophanes, Augustinus, Balzac, Baudelaire, Beaumarchais, Bjornson, Boccaccio, Brant, Bronte, Büchner, Buddha, Byron, Calderón, Carroll, Cechov, Cervantes, Chateaubriand, Chaucer, Coleridge, Corneille, Dante, Defoe, Dickens, Diderot, Dostoevskij, Dschuang Dsi', Eichendorff, Euripides, Fielding, Flaubert, Fontäne, Goethe, Gogol, Goldoni, Goncarov, Gottfried von Straßburg, Grimm, Grimmeishausen, Gryphius, Hafez, Heine, Hesiodos, Hölderlin, Hoffmann, Homer, Hugo, Huysmans, Ibsen, Jacobsen, Jean Paul, Kafka, Keats, Keller, Kleist, Klopstock, Konfuzius, La Fontaine, Laotse, Leopardi, Lermontov, Lesage, Leskov, Lessing, Lukian, Manzoni, Marlowe, Mendoza, Mickiewicz, Milton, Moliere, Montaigne, Multatuli, Novalis, 'Omar Hayyäm, Ovid, Pascal, Petöfi, Petrarca, Petronius, Platon, Plautus, Poe, Prevost, Puäkin, Rabelais, Racine, Rilke, Rousseau, Rumi, Sa'di, Schiller, Schlegel, Scott, Shakespeare, Shelley, Sienkiewicz, Sophokles, Stendhal, Sterne, Stifter, Strindberg, Swift, Tasso, Tennyson, Thackeray, Theokrit, Tirso de Molina, Tolstoj, Turgenev, Twain, Vergil, Verlaine, Voltaire, Walpole, Whitman, Wilde, Wolfram von Eschenbach und Zola." Wie auch bei den bisher besprochenen CD-ROMs der Digitalen Bibliothek (Digitale Bibliotheken, Karl May, 1000 Zeichnungen) kann es nicht darum gehen, Bücher zu ersetzen. Niemand wird auf seine bibliophile Ausgabe eines bedeutenden Schriftstellers verzichten wollen und wäre der Platz in seiner Wohnung noch so begrenzt. Und wäre jedes Buch der Weltliteratur mit einem exzellenten Register oder die Menschen mit einem ebensolchen Gedächtnis ausgestattet, bräuchte man die flache Scheibe(n) der Digitalen Bibliothek vielleicht gar nicht. So aber ergibt sich die Möglichkeit, Begriffskonstellationen nachzugehen, vor allem aber, Worten und Redewendungen, die man sich irgendwie gemerkt hat, an ihrem konkreten Ursprungsort nachzuschlagen. Eine Grenze der CD-ROM ist das Urheberrecht. So findet man keine noch urheberrechtlich geschützten Werke der Weltliteratur und das betrifft eben nicht nur die Autoren, sondern es gilt gerade auch für ältere Texte, die aber erst spät übersetzt wurden. Eine Einschränkung bedeutet das auch insofern, als dass auf der CD-ROM nicht immer die neuesten wissenschaftlichen Ausgaben bzw. deren Übersetzungen verfügbar sind und man die Texte der Weltliteratur nicht nach inzwischen korrigierten und überarbeiteten Ausgaben liest. Als Beispiel sei etwa die Orestie von Aischylos genannt, die nach der Übersetzung von J.G. Droysen aus dem Jahr 1832 präsentiert wird, während aktuelle Übersetzungen wie etwa die von Oskar Werner (Aischylos. Tragödien und Fragmente, 3/1980) an vielen Stellen völlig veränderte Textzuweisungen haben. Aber auch die Texte des inzwischen beim SPIEGEL angesiedelten Gutenberg-Projektes arbeiten aus den selben Gründen mit der Droysen-Ausgabe. Vermutlich werden für einige der versammelten Texte derartige „Rahmenbedingungen“ zutreffen. Das muss den Genuss nicht stören, sollte aber bei der Zitation von Texten in schulischen oder wissenschaftlichen Kontexten mit bedacht werden. Im 19. Jahrhundert wurde mancher Text noch mit einer anderen Emphase übersetzt als wir es uns heute noch leisten würden. Dennoch kann diese CD-ROM mit den gerade genannten Einschränkungen sehr empfohlen werden! Zum Abschluss ein kleiner Fund aus der islamischen Weltliteratur: |